08.01.2018
Connected Car
1. Teil: „Das Auto wird zum rollenden Rechner“
Das Auto wird zum rollenden Rechner
Autor: Bernd Reder
a-image / Shutterstock.com
IoT und Big Data sollen das Automobil sicherer, ökologischer und komfortabler machen. Welche technischen Hürden dabei zu nehmen sind, zeigt com! professional.
Immer mehr Staus, kaum Parkplätze und dann auch noch „Dieselgate“. Man kann wirklich nicht behaupten, dass das Auto derzeit einen leichten Stand hat. Allein die 20 schlimmsten Staus auf deutschen Bundesstraßen und Autobahnen zwischen August 2016 und September 2017 verursachten einen Schaden von 22 Millionen Euro, hat die Porsche-Tochter Inrix mit ihrer Plattform für die Echtzeitanalyse von Verkehrsströmen ermittelt.
autonom fahrende Autos den Fahrer entlasten. Er kann dann während der Fahrt sinnvollere Dinge tun, etwa E-Mails beantworten oder Anrufe tätigen. Laut einer Prognose von Bosch ließen sich durch vernetzte Fahrzeuge und assistiertes Fahren im Jahr 2025 in Deutschland 30.000 Unfälle mit Personenschaden vermeiden, in den USA sogar 210.000. Die Zahl der Verletzten würde sich hierzulande um 37.000 verringern, die der Verkehrstoten um 300, wenn smarte Autos Standard wären. Angenehmer Nebeneffekt: Die Versicherungen müssten laut Bosch 450 Millionen Euro weniger aufwenden.
Um die Zukunft des Autos langfristig zu sichern, wird an vielen Stellen daran gearbeitet, Fahrzeuge „intelligenter“ zu machen. Ein zentrales Ziel ist, den Verkehrsfluss zu optimieren und die Umweltbelastung zu reduzieren. Zudem sollen Nicht zuletzt würden China, USA und Deutschland 400.000 Tonnen CO2 weniger ausstoßen. Ein Grund ist, dass die Suche nach Parkplätzen weniger Zeit und weniger Herumfahren erfordert. Denn Parkleitsysteme signalisieren dem Fahrer, ob beziehungsweise wo Parkplätze vorhanden sind, und lenken ihn dorthin. Das spart Benzin und brächte den Autofahrern in den drei Ländern einen Zeitgewinn von 70 Millionen Stunden.
Millionen Zeilen Code
Techniken wie autonomes Fahren sowie die Vernetzung von Autos untereinander und mit Ampeln und Verkehrsleitsystemen gelten derzeit als die Königsdisziplinen in den Bereichen Smart Car und Connected Car, also Autos, die über eine Anbindung an Kommunikationsnetze verfügen. Dabei wird häufig übersehen, dass Autos bereits heute „rollende Rechner“ sind. So enthält ein Auto nach Einschätzung des Halbleiterherstellers NXP schon jetzt etwa 150 Millionen Zeilen Software-Code.
„In der alten Welt gilt, dass eine Autofahrt umso angenehmer verläuft, je leistungsstärker der Motor des Fahrzeugs ist. In Zukunft heißt es jedoch: Je mehr Rechenleistung ein Wagen hat, desto schöner und ruhiger ist die Fahrt“, kommentiert Jensen Huang, Gründer und CEO von Nvidia, diese Entwicklung. Nvidia ist zwar vielen Technik-Fans vor allem für seine Grafikkarten bekannt, doch zählt es auch zu den führenden Anbietern von Hard- und Software-Plattformen für autonome Fahrzeuge und Assistenzsysteme mit KI-Funktionen.
Zusammen mit dem Friedrichshafener Unternehmen ZF und Hella hat Nvidia beispielsweise ein System für selbstfahrende Lastwagen entwickelt. Solche Fahrzeuge könnten den Gütertransport auf den Straßen revolutionieren. So arbeiten Forscher bereits an fahrerlosen Lastern, die quasi Stoßstange an Stoßstange in Konvois auf Highways und Autobahnen unterwegs sind. Dies soll den Verkehrsfluss verbessern und die Zahl der Unfälle verringern. Der Logistikdienstleister DHL will 2018 einen Feldversuch mit solchen selbstfahrenden Lieferfahrzeugen starten.
