Internet der Dinge
03.08.2018
Internet der Dinge
1. Teil: „Smarte Plattformen für IoT-Projekte“

Smarte Plattformen für IoT-Projekte

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a-image / Shutterstock.com
Um vernetzte „Dinge“ mit einer IT-Landschaft zu koppeln, sind Plattformen unverzichtbar. Gerade die großen Player wie Microsoft, Amazon, Google und Co. bieten entsprechende IoT-Lösungen an.
  • IoT-Projekte weltweit: Das Internet der Dinge wird 2018 vor allem n den Segmenten Smart City, Industrie und Gebäude eingeführt.
    Quelle:
    IoT Analytics (n=1600 angekündigte IoT-Projekte)
Das Internet der Dinge ist in Deutschland angekommen. Rund 72 Prozent der Unternehmen hierzulande planen 2018 ein neues IoT-Projekt. Insbesondere das Versicherungs- und Finanzwesen (85 Prozent) sowie Maschinen- und Anlagenbauer (78 Prozent) sind nach Angaben der IDC-Analysten ganz vorn dabei. „Die eingeplanten Budgets der befragten Unternehmen unterstreichen die großen Ambitionen“, erklärt Laura Hopp, Consultant bei IDC. „Die Ausnahme bildet die öffentliche Verwaltung.“
Eine zentrale Rolle bei den Investitionen in das Internet of Things spielen Plattformen. Sie stellen die Verbindung zwischen den vernetzten Geräten, also etwa Sensoren, und den Systemen her, die IoT-Daten speichern, verarbeiten und auswerten. Hinzu kommen Funktionen für das Management von IoT-Anwendungen und der entstehenden Datenbestände sowie für das Reporting. Nach Einschätzung des Beratungshauses ISG ist derzeit die dritte Generation von IoT-Plattformen verfügbar. Sie zeichnet sich durch erweiterte Analytics-Funktionen aus, etwa Cluster-Analysen und maschinelles Lernen.

Keine Standardlösung

Welche Plattform die passende ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Bei der Auswahl ihrer IoT-Plattform sollten Unternehmen neben aktuellen Anforderungen immer auch künftige Einsatzfelder mit einkalkulieren, empfiehlt die Managementberatung PAC: „Es gibt nicht die ,einzige, beste Plattform‘, sondern einen Mix, der die individuellen aktuellen und künftigen Anforderungen am besten erfüllt“, findet Arnold Vogt, Principal Consultant IoT, Industrie 4.0 und Industrial IoT bei PAC Germany.
Diese Diversifizierung spiegelt sich in der großen Zahl der IoT-Plattformen wider, die derzeit verfügbar sind. Das Marktforschungsunternehmen IoT Analytics geht davon aus, dass Unternehmen die Wahl zwischen etwa 450 Lösungen haben. Der weltweite Umsatz dieser IoT-Plattformen soll zwischen 2018 und 2023 jährlich um 39 Prozent steigen. Für 2023 erwartet IoT Analytics einen Umsatz von 23 Milliarden Dollar.
Unter den Plattformen finden sich Angebote für spezielle Branchen, etwa die Industrie (Industrial IoT, IIoT) und den Handel, außerdem Ansätze, die komplett softwarebasiert bereitgestellt werden, sowie Komplettlösungen, die neben der Software auch Hardware-Komponenten umfassen, beispielsweise IoT-Appliances. Generell, so IoT Analytics, lassen sich fünf Formen von IoT-Plattformen unterscheiden:
  • Cloud-Services, etwa von Microsoft, AWS oder Google
  • Lösungen zum Anbinden von IoT-Komponenten
  • Plattformen mit Schwerpunkt auf der Verwaltung von IoT-Geräten (Device-Management)
  • Datenanalyse-Plattformen
  • Lösungen für das „Application Enablement“, das sind Sammlungen von Tools und Microservices, mit denen Nutzer IoT-Anwendungen erstellen können.
2. Teil: „Amazon Web Services IoT“

