Business-IT
07.12.2018
Die wichtigsten Entwicklungen 2019
1. Teil: „Neue Herausforderungen bei der Digitalisierung“

Neue Herausforderungen bei der Digitalisierung

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ANNA ZASIMOVA / shutterstock.com
Digitale Trends unterliegen dem steten Wandel und erfordern dynamische Reaktionen. Neben KI und Entwicklungen im Bereich Analytics wird voraussichtlich Quanten-Computing zu einem bestimmenden Thema in 2019 gehören.
Erfolgreiche Unternehmen können mit Veränderungsprozessen gut umgehen, sie erkennen neue Entwicklungen und reagieren auf den Wandel. Sie warten nicht ab, sondern werden selbst aktiv. Die Digitalisierung weist allerdings Unterschiede zu anderen Wandlungsprozessen auf: Die ihr zugrundeliegenden Technologien bedingen nicht nur Veränderungen, auch sie selbst verändern sich in schneller Folge. Innovationen und Prozesse, die auf digitalen Trends beruhen, müssen daher mit hoher Dynamik angepasst werden.
Die Einschätzungen von Marktforschern, Beratern und Branchenverbänden helfen dabei, die neuesten Trends zu ermitteln. Den Unternehmen bleibt die Aufgabe, deren unternehmensspezifische Auswirkungen festzustellen und in ihre Strategie einfließen zu lassen.

Chance und Herausforderung

Innovative Unternehmen haben schnell Ideen, wie man neue IT-Entwicklungen gewinnbringend nutzen kann. Der Einsatz neuer Technologien muss jedoch immer auch als mögliches Risiko eingestuft werden.
Darauf weisen zum Beispiel Industrieversicherer hin. So ist die Gefahr, die von neuen Technologien wie Künst­licher Intelligenz, Drohnen oder der Nanotechnik ausgeht, im weltweiten Ranking des aktuellen „Allianz Risk Barometer“ von Rang zehn auf Rang sieben geklettert.
„Unternehmen sollen neue Technologien nicht als Selbstzweck einführen, aber sie sind gut beraten, sich mit ihren Möglichkeiten zu beschäftigen und die Chancen für das eigene Geschäftsmodell auszuloten – oder für völlig neue Geschäftsmodelle“, erklärt Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom.
In jedem Fall stellen sowohl die Veränderungen bei bestehenden Digitaltechnologien als auch neue IT-Entwicklungen die Unternehmen in Deutschland vor Herausforderungen. Welche dies im kommenden Jahr sein werden, darüber herrscht bei den Experten nicht unbedingt Einigkeit.

BVDW: Sicherheit, Transparenz, KI

Nach Einschätzung von Stephan Noller, Vizepräsident beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW), wird 2019 das Thema IT-Sicherheit nochmals deutlich an Relevanz gewinnen: „Die Daten, die erhoben und verarbeitet werden, werden zunehmend sensibler und damit einhergehend steigen auch die Anforderungen an die Sicherheit. Auch vor dem Hintergrund dieser Entwicklung werden Anbieter verstärkt in der Pflicht sein, sich um Transparenz in Bezug auf die Verwahrung und die Verarbeitung von Daten zu bemühen.“
Warum das Thema Transparenz 2019 wichtig werde, begründet Noller so: Vor allem in Richtung Endkunden werde Transparenz entscheidend zur Akzeptanz auch neuer Technologien und Anwendungen beitragen. „Hierzu zählt zum Beispiel Künstliche Intelligenz. Das ist eher eine Basis-Innovation, die zahlreiche Prozesse und Geschäftsmodelle beeinflussen und verändern wird.“
Neben der steigenden Bedeutung von Sicherheit, Transparenz und Künstlicher Intelligenz nennt der BVDW-Vizepräsident die zunehmende Vernetzung als wichtigen Trend: „Generell kann man sagen, dass durch die Digitalisierung die Vernetzung deutlich zunehmen wird – bei gleichzeitig tieferem Eindringen der Datenquellen und IoT-Sensorik in unseren Alltag.“ Aus diesem Grund müssten auch etablierte Sicherheitskonzepte völlig neu gedacht werden und zum Beispiel Technologien wie die Blockchain mit in die Überlegungen einbezogen werden.
Die Folgen für die Unternehmen sind nicht rein technischer Natur: Die größte Herausforderung dürfte, so Noller, darin liegen, von diesen Entwicklungen zu profitieren und sie gewinnbringend in das eigene Unternehmen zu integrieren. Hierbei sei es auch wichtig, in Richtung digitaler Geschäftsmodelle wie Pay per Use zu arbeiten – auch für Unternehmen, die sich noch nicht als „digital“ definierten, wie der Maschinenbau. Aufklärung und Transparenz müssten damit einhergehen – Technologien könnten nur dann erfolgreich sein, wenn sie entsprechend akzeptiert und angenommen werden.
2. Teil: „Gartner: VR/AR und Integration“

