26.09.2019
Philipp Ostermeier von KPMG
1. Teil: „Bei Digitalisierung zählt Geschwindigkeit “
Bei Digitalisierung zählt Geschwindigkeit
Autor: Konstantin Pfliegl
Liu zishan / Shutterstock.com
Philipp Ostermeier von KPMG berichtet im Gespräch über den aktuellen Stand der Digitalisierung in Deutschland und erläutert, wieso es vor allem auf das Tempo ankommt.
Die Digitalisierung verändert viele angestammte Geschäftsmodelle und mischt in zahlreichen Branchen die Karten neu. So sehen sich viele Unternehmen plötzlich Konkurrenten gegenüber, die ganz neu auf der Bildfläche erscheinen. Doch nicht alle Unternehmen können mit der Geschwindigkeit Schritt halten, in der sich der Markt verändert. Vor allem Mittelständler fühlen sich von den Veränderungen häufig regelrecht überrumpelt – und haben so auf internationalen Märkten das Nachsehen.
com! professional: Herr Ostermeier, Digitalisierung ist seit Jahren eines der großen Schlagwörter. Wie weit ist die deutsche Wirtschaft in Sachen digitale Transformation vorangeschritten?
Philipp Ostermeier: Der Schwerpunkt im Bereich der Digitalisierung lag in den vergangenen Jahren verstärkt bei den Kosten und der Effizienz – weniger auf neuem, digitalem Geschäft. Dabei liegt hierin großes Potenzial. Um dieses zu heben, braucht es grundlegende Kompetenzen von Leadership über Kultur, Denken in internen und externen Netzwerken bis hin zur Befähigung des gesamten Unternehmens.
com! professional: Wie ist also Ihrer Erfahrung nach der Status quo?
Ostermeier: Wir sehen bereits eine Reihe von guten Initiativen und einzelnen sogenannten Vorreitern. In der Breite herrscht derzeit insgesamt aber noch viel Zurückhaltung, gerade was die ganzheitliche digitale Transformation angeht.
com! professional: Spielt Deutschland im Hinblick auf die aktuelle industrielle Revolution weltweit eine bedeutende Rolle?
Ja. Gerade die tiefe Verwurzelung und profunde Datenlage im Maschinenbau und der Automobilindustrie müssen als harte Währung und Asset erkannt werden. Daraus muss die deutsche Wirtschaft einen Vorteil schlagen, im Wettbewerb mit den globalen Technologiekonzernen.
Ostermeier:
com! professional: Deutschlands traditionelle Stärken sind aber dennoch eher die Ingenieurskunst und das Handwerk. Reicht das denn?
Ostermeier: Dies sind essenzielle Erfolgsfaktoren. Dennoch wird es für das Ingenieurwesen und das Handwerk darauf ankommen, neue Technologien und ihre Anwendungsfelder so anzuwenden, dass sie auch in Zukunft ihre weltmarktführende Position behaupten können.
Dabei stehen sie auch im Wettbewerb mit neuen, disruptiven Geschäftsmodellen. Neben der technischen Exzellenz kommt es also vor allem auch auf die Umsetzungsgeschwindigkeit an.
com! professional: Technologischer Wandel und Innovation finden hierzulande dennoch eher evolutionär als revolutionär statt: Produkte werden meist peu à peu effizienter und besser. Ist dieser „deutsche Weg“ zu wenig disruptiv, um in Zukunft weltweit bestehen zu können?
Ostermeier: Das sehe ich etwas differenziert. Die deutsche Wirtschaft zeichnet sich seit jeher dadurch aus, revolutionäre Technologien und Innovationen zu treiben. Neu ist, dies im Kontext der Digitalisierung und der geänderten Rahmenbedingungen zu leisten.
com! professional: Vielen Unternehmen in Deutschland geht es aber einfach auch zu gut – sie sehen daher keine Notwendigkeit, sich mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen …
Ostermeier: Die überwiegende Anzahl der Unternehmen in Deutschland hat eine entsprechende digitale Agenda. Es mangelt also nicht an der Erkenntnis, das sich etwas ändern muss.
Die große Herausforderung besteht vielmehr darin, die übergeordnete Vision zu konkretisieren, in einzelne, spezifische Maßnahmen zu überführen und diese entsprechend zu priorisieren.
2. Teil: „So teuer ist die Digitalisierung“
So teuer ist die Digitalisierung
com! professional: Blicken wir in die Praxis: Was geben die Unternehmen für die Digitalisierung im Schnitt aus – und wie stemmen sie die Finanzierung?
Ostermeier: Laut einer KPMG-internen Studie werden sich allein die Ausgaben für Künstliche Intelligenz in den kommenden sechs Jahren mehr als verzehnfachen. Dabei wird sich der Trend weiter fortsetzen, kapitalintensive Eigenentwicklungen durch bedarfsorientiert skalierende Lösungen zu ersetzen.
com! professional: Viele angestammte Unternehmen tun sich für die Digitalisierung mit Start-ups zusammen oder gründen gar eigene Start-ups. Können solche Kooperationen zwischen Start-ups und Unternehmen ein Katalysator für die Digitalisierung von Geschäftsmodellen und -prozessen sein?
Ostermeier: Eine kurze Antwort ist vor dem Hintergrund der Bandbreite und der Vielzahl an Kooperationsmechanismen nicht möglich. Fest steht jedoch, dass die Art und Weise, wie Start-ups kontinuierlich ihren „Product Market Fit“ evaluieren und bei Bedarf ihr Geschäftsmodell anpassen, für etablierte Unternehmen eine sinnvolle Erweiterung gegenüber traditionellen Innovations- und Strategieprozessen ist.
com! professional: Und welche Rolle spielt die Politik? Was läuft gut, was muss besser laufen? Welche Weichen sollten gestellt werden, damit die Digitalisierung hierzulande funktionieren kann?
Ostermeier: Lassen Sie uns hierzu einmal nach Israel blicken. Dort hat die Politik Rahmenbedingungen für Risikokapitalgeber und Gründer geschaffen, die sich durch ein hohes Maß an Flexibilität und niedrige Eintrittsbarrieren auszeichnen – vergleichbar dem Silicon Valley. Allein das sogenannte Venture Capital Funding, welches vom israelischen Staat und über die Israel Innovation Authority jährlich zur Verfügung gestellt wird, übersteigt das der gesamten EU um ein Vielfaches.
com! professional: Bleiben wir im Ausland und schauen wir zum Beispiel in die USA oder nach Asien – dort werden ohne besondere Einschränkungen allerlei Benutzerdaten gesammelt und verwertet. Hier in Europa denkt man immer zuerst an Datenschutz und Privatsphäre. Sind wir damit auf dem digitalen Holzweg – oder beschreiten wir doch den Königsweg?
Ostermeier: Grundsätzlich liegt der Unterschied darin, dass europäische Kunden höhere Anforderungen an den Schutz persönlicher Daten stellen. Für asiatische und amerikanische Kunden steht stattdessen die sogenannte Customer Experience im Vordergrund, also der konkrete, erhöhte Nutzen, der für den Endkunden entsteht. Dieser Nutzen treibt letztlich die Bereitschaft, persönliche Daten preiszugeben. Das ist Teil der Kultur.
Für Unternehmen bedeutet das, dass sie in ihren Geschäftsmodellen Unterschiede berücksichtigen müssen.
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