Amazon Web Services IoT

Zu den Schwergewichten bei cloudbasierten IoT-Plattformen zählt Amazon Web Services mit AWS IoT. Die Plattform ermöglicht nach Angaben des Betreibers eine sichere, bidirektionale Kommunikation zwischen Geräten, die über das Internet verbunden sind, und der AWS-Cloud. Dabei kommen das Protokoll MQTT (Message Queue Telemetry Transport) und HTTP-Verbindungen zum Zuge. Zu den Endsystemen gehören Sensoren, Aktoren, integrierte Geräte und Smart-Appliances. Für die gemanagten Endgeräte, also Sensoren oder Aktoren, verwendet Amazon den Begriff Things (Dinge).
  • Zunehmende Verbreitung: Bereits vor von zehn Industrieunternehmen hierzulande nutzen IoT-Plattformen.
    Quelle:
    Bitkom (n=553 Industrieunternehmen)
Das Schlüsselelement der Plattform ist der AWS IoT Core. Über diesen Service werden die „Dinge“ ans Internet oder andere Kommunikationsdienste angebunden. Ein Device-Gateway dient dazu, diese Verbindungen zu verwalten. AWS zufolge unterstützt das Gateway mehr als eine Milliarde IoT-Endgeräte. Wie bei IoT-Plattformen üblich, läuft der Datenaustausch zwischen IoT-Geräten und Backend-Systemen über gesicherte, verschlüsselte Verbindungen (TLS-Verschlüsselung).
Für Entwickler hilfreich ist, dass AWS eine Reihe von Software Development Kits für unterschiedliche Endsysteme anbietet. Unterstützt werden beispielsweise das Mobilbetriebssystem Android, Embedded C und C++, Apple iOS sowie Java, Python und Java­Script. AWS positioniert seine IoT-Plattform als „hardwareagnostisch“. Die Kehrseite dieses Ansatzes ist, dass sich der Nutzer darum kümmern muss, die IoT-Endgeräte an die Plattform anzubinden.
Zu den interessantesten Funktionen von AWS IoT zählen die „Device Shadows“. Das sind sozusagen digitale Abbilder der IoT-Endgeräte in der Amazon-Cloud. Sie enthalten aktuelle Informationen über den Status der Komponenten. Diese Daten können Anwendungen und anderen Endgeräten zur Verfügung gestellt werden.
Darüber hinaus bietet AWS weitere Cloud-Services an, etwa für das Monitoring und die Analyse von IoT-Massendaten (AWS IoT Analytics) und das Speichern der Informationen (Amazon S3 Amazon DynamoDB). Speziell die Analyse von IoT-Informationen ist eine Herausforderung für Nutzer, weil es sich bei diesen Daten oft um unstrukturierte Informationen handelt, die in vielen Fällen auch noch fehlerhaft und voller Lücken sind. Das liegt häufig an den schwierigen Umgebungsbedingungen, die auf Sensoren oder Aktoren einwirken – von Hitze und Kälte bis hin zu Staub und Vibrationen.
AWS IoT Analytics filtert, transformiert und ergänzt die von den Geräten aufgezeichneten IoT-Daten. Anwender können den Service so einrichten, dass er nur die unbedingt erforderlichen Daten erfasst und um gerätespezifische Metadaten wie Gerätetyp und Standort ergänzt. Danach lassen sich die Informationen durch Ad-hoc- oder geplante Abfragen mittels einer integrierten SQL-Query-Engine analysieren.
Zusätzlich bietet AWS eine Auswertung durch Machine-Learning-Algorithmen an. Sie „lernen“ anhand der Information beispielsweise, welche Parameter einer Werkzeugmaschine „normal“ sind. Ungewöhnliche Werte könnten auf einen bevorstehenden Defekt hinweisen.
Die IoT-Plattform von AWS ist somit für solche Unternehmen eine gute Wahl, die einen reichhaltigen Funktionsumfang, einen global aktiven Anbieter und eine hohe Rechen- und Speicherkapazität benötigen. Allerdings muss man in Kauf nehmen, dass es sich um eine Cloud-Lösung handelt. Das bedeutet, man muss dem Service-Provider ein gewisses Vertrauen bezüglich der Sicherheit der Daten entgegenbringen, denn in dessen Rechenzentren werden die unternehmenskritischen Daten der Anwender gespeichert und verarbeitet.
3. Teil: „Google Cloud IoT“