Gartner: VR/AR und Integration

  • Deutsche Unternehmen als Nachzügler: Im internationalen Vergleich sehen sie sich selbst nur selten als führend oder in der Spitzengruppe.
    Quelle:
    Bitkom Research, Unternehmen mit 20 oder mehr Beschäftigte in Deutschland, n=505
Die Analysten von Gartner sehen zahlreiche Trends für 2019 und die folgenden Jahre. „Maschinelles Lernen, das auf tiefen neuronalen Netzen (Deep Neural Network, DNN) basiert, hat in den letzten vier Jahren enorme Fortschritte gemacht und ermöglicht eine neue Generation von Lösungen in den meisten Branchen“, so Bern Elliot, Vice President und Distinguished Analyst bei Gartner. „Plattformen, die das DNN-Experimentieren einfacher, weniger teuer und weniger riskant machen, sind auf den Markt gekommen. CIOs sollten untersuchen, wie diese DNN- und Data-Science-Plattformen für Wettbewerbsvorteile genutzt werden können. Konkrete Beispiele sind Supply-Chain-Optimierung, vorausschauende Wartung, Betrugserkennung und Ressourcenoptimierung.“
Künstliche Intelligenz: KI ist auch aus Gartner-Sicht weiterhin ein Top-Thema. Dabei hat Gartner-Analyst Dave Aron auch Empfehlungen, wie sich Künstliche Intelligenz besser in die Praxis bringen lässt: „Erfolg mit KI wird nicht hauptsächlich von einer kleinen Anzahl von Experten kommen, die in einem Hinterzimmer angestrengt denken.“ Aron geht vielmehr davon aus, dass er von der Demokratisierung der KI kommen wird – indem man jeden Mitarbeiter in seiner Organisation dazu bringe, mit „all den sehr benutzerfreundlichen KI-Tools zu spielen“, die es gibt. Die CIOs sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen.
AR und VR: Marty Resnick, Research Director bei Gartner, nennt weitere Trends aus Gartner-Sicht: „Immersive Technologien wie Virtual und Augmented Reality verändern die Art und Weise, wie Unternehmen typische Unternehmens­prozesse und Kundenerfahrungen betrachten.“ Diese Technologien würden zum Beispiel die Produktivität im Lager sowie die Effizienz bei der Wartung und Reparatur von Anlagen erhöhen.
Noch nicht als Trend für 2019 sieht Richard Hunter, Vice President und Gartner Fellow, dagegen die Blockchain, auch wenn 2018 viele Studien das Thema Blockchain weit oben ansiedelten: „Eine Technologie, mit der die meisten CIOs nicht experimentieren sollten, ist Blockchain. Potenzielle Anwendungsfälle gibt es viele, aber Echtwelt-Beispiele für solche Anwendungsfälle, die in großem Umfang eingesetzt werden, sind nirgendwo zu finden. Die Zeit ist sehr gut, um genau hinzusehen und abzuwarten.“
Integration: Ein großes und wichtiges Thema ist Gartner zufolge 2019 dagegen die Integration von IT-Lösungen und damit der Einsatz von Inte­grationsplattformen. „CIOs sollten ihren Teams empfehlen, die Integrationsplattform als Service-Technologie zu betrachten, um all ihre hybriden Integrationsanforderungen für Multi-Clouds zu unterstützen“, betont Elizabeth Golluscio, Managing Vice President bei Gartner. Der Grund für diese Empfehlung: Der Markt sei im vergangenen Jahr um 70 Prozent gewachsen. Gartner verzeichnet ein enormes Wachstum bei den Kundenanfragen, da immer mehr Unternehmen zu SaaS wechselten und diese Anwendungen und Datensätze in ihre Legacy-, On-Premise- oder andere Cloud-Anwendungen integrieren müssten.
3. Teil: „Capgemini: KI und Microservices“

