Software
13.03.2018
In-Memory-Lösung
1. Teil: „SAP forciert HANA für die Cloud“

SAP forciert HANA für die Cloud

ProzessorProzessorProzessor
Raimundas / shutterstock.com
HANA, das Vorzeigeprojekt von SAP, ist nun auf AWS, Azure und der Google Cloud Platform verfügbar. com! professional erklärt, welche zusätzlichen Möglichkeiten die Anwender dadurch haben.
Laut einer Untersuchung von WPP und Kantar „ist SAP die wertvollste deutsche Marke“. Der Software-Gigant führt das Ranking mit einem Markenwert von 48,9 Milliarden Dollar an, gefolgt von der Deutschen Telekom mit 39,2 und BMW mit 24,6 Milliarden Dollar. Ein Ergebnis der Untersuchung lautet allerdings auch, dass die Innovationskraft deutscher Marken als vergleichsweise gering wahrgenommen wird.
  • SAP HANA: Die In-Memory-Plattform stellt viele Möglichkeiten bereit, große Datenmengen unterschiedlichster Formate zu sammeln und zeitnah zu analysieren.
    Quelle:
    SAP
Im Fall von SAP ist das ungerecht, denn der Konzern aus Walldorf überschlägt sich geradezu mit immer neuen Ankündigungen. Eine zentrale Rolle spielen dabei Produkte in und um HANA – die Abkürzung stand ursprünglich einmal für High Performance Analytic Appliance, doch ist das Projekt längst darüber hinaus fortentwickelt worden.
HANA ist eine In-Memory-Datenbank und eine Plattform zur Anwendungsentwicklung. Ziel ist es, sehr große Datenmengen in Echtzeit bewegen zu können. Erste Anfänge reichen ins Jahr 2006 zurück, die erste HANA-Version kam 2011, die zweite 2017 auf den Markt.
Für SAP nimmt die HANA-Technologie einen besonders hohen Stellenwert ein, während sich viele Kunden von vielen Neuerungen und Erweiterungen überfordert fühlen.
Unbestritten ist, dass die In-Memory-Datenbank eine wesentliche Erleichterung für Analytics-Aufgaben darstellt. Ihr spaltenbasierter Datenspeicher entspricht den Anforderungen der ACID-Compliance und weiteren Industriestandards wie SQL (Structured Query Language) und MDX (Multidimensional Expressions). Die Abkürzung ACID steht für:
Atomicity: Fällt ein Teil einer Transaktion aus, wird die gesamte Transaktion angehalten und die Datenbank bleibt unverändert
Consistency: Eine Datenbank muss als solche erhalten bleiben
Isolation: Es wird garantiert, dass keine Transaktion eine andere Datenübertragung stören darf
Durability: Nachdem eine Transaktion die Datenbank erreicht hat, bleibt sie dort auch bestehen
Weil die HANA-Datenbank parallel zu bestehenden ERP-Anwendungen läuft, erhalten Mitarbeiter in Echtzeit Zugang zu operationalen und transaktionalen Daten, um Analysen durchzuführen, ohne auf tägliche oder wöchentliche Reports warten zu müssen.
Auch die Datenspeicherung in Spalten statt traditionell in Zeilen soll den Zugriff auf die In-Memory-Daten erleichtern, heißt es bei SAP. Zudem soll der Einsatz von Datenkomprimierung für schlankere Datenmengen sorgen.
Die verschiedenen Editionen von SAP HANA 2.0 (Base, Spatial, Platform und Enterprise Edition) unterscheiden sich durch spezifische Erweiterungen, zum Beispiel in Richtung Data Warehousing oder Datenreplikation. Seit 2016 gibt es außerdem eine Express-Edition, die weniger Ressourcen beansprucht und für den Einsatz als virtuelle Maschine in Cloud-Umgebungen geeignet ist.
Darüber hinaus hat SAP eine Business-Suite namens S/4HANA eingeführt, die klassische ERP-Anwendungen wie Finanzen, Beschaffung, Supply Chain oder Sales enthält. S/4HANA eignet sich laut SAP für den Einsatz im eigenen Rechenzentrum, in der Cloud oder als hybride Umgebung. Mit BW/4HANA gibt es eine spezielle Anwendung für Data Warehousing, die ebenfalls cloudfähig sein soll.
2. Teil: „Eng verzahnt: HANA und Cloud “