Google Cloud IoT

Neben AWS und Microsoft zählt Google zu den größten Anbietern von Cloud-Diensten. Daher ist es nicht verwunderlich, dass das Unternehmen auch im Bereich IoT aktiv ist. Google hat bei Google Cloud IoT mehrere Cloud-Services zu einer IoT-Plattform zusammengefasst. Herzstück ist Cloud IoT Core, das seit Ende 2017 als gemanagter Service bereitsteht.
  • Quelle: IoT Analytics (2018)
Ebenso wie AWS IoT Core ist Google IoT Core für den Datentransfer von und zu den IoT-Endgeräten zuständig. Und ebenso wie bei AWS kommen dabei MQTT- und HTTP-Verbindungen zum Einsatz. Mit Cloud Pub/Sub steht ein Message-Broker zur Verfügung, der IoT-Daten in Echtzeit erfasst, konsolidiert und an andere Cloud-Dienste von Google weiterleitet, etwa zur Analyse. Weitere Services sind beispielsweise ein Device-Manager für die Verwaltung der IoT-Endgeräte sowie eine Protocol Bridge zum Anbinden der Komponenten. In der Protocol Bridge enthalten ist eine Load-Balancing-Funktion, die den Datenverkehr automatisch austariert. Das verhindert die Überlastung einzelner Verbindungen.
Zu den Leistungsmerkmalen, die Google bei seinem IoT Core besonders herausstellt, zählen die Analysefunktionen, die breite Unterstützung von Hardware-Komponenten und die Möglichkeit, umfangreiche IoT-Infrastrukturen aufzubauen. Bei der Analyse von IoT-Daten können Unternehmen beispielsweise auf Big-Data-Analytics-Funktionen und Machine-Learning-Algorithmen zurückgreifen, etwa Dataflow, BigQuery, Data Studio oder die Business-Intelligence-Tools anderer Anbieter.
Ein Vorteil für Unternehmen, die Standorte in mehreren Regionen unterhalten: Google betreibt ein eigenes Glasfasernetz mit hoher Bandbreite und niedrigen Latenzzeiten. Die Unternehmen können gegen Aufpreis IoT-Daten über die­se Hochgeschwindigkeitsverbindungen über­mitteln.
Nachvollziehbar ist, dass Google als System-Software für die IoT-Endgeräte das hauseigene Betriebssystem Android forciert. Mit Android Things hat es dafür eine spezielle „Embedded“-Android-Systemplattform lanciert. Über eine API sind Android-Things-Applikationen in der Lage, mit Sensoren und Aktoren zu kommunizieren, etwa über Protokolle und Schnittstellen wie GPIO, PWM, UART und SPI.
Für Entwickler von IoT-Lösungen stehen „IoT Developer Prototyping Kits“ für eine große Zahl von Hardware-Plattformen bereit, unter anderem Boards mit Prozessoren von ARM, Intel, NXP, Realtek und Sierra Wireless. So will Google Unternehmen den Einstieg in die IoT-Welt erleichtern – und sie als Kunden für seine Cloud-Plattform gewinnen.
Die passende IoT-Lösung finden
Welche IoT-Plattform für ein Unternehmen infrage kommt, hängt von vielen Faktoren ab, zuallererst natürlich von den Einsatzfeldern der IoT-Komponenten und dem Budget, das zur
Verfügung steht. Bei der Auswahl spielen jedoch auch andere Kriterien eine Rolle. Dazu zählen:
Services der Plattform: Einige Plattformen beschränken sich darauf, IoT-Komponenten an Gateways, Edge-Systeme und Rechenzentren anzubinden. Andere sind End-to-End-Lösungen, inklusive Hard- und Software sowie Management- und Analysefunktionen.
Netzwerkanbindung (Connectivity): Welche Verbindungsarten stehen zur Wahl, etwa Wireless LANs und Mobilfunkverbindungen, und in welchen Regionen sind diese Netze verfügbar?