Capgemini: KI und Microservices

  • Allianz Risk Barometer: Neue Technologien wie IoT ermöglichen nicht nur Innovationen, sie bergen auch Risiken.
    Quelle:
    Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS)
Capgemini veröffentlicht jährlich eine IT-Trends-Studie. Thomas Heimann, Principal En­terprise Architect bei Capgemini und Co-Autor der Studie, betont die Bedeutung von KI für das Jahr 2019: „Künstliche Intelligenz in all ihren Facetten wie Sprach-, Bild- oder Videoerkennung, Auswertung, Automatisierung und vieles mehr wird ein zentrales Thema werden. Insbesondere der Wunsch nach einer zunehmenden Automatisierung ist hierfür der Auslöser.“
Capgemini sehe, dass die Lösungen zunehmend intelligenter würden, wobei klar sei, dass Robotic Process Automation beziehungsweise Intelligent Process Automation eher als Brü­ckentechnologie zu verstehen seien.
Microservices: Ein weiteres wichtiges Thema sind laut Capgemini die Folgen von Microservices: „Durch die zunehmende Verbreitung des Microservice-Architektur-Paradigmas wird eine Entkoppelung der Software-Komponenten vonei­nander wichtiger und Event-basierte Architekturen rücken stärker in den Fokus“, so Heimann.
Cloud: Die Cloud wird dem Capgemini-Experten zufolge 2019 noch einmal an Wichtigkeit zunehmen: „Cloud-Native wird sich weiter ausweiten. Es ist zudem in den Unternehmen angekommen und damit aus meiner Sicht schon gar kein Trend mehr“, stellt Heimann klar. Bei den entsprechenden Plattformen stünden die Hybrid-Clouds im Vordergrund, getrieben durch die Modernisierung der bestehenden Anwendungslandschaft.
Als weitere Entwicklungen nennt Thomas Heimann Analytics und Agilität. Das Thema Analytics sei zwar schon in den Vorjahren auf der Agenda gewesen. Kombiniert mit den Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz werde es aber zusätzlichen Aufwind erhalten. Der Anteil der agilen Software-Entwicklung werde weiter steigern. Hier gehe es, so Capgemini, insbesondere um Skalierung und weltweite Liefermodelle, da man sonst in Deutschland durch den Fachkräftemangel ausgebremst werde.
DevOps: Ein Trend seien außerdem DevOps: „DevOps ist die natürliche Erweiterung des agilen Vorgehens im operativen Bereich und damit ein Hebel zur Reduzierung der Time-to-Market. Das Thema wird in diesem Kontext weiter an Bedeutung gewinnen“, erklärt Heimann. Kundenzentrisches Denken werde noch konsequenter umgesetzt werden, womit der Bedarf an UX-Design-Expertise steige.
Als Herausforderungen für die Unternehmen in Deutschland nennt Heimann den Fachkräftemangel, neue Anforderungen an die Mitarbeiter durch Automatisierung und den Bedarf an „digitalem Denken“: In Deutschland sei es nicht mehr einfach, entsprechend technologisch geschultes Fachpersonal zu bekommen. Zusätzlich steige die Vielfalt der vorhandenen Technologien, was die Komplexität erhöhe. „‚Shoring & Sharing‘ ist der richtige Ansatz“, meint Heimann, also die teilweise Auslagerung der IT an einen Dienstleister.
Automatisierung: Auf organisatorischer Ebene bringe eine Automatisierung nicht nur Vereinfachungen und Verbesserungen für Kunden und Mitarbeiter. Insbesondere für Mitarbeiter änderten sich, so Capgemini, durch Automatisierung die Prozesse, was deren Qualifizierung für neue, höherwer­tige Aufgabenstellungen notwendig mache. Dafür brauche man umfassende Änderungsprogramme. „Das zieht sich durch das gesamte Unternehmen, von der IT-Abteilung über die Support-Prozesse wie HR und Einkauf bis hin zu den Fachabteilungen und deren Kernprozessen im Unternehmen“, gibt Capgemini zu bedenken.
Eine besondere Herausforderung aber sei das konsequente digitale Denken. Dies illustriert Thomas Heimann an einem Beispiel: „Die öffentliche Verwaltung digitalisiert oftmals den dokumentenbasierten Prozess. Richtig wäre aber, den dokumentenbasierten Prozess in einen informationsbasierten Prozess zu ändern. Der Kunde und nicht das Dokument sollte mehr im Mittelpunkt stehen. Die Informationen sollten fließen, und bei Bedarf erzeugt man ein Dokument, wenn man es braucht. Auf diese Art kann sich eine Unternehmung digital besser in organisations- beziehungsweise branchenübergreifende Prozesse einklinken.“
4. Teil: „Sopra Steria: Blockchain und KI“

