11.11.2015
Nicht nur für Prototypen
1. Teil: „Immer mehr Firmen entdecken den 3D-Druck“
Immer mehr Firmen entdecken den 3D-Druck
Autor: Klaus Hauptfleisch
Fotolia / chesky
Der Markt, die Technologien und professionelle Anwendungen für die additive Fertigung machen den 3D-Druck immer interessanter. com! bietet einen Überblick zum Stand der Technik.
Nicht minder medienwirksam sind erste erfolgreiche Versuche mit 3D-Bioprinting. Dem US-Unternehmen Organovo ist es bereits 2013 gelungen, für Forschungszwecke eine Mini-Leber auszudrucken und 40 Tage lang am Leben zu erhalten.
Neue Lebensmittelkreationen lassen 3D-Drucker ebenfalls schon entstehen. Choc Edge aus Devon in England bietet den ersten kommerziellen Schokoladen-3D-Drucker an, der italienische Pasta-König Barilla soll an einem Nudel-3D-Drucker arbeiten, und der Hersteller des 3D-Druckers da Vinci, XYZ Printing aus Taiwan, hat ebenfalls zwei Geräte für Lebensmittel angekündigt. Dabei werden in der Regel FDM-Drucker (Fused Deposition Modeling) eingesetzt, bei denen das auf einer Spule befindliche Material über eine sogenannte Extrusionsdüse ähnlich der eines Tintenstrahlers Schicht für Schicht auf eine Bauplattform aufgetragen wird.
Von diesem Prinzip leitet sich der Begriff 3D-Drucker ab – von dem sich Anbieter industriell genutzer Maschinen allerdings mitunter distanzieren. Sie sprechen seit den Anfängen in den 80er- und 90er-Jahren lieber von Additive Manufacturing oder generativen Fertigungsverfahren. Auch nutzen sie andere Technologien und verarbeiten andere Materialien, zum Beispiel Metall. Einen Überblick über Verfahren, Materialien und Hersteller gibt die Tabelle im Abschnitt „Die 3D-Druckverfahren“.
2. Teil: „High-End-Dienstleistungsmarkt für 3D-Druck“
High-End-Dienstleistungsmarkt für 3D-Druck
Weltweit gibt es rund 50 Hersteller von 3D-Druckern. Dazu zählt etwa auch der PC- und Druckerriese Hewlett-Packard (HP), der angekündigt hat, mit einem Multi Jet Modeling genannten Verfahren in den Markt einzusteigen.
Mit der Alphaform AG musste allerdings einer der ganz Großen der Branche Ende Juli wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anmelden. Die FIT AG aus Lupburg in der Oberpfalz, Muttergesellschaft von 3D-Softwarehersteller Netfabb und heute schon einer der weltweit führenden 3D-Druckdienstleister, hat Mitte Juli die Investition von 20 Millionen Euro bekanntgegeben – mit dem Plan, 2016 die weltweit erste Fabrik für die Serienproduktion mittels additiver Verfahren zu eröffnen.
Der Mietmarkt ist noch relativ klein. Der Münchner Broadline-Distributor Ingram Micro, der das Thema 3D-Druck 2013 zum neuen Fokusmarkt auserkoren hat, will sich laut Abteilungsleiter Rudolf Ehrmanntraut 2016 näher damit befassen.
Der Markt muss sich entfalten
Dass Anbieter von High-End-Anlagen lieber von Additive Manufacturing sprechen, scheint manchen in Zeiten preisgünstiger Einstiegsgeräte für unter 400 Euro immer wichtiger zu werden. Ihre Maschinen leisten und kosten ein Vielfaches und man will nicht, dass Äpfel mit Birnen verglichen werden. Beispiele wie die eingangs genannten, obwohl durchaus B2B-trächtig, stehen bei einigen Vertretern des High-End-Lagers ebenfalls nicht hoch im Kurs, genauso wenig Aussagen, der Markt stehe erst am Anfang.
Wohlers Associates begleitet und kommentiert den Markt für 3D-Drucker quasi seit Beginn an. Der „Wohlers Report 2015“ bescheinigt ihm ein Wachstum von 32 Prozent seit 2012. Den neuesten Zahlen zufolge belief sich der 3D-Druck-Weltmarkt 2014 mit allen Produkten und Dienstleistungen auf 4,1 Milliarden Dollar.
Doch was sind 4,1 Milliarden Dollar gegenüber 10,5 Billionen? Dies ist das für 2012 ausgewiesene weltweite Produktionsvolumen. In dem Bericht für 2012 heißt es, die additiven Fertigungsverfahren hätten das Zeug dazu, 1 Prozent der weltweiten Produktion zu bestreiten, womit der Markt auf über 100 Milliarden Dollar anwachsen könnte. Andere Analysten rechnen mit einem Marktpotenzial von 50 Milliarden Euro.
Wohlers geht aufgrund der neuen Zahlen davon aus, dass 2018 bereits 12,8 Milliarden Dollar mit 3D-Druckern und -Services umgesetzt werden, 2020 sollen es über 21 Milliarden Dollar sein, das Zehnfache von 2012, aber immer noch weit weniger als 1 Prozent des weltweiten Produktionsvolumens.
