Business-IT
28.02.2023
Älteste IT-Beratung Deutschlands

„Viele setzen noch auf Legacy-IT, weil sie stabil läuft“

PTA
Tim Walleyo, Geschäftsführer der IT-Beratung PTA, über die Entwicklung in der IT, Green Coding und die Lage der Wirtschaft.
Programme und Daten stanzte man auf Lochkarten und SAP gab es noch nicht. Als die IT-Beratung PTA 1969 in Mannheim gegründet wurde, war die IT-Welt noch ein ganz andere. Die nach eigenen Angaben älteste IT-Beratung Deutschlands hat in ihrer über 50-jährigen Geschichte fast alle Meilensteine der IT begleitet – von der Lochkarte für Großrechner über die Einführung des Internets und webbasierte Applikationen bis hin zur Cloud. Über die Veränderungen in der IT spricht com! professional mit PTA-Geschäftsführer Tim Walleyo.
com! professional: Herr Dr. Walleyo, PTA gibt es seit über 50 Jahren. Hat sich seit damals in Sachen IT-Beratung eigentlich viel geändert? Die Technik ist natürlich eine andere, aber die eigentliche Anforderung – das Lösen von Organisations- und Konzeptionsaufgaben – ist dieselbe, oder?
Tim Walleyo: Die Arbeitsweisen in den Unternehmen haben sich über die Jahre schon grundlegend geändert. Wir treffen, Stand heute, auf Unternehmen, die agil vorgehen und ihre Mitarbeiter viel stärker in strategische IT-Projekte einbinden. Der Stellenwert der IT hat deutlich zugenommen, das gesamte wirtschaftliche Umfeld ist komplexer geworden und damit auch die Herausforderungen, die Unternehmen mittels IT zu bewältigen haben.
Viele Unternehmen unterhalten mittlerweile global vernetzte IT-Landschaften, die über Schnittstellen ihre Partner, Lieferanten und Kunden direkt integrieren. Der grundlegende Sinn und Zweck mag vielleicht gleich geblieben sein, doch das Umfeld, in dem wir uns heute bewegen, ist definitiv ein anderes.
com! professional: Wie funktionierte denn Ende der 1960er-Jahre das Beratungsgeschäft? Ich nehme an, PTA hatte damals keinen eigenen Großrechner im Keller stehen. Wie haben Sie die Anwendungen für die Kunden programmiert und getestet?
Walleyo: Unsere Software-Entwickler programmierten zu dieser Zeit tagsüber auf Cobol-Code-Belegen, die dann bei uns auf Lochkarten übertragen und nachts auf den Großrechnern unserer Kunden rein über diese Lochkarten ausgeführt wurden. Es begann meist Freitagabend gegen 20 Uhr und endete montags in den frühen Morgenstunden. Die Programme und die jeweiligen operativen Daten gab es aus Sicherheitsgründen nur bei uns als Lochkarten.
All das geschah in Auftragsarbeit und auf diese Weise wurden die Software-Programme auch hinsichtlich ihrer Praxistauglichkeit entwickelt und getestet. Ein solches Vorgehen ist heute kaum mehr vorstellbar.
com! professional: Mitarbeiter aus dieser Zeit gibt es sicherlich nicht mehr. Wie lange ist denn der dienstälteste Mitarbeiter schon bei Ihnen?
Walleyo: Das kann ich Ihnen genau sagen. Unser Gründer hat am 1. Mai 1969 mit weiteren Personen die PTA ins Leben gerufen. Wenn wir noch genauer sein wollen, geschah dies eigentlich sogar schon zwei Jahre vorher, nur in einer anderen Rechtsform. Und unsere dienstsältesten Mitarbeiter sind vor fast 34 Jahren zu uns gestoßen.
com! professional: PTA behauptet sich seit mehr als einem halben Jahrhundert auf dem Markt. IT-Beratungen gibt es mittlerweile fast schon wie Sand am Meer. Was machen Sie anders?