Sopra Steria: Blockchain und KI

„2019 kommt der Durchbruch von Deep-Learning-Ansätzen in der Praxis“, erklärt Simon Oberle, Manager Digital Banking bei Sopra Steria NEXT. Im kommenden Jahr würden viele Unternehmen daran arbeiten, die Data-Science-Kompetenzen und die Infrastruktur aufzubauen. Dies ermögliche enorme Potenziale zur Entscheidungsunterstützung und Prozessautomatisierung. Neben Deep-Learning-Ansätzen würden die Blockchain und virtuelle Assistenten weiter an Bedeutung gewinnen.
Blockchain: Simon Oberles Einschätzung die Blockchain betreffend sieht so aus: „Der Hype um die Blockchain-Technologie ebbt zunehmend ab, doch das Potenzial bleibt unverändert. Nachdem sich in der letzten Zeit viele Unternehmen mit möglichen Einsatzszenarien beschäftigt und Prototypen entworfen haben, werden einige von diesen 2019 Einzug in produktive Anwendungen halten - und das über Unternehmensgrenzen hinweg.“ Spätestens dann müssten sich all jene, die Blockchain bisher als vorübergehenden Trend betrachtet hätten, intensiv mit der Technologie befassen.
Zu den Vorzügen und Schwächen von virtuellen Assistenten meint Oberle, dass diese durch Künstliche Intelligenz natürliche Sprache erfassen und verarbeiten könnten. Sie würden immer leistungsfähiger und ließen sich dadurch als innovative Interaktions- und Kommunikationsform für mehr und mehr Zwecke implementieren.
Doch gerade für den deutschsprachigen Raum gibt Simon Oberle Folgendes zu bedenken: „Ein Pro­blem stellt die Schwäche der deutschsprachigen Na­tural-Lan­guage-Processing-Lö­sungen dar – besonders im Vergleich zu den englischsprachigen. Eine Verbesserung dieser Analysewerkzeuge in deutscher Sprache wird unumgänglich sein, damit leistungsfähige Anwendungen realisiert werden können. Um den Anschluss zu englischsprachigen Adaptionen nicht zu verlieren, sollten Unternehmen im deutschsprachigen Raum nicht länger auf Lösungen aus dem Silicon Valley
warten.“