3. Teil: „Mehr 3D-Kleinserien und weniger Prototypen“
Mehr 3D-Kleinserien und weniger Prototypen
3D-Druck oder Additive Manufacturing diente – unabhängig von der Technologie – lange in erster Linie dem Rapid Prototyping, also der schnellen Entwicklung von Prototypen, Baumustern oder Modellen. Das ist auch heute noch vielfach der Hauptzweck, besonders bei der Verarbeitung von Materialien wie Kunststoffen, Wachs, Sand oder Gips.
Ein wesentlicher Vorteil beim Rapid Prototyping sind die schnelleren Ergebnisse als dies mit klassischen CNC-Fräsen möglich ist. Time to Market heißt das Zauberwort. Ein weiterer Vorteil, der damit eng zusammenhängt, ist die Möglichkeit, kurzfristig individuelle Einzelteile zu fertigen.
Der Leipziger 3D-Druckdienstleister Rapidobject, der viele große Unternehmen zu seinen Kunden zählt, hat zum Beispiel einem Privatmann geholfen, seinen Motorrad-Oldtimer wieder flottzumachen, dem ein nicht mehr lieferbares Bauteil fehlte. Der Kunde hatte das Teil aus Knetmasse nachgebaut und eingeschickt. Rapid Object hat es gescannt, eine parametrische Flächenrückführung (Reversed Engineering) vorgenommen, um daraus CAD-Daten zu erstellen, die dem Kundenwunsch entsprechend verändert und geglättet wurden. Anschließend wurde das Modell im Lasersinter-Verfahren als Metallbauteil gedruckt, lackiert und schließlich in das Motorrad eingebaut.
Anpassbarkeit
Auch in der Luft- und Raumfahrt- sowie in der Dental- und Medizintechnik ist die individuelle Anpassbarkeit einer der wichtigsten Trümpfe des 3D-Drucks.
Bei Kleinserien wird Additive Manufacturing ebenfalls mehr und mehr genutzt, aber – so wird Bernhard Langefeld, Experte bei der Unternehmensberatung Roland Berger, von FAZ.net zitiert – die Herstellungskosten für größere Stückzahlen liegen um den Faktor 10 bis 50 über denen herkömmlicher Verfahren. In der Automobilindustrie sind 3D-Drucker auf lange Sicht noch keine wirkliche Alternative, heißt es dort, obwohl sie von BMW für bestimmte Teile schon eingesetzt werden.
Concept Laser nennt folgende Faustregeln: Bei bis zu 1000 Stück pro Jahr seien die additiven Verfahren typischerweise am wirtschaftlichsten, bei 1000 bis 100.000 Stück pro Jahr sollten sie bei der Wirtschaftslichkeitsbetrachtung zumindest als mögliche Alternative gesehen werden, bei über 100.000 Stück sei eine „besonders langlebige, aus Vollmaterial klassisch gefertigte Geometrie voraussichtlich am sinnvollsten“.
4. Teil: „Günstige Einstiegsgeräte dank Open-Source-Material“
Günstige Einstiegsgeräte dank Open-Source-Material
Die meisten Consumer-Einstiegsgeräte basieren auf der im High-End-Lager mitunter belächelten FDM-Technologie der Schmelzschichtung, die laut einer Marktanalyse von Gartner 2013 über 90 Prozent des weltweiten Absatzes und fast 44 Prozent der Umsätze generierte.
Adrian Boywer hat 2006 das Open-Source-Open-Hardware-Projekt RepRap (Replication Rapid Prototyper) eines sich selbst replizierenden FDM-Druckers ins Leben gerufen und für einen entsprechenden Bausatz einen damals unerhörten Kampfpreis von 500 Euro in den Ring geworfen. Vertrieben wird der im Preis nochmals deutlich gesunkene Bausatz unter anderem von RS Components.
Hersteller von 3D-CAD-Software haben das sehr wohl verstanden. DesignSpark Mechanical wurde nach der kostenlosen Markteinführung im September 2013 Keenan zufolge schon 100.000-fach heruntergeladen und in die Entwicklungsprozesse integriert. Kostenlose Angebote halten auch Autodesk und netfabb bereit.
5. Teil: „Die verschiedenen 3D-Druckverfahren im Überblick“
Die verschiedenen 3D-Druckverfahren im Überblick
Ein Nachteil von FDM/FFF ist, dass sich Überhänge, Stalagtiten etwa, schwer erzeugen lassen oder wenn, dann nur mit aufwendiger Stützkonstruktion. Während Consumer-Einstiegsgeräte für wenige Hundert Euro zu haben sind, nennt der Dienstleister Rapidobject für Profi-Geräte mit FDM-Technologie Preise von 15.000 bis 60.000 Euro. Für SLA-Drucker sollen es zwischen 20.000 und einer Million Euro sein, für professionell genutzte 3D-Laserdrucker mit Selective Laser Melting und Selective Laser Sintering (meist kurz SLM und SLS genannt) lägen die Preise zwischen 200.000 und zwei Millionen Euro. Der Unterschied ist, dass beim Sintern das Granulat bis kurz vor dem Schmelzpunkt erhitzt wird.