Walleyo: Als mittelständisch geprägte IT-Beratung setzen wir auf partnerschaftliche Geschäftsbeziehungen zu unseren Kunden. Dabei realisieren wir auch mal kleinere IT-Projekte oder optimieren Prozesse im Großrechner-Umfeld. Es handelt sich mitunter auch um Projekte, um die sich die großen Beratungshäuser gar nicht kümmern wollen.
Ein wesentliches Merkmal, das uns von den Big Playern unterscheidet, ist zudem die Tatsache, dass bei uns nicht der Ertragsgedanke an erster Stelle steht, sondern eine langfristige Beziehung zu unseren Kunden und Mitarbeitern, ganz gleich ob es dabei um die Implementierung einer Individual-Software oder den internationalen Roll-out einer standardisierten ERP-Suite geht.
com! professional: Sie beraten damals wie heute im Sektor Digitalisierung. Was sind Ihrer Erfahrung nach dabei die größten Herausforderungen?
Walleyo: Die größten Herausforderungen sind sicher, dass die Unternehmen im Zuge der rasant fortschreitenden Digitalisierung am Ball bleiben, dass sie flexibel und agil auf neue Anforderungen reagieren und diese auch umsetzen.
Bei alldem darf die Belegschaft nicht außer Acht gelassen werden. Sie muss die Wertschöpfung einer neuen digitalen Lösung erkennen und im Berufsalltag wertschätzen. Das erfordert meines Erachtens ein sehr hohes Maß an Konsequenz seitens der Unternehmen, hier nicht nachzulassen. Denn wer den Anschluss verpasst, setzt im Grunde seine Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel.
com! professional: Hat sich hinsichtlich der Herausforderungen etwas geändert oder sind es mehr oder weniger dieselben Themen wie vor 50 Jahren?
Walleyo: Ganz sicher bewegen wir uns in Sachen IT heute in einem wesentlich komplexeren Marktumfeld. Wir operieren auf globalisierten Märkten, die immer stärker miteinander vernetzt sind. Wir managen riesige Datenströme und analysieren diese. Das wäre mit den Speicherkapazitäten und Systemen von damals kaum möglich gewesen.
com! professional: All das eröffnet zahlreiche Möglichkeiten, birgt aber auch immer mehr Risiken …
Walleyo: Dabei denke ich vor allem an Wirtschaftsspionage, Cyberbedrohungen und Hackerangriffe auf die kritische Infrastruktur. Diese nehmen kontinuierlich zu, werden systematisch professioneller und richten großen Schaden an. Des Weiteren gibt es heute extrem viel mehr Komplexität in puncto Programmiersprachen und IT-Systeme. Hier den Überblick zu behalten und zwischen Hype und Konstanz zu unterscheiden, ist nicht einfach.
com! professional: Mit welchen grundsätzlichen Fragen kommen Neukunden auf PTA zu?
Walleyo: Unternehmen kommen in den seltensten Fällen mit grundsätzlichen Fragen auf uns zu. Vielmehr fragen sie Unterstützung bei der Umsetzung ganz konkreter Projekte an. Will ein Unternehmen beispielsweise ein neues ERP-System implementieren, dann hat es in aller Regel schon bestimmte Vorstellungen. Das geht dann unverzüglich inhaltlich in die Tiefe und die Entscheidungsträger wollen wissen, welches Vorgehensmodell wir in solch einem Projekt wählen und wie wir das Projekt überhaupt konzeptionieren und planen.
com! professional: Sie pflegen eine eigene Projektdatenbank, eine firmeninterne Knowledge-Base. Wie muss man sich das konkret vorstellen? Wenn Sie ein neues IT-Projekt angehen, dann sehen Ihre Berater in der Datenbank nach, ob es so etwas Ähnliches bereits gab und wie es damals umgesetzt wurde?
Walleyo: Unsere Projektdatenbank bildet für uns in erster Linie eine belastbare Datengrundlage, um Hype-Themen schnell zu identifizieren und zu erfassen, technologische Prognosen abzuleiten oder auch Fortbildungsthemen frühzeitig einzuleiten. Deshalb sind wir dazu übergegangen, dass jedes PTA-Team beim Start eines Projekts dieses in unsere Knowledge-Base einträgt und auch die Anforderungen, die im Rahmen des jeweiligen IT-Projekts umzusetzen sind, dokumentiert.
com! professional: Kommen wir noch einmal auf das Thema Digitalisierung zurück: Häufig ist es – vor allem in deutschen Unternehmen – das Denken, das Digitalisierungsprojekte verzögert oder sogar verhindert. Hat sich das digitale Mindset in den vergangenen Jahrzehnten verändert?