Positionierung/Erfahrung: Wichtig ist, ob sich ein Anbieter auf besondere Marktsegmente spezialisiert hat, etwas Industrie­unternehmen (Industrial IoT) oder Segmente wie Einzelhandel oder Gesundheitswesen. Anbieter wie Bosch SI, GE, Siemens und Atos haben ihre Plattformen beispielsweise sehr stark auf Bereiche wie Industrie 4.0 ausgerichtet.
Unterstützung von Edge-Infrastrukturen: Dieser Aspekt gewinnt an Bedeutung, weil IoT-Daten verstärkt von Edge-Systemen verarbeitet werden müssen. Daher sollte eine Plattform die Fernverwaltung solcher Systeme erlauben. Entsprechende Hardware muss zudem IoT-Daten vor Ort speichern, verarbeiten und in das Unternehmensrechenzentrum weiterleiten können. Außerdem müssen alle relevanten Schnittstellen zu Endgeräten wie Maschinen, Sensoren, Aktoren et cetera unterstützt werden.
Hilfe bei Integration der IoT-Komponenten: Eine zentrale Rolle spielen hierbei Application Programming Interfaces (APIs) und Software Development Kits (SDKs). Weiterhin sollten alle relevanten Betriebssysteme und Übertragungsprotokolle unterstützt werden, beispielsweise Echtzeit-Betriebssysteme in Industrieumgebungen.
Datentarife: IoT-Daten werden häufig über Mobilfunknetze oder Low-Power Wide Area Networks (LPWANs) transportiert. Daher ist zu prüfen, welche Datentarife für die IoT-Plattform verfügbar sind.
Komplettpakete: Beim Einstieg in die IoT-Welt ist es hilfreich, wenn eine Plattform integrierte Pakete mit allen benötigten Komponenten bereitgestellt: Entwicklungs-Kits, Modems, SIM-Karten, Management- und Update-Tools und IT-Security-Werkzeuge.
Anbindung an Backend-Systeme: Wichtig ist, dass die von der IoT-Plattform gesammelten Daten an IT-Systeme im eigenen Rechenzentrum oder Cloud-Services übermittelt werden können.
Vorsicht bei reinen Software-Lösungen: Einige Plattformen beschränken sich auf softwaregestützte Funktionen, etwa das Sammeln und Auswerten von IoT-Daten. Um die Hardware-Komponenten muss sich der Nutzer kümmern. Dafür kann nicht jede Firma die entsprechenden Fachleute abstellen.
Device-Management: Ein zentraler Punkt ist das Monitoring und die Verwaltung der IoT-Systeme vor Ort, etwa in einer Fer­tigungsumgebung. Die gewählte Lösung sollte alle gängigen Protokolle und Standards unterstützen und einfach zu bedienen sein.
Update von IoT-Endgeräten: In den meisten Fällen ist es wünschenswert, dass sich IoT-Systeme über Funk- oder Mobilfunkverbindungen updaten lassen (Over the Air, OTA). Hier gilt es zu prüfen, welche Optionen die Plattform anbietet und wie es um die Kosten bestellt ist.
Ökosystem des Anbieters: Hilfreich für die Entscheidungs­findung ist es, wenn der Anbieter einer IoT-Lösung ergänzende Lösungen von Partnern in seinem Portfolio hat. Ein Beispiel: Für ein Unternehmen, das bereits eine Cloud-Plattform wie Micro­soft Azure verwendet, ist es von Vorteil, wenn auch die IoT-Lösung dort zur Verfügung steht. Außerdem sollte ein Interessent prüfen, welche Zusatzservices bereitstehen, etwa für die Analyse von IoT-Daten, und von wem diese Dienste stammen. Müssen nämlich Dienste unterschiedlicher Herkunft „zusammenge­puzzelt“ werden, kann dies die Kosten in die Höhe treiben.
4. Teil: „IBM Watson IoT“

