10.10.2017
Industrial Internet of Things (IIoT)
1. Teil: „Warum die Industrie ein eigenes IoT braucht“
Warum die Industrie ein eigenes IoT braucht
Autor: Christoph Höinghaus
Shutterstock / Zapp2Photo
Das gewöhnliche IoT taugt nicht für Smart Factories. Die Vernetzung in der Industrie 4.0 erfordert ein großes Datenvolumen, einen erhöhten Informationsbedarf und einheitliche Standards.
Dieser Beitrag wurde von Christoph Höinghaus verfasst, ehemaliger CEO von Trivadis.
Das Internet der Dinge (IoT) verspricht die vollständige Vernetzung sämtlicher Geräte und Alltagsgegenstände. Der Begriff Industrie 4.0 steht dagegen für eine vollautomatische, flexible und ressourcenschonende Produktion auf Basis intelligenter Maschinen. Zwar sind diese intelligenten Maschinen im weitesten Sinn auch Geräte, sie übersteigen jedoch deren Funktionalität bei Weitem.
Intelligente Maschinen sind an der Produktion beteiligte Geräte, beispielsweise Werkzeugmaschinen, Fließbänder, Diagnosesysteme, Industrieroboter, Verlesestationen und Montagelinien. Sie bilden gemeinsam mit anderen Geräten, etwa Kameras, Notebooks und Smartphones, Produktionssysteme, die in Echtzeit über Sensoren Produktionsdaten erfassen und mittels Aktoren auf die Produktion einwirken. Dadurch wird eine weitgehend selbstständige Steuerung von Aufträgen möglich – von der Bestellung des erforderlichen Rohmaterials über die Reservierung der Bearbeitungsmaschinen, Montagekapazitäten, Lagerhallen und erforderlichen Logistikleistung bis hin zur Qualitätskontrolle und Auslieferung.
Die industrielle Fertigungseinheit als Variante eines IoT-Geräts wird cyber-physisches System (CPS) oder auch cyber-physisches Produktionssystem (CPPS) genannt. Verglichen mit einem gängigen IoT-Gerät verfügt ein CPPS über einen sehr viel größeren Funktionsumfang, muss zudem sehr viel präziser arbeiten können und benötigt dafür sehr viel mehr Daten.
Erhöhtes Datenvolumen
Damit der vernetzte Produktionsprozess nahtlos funktioniert, muss eine sehr hohe Datenmenge zwischen den Fertigungseinheiten und anderen an der Produktion beteiligten Maschinen und Lagern ausgetauscht werden können. Diese Daten müssen in höchster Qualität sicher und schnell verfügbar sein. Die Bedeutung des produktionssteuernden Datenflusses entspricht demjenigen des Materialflusses – wenn er ins Stocken kommt, steht die Produktion.
Das Datenvolumen erhöht sich zudem durch die besondere Fähigkeit der intelligenten Maschinen, autonom zu kommunizieren, beispielsweise, um notwendige Anpassungen aufgrund der Beschaffenheit des Rohmaterials, der Außentemperaturen oder anderer Faktoren während der Fertigung zu berücksichtigen. Die zugrundeliegende Infrastruktur muss für dieses erhöhte Datenvolumen entsprechend ausgelegt werden.
Ein einfaches IoT-Netz, wie es beispielweise in einer Smart City oder einer Smart-Home-Umgebung eingesetzt wird, reicht dafür nicht aus.
2. Teil: „Erhöhter Informationsbedarf“
Erhöhter Informationsbedarf
Durch die Aufhebung der Trennung zwischen Planung und Steuerung in der Produktion entsteht ein erhöhter Informationsbedarf. Die notwendige Kombination von historischen, aktuellen und prognostizierten Daten leistet einen zusätzlichen Beitrag zu dieser Entwicklung. Auf der Ebene der Informationssysteme hat diese Entwicklung Konsequenzen, was deren Struktur und inneren Aufbau betrifft: Die in der Fertigungsindustrie üblicherweise eingesetzten ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) und SPS-Systeme (speicherprogrammierbare Steuerungen) werden einem integrierten Ansatz Platz machen müssen.
Dieser Ansatz wird auch Manufacturing Execution System (MES) genannt und verfügt bereits über eine eigene VDI-Richtlinie (VDI 5600). Im Weiteren werden zur Analyse der großen in der Produktion anfallenden Datenmengen neue Big-Data-Analysesysteme zum Einsatz kommen. Die entsprechende Data-Science-Disziplin etabliert sich unter dem Begriff Industrial Analytics.
3. Teil: „Standardisierter Austausch“
Standardisierter Austausch
Industrie 4.0 als vollständig integrierte und auftragsorientierte Produktion, die vom Rohstoff bis zum fertigen Industrieprodukt reicht, erfordert unternehmensübergreifende Wertschöpfungsketten und damit einen standardisierten Informationsaustausch. Die Standardisierung des Informationsaustauschs wird über branchenspezifische Normen geregelt.
Die Deutsche Kommission Elektrotechnik (DKE) hat beispielsweise in ihrer Roadmap Industrie 4.0 vorgesehen, dass Referenzmodelle festgelegt werden. Sie sollen technische Systeme und Prozesse, leittechnische Funktionen, technisch-organisatorische sowie Lifecycle-Prozesse und damit den Informationsaustausch über Firmengrenzen hinweg standardisieren.
Logistik miteinbeziehen
Neben dem Austausch produktionsrelevanter Informationen zwischen Firmen spielen die Logistikinformationen eine zentrale Rolle. Die Vernetzung der Transportkette zwischen Unternehmen und daran beteiligter Objekte, Fahrzeuge und Sendungen ist elementar für eine optimale Wertschöpfungskette. Entsprechend muss mit einem stark erhöhten Informationsbedarf gerechnet werden, da die Optimierung der Transportlogistik immer auf Basis vieler Einzelfaktoren erfolgt – angefangen vom Einbezug der Verkehrslage, den Wetter- und Umgebungsbedingungen über die Berücksichtigung von Kapazitäts- und Fahrzeuginformationen bis hin zur Errechnung von Alternativrouten für die Just-in-Time-Anlieferung. Die Standardisierung liegt in diesem Bereich noch im Argen und spielt in der industriellen Fertigung eine weitaus kritischere Rolle als in anderen IoT-Anwendungsbereichen.
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