Walleyo: Das kommt sehr auf die Industrie oder Branche an, in der ein Unternehmen tätig ist. Da gibt es Unternehmen, die die Notwendigkeit zur Transformation in ihrem Geschäftszweig längst erkannt und sich sehr modern ausgerichtet haben. Es gibt aber auch Branchen, in denen der Wettbewerbsdruck im globalen Zuschnitt gar nicht so präsent ist, weil sie sich eher in einem spezifisch deutschen Marktumfeld behaupten und sich mit globalen Standards nur schlecht vergleichen lassen. Überhaupt ist der „Hunger nach mehr“ leider immer auch mit dem wirtschaft­lichen Erfolg eines Unternehmens verknüpft.
com! professional: Die möglicherweise größte Herausforderung in den Unternehmen dürfte der kulturelle Wandel sein …
Walleyo: Der kulturelle Wandel im Zuge der Digitalisierung tritt derzeit eher in den Hintergrund oder wird besser gesagt durch eine andere Agenda getrieben. Viele Unternehmen beschäftigt, dass der Kern unserer Volkswirtschaft, die Industrie, vor dem Hintergrund hoher Energiepreise in schweres Fahrwasser gerät und wir uns ernsthafte Gedanken darüber machen müssen, wie wir unsere Produktivität aufrechterhalten. Wenn wir über kurz oder lang Energiesicherheit und konkurrenzfähige Energiepreise erreichen wollen, sind wir alle gut beraten, sämtliche Optionen in der Energieherstellung, die auf dem Tisch liegen, vorurteilsfrei zu prüfen.
Darüber hinaus ist es für einen attraktiven Wirtschaftsstandort Deutschland von zentraler Bedeutung, die richtigen Investitionsanreize zu setzen. Wir sind angehalten, bürokratische Hürden abzubauen und schnellere Genehmigungsverfahren zu verwirklichen. Wir müssen agiler und flexibler werden, Impulse setzen, insbesondere bei wichtigen Infrastrukturprojekten und der Standortsicherung von Schlüsselindustrien.
com! professional: Anfang 2022 veröffentlichte PTA eine Studie mit dem Ergebnis, dass rund ein Viertel der Unternehmen in Deutschland weiterhin Cobol-Anwendungen im Einsatz haben – eine Programmiersprache aus den späten 1950er-Jahren. Das spricht jetzt nicht unbedingt dafür, dass Deutschland im Hinblick auf den digitalen Wandel und moderne Technologien ganz vorne dabei ist, oder?
Walleyo: Den Tenor der Frage interpretiere ich anders. Wenn Unternehmen immer noch Altsysteme betreiben, dann treffen wir hier auf eine grundsolide Lösung. Wenn etwas sehr gut funktioniert, muss es ja nicht ohne Wenn und Aber abgelöst oder verteufelt werden. Auch sind die Auslöser, warum solche Altsysteme noch laufen, unterschiedlicher Natur. Das mag daran liegen, dass sich in manchen Unternehmen der Business-Case schlicht nicht rechnet, oder eben auch daran, dass sie den Druck, die Kapazität et cetera nicht haben. Nichtsdestotrotz kenne ich kein Unternehmen, das nicht an der Ablösung seiner Legacy-IT arbeitet.
com! professional: Wie können Sie Unternehmen hier helfen, die alten Technologien abzulösen? Gibt es bei Ihnen noch Expertise in Sachen Cobol?
