25.06.2018
Mitdenken und experimentieren
Darauf kommt es bei der agilen Entwicklung an
Autor: Gastautor
Elnur / Shutterstock.com
Expertentum und Sitzungen haben in der Entwicklerwelt von heute nichts mehr verloren. Auf was es wirklich ankommt, erläutert Gastautor Reinhard Riedl vom Forschungszentrum Digital Society der Berner Fachhochschule.
Dieser Text wurde von Reinhard Riedl verfasst. Der promovierte Mathematiker leitet das transdisziplinäre Forschungszentrum Digital Society an der Berner Fachhochschule.
Vor vielen Jahren habe ich einmal eine Masterarbeit betreut, die sich mit dem Verfügbarkeitsmanagement eines großen CRM-Systems (Customer Relationship Management) beschäftigte. Die Lösung bestand darin, aus dem Server-Monitoring ein Service-Monitoring abzuleiten.
Der verantwortliche Student war nicht nur talentiert und fleißig, sondern er war auch frech: So schloss er seine Masterarbeit mit der Aussage, dass seine Lösung nicht praxistauglich sei. Für ihre Umsetzung sei es nämlich notwendig, dass die Architekturabteilung, die Entwicklungsabteilung und der IT-Betrieb miteinander sprechen – und das sei ausgeschlossen. Deshalb solle man das Content-Relationship-Management-System lieber in mehrere Teile zerlegen.
Was damals nur vorwitzig klang, erscheint heutzutage sogar noch zu wenig radikal gedacht. In den letzten Jahren haben einige Unternehmen sehr erfolgreich auf lose gekoppelte Architekturen mit Microservices umgestellt.
Hierfür haben sie Applikationen mit monolithischem Charakter in viele kleine Teile zerlegt, die dafür aber von der grafischen Bedienoberfläche bis zum Datenzugriff alles implementieren. Zusätzlich haben sie ihre Entwicklungsteams einige Aufgaben des IT-Betriebs übernehmen lassen. Im Extremfall führen die einzelnen Entwicklungsteams das Deployment dieser Microservices sogar selber durch.
Ziel und Zweck der skizzierten Umgestaltung der IT ist es, die Time-to-Market zu minimieren. Die Zeit von der Geschäftsidee bis zur Inbetriebnahme der Software-Umsetzung soll möglichst kurz werden.
Erfolgreiche Umsetzungen gehen häufig mit einer Kostenreduktion und einem Wissenszuwachs unter den Mitarbeitern einher, wobei einige der Vorreiter mit der Umgestaltung schlicht ihr Überleben retten wollten, das von explodierender Komplexität bedroht war.
Hinter den neuen Architektur- und Organisationskonzepten steht die Erkenntnis, dass gute Kommunikation in der Praxis sehr schwierig ist. Jede Abstimmung und jede Arbeitsübergabe mehr schafft Potenzial für Verzögerungen, Fehler und Disparitäten.
Kommunikation innerhalb des Teams
Nach dem Motto „Tue das, was du schlecht kannst, möglichst selten“ minimiert man die Notwendigkeit, zwischen Teams zu kommunizieren. Stattdessen findet Kommunikation, die früher zwischen den Teams geführt wurde, jetzt innerhalb der einzelnen Teams statt. Zum Teil wird sie auch ganz überflüssig, wenn eine Person mehrere Fachaufgaben übernimmt.
Damit dieser Kampf gegen das viele „Kommunizieren-Müssen“ aufgeht, sollten die Teams klein bleiben, nur maximal 15 Mitglieder umfassen und stets für die gleiche Business-Abteilung arbeiten.
Die vergangenen Jahre haben neben spektakulären Erfolgen aber auch gezeigt, dass die beschriebene Umstellung der Firmen-IT per se keine Verbesserungen bringt, wenn nicht auch die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden.
Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem die Fähigkeit, innerhalb von wenigen Stunden Entwicklungs-, Test- und Produktivumgebungen bereitzustellen. Wichtig ist aber auch die Bereitschaft des Unternehmens, in Projekte ohne Geschäftsnutzen zu investieren, die lediglich die Software-Qualität verbessern. Vor allem aber muss die IT-Abteilung im Unternehmen aufhören, eine Expertenorganisation zu sein.
Mein frecher Student von damals meinte übrigens, dass er erst während der Masterarbeit begriffen habe, dass der Inhalt meiner Vorlesungen tatsächlich stimme. Ursprünglich hätten er und seine Kollegen das vermittelte Wissen lediglich für „reine Theorie“ gehalten. So etwas grämt mich kaum: Im Software-Engineering zählt nicht der Glaube, sondern das Mitdenken und Experimentieren.
Sponsored Post
Amazon Connect und GenAI – Superpower für den Kundenservice
Unternehmen benötigen Cloud-, Digital- und KI-Technologien, um die Customer Experience (CX) zu optimieren. SoftwareOne und AWS helfen Unternehmen, Kunden proaktiv individuell zugeschnittene Erlebnisse zu bieten. So wächst die Kundenbindung über alle Kanäle hinweg und fördert gleichzeitig die Leistungsfähigkeit und das Engagement der Mitarbeiter.
>>
Personen
Nfon CCO Gernot Hofstetter tritt zurück
Gernot Hofstetter war sechs Jahre beim Münchner Cloud-PBX-Anbieter Nfon, zuletzt als Chief Commercial Officer. Nun hat er das Unternehmen verlassen und ist zum Start-up Stealth Mode gewechselt.
>>
Personalie
CEO Frank Roebers verlässt Synaxon
Er war 32 Jahre bei der Verbundgruppe und hat sie maßgeblich geprägt. Nun tritt der CEO von Synaxon Ende des Jahres zurück – und gründet ein eigenes Unternehmen.
>>
Bad News
Game macht Fake News spielerisch erkennbar
Wissenschaftler der Universität Uppsala haben ihr Online-Spiel "Bad News" erfolgreich an 516 Schülern getestet. Es soll helfen, manipulative Techniken in Social-Media-Posts zu erkennen.
>>