Eng verzahnt: HANA und Cloud

Der gewaltige Erfolg von SAP beruht vor allem darauf, dass die bereitgestellten Geschäftsanwendungen zur Grundausstattung fast jedes mittleren und größeren Unternehmens zählen. Sie decken die zentralen Aufgaben ab, berücksichtigen Branchenspezifika und werden seit Jahrzehnten fortlaufend weiterentwickelt. Lizenzen und Support sind sprudelnde Einnahmequellen und rund um die Programme, ihre In­stallation und Pflege, ist ein weit verzweigtes Ökosystem von Partnern, Consultants und Spezialisten entstanden.
So überlebenswichtige Programme geben Unternehmen nicht gern nach außen – egal ob durch Outsourcing, Managed Services oder Cloud. Noch ist deshalb On-Premise die natürliche Wahl vieler SAP-Kunden. Doch SAP hat sich auf die Kombination von HANA und Cloud festgelegt – mit großer Resonanz, wie CEO Bill McDermott betont: „Wir haben schnelles Cloud-Wachstum versprochen – und wir haben es in die Tat umgesetzt. Nur SAP fährt mit diesem dreifachen Wachstum bei Cloud, Software und betrieblichem Gewinn fort. Die außerordentliche Akzeptanz für S/4HANA hat die gesamte SAP-Cloud beflügelt.“
Die Cloud-Zahlen können sich tatsächlich sehen lassen. Waren es 2016 noch 5.400 Kunden, die sich für S/4HANA entschieden hatten, so belief sich ihre Zahl 2017 auf 7.900, 46 Prozent mehr. Der Umsatzanteil, der 2017 auf Cloud-Geschäfte entfiel, betrug laut SAP 3,769 Milliarden Euro, was 16 Prozent des Gesamtumsatzes von 23,461 Milliarden Dollar entsprach. Gegenüber 2016 ist das allerdings nur ein Plus von 2 Prozent. Der Cloud-Umsatz von SAP ist dabei in den USA mehr als doppelt so hoch wie in Europa (2,321 gegenüber 1,029 Milliarden Euro). Die Cloud-Geschäfte legen zwar auch in Europa zu, aber deutlich langsamer als auf der anderen Seite des Atlantiks.

