Business-IT
02.11.2015
Münchener Verein
1. Teil: „HR-Software flexibilisiert das Personalwesen“

HR-Software flexibilisiert das Personalwesen

HR-Software flexibilisiert das PersonalwesenHR-Software flexibilisiert das PersonalwesenHR-Software flexibilisiert das Personalwesen
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Die Versicherungsgruppe Münchener Verein setzt auf eine webbasierte HR-Lösung. Statt SAP kam dabei HR Access des mittelständischen IT-Dienstleisters Sopra zum Zug.
Oft sind es nicht die spektakulären Hypes, die den Alltag der Business-IT bestimmen, sondern eher gewöhnliche Infrastrukturmaßnahmen. Dazu zählen auch Anwendungen, die nicht im Rampenlicht stehen, und ein Support, der dem der großen Hersteller überlegen ist. Insofern zeigt das Beispiel des Versicherungsunternehmens Münchener Verein, warum es sinnvoll sein kann, eine wenige bekannte Software für Human Resources (HR) einzusetzen anstatt ein komplexes und beratungsintensives Programm eines Softwareriesen.
  • Münchener Verein: Die Personalabteilung der Versicherungsgruppe setzt auf das webbasierte HR Access von Sopra.
Die Versicherungsgruppe Münchener Verein – sie beschäftigt rund 800 Mitarbeiter – versteht sich als mittelständisches Unternehmen. Mit ihren drei klassischen Angeboten „Kranken“, „Leben“ und „Allgemeine“ ist sie bundesweit vertreten.
Ihre Wurzeln liegen im Handwerk. Und Handwerker sind auch heute noch die wichtigste Kundengruppe. Eine Besonderheit ist die Rechtsform Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG). Versicherungsvereine haben keine kapitalgebenden Aktionäre, sondern Mitglieder. Primäres Ziel ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern die Sicherung eines günstigen Versicherungsschutzes.
Werner Hirsch ist Leiter der Personalabteilung beim Münchener Verein und zuständig für die Gehaltsabrechnung und die Personalinformationssysteme. Zusätzlich ist er verantwortlich für einen Teil der IT: „Als Personalabteilung benötigen wir relativ wenig Unterstützung vom zentralen Rechenzentrum unseres Unternehmens und dem Fachbereich Informatik mit seinen etwa 100 Mitarbeitern, der hauptsächlich die Aufgabe hat, unsere Versicherungsprodukte in kompati­ble IT-Szenarien umzusetzen. Bei uns geht es dagegen da­rum, unsere Personalprozesse konsequent zu digitalisieren. Wir nutzen die Infrastruktur des Rechenzentrums.“
Bereits 2007 traf Werner Hirsch die Grundsatzentscheidung, die angejahrte HR-Software von IBM durch ein webfähiges Komplettsystem abzulösen. Neue Technologien und zunehmend komplexere Gesetzesvorgaben hatten den Druck auf die Personalabteilung und die damit verbundene IT stetig erhöht.
2. Teil: „Mittelstand statt SAP für das HR-Management“

Mittelstand statt SAP für das HR-Management

Die Herausforderung dabei war, wie von der Geschäftsführung gefordert, eine HR-Management-Lösung zu finden, die neben der Gehaltsabrechnung ein strategisches Personalmanagement ermöglichen und auch die Personalinformationen verwalten sollte.
  • IT im Palais: Hinter dieser prächtigen Fassade arbeitet die Münchener Verein Versicherungsgruppe.
    Quelle:
    Quelle: Münchener Verein
Daher fiel die Wahl nicht auf das Human-Capital-Management-Modul (HCM) des übergeordneten ERP-Systems von SAP, dessen Programme in den übrigen Abteilungen sehr stark vertreten waren. Gegen SAP sprach die Überlegung, dass sich dieses HCM-Modul für 1000 Abrechnungen im Monat nicht rechnet. Stattdessen kam HR Access von Sopra, der mittelständischen Tochter des französischen IT-Dienstleisters Sopra Group in Wilhelms­haven zum Zuge.
Laut Werner Hirsch wollte man ein Produkt einsetzen, das der eigenen Größenordnung entsprach und flexibel war. Außerdem könne man bei Sopra besser selbst eingreifen, während man bei SAP mehr auf Spezialisten angewiesen sei und permanente Unterstützung durch die zentrale IT brauche.
Tabelle:

Zudem konnte der Münchener Verein als Pilotkunde das HR-System aktiv mitgestalten und optimal an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Hirsch: „Die kleine Softwareschmiede aus Wilhelmshaven ist als Partner auf Augenhöhe deshalb für uns ideal. Zu SAP haben wir Schnittstellen integriert, zum Beispiel zum Rechnungswesen.“ So laufen die Daten aus dem Personalwesen mit anderen in der SAP-Software zusammen, um Bilanzen und andere Kennziffern zu erstellen.
3. Teil: „Mächtiger Baukasten und direkter Draht zu Experten“

Mächtiger Baukasten und direkter Draht zu Experten

Robert Oesterlein, Projektleiter Personalin­formationssysteme beim Münchener Verein, schätzt den engen Draht zu den Experten in Wilhelmshaven. Oft finde auch ein persön­licher Gedankenaustausch per Telefon, bei Sopra oder vor Ort in München statt. Mit ihren etwa 40 Mitarbeitern sei die deutsche Vertretung von Sopra überschaubar und man habe fast immer sofort Zugang zu dem richtigen Leuten, sollte ein Pro­blem auftauchen.
Bei den monolithischen Großkonzernen könne es dagegen längere Zeit dauern, bis man den richtigen Ansprechpartner gefunden habe, und oft wechselten diese auch, sodass es keine Kontinuität gebe. Oesterlein: „Bei den großen Herstellern mit mehreren 1000 Mitarbeitern in der Software-Entwicklung rund um den Globus wird man immer dorthin geroutet, wo gerade jemand am Arbeitsplatz sitzt.
Wenn man dann in einem Entwicklungszentrum außerhalb von Deutschland landet, muss man sich auf Englisch verständigen – was gerade bei technischen Themen manchmal umständlich ist. Dieses Problem haben wir mit unseren Kontaktpersonen in Wilhelmshaven nicht.“ Mit denen könne man die Besonderheiten der deutschen Steuer- und Sozialversicherungsgesetze, die man in den Programmen des Münchener Vereins abbilden müsse, auf Deutsch diskutieren.

Mächtiger Baukasten

Neben Robert Oesterlein kümmert sich noch ein weiterer Adminis­trator in München um das System. Oesterlein: „Wir sind dafür zuständig, dass die Software von Sopra bei uns fehlerfrei läuft. Dazu gehören regelmäßige Wartung, das Einspielen von Fehlerkorrekturen oder die Anregung der Weiterentwicklung in bestimmten Bereichen. Wir arbeiten sehr eng mit dem Hersteller zusammen.“
Laut Oesterlein ist HR Access aus mehreren Gründen besonders für die IT-Prozesse im Personalwesen geeignet: „Das Programm ist aus technischer Sicht sehr mächtig. Hat man es installiert, bekommt man einen Baukasten, mit dem man über das Standardprodukt hinaus umfassende eigene Erweiterungen schreiben kann. So haben wir eigene Module für unsere Bedürfnisse entwickelt, mit denen wir unsere Arbeitsabläufe effektiver unterstützen können.“ Wer dagegen SAP kennt, weiß, dass dort individuelle Erweiterungen eine komplexe und entsprechend teure Angelegenheit sein können.
4. Teil: „HR Access vereinfacht die IT-Infrastruktur“