IBM Watson IoT

Mit Watson IoT hat IBM eine IoT-Plattform entwickelt, die zumindest zu einem Teil „made in Germany“ ist. Denn 2017 hat das IT-Unternehmen die weltweite Zentrale für die IoT-Entwicklung nach München verlegt. Ein Grund dafür ist sicherlich die größere Nähe zu potenziellen Kunden, etwa aus der Industrie und insbesondere dem Automobilbau.
  • Status von IoT-Systemen: Auf einem Dashboard laufen alle Informationen zusammen, die IBM Watson IoT gesammelt und aufbereitet hat.
    Quelle:
    IBM
IBM legt bei seiner IoT-Plattform Wert darauf, Standards und Lösungen von anderen Anbieter zu unterstützen. So arbeitet Watson IoT mit Ciscos Edge- und Fog-Computing-Systemen zusammen, außerdem mit IoT-Komponenten auf Basis von ARM- und Intel-Prozessoren sowie Raspberry-Pi-Systemen. Auch bei der Kommunikation zeigt sich die Plattform offen. So können Unternehmen etwa Mobilfunkservices von AT&T, Vodafone oder Orange nutzen, um auf IoT-Systeme zuzugreifen.
IoT-Gateways greifen per MTTQ oder HTTP auf die Plattform zu. IBM stellt entsprechende Software Development Kits beziehungsweise Libraries für Client-Systeme bereit. Zur Wahl stehen unter anderem C++, C# und Embedded C, zudem Node.js, Python, Java und Mbed C++. Ebenso wie Google und AWS hat IBM in seine Plattform Sicherheitsfunk­tionen integriert, etwa eine Authentifizierung mittels Single Sign-on (SSO) und ein Identity- Management auf Basis von LDAP (Lightweight Directory Access Protocol).
Zu den Besonderheiten von IBM Watson IoT zählt, dass sich von IoT-Geräten digitale Abbildungen (Device Twins) erstellen lassen. Damit lassen sich Daten von IoT-Sensoren, die in unterschiedlichen Formaten vorliegen, sammeln und in einheitliche logische Modelle einbinden, auf die anschließend IoT-Anwendungen zurückgreifen.
Noch einen Schritt weiter geht das Konzept der Asset Twins. Auch das sind digitalisierte Modelle „echter“ Dinge. Allerdings bestehen Asset Twins aus ganzen Gruppen von IoT-Endgeräten, beispielsweise aus Sensoren, die am Motor, den Bremsen und dem Antriebsstrang eines Pkw angebracht sind. Eine IoT-Applika­tion für die Steuerung von Fahrzeugflotten kann mit Hilfe dieser Modelle etwa den Status aller Fahrzeuge des gleichen Typs überwachen.
  • Digitaler Zwilling: Mit Hilfe von IoT-Plattformen lassen sich digitale Abbilder von realen Gegenständen erstellen, etwa von Triebwerken.
    Quelle:
    IBM
IBM bietet im Rahmen von Watson IoT außerdem einen Blockchain-Service an. Er ermöglicht es einem Unternehmen, IoT-Daten mit vertrauenswürdigen Partnern oder Kunden auszutauschen. Welche Informationen geteilt werden sollen, legt der Nutzer mit Filtern fest. Die Blockchain-Funktion stellt sicher, dass sensible Daten nicht ohne Wissen eines Unternehmens an Dritte weitergegeben werden. Watson IoT übernimmt bei solchen Transaktionen zudem die Aufgabe, die Informationen von IoT-Endgeräten in das Format zu übersetzen, das die Blockchain-Anwendungen benötigen.
Mit Watson IoT stellt IBM insgesamt eine Plattform bereit, die durch einen großen Funktionsumfang und ein hohes Sicherheitsniveau geprägt ist. Dazu trägt bei, dass Nutzer die Plattform auch als Private Cloud im eigenen Rechenzentrum implementieren können. Auch das dürfte ein Grund dafür sein, dass Watson IoT nach Angaben des Unternehmens in Deutschland auf große Resonanz stößt. Zu den Kritikpunkten zählen laut einer Studie der Barcelona School of Industrial Engineering die relativ schwierige Konfiguration der Analysefunktionen und Netzwerkverbindungen.
5. Teil: „Microsoft Azure IoT und PTC ThingWorx“