Tabelle:
Diese Übersicht zeigt, welche Technologien mit welchen Materialien und Herstellern in Verbindung gebracht werden können.
Im Schnitt noch teurer sind laut den Analysten von Gartner Verfahren mit Directed Energy Deposition (DED), bei denen per Laser- oder Elektronenstrahl das Granulat in einer Düse erhitzt wird, um es direkt auf den Träger zu bringen. Eines davon nennt sich Direct-Metal Deposition und wird etwa von der Trumpf Werkzeugmaschinen GmbH & Co. KG aus Ditzingen oder von der franzöischen Firma BeAM angeboten.
6. Teil: „Die unterschiedlichen Materialien des 3D-Drucks“
Die unterschiedlichen Materialien des 3D-Drucks
Jede Technologie hat ihre Vor- und Nachteile und jede unterstützt unterschiedliche Materialien oder Werkstoffe. Deshalb ist es manchmal notwendig, mehr als einen 3D-Drucker zu beschaffen, was bei Innovationszyklen von drei bis fünf Jahren sehr ins Geld gehen kann, so Stefan Ritt, Marketingleiter bei SLM Solutions.
Gartner unterteilt die Technologien nach Kategorien wie Material Extrusion, Pulverbett- oder Photopolymer-Verfahren.
Manche FDM-/FFF-Drucker können mit Dual-Extrusion-System zweifarbig ausdrucken, die HIC Innotec GmbH arbeitet als Druckdienstleiter für Prototyping mit einem 3D-Druck-Gipskeramik-System, das 160.000 Farben hervorbringen kann. Mcor hat einen Papier-3D-Drucker vorgestellt, der CMYK mit über einer Million Farben darstellen soll. Beim ZPrinter genannten PolyJet-Drucker von Z Corp sollen es sogar bis zu zwei Millionen Farben sein. PolyJet oder Polygrafie ist ein mit Inkjet vergleichbares Verfahren. Statt Tinte wird ein Photopolymer auf eine Bauträgerplattform aufgetragen und unter UV-Licht sofort ausgehärtet.
Während die Oberflächen des 3D-Laserdrucks als fein rau beschrieben werden und durch Sandstrahlen und Polieren nachbearbeitet werden müssen, soll die von HP gewählte Multi-Jet-Technologie sich für Prototyping durch sehr glatte Flächen auszeichnen und sich gut für den Feinguss in der Schmuckindustrie sowie in der Medizin- und Dentaltechnik eignen. Verarbeitet werden können aber nur wachsartige Materialien und PMMA (Acryl). Multi Jet wird auch oft als Material Jetting bezeichnet und ist eine Weiterentwicklung des PolyJet-Verfahrens. Sie unterscheiden sich dadurch, dass PolyJet mit Aushärten unter UV-Licht arbeitet und als Material unter anderem auch Schwermetalle unterstützt.
7. Teil: „Terminator-Technik und 3D-Druck mit Edelmetallen“
Terminator-Technik und 3D-Druck mit Edelmetallen
Die Gartner-Zahlen zur Marktentwicklung der einzelnen Verfahren lassen vermuten, dass PolyJet und Multi Jet unter dem Begriff Material Jetting zusammengefasst wurden. Additiveley, ein Spin-off der renommierten ETH Zürich, erklärt mit Grafiken die Unterschiede zwischen den einzelnen Verfahren sehr anschaulich, wenngleich die verwendeten Abkürzungen wie PJ und MJ ungebräuchlich sind.
Ausblick
Mit dieser neuen Technologie lassen sich wahrscheinlich keine Metalle verarbeiten und wohl auch nicht Sand. Unter BJ wie Binder Jetting finden sich bei Additively Hinweise, dass sich farbige Prototypen, Urmodelle für den Guss und Gussformen aus speziellem Gusssand fertigen lassen. Die maximale Bauraumgröße wird mit 4000 x 2000 x 1000 mm angegeben.
Gemeint ist hier sicherlich der VX4000 von Voxeljet aus dem bayerischen Friedberg. Eingesetzt wird dieser unter anderem für Repliken großformatiger Skulpturen. Die eingangs erwähnte chinesische Firma Winsun baut für das 3D-Haus Wände mit einem Kammersystem Schicht für Schicht auf. Wie haltbar diese sind, hängt nicht zuletzt vom Zement und dem beigemischten Sand ab.
Für die Ewigkeit geschaffen sein soll dagegen Schmuck. Italienische Designer arbeiten nach Auskunft deutscher Hersteller schon sehr viel mit 3D-Druck, auch für Edelmetalle wie Gold oder Platin.
Die Schmuckindustrie, die Luft- und Raumfahrt- und die Medizin- und Dentaltechnik – all das sind Bereiche, in denen nicht so sehr auf den Cent geachtet wird. Hier wurden mit hochwertigen Materialien wie Hightech-Kunststoffen oder Titan bereits viele Einzelstücke und kleinere Serien als Endprodukte gefertigt.
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