IDC: Multi-Cloud, Robotics und KI

„Die digitale Revolution ist in vollem Gange und das Tempo rasant“, so die IDC-Analystin Lynn-Kristin Thorenz. „Die Umstellung der in die Jahre gekommenen Altsysteme auf Cloud-Services und neue Infrastrukturen insbesondere auch in den Rechenzentren steht nach wie vor ganz oben auf der Agenda.“ Im Zuge dessen stünden die IT-Organisationen vor einem kulturellen Wandel und beschäftigten sich vor allem mit neuen Herangehensweisen wie Design Thinking und Dev-Ops für Produktdesign und -entwicklung.
Automatisierung: Lynn-Kristin Thorenz sieht Chancen für die Industrie, die Automatisierung und die Zusammenarbeit entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette auf ein neues Niveau zu heben: „Robotics ist in diesem Zusammenhang stark im Kommen. Außerdem zeigen immer mehr Unternehmen Interesse an Blockchain-Technologien und damit verbunden an möglichen Einsatzszenarien. Auch wenn das
Thema sicher noch eine Weile vom Hype, unter anderem um Kryptowährungen wie den Bitcoin, getrieben wird, wächst die Bereitschaft, sich ernsthaft mit Blockchains zu beschäftigen und Budgets für Pilotprojekte bereitzustellen. Künstliche Intelligenz und Machine Learning werden in Zukunft noch wichtiger werden.“

BITMi: KI, Mobilität und IoT

Oliver Grün, Präsident des Bundesverbands IT-Mittelstand e. V., sieht die Anwendungsfelder der Künstlichen Intelligenz, zum Beispiel in der digitalen und vernetzten Mobilität, ganz oben: „Während in Asien und den USA autonome Autos bereits fast selbstverständlich im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs sind, nutzt Deutschland sein Potenzial bisher kaum, um seine Wohlstandsbringer-Branche Automobil zu behalten und neu zu gestalten. Sowohl für die Straße als auch für den Luftraum gilt es jetzt, Mobilität neu zu denken und Testfelder zu etablieren, um damit nicht nur die Wirtschaft zu stärken, sondern auch zukunftsfähige Verkehrskonzepte zu schaffen.“
Internet of Things: Auch für das Internet der Dinge sieht Grün eine breitere Anwendung. Die Themen Big Data und Internet of Things seien schon 2018 sehr gefragt gewesen und würden sicherlich auch zukünftig von großem Interesse sein. Verbraucherspezifische Daten würden immer effizienter analysiert und für die Vernetzung von physischen und virtuellen Gegenständen genutzt. Die Koppelung dieses Prozesses mit Machine-Learning-Mechanismen aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz biete enormes Potenzial zur Weiterentwicklung des Internets der Dinge.
Doch gebe es noch viel zu tun, gerade in der Ausbildung und Lehre: „Eine der größten Herausforderungen, die sich über alle Bereiche der Digitalisierung erstreckt, wird sicherlich der Fachkräftemangel bleiben. Die digitale Transformation ruft schon jetzt starke Veränderungen im Arbeitsbereich hervor und kann ohne die entsprechenden Experten nicht gelingen.“ Daher brauche man ebenso starke Veränderungen im Bildungssystem, um digitale Kompetenzen „bereits grundlegend in den Köpfen der nachfolgenden Generation zu verankern“ und die bestehende Genera­tion durch sogenannte Micro-Degrees gezielt fortzubilden. Statt vorhandene Konzepte mit digitaler Technik anzureichern, sollte, so Grün, die Lehre grundlegend an die neuen digitalen Möglichkeiten angepasst werden.
5. Teil: „eco: IT als Service, Edge, AR“