Microsoft Azure IoT und PTC ThingWorx

Ein weiterer Vertreter der cloudgestützten IoT-Plattformen ist Microsofts Azure IoT. Die Lösung steht als gemanagter Dienst aus der Cloud (Software as a Service, SaaS) zur Verfügung. IoT Analytics stuft Azure IoT als derzeit führendes Angebot bei IoT-Plattformen ein, die via Cloud angeboten werden. Auch die Marktforscher von IDC sehen Microsoft mit an der Spitze bei software- und cloudbasierten IoT-Lösungen.
  • PaaS und SaaS: Eine Plattform wie die von Microsoft umfasst eine Vielzahl von Techniken und Lösungen.
    Quelle:
    Microsoft
Microsoft konzentriert sich laut IDC vor allem darauf, IoT-Systeme auf einfache Weise an die Azure-IoT-Plattform anzubinden und dem Nutzer die Daten der Sensoren, Aktoren et cetera zur Auswertung zur Verfügung zu stellen. Darauf aufbauend sollen Unternehmen in die Lage versetzt werden, neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Entsprechend umfangreich ist das Angebot an Software-Entwicklungs-Kits für IoT-Apps, Services und Gateways. Sie ergänzen die Kernkomponente von Microsofts IoT-Plattform: den Azure IoT Hub. Er ist die Kommunikationszentrale, über die Daten zwischen der Cloud-Plattform und den Endgeräten laufen. Gut, wenn auch etwas verwirrend ist, dass diverse Versionen des IoT-Hubs zur Wahl stehen. Die Basis-Ausgabe ist für das Sammeln und zentrale Auswerten von IoT-Daten vorgesehen. Mit der Standard-Version können Nutzer IoT-Endgeräte aus der Ferne verwalten und Aufgaben zwischen ihnen umverteilen.
Zu den Stärken des IoT-Angebots von Microsoft zählt, dass es sowohl für Industrieumgebungen als auch für andere Branchen und Einsatzfelder ausgelegt ist. Hinzu kommt, dass ebenso wie bei AWS und Google ergänzende Cloud-Services zur Verfügung stehen, etwa Azure Storage für das Speichern von Daten und Power BI für das Visualisieren von Datenauswertungen. Seine Plattform unterstützt laut Microsoft mehr als eine Milliarde IoT-Endgeräte. Um die Informationsmengen auswerten zu können, die von diesen Systemen übermittelt werden, können Nutzer auf Azure Stream Analytics zurückgreifen.
Seit Kurzem verfügbar ist Azure IoT Edge. Der Dienst ermöglicht das lokale Ausführen von Datenanalysen. Das erfolgt gegebenenfalls mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz, etwa Azure Cognitive Services oder Machine Learning. Dieser Ansatz hat zwei Vorteile: Die lokale Datenverarbeitung ermöglicht eine Vorselektion. Es werden nur diejenigen Informationen in die Cloud geschoben, die für die zentrale Weiterverarbeitung relevant sind. Außerdem erhöht sich durch die Vor-Ort-Bearbeitung die Reaktionsgeschwindigkeit. Das ist bei Anwendungen wie dem autonomen Fahren oder Echtzeitapplikationen in der Fertigung unverzichtbar.
Microsoft stellt einen Teil seiner IoT-Produkte auf dem GitHub-Repository kostenlos zur Verfügung. Das erleichtert Firmen den Einstieg und dient gleichzeitig dazu, Interessenten den Ansatz des Anbieters schmackhaft zu machen.

PTC ThingWorx

Die IoT-Plattform ThingWorx des amerikanischen Anbieters PTC ist zumindest derzeit auf Anwendungen in der Industrie ausgerichtet, Stichwort Industrial Internet of Things (IIoT). Ein Schwerpunkt ist der Bereich AEP (Application Enablement). Dazu zählen die Anwendungsentwicklung, das Sammeln und Verwalten von IoT-Daten sowie das Performance-Management von IoT-Anwendungen.
PTC positioniert ThingWorx als durchgängige, also Ende-zu-Ende-IIoT-Plattform. Für Entwickler und Nutzer stehen Konnektoren zu anderen Anwendungen von PTC sowie Lösungen von Drittanbietern zur Verfügung. Im Online-Marktplatz von PTC können Interessenten zwischen mehr als 170 Apps, Erweiterungen, Starter-Kits und IoT-Produkten wählen.
Das Analystenhaus Gartner führt außerdem die unterschiedlichen Implementierungsformen der Plattform als Pluspunkt auf: Unternehmen können ThingWorx wahlweise im eigenen Rechenzentrum oder in einer Public oder Hybrid Cloud betreiben. Ein möglicher Schwachpunkt ist laut Gartner die Anbindung der IIoT-Plattform an Geschäftsanwendungen. Hier müssen Nutzer nötigenfalls selbst Hand anlegen. Auch die Anbindung der Analysefunktionen von PTC soll nicht einfach sein.
Im Frühjahr kündigte PTC an, dass ThingWorx als bevorzugte Cloud-Plattform Microsoft Azure nutzen wird. Unternehmen aus der Industrie, die die IoT-Plattform von PTC in Form eines Cloud-Dienstes einsetzen wollen, müssen sich daher mit Azure anfreunden. Allerdings reicht die Zusammenarbeit von PTC und Microsoft noch deutlich weiter: Auch IoT-Services wie Microsoft Azure IoT Hub werden mit ThingWorx kombiniert.
6. Teil: „SAP Leonardo “