Walleyo: Ja, wir unterhalten ein eigenes Mainframe-Team. Unsere Entwickler beherrschen explizit auch alte Programmiersprachen und unterstützen damit Unternehmen bei der Pflege und Wartung ihrer Altsysteme, weil sie selbst zwischenzeitlich das Know-how dazu verloren oder nicht die Kapazität dafür haben. Und obwohl das so ist, setzt noch immer ein nicht zu vernachlässigender Anteil der deutschen Unternehmen auf ihre Legacy-IT, weil diese sehr zuverlässig und stabil läuft, wenn auch deren Wartung immer aufwendiger wird. Das ist ein Teil der Realität. Natürlich überführen unsere IT-Berater solche heterogenen, über Jahrzehnte gewachsenen IT-Landschaften in moderne, plattformbasierte digitale Lösungen, denn sie sind mit den Prozessabläufen und dem dahinter verborgenen Software-Code in beiden Welten bestens vertraut.
com! professional: Bei allen Bestrebungen der Modernisierung: Muss man wirklich immer alles in die Cloud bringen und stets auf die neueste Technik setzen?
Walleyo: Sicherlich muss ein Unternehmen nicht immer die neueste Technologie im Einsatz haben. Dennoch bin ich überzeugt, dass eine zeitgemäße IT-Lösung mehr können muss, als nur gute Dienste zu leisten. Sie muss globale Datenströme effizient steuern und dabei entsprechende Sicherheitsaspekte erfüllen. Die Schnelligkeit und Performance, die solche Lösungen an den Tag legen, sind schon beeindruckend. Aber sie sind meiner Meinung nach auch notwendig, um heute weiter Wachstum generieren zu können und wettbewerbsfähig zu bleiben.
com! professional: Ohne die Cloud scheint es in der IT heutzutage nicht mehr zu gehen. Eigenes Blech im Unternehmenskeller und veraltete Strukturen oder moderne IT in der Cloud – geht es hier um ein Entweder-oder?
Walleyo: Nein, ganz im Gegenteil. Das Cloud-Universum umfasst verschiedenste Mischformen, es gibt hier ja auch Hybrid-Modelle. Die Unternehmen bevorzugen kluge und individuell angepasste Cloud-Modelle, die sie entlasten. Aber das ist immer sehr stark vom Geschäftsmodell eines Unternehmens abhängig und hängt oft auch mit datenschutzrechtlichen Aspekten zusammen. Des Weiteren haben wir bedauerlicherweise zu wenig europäische Alternativen.
com! professional: Die Cloud ist häufig auch die Basis für den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Bereits Mitte der 1950er-Jahre prägte der US-amerikanische Informatiker John McCarthy diesen Begriff – noch vor Gründung von PTA. Es gibt Experten, die der Meinung sind, dass wir noch immer sehr weit davon entfernt sind, das menschliche Gehirn nachahmen zu können. Vor allem, weil wir dieses noch gar nicht ausreichend verstehen ...
Walleyo: Der Hype um das Thema ist relativ groß, in unserem mittelständisch geprägten Marktumfeld schätze ich die Praxistauglichkeit momentan dennoch als begrenzt ein. Das liegt zum großen Teil daran, dass viele Unternehmen den erforderlichen KI-Reifegrad noch nicht erreicht haben. Damit will ich sagen, dass ein KI-Tool immer nur dann Ergebnisse erzielt, wenn die zugrunde ­liegende Datenbasis umfangreich, aktuell und gut strukturiert ist. Die Erwartungshaltung beim Einsatz von KI ist oftmals groß und die Enttäuschung, wenn die ersten Ergebnisse vorliegen, eben auch. Das Thema KI unterliegt einem dynamischen und stetigen Veränderungsprozess. Wer die Potenziale voll ausschöpfen will, ist gut beraten, seine Organisation, Unternehmenskultur und Vorgehensmodelle konsequent danach auszurichten.
com! professional: Daraus schließe ich, dass Unternehmen mit der Einführung Künstlicher Intelligenz besser noch warten sollten …
Walleyo: Unternehmen aus verschiedenen Branchen investieren bereits in KI, häufig in vorgefertigte Standard-Tools, die mit wenigen Anpassungen und ohne tiefes Fachwissen individuell anzupassen sind. Damit verbessern sie den eigenen Kundenservice, steigern ihre Effizienz und entlasten ihre Mitarbeitenden. Ob der damit verbundene Handlungsdruck immer gleich als hoch einzustufen ist, hängt von der jeweiligen Branche ab, in der sich ein Unternehmen behaupten muss. Aktuelle Studien zeigen zwar auf, dass die Bedeutung von KI zunimmt, ich sehe aber auch, dass es in Summe den Unternehmen noch nicht recht gelingt, das Potenzial von KI und das ihrer eigenen Investitionen voll auszuschöpfen.
