28.02.2019
Gegen rasche Veröffentlichung
Deutschland gegen EU-Vorstoß zum Schutz von Whistleblowern
Autor: dpa
Glenn Greenwald / Laura Poitras / The Guardian Newspaper / FILE / dpa
Die EU will Hinweisgeber besser vor Repressalien schützen - doch das Wie ist umstritten. Deutschland lehnt einen Vorstoß ab, nach dem Whistleblower völlig frei entscheiden könnten, wie sie Missstände melden.
Beim Schutz von Whistleblowern in der EU stellt Deutschland sich gegen Forderungen des Europaparlaments nach mehr Sicherheit für Betroffene.
Das Justizministerium von Katarina Barley (SPD) besteht bei den derzeit in Brüssel laufenden Verhandlungen zwischen EU-Staaten und Parlament zusammen mit anderen Ländern darauf, dass sich Hinweisgeber an ein mehrstufiges Meldeverfahren halten müssen und erst im letzten Schritt an die Öffentlichkeit gehen dürfen.
Das geht aus einem Papier des Auswärtigen Amts hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Das Parlament will hingegen, dass Whistleblower selbst wählen können, wie sie Missstände melden.
Angesichts mehrerer Skandale wie dem Facebook-Datenleck oder den Panama Papers, die erst durch Whistleblower öffentlich geworden waren, legte die EU-Kommission im April 2018 einen Vorschlag zum besseren Schutz der Hinweisgeber vor.
Interner Beschwerdeweg vorgesehen
Dieser sieht für Whistleblower zunächst jedoch einen internen Beschwerdeweg innerhalb der eigenen Firma vor, ehe sie sich im zweiten Schritt an eine Behörde wenden können. Danach erst sollen sie sich an die Öffentlichkeit - etwa an Medien - richten können.
Das Bundesjustizministerium setze sich intensiv für einen deutlich verstärkten Whistleblower-Schutz in der Europäischen Union ein, betonte ein Barley-Sprecher. Der Mut von Whistleblowern solle nicht sanktioniert, sondern unterstützt werden.
Der von Barley unterstützte Vorschlag sehe aber keineswegs nur ein starres Verfahren vor: Hinweisgeber könnten sich auch danach unmittelbar an Behörden wenden, wenn es wenig Aussicht darauf gebe, dass der Arbeitgeber die Verstöße abstelle. Wenn eine erhebliche Gefahr für öffentliche Interessen bestehe, könne der Whistleblower auch direkt an die Öffentlichkeit gehen. Für Barley sei es wichtig, die Richtlinie noch vor der Europawahl zu beschließen.
Suche nach Kompromiss gescheitert
Auch für Frankreich und drei andere Staaten ist das dreistufige Verfahren dem Papier zufolge "eine sehr rote Linie", andere Länder zeigten in den Verhandlungen dagegen Entgegenkommen. In ihrer allgemeinen Ausrichtung hatten sich die EU-Staaten im Januar auf das dreigliedrige System geeinigt. Am Dienstagabend scheiterte die Suche nach einem Kompromiss zwischen EU-Staaten und Parlament, kommende Woche wollen die Unterhändler erneut verhandeln.
Grüne und Linke kritisieren Barleys Haltung. "Justizministerin Katarina Barley blockiert den bestmöglichen Schutz für Whistleblower in Europa", sagte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold der dpa. Barley müsse den Weg für vollen Schutz freimachen - unabhängig vom internen Beschwerdeweg.
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Niema Movassat kritisierte, Barley stelle sich auf die Seite der Konzerne. Die Öffentlichkeit werde mit dieser Regelung erst sehr spät oder gar nicht von einem Skandal erfahren. "Das ist sowohl gegenüber den Hinweisgebern als auch gegenüber der Bevölkerung eine unzumutbare Einschränkung", erklärte sie.
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