Internet der Dinge
17.10.2017
HPE und das IoT
1. Teil: „Auf dem Weg zum Internet der relevanten Dinge“

Auf dem Weg zum Internet der relevanten Dinge

IoTIoTIoT
Shutterstock / Zapp2Photo
HPE propagiert das Internet der Dinge als Mittel zur Modernisierung bestehender Geschäftsfelder. Die Umsetzung von IoT-Lösungen verspricht Wettbewerbsvorteile, ist aber nicht ganz risikofrei.
Seit das Unternehmensgeschäft des HP-Konzerns 2015 als Hewlett Packard Enterprise (HPE) abgespalten wurde, ist man dort bestrebt, vom Wachstum beim Internet der Dinge zu profitieren und eine führende Rolle in diesem boomenden IT-Sektor einzunehmen. Ausdruck dieser strategischen Ausrichtung war nicht zuletzt der Kauf von Aruba Networks für rund drei Milliarden Dollar, einem Unternehmen, das sein Geld vor allem mit Enterprise-WLAN-Lösungen verdient.
Vergleicht man die IoT-Aktivitäten von HPE mit anderen Protagonisten der Szene, dann fällt auf, dass dahinter eine ganz eigene Vorstellung vom Internet of Things steckt. Colin l’Anson, HPE Fellow und IoT-Evangelist, erläutert com! professional gegenüber, was das Besondere am IoT-Ansatz von HPE ist und worin die Chancen und die Auswirkungen von Internet-of-Things-Projekten für Unternehmen grundsätzlich bestehen.

Mehr als nur Monitoring

Zunächst einmal betont l’Anson, dass das Internet of Things viel älter sei, als es die aktuelle Lancierung als Marketingbegriff erscheinen lasse. IoT sei mindestens schon seit zehn Jahren als technologische Herausforderung präsent. Damals sei die IT allerdings noch nicht in der Lage gewesen, Lösungsansätze für den Umgang mit Daten zu liefern, die von zahlreichen „Dingen“ im Internet kommen.
  • Große Erwartungen: Unternehmen erhoffen sich vom Internet der Dinge vor allem mehr Effizienz.
    Quelle:
    HPE
IT-Prozesse und angeschlossene Geräte wurden zwar per Monitoring und Systemmanagement kontrolliert, aber nur auf der Ebene der operativen Unterstützung. Netzwerk-Monitoring gehörte auch in den zurückliegenden Jahren schon zu den Standardaufgaben eines Administrators, an der Quality of Service haperte es allerdings oft.
Im Unterschied dazu ist es laut Colin l’Anson heute möglich, über das reine Monitoring der eingesetzten Technologien hinauszugehen. Inzwischen seien die Analysewerkzeuge vorhanden, um die Anwendungen und Datenprozesse zu untersuchen und Verbesserungen da­ran vorzunehmen.
Möglich geworden ist es sogar, neue, früher nicht denkbare Business-Prozesse zu initiieren. Zur Veranschaulichung dieser These verweist der IoT-Evangelist auf das Beispiel der Football-Mannschaft San Francisco 49ers. Im Levi’s Stadion in San Francisco wurden auf Basis eines WLAN-Netzwerks von Aruba alle Sitzplätze so mit den zentralen Services verbunden, dass ein Internet der Dinge entstand: Die Besucher können von ihrem Platz aus Getränke, Essen oder Waren bestellen, was vorher nur sehr umständlich möglich und mit Schlangestehen verbunden war. Das IoT des Stadions bietet Verein und Besuchern gleichermaßen einen Mehrwert – durch höhere Umsätze dem einen, durch mehr Komfort den anderen. L’Anson spricht begeistert von „Beer as a Service“, einem Dienst, der nun mit Hilfe von IoT möglich sei.
2. Teil: „Korrelationen treiben Business“