SAP geht mit Microsoft

Die Cloud-Optionen von SAP umfassten bis vor Kurzem lediglich die Unterstützung von Amazon Web Services (AWS) und die hauseigene Lösung HEC (SAP HANA Enterprise Cloud). Inzwischen sind Google Cloud Platform und Azure dazugekommen.
Die verschiedenen Editionen von SAP HANA  können im eigenen Rechenzentrum als Appliance installiert werden, oder man kauft sie als Managed Cloud oder hybriden Cloud-Service.
Wählen können die Kunden zwischen:
  • SAP HEC als Infrastructure as a Service
  • SAP Cloud Platform (ursprünglich HANA Cloud Platform) als Platform as a Service
  • HANA as a Service bei Anbietern wie AWS, Microsoft Azure, Google Cloud Platform, IBM SoftLayer, Huawei FusionSphere oder Hewlett Packard Enterprise (HPE) Helion
Es gibt nicht nur verschiedene Möglichkeiten, SAP HANA in einer der Cloud-Varianten zu installieren, sondern die Komplexität steigt noch dadurch, dass die traditionelle Produktpalette des Herstellers alles andere als einfach ist. Da gibt es Produkte, die sich mehr für den Markt der kleineren und mittleren Unternehmen (KMUs) empfehlen, sowie solche für den Enterprise-Markt. ERP-Produkte für den KMU-Markt sind zum Beispiel SAP Business ByDesign, SAP Business One oder S/4HANA for SAP Business All-in-One. Für größere Unternehmen haben die Walldorfer Concur, Hybris, Business­Objects, SuccessFactors oder Ariba im Angebot.
Der Analyst Duncan Jones von Forrester Research geht angesichts dieser Situation davon aus, dass manche Kunden infolge mangelnder Kenntnisse oder schlechter Beratung schlicht zu einem für sie ungeeigneten Programm greifen – noch jenseits irgendwelcher Cloud-Ambitionen. Jones deutet auch auf die unsauberen Praktiken mancher Sales-Leute. HANA und Cloud tragen laut Jones in diesem Zusammenhang oft eher zur Verwirrung als zur Aufklärung bei.
Eine neue Phase der Cloud-Expansion von HANA hat SAP im November 2017 angekündigt, als die Partnerschaft mit Microsoft erneuert wurde. Beide Unternehmen erklärten, dass SAP HANA in die Azure-Cloud von Microsoft integriert werden soll. Außerdem wollen beide Hersteller die Cloud-Applikationen des Partners bei sich intern laufen lassen, ihre Entwicklung gemeinsam betreiben und sie inklusive Services gemeinsam vermarkten.
Die Ankündigung geht über das hinaus, was SAP mit Amazon AWS und mit Google ebenfalls 2017 vereinbart hatte. Anwender können dort SAP HANA in einem Cloud-Service laufen lassen, während SAP HANA Enterprise Cloud in einer abgesicherten Managed Cloud auf Azure installiert wird.
SAP und Microsoft wollen zudem die gemeinsamen Erfahrungen mit HANA sowie die Integration mit Artificial In­telligence (AI) und Analytics von Azure do­kumentieren und Anwendern zur Verfügung stellen.
Microsoft hat bereits mehrere Finanzapplikationen von SAP im Einsatz, will diese aber nun ablösen durch SAP S/4HANA Finance on Azure. Umgekehrt will SAP selbst eigene interne Geschäftsapplikationen in die Microsoft-Cloud verlagern. Beide Unternehmen hoffen, durch diese demons­trativen Aktionen ihre Marktdurchdringung erhöhen zu können. Microsoft hat schon zuvor versucht, größere Hersteller von Business-Programmen dazu zu bewegen, ihre Software und Services auch auf Azure anzubieten, und konnte damit den großen Abstand zu Amazon AWS tatsächlich schon verringern. SAP wiederum intensiviert seine Multi-Cloud-Strategie auch in der Absicht, den Kunden mehr Möglichkeiten anzubieten, SAP HANA in externen Umgebungen von Infrastructure as a Service (IaaS) einzusetzen und so eigene Ressourcen und Kosten zu sparen. Um damit beim Kunden anzukommen, muss SAP aber mehr positive Kundenbeispiele vorweisen können – über die Verwendung der Cloud für SAPs und Microsofts eigene Geschäftsanwendungen hinaus. Und SAP muss den Anwendern auch klarer kommunizieren, was für die jeweilige Variante spricht und wie ihr Einsatz bewerkstelligt werden kann.
3. Teil: „SAP im Wandel“