SAP Leonardo

Zu den Unternehmen aus Deutschland, die im Bereich IoT-Plattformen aktiv sind, zählt auch der Software-Riese SAP. Leonardo IoT nennen die Walldorfer ihre cloudbasierte IoT-Plattform. SAP positioniert Leonardo aber verstärkt als „Innovations-Plattform“, die für Digitalisierungsprojekte aller Art dient, nicht nur für das Internet der Dinge. „SAP Leonardo stattet unsere Kunden auf ihrem Weg zur Digitalisierung mit Fähigkeiten aus wie IoT, Analytics, Blockchain oder Machine Learning und Artificial Intelligence – auch in bereits vorhandenen Szenarien“, betont Nils Herzberg, Senior Vice President und Global Head of Discrete Industries bei SAP.
Leonardo wird als Cloud-Service über SAP-eigene Rechenzentren angeboten, steht jedoch auch über die Clouds von AWS, Microsoft und Google zur Verfügung. Hinzu kommt eine Version, die Unternehmen im eigenen Datacenter implementieren können. Die Basis bildet in diesem Fall SAP HANA. Der Schwerpunkt liegt allerdings auf der Cloud-Variante.
SAPs IoT-Plattform spricht sowohl Industriekunden an als auch Nutzer in anderen Branchen wie Handel und Logistik. Nach Einschätzung von Gartner ist sie besonders für Nutzer von Vorteil, die auch die Geschäftsanwendungen und Middleware vom Walldorfer Software-Unternehmen beziehen. Zwar ist die IoT-Komponente von SAP auch separat erhältlich, doch wie bei den IoT-Plattformen anderer Anbieter ergibt es Sinn, die Informationen von IoT-Endgeräten aufzubereiten und über Business-Anwendungen an Fachleute in Vertrieb, Marketing, Finanzabteilung oder Entwicklung weiterzugeben.
Mit Leonardo Bridge hat SAP eine Art Kommandozentrale für seine IoT-Plattform entwickelt. Bei ihr laufen die Daten der IoT-Endgeräte zusammen und werden Geschäftsprozessen zur Verfügung gestellt. Um dies für Nutzer einfacher zu gestalten, stehen Lösungspakete für spezielle Einsatzfelder und Branchen zur Verfügung. So ermöglicht es SAP Connected Goods, Geräte aller Art in eine IoT-Infrastruktur zu integrieren. Beispiele sind Getränkekühler und Gefriertruhen im Einzelhandel, Kaffee- und Verkaufsautomaten, Container in der Lebensmittelindustrie und elektrische Werkzeuge auf Baustellen. Mit Vehicle Insights wiederum lassen sich Daten über Fahrzeuge erfassen und analysieren. Einsatzfelder sind Fahrzeugflotten im Logistikbereich oder im öffentlichen Nahverkehr.
Solche „Blaupausen“ haben für Nutzer den Vorteil, dass sie den Aufwand für die Entwicklung und Implementierung von IoT-Lösungen reduzieren. Allerdings gilt auch in diesem Fall, dass vor allem Unternehmen davon profitieren, die bereits Erfahrung mit Produkten von SAP gesammelt haben.
Mit Leonardo for Edge Computing bietet SAP, wie die Mehrzahl der Konkurrenten, ein IoT-Gateway an. Es stellt nahe an den „Dingen“ Services bereit. Dies entlastet die IT-Systeme in den Rechenzentren und reduziert den Datenverkehr zwischen IoT-Endgeräten und Datacenter. Ein Beispiel dafür ist Streaming Lite, eine schlanke Version des Smart-Data-Streaming-Servers, der bei SAP HANA zum Einsatz kommt. Die Aufgabe von Streaming Lite besteht darin, Daten von IoT-Systemen auf Basis von ARM- und Intel-Prozessoren vor Ort zu erfassen und vorab zu verarbeiten. Weitere Dienste, die SAP am Rand einer IoT-Infrastruktur bereitstellt, sind SQL Anywhere für IoT-Anwendungen, die eine Datenbank benötigen, sowie Device Management for IoT by Telit für die Verwaltung von Systemen und Sensoren.
Dennoch sieht Gartner bei SAP noch Optimierungsbedarf. Ein Kritikpunkt ist, dass zen­trale Services wie die Verwaltung von Endgeräten nur über Lösungen von Partnern wie Telit bereitgestellt werden. Das gilt zwar nur für die Device-Management-Software, die Nutzer im eigenen Rechenzentrum implementieren, nicht für die Cloud-Lösung, optimal ist dieser Ansatz aber nicht.
Beim Angebot für das Industrial Internet of Things wiederum kritisieren die Analysten die starke Verzahnung von IoT-Software-Produkten mit anderen Angeboten von SAP. Dies könne auf Unternehmen abschreckend wirken, deren Enterprise Resource Planning (ERP) oder CRM-Software (Customer Relationship Management) nicht auf SAP basiert.
7. Teil: „Trend: Vertikale Plattformen“