Korrelationen treiben Business

Internet of Things ist für HPE demnach mehr als einfach nur die Verbindung vieler verschiedener Dinge über das Internet. Es steht für technologische Verbesserungen, Erhöhung der Geschäftsumsätze und einen Mehrwert für Kunden und Mitarbeiter.
L’Anson fasst die HPE-Sicht so zusammen: „Wir haben heute viel mehr Daten und damit reichere Quellen zur Verfügung, um genauer in einzelne Prozesse hineinzuschauen. Außerdem können wir bereits virtualisierte Datensammlungen hinzufügen. Das bedeutet, wir können Daten in der physischen Welt generieren und in die Compute-Prozesse einbringen – das ist aus unserer Sicht genau das, was IoT ausmacht. Wir können die Daten mit anderen vergleichen und nach Korrelationen schauen.“
Damit vertritt l’Anson ein Verständnis von IoT, das sehr weit gefasst ist, weiter jedenfalls als die eher klassische Definition, die Kevin Ashton in dem E-Book „Making sense of IoT“ entwickelt. Ashton, der den Begriff Internet of Things im Jahr 1999 erfunden hat, ist heute Technology Visionary bei Aruba. Beim Internet of Things gehe es nicht da­rum, Kühlschränke und Toaster mit dem Internet zu verbinden. Er schreibt: „This is the meaning of the Internet of Things: sensors connected to the Internet, behaving in an Internet-like way by making open, ad hoc connections, sharing data freely, and allowing unexpected applications, so computers can understand the world around them and become humanity’s nervous system.“

IoT auf dem Vormarsch

Aus Umfragen bei Unternehmen zieht Aruba den Schluss, dass es gar nicht mehr lange dauert, bis das Internet of Things sehr weit verbreitet sein wird. Allein 85 Prozent der Unternehmen weltweit planen demnach bis zum Jahr 2019, eine IoT-Lösung einzusetzen, getrieben von dem Streben nach innovativen und effizienten Geschäftsprozessen.
Fünf „vertikale Bereiche“ hat Aruba als diejenigen identifiziert, die voraussichtlich bei der IoT-Einführung eine führende Position einnehmen werde. Befragt wurden 3100 Entscheidungsträger aus den IT- und Geschäftsbereichen von Unternehmen.
Büros und Verwaltung: 72 Prozent der befragten Firmen in diesem Sektor setzen schon IoT ein – von Überprüfung der Produktivität der Angestellten bis Licht- und Temperaturmessung in Gebäuden. Über 50 Prozent planen weitere IoT-Installationen.
Industrie: Hier haben bereits 62 Prozent der Unternehmen IoT-Geräte im praktischen Einsatz. Sie überwachen damit Produktionsfunktionen und halten Anlagen instand. Mit
6 Prozent noch relativ klein ist der Anteil von Unternehmen mit IP-basierten Kameras. In Zukunft wollen aber 32 Prozent diese Form der Überwachung einsetzen. 83 Prozent der Befragten gaben zudem an, mit IoT-Systemen schon mehr Effizienz im Unternehmen erreicht zu haben.
Gesundheitswesen: 60 Prozent der Krankenhäuser weltweit haben bereits IoT eingeführt. Sie wollen vor allem das Monitoring der Patienten und die Instandhaltung von Geräten verbessern sowie die Kosten reduzieren. 80 Prozent der befragten medizinischen Institutionen gaben an, dass sie mit IoT die Innovationsrate erhöhen konnten.
Retailer: Nur 49 Prozent der Handelsunternehmen setzen bisher IoT ein, aber davon gaben 81 Prozent an, dass sie damit das Kundenerlebnis verbessern konnten, was sich auf die Kundenloyalität und die Gewinne positiv ausgewirkt habe. In den Läden wird das IoT vor allem für die Auswertung von Produktinformationen und für personalisierte Angebote genutzt. 40 Prozent der Retailer hoben in der Befragung die Möglichkeit hervor, künftig das IoT für Überwachungskameras einzusetzen.
Regierungsbehörden: Diese hinken bei der IoT-Einführung hinterher. Nur 42 Prozent der Kommunen haben schon IoT-Geräte und -Sensoren eingeführt. 35 Prozent der IT-Verantwortlichen in diesem Sektor gaben an, ihre Vorgesetzten hätten gar keine oder nur wenig Ahnung vom IoT – ein doppelt so hoher Anteil wie sonst üblich. 49 Prozent der Befragten antworteten, in ihrer Organisation würden Legacy-Systeme die Einführung von IoT-Anwendungen erschweren.
3. Teil: „Wettbewerbsvorteile“