2. Teil: „Connected-Car-Dienste“
Connected-Car-Dienste
Für die Anbieter von Fahrzeugen, Hard- und Software, Sensoren, Kommunikationsservices und ergänzenden Dienstleistungen könnte das intelligente Auto zu einer Goldgrube werden. Nach einer Studie des Beratungshauses Deloitte wird 2021 allein der Markt für Connected-Car-Dienste in Europa ein Volumen von über 700 Millionen Euro erreichen. Die Nutzer scheinen bereit, für solche Kommunikationsdienste zu bezahlen – bis zu 50 Euro pro Monat.
Den Anfang machen Angebote wie Apple CarPlay, Android Auto und Baidu CarLife. Sie „verheiraten“ gewissermaßen Smartphones wie das iPhone oder ein Android-Endgerät mit einem Fahrzeug. Selbst in Nutzfahrzeugen halten diese Systeme Einzug. Mercedes-Benz etwa stattet einen Teil seiner Laster mit CarPlay aus. Fahrer können dabei mit Hilfe digitaler Assistenten wie Apples Siri oder Google Assistant während der Fahrt telefonieren und Informationen abrufen. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch Amazons Alexa und Microsofts Cortana im Auto Einzug halten.
In Deutschland sind laut Statista derzeit 4,3 Millionen Fahrzeuge für Connected-Car-Dienste ausgelegt, 2021 sollen es 17 Millionen sein und einen Umsatz von rund 7,5 Milliarden Euro generieren. Das Beratungshaus KPMG wiederum geht davon aus, dass im nächsten Jahrzehnt der weltweite Umsatz mit Produkten rund um intelligente Fahrzeuge sogar mehr als eine Billion Dollar betragen könnte. Darin enthalten sind die Einnahmen mit erweiterten Dienstleistungen, etwa individuellen Versicherungstarifen für Kunden, die Daten über das Fahrverhalten an eine Versicherung weitergeben.
Lkw im Konvoi
Zum breiten Spektrum an Anwendungsbereichen, in denen ein intelligentes, vernetztes Auto Vorteile bringen kann, zählt das kooperative Fahren. Dabei stimmen sich Autos und deren Sensoren bei bestimmten Fahrmanövern untereinander ab. Ein Beispiel: Bei einem Überholvorgang errechnet ein Bordcomputer, ob sich diese Aktion angesichts der Verkehrslage überhaupt durchführen lässt. Wenn ja, nimmt das System Kontakt zu den Rechnern im Fahrzeug auf, das überholt werden soll. Nötigenfalls verringert das überholte Auto automatisch die Geschwindigkeit, um dem anderen Fahrzeug ein gefahrloses Wiedereinscheren zu ermöglichen.
Damit das klappt, müssen nach Berechnungen des chinesischen Netzwerkspezialisten Huawei über das Mobilfunknetz Daten im Intervall von 10 Millisekunden zwischen den Fahrzeugen übermittelt werden, und das auch bei Lastwagen, die in einem Konvoi fahren. Derzeit lassen sich zwei bis drei Lkw zu einem solchen Verbund zusammenfassen. Der Abstand zwischen den Fahrzeugen liegt dabei bei wenigen Metern. Alle Fahrzeuge beschleunigen und bremsen synchron. Die Befehle erhalten die Bordsysteme via Mobilfunk.
Mit den herkömmlichen 4G-Mobilfunknetzen sind wegen der Verzögerungszeiten bei der Datenübermittlung nur Konvois mit bis zu drei Lastern möglich. Abhilfe schafft die Einführung des 5G-Standards in den kommenden Jahren. Er sieht Latenzzeiten von nur einer Millisekunde vor.
Solche schnellen Mobilfunknetze ermöglichen weitere Services, etwa „ferngesteuerte“ Fahrzeuge. Mit ihnen kann ein Dienstleister Personen ohne Führerschein oder Kranke abholen und mit einer Fernbedienung zum Zielort transportieren. Dies wäre ein Zwischenschritt auf dem Weg zum autonomen Taxi, das ohne menschliches Zutun einen Fahrgast abholt. Die Studie eines solchen Fahrzeugs auf Basis des Smart hat Mercedes-Benz bereits vorgestellt.