eco: IT als Service, Edge, AR

Andreas Weiss, Geschäftsbereichsleiter Digitale Geschäftsmodelle beim eco - Verband der Internetwirtschaft e. V., sieht IT as a Service als sich verstärkenden Trend - einschließlich KI als Service: „Der Trend, IT als Service zu beziehen, verstärkt sich 2019 nochmals deutlich, das unterstützt das weitere Wachstum nach dem Motto ‚Grow as you go‘. Dabei ist Künstliche Intelligenz zunehmend ein unverzichtbarer Teil des Service-Portfolios.“
Edge-Computing: Dem Edge-Computing kommt Weiss zufolge hier eine wichtige Rolle zu: Neben Multi-Cloud-Services werden sich 2019 seiner Ansicht nach Edge-Services etablieren, die Daten zusätzlich dezentral am Rand des Netzwerks verarbeiten. Ein Edge-Rechenzentrum auf dem Betriebsgelände helfe beispielsweise, Latenzzeiten gering zu halten und Datenströme zu optimieren. „Mit der stärkeren Rechenleistung, die Unternehmen aufgrund dieser Sourcing-Modelle zur Verfügung steht, realisieren sie etwa Augmented-Reality-Lösungen.“
Allerdings: „Cloud-Computing erfährt zwar eine breite Akzeptanz. Doch in vielen Unternehmen existiert noch keine Strategie, mögliche Lösungsansätze sind noch lange nicht zu Ende gedacht. Damit verschenken die Verantwortlichen Zeit und das Potenzial zur Anpassung“, so Weiss. In deutschen Unternehmen gebe es zahlreiche Legacy-Systeme. Die gelte es zu überarbeiten und auszutauschen.

Bitkom: KI im Fokus

Niklas Veltkamp, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung, betont die Bedeutung von KI als Trend für 2019: „Künstliche Intelligenz wird sich in unserem Alltag noch viel stärker wiederfinden als heute schon. Zum einen wird sich die Qualität der KI-Systeme weiter verbessern, zum anderen werden wir KI-Systeme in einer Vielzahl von weiteren Produkten wiederfinden. Nur ein Beispiel: In diesem Jahr hat KI in die Kameras unserer Smartphones Einzug gehalten. Durch intelligente Software ist es möglich, die Qualität der Fotos bei gleichbleibender Hardware deutlich zu verbessern.“
Veltkamp verweist aber auch auf die politische Dimension: Es sei richtig und wichtig, dass die Bundesregierung eine KI-Strategie entwickelt und verabschiedet habe. „Deutschland war über Jahrzehnte in der Erforschung der KI weltweit in der Spitzengruppe, wir können es uns nicht leisten, jetzt hinter Nationen wie die USA oder China zurückzufallen, wenn es um die Umsetzung in konkrete Anwendungen geht.“
Für Unternehmen hat der Bitkom-Manager zudem eine klare Botschaft: „Unternehmen dürfen nicht in den Irrglauben verfallen, dass das mit der Digitalisierung schon läuft, wenn sie ihre Geschäftsprozesse digitalisiert haben und zum Beispiel digitale Akten nutzen oder E-Mails statt Briefe verschicken. Hier sind wir in den vergangenen Jahren deutlich vorangekommen.“
Dem Management gibt Veltkamp folgende Ratschläge: „Digitalisierung braucht hellwache und agile Manager. Sie müssen für drei Dinge sorgen: Vision, Action, Speed. Das bedeutet konkret: Erstens eine Digitalstrategie, die für das ganze Unternehmen gilt und die Entwicklung neuer, digitaler Geschäftsmodelle in den Fokus rückt. Zweitens Investitionsbereitschaft: Eine erfolgreiche Digitalisierung braucht Ressourcen und wer Digitalisierung nur halbherzig angeht, um sagen zu können, wir haben es ja versucht, der braucht auch gar nicht damit anzufangen. Und drittens sollte jedes Unternehmen Zukunftstechnologien im eigenen Unternehmen nutzen oder zumindest mit ihnen experimentieren.“ Wer als Erster Erfahrungen mit VR, Blockchain oder Künstlicher Intelligenz mache, der könne sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Und umgekehrt gelte: Wer zu lange zögere, der müsse sich angesichts der exponentiellen Entwicklung der Digitalisierung umso mehr anstrengen, um die anderen noch einzuholen.
6. Teil: „Im Gespräch mit Karel Dörner, Senior Partner bei McKinsey & Company“