HR Access vereinfacht die IT-Infrastruktur

Im Zuge der Einführung von HR Access erfolgte auch beim Facility-Management, das wie das Personalwesen in die Zuständigkeit von Werner Hirsch fällt, eine Vereinfachung der IT-Infrastruktur. Wegen der komplexen Anforderungen waren vor der Umstellung auch hier verschiedene Systeme verschiedener Hersteller im Einsatz. Die IT-Leute der Personalabteilung haben es geschafft, diese eigentlich fachfremden  Programme in HR Access zu integrieren.
  • Werner Hirsch, Leiter der Personalabteilung beim Münchener Verein: „Wir haben den Wechsel von einem Verwaltungsapparat zu einem serviceorientierten Dienstleister erfolgreich vollzogen.“
Aber auch im Kern des Fachbereichs, der Personalwirtschaft, wurden alle übrigen Programme wie Zeitwirtschaft, Bewerberverwaltung, Seminarmanagement und betriebliche Altersversorgung von HR Access abgelöst.
Hirsch bekundet seine Zufriedenheit: „Die neue Software war so flexibel, dass wir aus neun verschiedenen Programmen eins machen konnten.“
Dazu machten sich die IT-ler der Personalabteilung den modularen Aufbau von HR Access zunutze. Das Programm stellt laut Oesterlein sehr viele Werkzeuge bereit, mit denen man die vorhandenen Softwarebausteine frei kombinieren und individuell anpassen könne. Wichtig sei auch die Funktion des Self-Service für Mitarbeiter und Führungskräfte, die online mit dem Personalbereich kommunizieren und für sie freigegebene Funktionen nutzen können, fügt Oesterlein hinzu.
So werde zum Beispiel das Beantragen von freien Tagen, manuelle Stempelkorrekturen oder auch das Beantragen von neuen Stellen komplett online abgewickelt „Inzwischen haben wir auf der Self-Service-Basis ein sehr verflochtenes System, mit dem wir auch unter den HR-Access-Kunden in Deutschland führend sind.“
Wie Oesterlein berichtet, hat der Münchener Verein als erster Kunde in Deutschland HR Access bekommen; inzwischen stehe man als Referenzkunde für Anfragen interessierter Unternehmen und für Neukunden zur Verfügung.
Bei den Standardprodukten, die von Sopra kommen, zum Beispiel bei der Gehaltsabrechnung mit ihren ständigen neuen gesetzlichen Regelungen, erhält man zweimal im Jahr eine sogenannte gesetzliche Wartungslieferung – neue Gesetze, neue Steuertarife und neue Regelungen der Sozialver­sicherungen, die vor Ort in die bestehende Software eingebaut werden müssen. Oesterlein macht das in Eigen­regie, bei anderen Kunden übernimmt Sopra diese Arbeit.
Wenn tatsächlich einmal Fehler in den aktuellen Gehaltsabläufen auftreten, die vom Programm verursacht wurden, dann wird der Hersteller zunächst über ein Event- oder Ticketsystem darauf aufmerksam gemacht. Danach bekommt man Patches, um den oder die Fehler zu beheben. Oesterlein zufolge haben sich solche Eingriffe zu Beginn der Zusammenarbeit noch öfter ereignet, inzwischen komme das jedoch sehr viel seltener vor.
Bei den anderen Programm-Modulen, für die wie bei Zeitwirtschaft oder Weiterbildung eine Wartung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, ist in der Regel gar keine Programmpflege durch Sopra notwendig.
5. Teil: „Sensible Kundendaten verschlüsselt im Hausnetzwerk“

Sensible Kundendaten verschlüsselt im Hausnetzwerk

Versicherungen verfügen über detailliertes Datenmaterial ihrer Kunden, etwa Angaben zu Gesundheit und Einkommen, das vor unbefugten Zugriffen geschützt werden muss.
  • Umfrage: In diesen Bereichen wollen Unternehmen verstärkt auf HR-Software setzen.
Beim Münchener Verein geht man so vor, dass diese Personendaten in einer extra gesicherten Datenbank liegen. Übertragungen von Daten im Hausnetzwerk laufen verschlüsselt, führt Oesterlein aus. HR Access besitzt sogar ein eigenes Patent dafür, wie die Daten und die Bildschirmmasken zusammengeführt werden. Zusätzlich arbeitet die Versicherung „mit einem sehr ausgefeilten Berechtigungssystem, das zwischen dem einzelnen Mitarbeiter, der Führungskraft und der dritten Gruppe von Spezialisten und IT-Mitarbeitern mit Sonderrollen unterscheidet“, sagt Oesterlein. „Das Berechtigungssystem ist mehrschichtig, das heißt, man kann es nach Mitarbeitern, nach Organisationseinheiten und nach Aufgaben segmentieren.“
Auch der Münchener Verein muss sich, so Werner Hirsch, ständig Angriffen auf das IT-System erwehren. Man sei sich durchaus im Klaren darüber, wie professionell und mit welchen wirtschaftlichen Interessen heute Angriffe auf Unternehmens- und Personendaten durchgeführt würden. Bisher sei es gelungen, keine Angreifer durchzulassen. Man sei durch eine sehr gute Firewall und andere Maßnahmen gut abgesichert.
Der Nachteil all der Sicherheitsaktivitäten sei aber auch klar, sagt Hirsch: „Wir dürfen dafür manches nicht, einige Internetseiten sind für uns gesperrt, und wir dürfen nur bestimmte Geräte benutzen.“

Fazit

Die Umstellung auf HR Access hat die Wertschöpfung in der Versicherungsgruppe erhöht und die IT-Kosten halbiert. Zudem wurden sämtliche Abläufe in der Personalabteilung erheblich vereinfacht und beschleunigt. Und nicht zuletzt entwickelte sich ein Verwaltungsapparat zu einem internen IT-Dienstleister.
Für das laufende Jahr steht nun unter anderem die vollständige Digitalisierung der rund 800 Personalakten auf der Agenda. Außerdem wird gerade das online betriebene und selbst entwickelte Bewerbermanagement grundlegend überarbeitet.

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