SAP im Wandel

SAP hat mit der In-Memory-Technologie HANA 2011 beschlossen, sich eine ganz neue Ausrichtung zu geben und sich selbst einer digitalen Transformation zu unterziehen. Das Produktspektrum ist dabei stark angewachsen und erstreckt sich seit 2016 mit SAP Leonardo auch auf die Trendbereiche Big Data, Machine Learning, Artificial Intelligence und das Internet of Things (IoT). Noch ist nicht klar, ob es SAP gelingt, seine Kunden auf diesem Weg mitzunehmen. Sind SAP S/4HANA und die Cloud wirklich geeignet, um Kunden zum Wechsel auf die neueste Variante der ERP-Software zu motivieren?
Massimo Pezzini von Gartner Research gehört zu denjenigen Analysten, die SAP seit Jahren beobachten. Er wertet durchaus positiv, wie sich der Konzern mit Machine Learning und Artificial Intelligence beschäftigt und diese Technologien in seine Produktpalette integriert. SAP S/4HANA etwa sei geeignet, mit Cloud-Angeboten zusammenzuarbeiten, was im Wettbewerb mit ERP-Produkten von Konkurrenten wie Oracle oder Workday wichtig sei. Doch Pezzini findet auch, dass SAP die Beziehungen zu seiner Kundenbasis verbessern müsse. Er weiß: „Obwohl die meisten SAP-Kunden mit den Produkten und Technologien zufrieden sind, beklagen sie sich häufig über unklare Preise, verwirrende Produkt-Roadmaps und schwankende Support-Qualität.“ SAP habe zwar wiederholt Aktionen wie „Empathy to Action“ (2016) oder „Transformation Navigator“ (2017) gestartet, doch Pezzini bezweifelt, dass sie einen nachhaltigen Eindruck bei den Kunden hinterlassen haben.
Ähnlich kritisch urteilt Joshua Greenbaum, Analyst bei Enterprise Applications Consulting: „Die Anwender fühlen sich beim Übergang zur Cloud oft zu wenig unterstützt, auch weil die ERP-Funktionen in der Cloud nur zum Teil einsatzbereit sind. Wir sehen im Unternehmensumfeld nicht viele echte Cloud-Installationen mit allen vorgesehenen Funktionen. Das könnte SAP noch Sorgen bereiten, da es hierauf einen Großteil seiner aktuellen Strategie stützt.“
7900 Kunden für S/4HANA mag als keine besonders große Zahl erscheinen, aber, so merkt der französische Analyst Bertrand Garé an, zu dieser Gruppe gehören einige der mächtigsten und umsatzstärksten globalen Unternehmen. Garé betont, dass SAP mit HANA und dem Übergang zu verschiedenen Cloud-Formationen tatsächlich bereits eine merkliche Migration von ERP-Software On-Premise zu ERP in der Cloud in Gang gesetzt hat: „In der Vergangenheit standen ERP-Anwendungen für typische On-Premise-Installationen, über die man die volle Kontrolle im eigenen Hause haben wollte. Aber mit dem Hinzufügen einer leistungsfähigen In-Memory-Datenbank wie HANA ist SAP eine Optimierung der verschiedenen ERP-Programme gelungen. Die Daten, die in die Datenbank hochgeladen und dort gespeichert werden, lassen sich performanter bearbeiten, als das mit den herkömmlichen CPUs der Fall ist.“
Häufig seien die ERP-Datenmengen auch durch Excel-Sheets und andere Quellen künstlich und unautorisiert aufgeblasen worden – zulasten ihrer Performance. Mit HANA und den diversen Erweiterungen habe es SAP geschafft, die ERP-Programme aus einer Krise zu befreien.

Fazit und Ausblick

Noch hat SAP keinen direkten Zwang auf seine Kunden ausgeübt, in die Cloud zu wechseln. Doch Bertrand Garé will das für die Zukunft nicht ausschließen. SAP gehe den gleichen Weg, wie ihn Salesforce von Beginn an eingeschlagen habe: „Mit SaaS- oder IaaS-Implementierungen zahlt der Kunde nicht nur einmalige Lizenzen für einen bestimmten Zeitraum, sondern in einer Cloud-Umgebung wird nach Rechenleistung und in bestimmten zeitlichen Perioden, zum Beispiel monatlich, gezahlt. Der Kunde wird kontinuierlich zur Kasse gebeten, und Daten aus einer Cloud wieder zurück in das eigene Unternehmen zu holen, kann sehr, sehr teuer werden – nicht nur bei Amazon AWS oder Microsoft Azure.“
Oft werde, fügt Garé hinzu, auch unterschätzt, wie weit SAP mit seinem HANA- und Cloud-Engagement wirklich gehen werde – und er verweist darauf, dass SAP zu den großen Unterstützern der Cloud Foundry Foundation zähle, die die Entwicklung von offenen cloudbasierten Programmen vorantreibt.

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