Wettbewerbsvorteile

  • Riskante Technologie: 84 Prozent der Unternehmen, die IoT schon einsetzen, hatten bereits Sicherheitsvorfälle.
    Quelle:
    HPE
Für Colin l’Anson ist das IoT „Teil der großen Digitalisierungs-Story. Es bringt physische Elemente hinein und damit eine deutliche Beschleunigung.“ HPE sieht sich als Motor dieser Entwicklung: „Wir liefern die IT für IoT.“ Der Hersteller nimmt für sich in Anspruch, für diesen Teil der digitalen Transformation das ganze Spektrum der IT-Funktionen Compute, Storage und Networking abzudecken.
Dabei zählt l’Anson Storage und Networking mehr zu den einfacheren Aufgaben. Bei Compute-Prozessen sei es jedoch so, dass das exponentielle Wachstum der Daten zu einer ex­tremen Zunahme der erforderlichen Berechnungen führe:  Die Antwort von HPE darauf besteht laut l’Anson darin, möglichst vielfältige Lösungen für diese IoT-Prozesse anzubieten. Das könnten in dem einen Fall Hunderte von Rechenzentren sein, in dem anderen eine Public oder Managed Cloud – je nachdem was die Anwender benötigen.
L’Anson legt Wert darauf, dass HPE eine komplett neue Technologie-Kategorie für die Kunden geschaffen hat – „intelligent edge“ – und ihnen damit im Wettbewerb einen Vorteil eröffne: Zum einen, wenn eine Vielzahl an Berechnungen anfalle, zum anderen beim Erfassen und Analysieren von Daten dort, wo sie entstehen, also zum Beispiel in einer Produktionshalle. Damit, so l’Anson, sei es nicht mehr nötig, die Daten ins Rechenzentrum oder in eine Cloud zu überführen und nach der Bearbeitung wieder zurück an ihren Ursprungsort. Das dauere angesichts der riesigen Datenmengen zu lange und sei außerdem zu teuer.
Als das strategische Ziel von HPE nennt l’Anson folglich die Schaffung lokaler, modularer „Micro Data Center“ für diese Analyseprozesse. Diese seien auf Rädern montiert, um zum Beispiel im direkten Einsatz neben einer Herstellungslinie in einer Fabrik bewegt zu werden. Big Data oder Analytics finden dann dort statt, wo die Daten anfallen, als Operation Analytics mit ersten Untersuchungen und als Strategic Analytics mit tiefergehenden Analysen.
Der Wettbewerbsvorteil von IoT basiert HPE zufolge damit auf der technischen Seite darauf, die Compute-Funktionen an den Entstehungsort der Daten zu verschieben. Bei den Kundenbefragungen von Aruba gaben denn auch 66 Prozent der Unternehmen an, sie würden deshalb RoI-Resultate (Return of Investment) von 60 Prozent oder mehr erzielen, weil sie die Server mit ihren Compute-Funktionen direkt an den Entstehungsort der Daten verschoben hätten – im Unterschied zu nur 40 Prozent an RoI bei jenen Firmen, die nicht diesen Schritt gemacht hatten.

Achillesferse Sicherheit

Der Nutzen des IoT liegt Aruba zufolge auf der Hand, doch noch sei Vorsicht geboten angesichts der Risiken, die es mit sich bringe, wenn plötzlich Tausende von Dingen oder Sensoren Zugang zum Firmennetz beanspruchen. „Wir haben es mit einem besonders unsicheren Vorteil zu tun“, beschreibt l’Anson den Widerspruch. Häufig seien IoT-Komponenten jenseits der Zuständigkeiten der IT-Abteilung entstanden, so dass diese nun schrittweise beobachtet und abgeschirmt werden müssten. „Wir sind in der Lage, diese unsichere IoT-Welt abzusichern“, verspricht l’Anson dennoch – etwa durch Videokameras, die beim Auftreten ernsthafter Probleme automatisch dafür sorgen könnten, dass bestimmte Geräte abgeschaltet oder vom Netz genommen werden.
Viele negative Vorfälle, zum Beispiel als es Hackern gelang, Produktionsanlagen der US-Autoindustrie zu stoppen oder die Bremsen eines GM Chevrolet Impala abzuschalten, bringen Aruba und HPE zu der Einschätzung, dass für das IoT die Cybersicherheit vermutlich eine größere Bedeutung haben wird als in der traditionellen IT. Doch dieser Gedanke ist laut HPE für viele IT-Abteilungen absolutes Neuland. IoT-Evangelist L’Anson empfiehlt deshalb, einen Security-Spezialisten als Partner hinzuzuziehen, der alle Vorgänge bei den IoT-Prozessen beobachte, aufzeichne und rechtzeitig Gegenmaßnahmen empfehle und einleite.
Und: Man solle unabhängige Hacker mögliche Schwachstellen aufspüren lassen.

mehr zum Thema