com! professional: Ein Thema, bei dem Unternehmen nicht warten können, ist Nachhaltigkeit. Ein Bereich ist Green Coding – also Software nachhaltiger zu entwickeln. Es ist für viele schwer greifbar, dass Software mit dem richtigen Code „grüner“ wird …
Walleyo: Es geht dabei darum, die Software in den Fokus zu nehmen und diese nachhaltig und energieeffizient zu entwickeln und zu betreiben. Ein Beispiel verdeutlicht die Dimensionen, um die es hier geht: Experten schätzen, dass eine Google-Suche etwa 0,2 Gramm CO2 freisetzt. Wollten wir die Emissionen für alle Suchanfragen innerhalb eines Jahres durch das Pflanzen von Bäumen kompensieren, müssten wir etwa 41 Millionen Bäume pflanzen – wenn wir davon ausgehen, dass ein Baum im Jahr etwa 10 Kilogramm CO2 neutralisiert und es schätzungsweise 5,6 Milliarden Google-Suchanfragen täglich gibt. Aber selbst das ist ein Klacks angesichts der 2,2 Milliarden Bäume, die wir für die 22 Millionen Tonnen CO2 pflanzen müssten, die das Bitcoin-Mining jährlich in die Atmosphäre bläst. Um eine Relation zu geben: Im Schwarzwald wachsen auf über 6000 Quadratkilometern gerade einmal vier Millionen Bäume.
  • PTA setzt auf Green Coding – die nach­haltige Art der Software-Entwicklung.
    Quelle:
    PTA
com! professional: Und wie misst man die Energieeffizienz von Software?
Walleyo: Wir haben dafür eigens einen Energieeffizienz-Monitor entwickelt, mit dem sich Programmcode hinsichtlich der Energieeffizienz analysieren lässt. So spielt beispielsweise bereits eine entscheidende Rolle, in welcher Programmiersprache eine Anwendung programmiert ist. Ein Programm, das in der hardwarenahen Sprache C entwickelt wurde, kann um den Faktor 70 energieeffizienter sein als ein Code, der in der komplexen und damit speicherintensiven Sprache Python geschrieben wurde.
Ironie des Schicksals: Gerade die alten, hardware­nahen Programmiersprachen, die sehr einfach gehalten und effizient sind, geraten mehr und mehr aus dem Blickfeld. Rund 55 Prozent der verursachten Emissionen der IT werden tatsächlich durch die zugrunde liegende Software beeinflusst. Das Einsparpotenzial ist also groß.
com! professional: Ist das Thema Green Coding bei den Unternehmen da draußen schon angekommen?
Walleyo: Nein, das Thema ist in der Breite bei vielen Unternehmen noch nicht angekommen. Wir leisten hier Pionierarbeit und die Resonanz, die wir dafür bekommen, ist hoch. Denn die Relevanz des Themas an sich ist hoch. Zu Beginn des Jahres 2022 ist die EU-Taxonomie-Verordnung in Kraft getreten, die Kriterien festlegt, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist. Diese soll nun durch eine neue Richtlinie ergänzt werden, die Corporate Sustainability Reporting Directive, die das Pflichtenheft nochmals erweitert. Die Verantwortlichen in den Unternehmen sind also sehr gut beraten, wenn sie dieses Thema strategisch anpacken. Und was viele nicht wissen: Schon die erste Version der CSR-Richtlinie, die seit 2017 gilt, verpflichtet alle kapitalmarktorientierten Unternehmen und Konzerne mit über 500 Mitarbeitern dazu, auch über nicht finanzielle Themen zu reporten.
com! professional: Auch PTA selbst setzt auf Nachhaltigkeit und unterstützt ein Bergwaldprojekt. Um was geht es da genau?