3. Teil: „Fernsicht für Fahrer“
Fernsicht für Fahrer
Ebenfalls bereits in Reichweite sind Anwendungen, bei denen Umweltinformationen erfasst und verarbeitet werden. Dazu zählt das Teilen (Sharing) von Informationen zwischen Fahrzeugen. So arbeiten Forscher an Verfahren, um die Daten von Sensoren und Kameras von Autos anderen Verkehrsteilnehmern zugänglich zu machen. Informationen über die Sichtweite oder die Beschaffenheit der Fahrbahn, die ein vorausfahrendes Fahrzeug erfasst, können den folgenden Autos zur Verfügung gestellt werden. Der Vorteil für deren Fahrer: Sie können sich früher auf Gefahrensituationen wie Blitzeis oder Unfallstellen einstellen. Die Lenker schauen somit gewissermaßen durch die vor ihnen befindlichen Fahrzeuge hindurch.
Bereits weit fortgeschritten ist die Idee, dem Fahrer hochauflösende 3D-Karten mit erweiterten Informationen bereitzustellen. Das kann – Stichwort Augmented Reality – über Head-up-Displays erfolgen, die Daten wie Routen und Fahrzeugdaten auf der Windschutzscheibe spiegeln. Hinzu kommen Warnungen, etwa wenn Fahrzeugkameras und Infrarotsensoren Fußgänger oder Radfahrer erfassen.
Autonomes Fahren
Zu den derzeit heißesten Themen im Bereich Smart Car zählt das autonome Fahren. Tesla, Apple, Google und Microsoft, aber auch etablierte Autokonzerne wie BMW, GM, Mercedes-Benz, Volkswagen und Toyota sind auf diesen Zug aufgesprungen. Allerdings haben die Autofahrer noch Vorbehalte: „Aus einer Studie, die wir durchführen ließen, geht hervor, dass die Befragten der Meinung sind, ein Mensch verspreche mehr Sicherheit als ein autonomes Fahrzeug“, sagt Matthias Schorer, Lead Business Development Manager IoT bei VMware EMEA. „Doch letztlich entspricht das nicht der Realität.“ Im Gegenteil: Menschliches Versagen durch Müdigkeit, eingeschränkte Fahrtüchtigkeit oder Ablenkung, etwa durch das Handy, spiele bei der Mehrheit der Unfälle eine Rolle. Auf der anderen Seite sind aber auch autonome Fahrzeuge noch nicht hundertprozentig sicher, wie Unfälle mit Fahrzeugen von Tesla zeigen.
Und wer haftet, wenn was schiefgeht? Laut Bitkom Research sehen 41 Prozent der Autohersteller die Software-Entwickler in der Pflicht, nur 19 Prozent sich selbst. Ein Fünftel der Manager von BMW, Mercedes & Co. will sogar dem Fahrer die Verantwortung zuschieben – obwohl der Clou des autonomen Fahrens gerade darin besteht, dass Software in Verbindung mit KI „am Steuer“ sitzt.
Die Autofahrer dagegen sehen zu 38 Prozent die Entwickler und zu 35 Prozent die Hersteller in der Haftung. Für immerhin 19 Prozent soll der Fahrer haften, wenn das autonome Auto einen Unfall baut.
Eine zentrale Frage bei smarten Systemen wie selbstfahrenden Autos ist, wie leistungsfähig die integrierten KI-Funktionen sind. „Künstliche Intelligenz macht Gegenstände smart, damit sie auf Unvorhergesehenes reagieren können und kontinuierlich aus dem Erlebten lernen“, erklärt Alexandra Kreft, Senior Director Global Accounts bei Dell EMC. „Das ist wie bei einem Kind, das noch über einen begrenzten Erfahrungsschatz verfügt, aber trotzdem intuitiv auf neue Situationen reagieren muss.“
Wie in anderen Bereichen muss eine KI laut Kreft auch bei autonomen Fahrzeugen zwei Herausforderungen bewältigen: „Die eine ist, wie die Algorithmen mit unerwarteten Ereignissen umgehen. Was passiert bei einem geplatzten Reifen oder wenn ein Kind einen Ball auf die Straße wirft?“ Hinzu kommt ein zweiter Faktor: „Je komplexer das Problem, desto größer ist der Bedarf an Datenspeicher und Prozessorleistung in den Peripheriesystemen.“
4. Teil: „Schneeräumer, Busse …“
Schneeräumer, Busse …
Offenkundig haben die Hersteller beim autonomen Fahren erhebliche Fortschritte erzielt. Ein Modell der E-Klasse von Mercedes-Benz hat bereits mehrere 1000 Kilometer im Autopilot-Modus absolviert. Audi stattet den neuen A8 mit einer Selbstfahrfunktion der Ebene 3 aus. Das bedeutet, der Fahrer darf die Hände vom Steuer nehmen, denn das Fahrzeug bewältigt einen Großteil der Verkehrssituationen eigenständig. Allerdings muss der Fahrzeuglenker sofort eingreifen können, wenn eine kritische Situation entsteht, etwa im Berufsverkehr in der Innenstadt (zu den Stufen siehe auch den Kasten auf Seite 100).