Trend: Vertikale Plattformen

IoT Analytics geht davon aus, dass sich der Markt für IoT-Plattformen künftig stark ausdifferenziert: „Breit ausgelegte Cloud-Plattformen, etwa die von Amazon Web Services und Microsoft, weisen ein exorbitantes Wachstum auf“, berichtet Knud Lasse Lueth, Gründer und Chief Executive Officer von IoT Analytics. „Vertikale IoT-Plattformen spielten bislang die zweite Geige.“ Doch das ändert sich Lueth zufolge gerade. „Wir erwarten, dass sich neben horizontalen Ansätzen auch vertikale IoT-Plattformen etablieren werden, die auf spezielle Anwendungsbereiche zugeschnitten sind“, so Lueth in seinen Prognosen für 2018.
Ein Grund für den Vormarsch vertikaler Ansätze ist, dass ihre Datenmodelle und digitalen Abbilder physischer Objekte (Digital Twins) darauf ausgelegt sind, Analysefunktionen optimal zu nutzen. Gleiches gilt für Technologien wie Künstliche Intelligenz und Machine Learning, die im Zusammenhang mit IoT-Daten eingesetzt werden. Außerdem lassen sich vertikale IoT-Plattformen dazu nutzen, um branchenspezifische App-Stores aufzubauen, etwa in der Industrie.
Zu den größten Problemen, mit denen sich Nutzer von IoT auseinandersetzen müssen, zählt die Vielzahl der Plattformen. Wer die falsche Wahl trifft, kann sich leicht ins Abseits katapultieren, etwa wenn ein Anbieter einer IoT-Plattform diese einstellt oder insolvent wird.
Nils Herzberg von SAP sieht die Vielfalt an Lösungen dennoch eher positiv: „Konkurrenz belebt das Geschäft, und unsere Kunden brauchen eine Auswahl an Optionen.“ Das gilt seiner Einschätzung nach auch für die IoT-Angebote von Software-Häusern und Cloud-Service-Providern auf der einen Seite und Telekommunikationsfirmen auf der anderen.
Denn auch Mobilfunk-Firmen wie Deutsche Telekom, AT&T, Vodafone und Telefónica O2 wollen beim IoT mitmischen. „In der Software-Branche lebt man immer im Bereich von ‚Coopetition‘. So hat SAP auch gute Partnerschaften mit Unternehmen aus diesem Bereich“, sagt Herzberg. „Auf dem diesjährigen ,Mobile World Congress‘ in Barcelona hat SAP etwa eine Vertiefung seiner Partnerschaft mit der Deutschen Telekom im Bereich IoT angekündigt.“

Kernfrage Sicherheit

Einer der Knackpunkte bei IoT generell und somit auch bei den IoT-Plattformen ist die Sicherheit von Daten und Anwendungen. Denn Daten von Werkzeugmaschinen, Turbinen oder Fahrzeugen eines Herstellers sind für Konkurrenten durchaus von Interesse. Solche Informationen lassen etwa Rückschlüsse auf Fertigungsprozesse oder Produktentwicklungen zu.
„Da IoT-Plattformen systembedingt diverse Zugriffskanäle besitzen, die für einen Angriff genutzt werden können, sollte ein zentraler, überwachter Zugriffskanal für kritische Daten eingerichtet werden, der besonders geschützt ist“, fordert Siegfried Wagner Geschäftsführer von in – Integrierte Informationssysteme GmbH, einem IT-Dienstleister mit Kunden aus der Industrie. Für Wagner ist der unautorisierte Zugriff auf Daten oder Anlagensteuerungen von außen eines der größten Sicherheitsrisiken. Daher sollten Nutzer von IoT-Diensten darauf achten, dass sensible Daten vor der Übermittlung anonymisiert werden.
Eine vergleichbare Haltung nimmt Stefan Ried ein, IoT-Experte bei der Unternehmensberatung Crisp Research. Er geht davon aus, dass im laufenden Jahr in etlichen Unternehmen bereits sensible Daten von Sensoren oder IoT-Endgeräten entwendet wurden. Wer unreife IoT-Lösungen und -Plattformen einsetze, spiele mit Image und Existenz des Unternehmens. Letztlich, so Ried, müsse sich in Unternehmen eine neue Generation von „Data Security & Privacy Officers“ etablieren, die auch das Thema IoT „auf dem Radar“ habe. Dies umso mehr, als auch IoT-Daten unter die seit Mai 2018 geltende DSGVO fallen.
Tabelle:


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