Walleyo: Zukunftskompetenz und Nachhaltigkeit waren schon immer eine wichtige Leitlinie der PTA-Gruppe, nicht nur in Sachen IT. Deshalb haben wir uns entschlossen, mit einer Spende für den Verein Bergwaldprojekt die Stabilisierung von 4000 Quadratmetern heimischen Waldes zu unterstützen. Im Rahmen dieses Schutzprojekts nehmen wir regelmäßig an Pflanztagen teil und helfen bei der Aufforstung mit.
Wir sind der Meinung, dass die letzten Dürrejahre eindrucksvoll gezeigt haben, dass ein solches Engagement geboten ist. Denn der Klimawandel hat mächtig Fahrt aufgenommen und stellt die heimischen Ökosysteme und damit uns Menschen vor riesige Probleme, da sich diese nur langfristig auf die veränderten Umweltbedingungen einstellen können.
com! professional: Herr Dr. Walleyo, gibt es einen Aspekt, den wir noch nicht angesprochen haben, der Ihnen aber wichtig ist?
Walleyo: Zwei Bereiche beschäftigen mich dieser Tage sehr. Dabei geht es um den Fachkräftemangel und die Fragen, wie wir als mittelständische IT-Beratung im immer intensiveren Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte bestehen können und wie wir vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs, der Inflation und der Verteuerung der Energie die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschlands aufrechterhalten. In Sachen IT-Fachkräftemangel sorgt mich, dass keine Kehrtwende zu erwarten ist.
com! professional: Er dürfte sich weiter verschärfen …
Walleyo: Der Mangel hat meines Erachtens mehrere Gründe. Er ergibt sich sicherlich einerseits aus dem aktuellen demografischen Wandel. Andererseits läuten bei mir die Alarmglocken, wenn der Digitalverband Bitkom feststellt, dass das Interesse an einem Informatikstudium im zweiten Jahr in Folge gesunken sei, die Berufssparte also an Attraktivität verliert. Wir müssen uns als Arbeitgeber, als Impulsgeber der Digitalisierung interessant machen, die Zuwanderung von qualifizierten IT-Spezialisten vereinfachen und mehr Frauen in die IT bringen. Wir müssen endlich wegkommen von der Wahrnehmung, dass die IT immer noch überwiegend eine Männer­domäne ist.
Über die Zukunftsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandorts mache ich mir ebenfalls Sorgen. Wir durchleben mit der Corona-Pandemie, dem Klimawandel und dem Krieg in der Ukraine ein Zeitalter der Krisen, die viele Errungenschaften, die wir für selbstverständlich erachtet haben, plötzlich aushebeln. Wir müssen umdenken und agil sein, um der Inflation, den hohen Energiekosten und der Klima-krise ökonomisch entgegenzuwirken. Der Bürokratieabbau wäre hier ein Ansatzhebel. Das gelingt nur, wenn wir die richtigen Bedingungen vorfinden, die Staat, Wirtschaft und Gesellschaft aus dem überregulierten Gesetzesrahmen befreien. Denn momentan ist Deutschland nur in einem wirklich spitze: bei den Steuersätzen.
Zur Person und PTA
Tim Walleyo ist seit Juli 2019 Ge­schäfts­führer der PTA Programmier-Technische Arbeiten GmbH. Er ist Experte für Strategie­fragen und Transformations­projekte.
PTA wurde 1969 in Mannheim gegründet und ist bis heute eine Unternehmensberatung mit Ausrichtung auf Organisations- und IT-Projekte. Sie gilt mit ihren knapp 400 Mitarbeitern als älteste familiengeführte IT-Beratung Deutschlands. PTA verfolgt das Ziel, ihre Kunden auf dem Weg in die Digitalisierung zu begleiten, und ist an zwölf Standorten in Deutschland und der Schweiz vertreten. Über die Schwestergesellschaft DATIS IT-Services GmbH werden zudem Rechenzentrumsbetrieb und Entwicklung von Standard-Software, Managed Hosting und insbesondere Cloud-Leistungen sowohl in der Entwicklung als auch für den Produktivbetrieb angeboten. www.pta.de

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