Noch offen ist, wann Fahrzeuge mit der Stufe 5 marktreif sind, die vollkommen autonom agieren können. Vermutlich wird das noch circa fünf Jahre dauern. Die Voraussetzung ist, dass nicht nur Rechenkapazitäten vorhanden sind und selbstlernende KI-Systeme über die erforderlichen Kapazitäten verfügen. Vor allem die Kameras und Sensoren der Fahrzeuge müssen besser werden.
Das gilt beispielsweise für Situationen, in denen mehrere Faktoren zusammenkommen: Dunkelheit, starker Regen, Lichtreflexe auf der Fahrbahn und Nebel. Zudem arbeiten Forscher an Techniken, um die Kommunikation von autonomen Autos mit Radfahrern und Fußgängern zu verbessern, etwa mit Hilfe von Lichtsignalen. So muss beispielsweise ein Fahrzeug erkennen, ob ihm ein Fußgänger Vorrang einräumen und erst nach Passieren des Autos einen Zebrastreifen überqueren möchte.
Die Vernetzung von Fahrzeugen in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz und Assistenzsystemen ist nicht nur bei Personenkraftwagen ein Thema. So sind Tests mit Lastern, Bussen und Reinigungsfahrzeugen angelaufen, die autonom agieren können. Daimler beispielsweise hat im Herbst 2017 Räumfahrzeuge getestet. Das Besondere dabei: Die Fahrzeuge können nach den Vorgaben eines Technikers in Formation fahren. Die Laster tauschen dabei über Funk Daten aus. Der Flughafen Frankfurt am Main hat bereits Interesse an solchen Fahrzeugen angemeldet. Sie können selbstständig Rollfelder von Schnee und Eis befreien.
Im öffentlichen Personennahverkehr sind selbstfahrende Busse im Test. In der Schweiz setzt die Post Bus AG seit 2016 automatisierte Busse ein, beispielsweise in Sion im Kanton Wallis. Und die meisten Fahrgäste haben sich offenbar mit dem fahrerlosen Transportsystem arrangiert. Laut einer Befragung von Post Bus haben in Sion 62 Prozent der Fahrgäste keine oder nur leichte Bedenken gegen die Fahrzeuge ohne menschlichen Fahrer. Auch in Deutschland werden solche Busse getestet, etwa im Nahverkehr in Berlin oder im bayerischen Bad Birnbach.
… und fliegende Autos
Selbst Themen, die stark nach Science-Fiction klingen, nähern sich der Realität. „Etwa ab 2027 wird es autonome Fahrzeuge geben, die gleichzeitig fliegen können“, ist sich Michael Ramsey, Analyst bei Gartner, sicher. Funktionieren sollen sie so ähnlich wie Hubschrauber. „Vor allem in Mega-Citys könnten autonome fliegende Fahrzeuge zum Zuge kommen, um konventionelle Verkehrsmittel zu entlasten.“
Wie ein fliegendes Auto aussehen könnte, zeigt das Projekt Pop.Up von Airbus: Die Fahrerkabine lässt sich mit einem „fahrbaren Untersatz“ und einem Helikopter-Modul koppeln. Bei Bedarf ruft der Fahrer das Flugmodul herbei und verwandelt sein Auto in einen Hubschrauber. Umgekehrt kann er die Kabine wieder an das Fahrmodul andocken.
Bereits 2020 will der Automobilhersteller Toyota zu den Olympischen Spielen in Tokio ein Flugauto vorstellen. Entwickelt wird es von dem Start-up-Unternehmen Cartivator, das maßgeblich von Toyota finanziert wird. Eine kommerzielle Version soll ab 2025 verfügbar sein.