Im Gespräch mit Karel Dörner, Senior Partner bei McKinsey & Company

  • Karel Dörner: Senior Partner bei McKinsey & Company
    Quelle:
    McKinsey
Welche Herausforderungen kommen 2019 auf deutsche Unternehmen zu? Darüber spricht com! professional mit Karel Dörner, Senior Partner bei der Unternehmensberatung McKinsey & Company und Digitalisierungsspezialist.
com! professional: Welche neuen IT-Trends werden Ihrer Meinung nach 2019 in den Vordergrund treten?
Karel Dörner: Ich gehe davon aus, dass die größten Entwicklungen rund um die Bereiche Analytics und Künstliche Intelligenz zu finden sein werden. Viel interessanter als die Nennung von Buzzwords ist aber die Frage, wie die Umsetzung etwaiger Systeme aussieht, und insbesondere, welchen Einfluss das alles auf die grundlegenden Strukturen von Organisationen hat.
Nehmen wir zum Beispiel KI-Spracherkennungssysteme für den Handel. Hier ist Potenzial, einen ganz neuen Verkaufskanal zu eröffnen. Der Einfluss davon zieht sich durch die ganze Branche und bedingt eben auch eine ganz neue Unternehmensarchitektur.
com! professional: Von welchen IT-Trends des Vorjahrs erwarten Sie, dass sie wichtiger werden?
Dörner: Ich finde es schwierig, mich nur auf das Vorjahr zu beschränken. Da sind eine Reihe Technologien, über die schon länger gesprochen wird, die alles auf den Kopf stellen können.
Quanten-Computing wird beispielsweise in den nächsten zwei, drei Jahren ein Riesenthema werden. Das Gleiche gilt für Blockchain: Es mangelt noch an den großen Anwendungsfällen, aber das wird nicht so bleiben. Die Technologie hat unheimlich viel Potenzial, wenn auch nicht für jede Branche in gleichem Maß. Ich denke, dass Augmented Reality vor einem Sprung steht. Das wird zwar seit einer gefühlten Ewigkeit bejubelt, doch der große Durchbruch steht noch aus. Aber bald kommen Devices auf den Markt, die die Technologie endlich massentauglich machen könnten.
com! professional: Vor welche Herausforderungen stellt das die Unternehmen in Deutschland?
Dörner: Die größte Herausforderung ist, technologische Innovation nicht nur durch die IT-Brille zu betrachten. Stattdessen bedingen die kommenden Entwicklungen, dass sich die Organisationen intern neu ordnen und deutlich agiler und flexibler werden. Die spannende Frage ist ja, wie bekomme ich einzelne Anwendungsfälle so in die Abläufe des Unternehmens integriert, dass Entscheidungen automatisiert werden?
Innovative Technologien werden häufig ausgebremst, weil hier und da immer noch manuelle Prozesse vor- oder nachgeschaltet sind. Da ist noch viel Luft nach oben, das gilt aber nicht nur für Deutschland.
com! professional: Was empfehlen Sie den Unterneh­men in Deutschland, die sich auf diese Entwicklung vorbereiten wollen?
Dörner: Dieser Wandel bedingt ja Mitarbeiter und vor allem Führungskräfte, die sich in agilen Teams zurechtfinden, in denen Techniker und Experten aus den Fachbereichen eng verzahnt zusammengebracht werden. Talente mit entsprechender Erfahrung sind in Deutschland leider rar gesät. Unternehmen sollten keine bloße Nabelschau betreiben, sondern sich auch außerhalb der Unternehmensgrenzen orientieren – Partnerschaften aufbauen oder mit Start-ups zusammenarbeiten, um ihre Innovations- und Digitalisierungsvorhaben zu beschleunigen. Denn langfristig hilft nur der Aufbau eigener Kapazitäten und Kompetenzen.

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