12.12.2023
Thema des Tages
Amazon.com bestraft ab April 2024 Langsamdreher mit geringem Lagerbestand
Autor: Ingrid Lommer
Shutterstock
Amazon will in seinen Lagern vor allem verlässliche, hochprofitable Schnelldreher haben. In den USA führt das Unternehmen nun eine Gebühr ein, die gezielt die Händler bestraft, die auf ihren Amazon-Lagerplätze wenige Langsam-Dreher parken: die "Low Inventory Fee".
In einer entsprechenden Mitteilung an die Seller heißt es: "Wir werden eine Gebühr für Produkte mit geringem Bestand für Standardgrößen einführen. Die Gebühr wird fällig, wenn Sie im Verhältnis zu den Verkaufszahlen konstant niedrige Bestände haben, da dies unsere Fähigkeit einschränkt, die Produkte über unser Netzwerk zu verteilen, was die Liefergeschwindigkeit beeinträchtigt und unsere Versandkosten erhöht. Verkäufer können diese Gebühr vermeiden, indem sie einen Bestand von mehr als vier Wochen im Verhältnis zum Umsatz vorhalten. Diese Gebühren gelten ab dem 1. April 2024."
Die neue Gebühr passt zur aktuellen Umstrukturierung, die das Fulfillment-Netzwerk in den USA aktuell erfährt: Anstelle eines nationalen Fulfillment-Netzwerk betreibt Amazon nun 8 regionale Netzwerke, die jeweils autark arbeiten.
Das beschleunigt zwar die Lieferung innerhalb der USA, bedeutet aber auch, dass in allen regionalen Netzwerken die gleichen Produkte gelagert werden müssen - was den ohnehin schon knappen Stauraum in den Amazon-Lagern noch wertvoller macht. Die Zeche sollen nun die Verkäufer mitbezahlen, wie aus der Ankündigung der neuen Gebühr hervorgeht:
"Die Aufrechterhaltung eines ausreichenden Lagerbestands ermöglicht es uns, den Bestand in unserem Netzwerk näher an den Kunden zu platzieren und so die Kosten für die Erfüllung von Bestellungen zu senken. In Fällen, in denen Sie niedrige Lagerbestände haben, treibt dies die Transportkosten in die Höhe, und wir werden Gebühren einführen, die sich an diesen zugrunde liegenden Kosten orientieren."
Zuckerbrot zur Peitsche
Die neuen Gebühren dürften die Kalkulation so mancher Amazon-Händler komplett über den Haufen werfen, vor allem, da die Höhe der Gebühren im Voraus nicht so ohne weiteres berechnet werden kann. Speziell Anbieter von saisonalen Produkten müssen neu denken.
Noch weiter verkompliziert wird die neue Lagergebühren-Rechnung durch das Zuckerl, mit dem Amazon seinen Sellern größere Lagerbestände schmackhaft zu machen versucht: So werden zeitgleich mit der Einführung der neuen Gebühren die monatlichen Lagergebühren für Produkte in Standardgröße um durchschnittlich 0,09 $ pro Kubik-Fuß gesenkt - allerdings nur außerhalb der Spitzenzeiten, also von Januar bis September.
Aktuell gilt die neue Gebührenordnung nur für die amerikanischen Amazon-Lager. Doch auch in Europa ist der FBA-Lagerplatz knapp und wertvoll. Sollte die Gebühr in den USA zum gewünschten Ergebnis führen - nämlich dazu, dass Seller ihre Lagerplätze möglichst ausreizen und vor allem Schnelldreher lagern - könnte sie schneller in die Pan-EU-Region kommen, als das so manchem Seller lieb wäre.
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