Der Fahrdienst Uber arbeitet ebenfalls an einem solchen Konzept. Er plant, ab 2020 sogenannte Vertical Take-off and Landing Vehicles (VTOLs) im texanischen Houston und in Dubai einzusetzen.
5. Teil: „IT-Konzerne als Partner“
IT-Konzerne als Partner
Die speziellen Anforderungen an autonome Fahrzeuge, etwa in Bereichen wie KI, Bildverarbeitung und Sensorik, haben dazu geführt, dass Autohersteller mit IT-Firmen Allianzen eingegangen sind. Intel stellt der Google-Tochter Waymo unter anderem Xeon-Prozessoren für dessen selbstfahrende Autos zur Verfügung, Nvidia versorgt Audi und andere Hersteller mit Rechnerplattformen und KI-Software, und Microsoft stellt dem chinesischen Internetkonzern Baidu seine Azure-Cloud-Plattform bereit. Und auch deutsche Anbieter wie Bosch und Infineon mischen bei der Entwicklung selbstfahrender Autos mit.
Speziell bei selbstfahrenden Autos zeichnet sich allerdings eine Konstellation ab, die für traditionelle Autohersteller problematisch ist: IT-Firmen wie Google, Apple und Baidu könnten selbst zu Fahrzeugproduzenten werden. Verantwortlich dafür ist das Geschäft mit den Daten, die solche Autos generieren. Sie lassen sich nutzen, um weiterführende Services anzubieten – von der Vermittlung von Parkplätzen über Wartungsdienste und Versicherungstarife bis hin zu Hinweisen auf Einkaufsmöglichkeiten.
„Wir verstehen uns als Partner der Industrie und bauen gemeinsam mit Automobilherstellern an der Mobilität der Zukunft“, versichert daher Thorsten Herrmann, Leiter des Großkunden-Geschäfts bei Microsoft Deutschland und Mitglied der Geschäftsführung. „Wir werden nicht zum Wettbewerber der Automobilindustrie: Die Daten aus den vernetzten Fahrzeugen gehören den Herstellern – genauso wie die Marke und die Interaktion mit den Kunden.“ Damit grenzt sich Microsoft bewusst gegen Unternehmen wie Google ab.
Autos als Datenquelle
Laut einer Studie von SAS Deutschland würden heute immerhin 27 Prozent der Autofahrer Daten über die Fahrleistung, den Treibstoffverbrauch, die Bewegungsdaten oder das Fahrverhalten an den Hersteller ihres Fahrzeugs herausgeben. Solche Informationen sind für Hersteller interessant, weil sie daraus beispielsweise Rückschlüsse auf die typische Nutzung von Autos und die Ursache von Fehlern ziehen könnten. Wie bestimmte Alters- und Berufsgruppen mit dem Fahrzeug umgehen, gibt zudem Hinweise darauf, welche Eigenschaften besonders gefragt sind: eine sportive Auslegung, ein hoher Fahrkomfort oder Assistenzsysteme, die den Fahrer entlasten.
Das Erfassen von – personenbezogenen – Daten durch intelligente Autos hat naturgemäß auch die Datenschützer auf den Plan gerufen. So verlangt die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff, dass Nutzer über das Display ihres Fahrzeugs alle Informationen über die Verwendung ihrer Daten abrufen können. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) wiederum hat das Nevada-Konzept (Neutral Extended Vehicle for Advanced Data Access) erarbeitet. Danach sollen vom Auto generierte Daten auf einem neutralen Server zwischengespeichert werden. Der Nutzer kann dann entscheiden, welche Informationen an Dritte weitergegeben werden dürfen. Dieses Modell soll zudem mit der neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung vereinbar sein, die ab 25. Mai 2018 für alle Unternehmen verbindlich ist.
6. Teil: „Sicherheit in allen Komponenten“
Sicherheit in allen Komponenten
Neben Datenschutz ist bei intelligenten, vernetzten Fahrzeugen die Sicherheit der Knackpunkt. Je mehr Schnittstellen nach außen vorhanden sind, desto einfacher können Hacker auf die Systeme von Autos zugreifen und sie manipulieren. Dies umso mehr, als die Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander oder mit Servern in Rechenzentren über Funkverbindungen erfolgt.
Christian Leopoldseder, Managing Director Austria beim Software-Haus Asseco Solutions, plädiert daher für ein ganzheitliches Sicherheitskonzept: „Bereits die Fertigungsprozesse von Komponenten eines Smart Car stellen die Weichen, um im Notfall schnell und effektiv eingreifen zu können“, so der Fachmann. „Sollte sich beispielsweise der Ausfall eines kritischen Bauteils abzeichnen, etwa in der Bremssteuerung, müssen autonome Fahrzeuge in der Lage sein, im laufenden Betrieb und in Echtzeit zu reagieren. Möglich wird dies nur, wenn alle beteiligten Hard- und Software-Komponenten lückenlos miteinander integriert sind und im Bedarfsfall automatisiert miteinander kommunizieren können.“
Daher ist es laut Leopoldseder notwendig, eine Informationskette über den gesamten Planungs- und Fertigungsprozess und den Betrieb eines Fahrzeugs hinweg aufzubauen. Nur so sei eine rasche Untersuchung und Rückverfolgung eines defekten Bauteils möglich, vom Lieferanten über einzelne Chargen bis hin zu den verwendeten Materialien.
Transaktionen mit Blockchain
Bosch wiederum bringt eine Technik ins Spiel, die auch in Sparten wie dem Finanzwesen an Bedeutung gewinnt: Blockchain. „Ohne das Zutun Dritter lassen sich mit Hilfe von Blockchain und technologisch ähnlicher Ansätze auf sichere Weise Daten online zwischen Nutzern austauschen, Vereinbarungen und Verträge abschließen und Zahlungen durchführen“, erklärt Volkmar Denner, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH. Die Technik soll unter anderem Fahrzeuge vor Hacker-Angriffen schützen und den Datenaustausch von Autos untereinander sowie zwischen Fahrzeugen und Leitsystemen und IT-Komponenten absichern.
Ein Blockchain-Projekt von Bosch dreht sich um den Tachobetrug. Das Auto sendet dabei in regelmäßigen Abständen den Tachostand an eine geschützte, weltweit verfügbare dezentrale Datenbank. Die Echtheit der Angaben wird über ein Zertifikat nachgewiesen. Alle Daten werden verschlüsselt und können nur vom Fahrzeugbesitzer gelesen werden.
Fazit & Ausblick
Mit Smart Cars steht der Automobilindustrie ein massiver Umbruch bevor. Die Unternehmensberatung Kienbaum warnt denn auch die etablierten Autokonzerne, auf ihre starke Marktposition zu vertrauen. Kienbaum verweist auf andere gestürzte Riesen wie E.ON, Sony und Nokia, die zu spät auf wichtige Trends reagiert haben.
Die Ansage der Berater an die deutschen Automobilbauer fällt deutlich aus: „Die neuen Herausforderer aus dem Silicon Valley sind sowohl mit dem Know-how als auch dem Kapital ausgestattet, um den Automobilmarkt nachhaltig zu verändern.“ Der Branche stünden signifikante Veränderungen bevor, die alle Aspekte beträfen: Mitarbeiter, die Führung, Prozesse und die Geschäftsmodelle. „Die Herausforderungen sind weitestgehend bekannt; jetzt gilt es zu handeln“, so die Mahnung von Kienbaum.
Die Größe der Gefahr hat auch die deutsche Automobilbranche inzwischen erkannt. Laut Bitkom-Umfrage unter 177 Unternehmen glaubt sie in ihrer großen Mehrheit (66 Prozent) sogar, dass neue Hersteller wie Tesla den Wettbewerb um das autonome Fahren gewinnen werden. Und nur 17 Prozent sehen die klassischen deutschen Hersteller als Sieger aus diesem Rennen hervorgehen. Fast ebenso viele (13 Prozent) denken dabei an IT- und Internetunternehmen wie Google oder Apple.
Wie gut sich die deutschen Hersteller in diesem disruptiven Prozess schlagen werden, ist noch völlig offen. Sicher ist nur: Von ihrem Erfolg wird maßgeblich abhängen, ob hierzulande ausreichend neue Arbeitsplätze entstehen, um den Verlust der Jobs wettzumachen, die durch das autonome Fahren wegfallen. Laut International Transport Forum (ITF) könnten bis 2030 allein automatisierte Trucks in Europa und Nordamerika 50 bis 70 Prozent der Fahrer-Jobs (4,4 bis 6,4 Millionen) überflüssig machen. Ähnliches droht Bereichen wie dem Taxigewerbe. Das alles zu kompensieren dürfte schwierig werden.
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