Business-IT
04.12.2015
Mobility & Social Business
1. Teil: „Collaboration braucht Vertrauen in die Teams“

Collaboration braucht Vertrauen in die Teams

Collaboration braucht Vertrauen in die TeamsCollaboration braucht Vertrauen in die TeamsCollaboration braucht Vertrauen in die Teams
Shutterstock / Macrovector; Jemastock
Menschen kommunizieren und arbeiten auf ganze neue Weise miteinander. Ein Hauptgrund für diesen Wandel ist die zunehmende Digitalisierung, die alle Lebensbereiche durchdringt.
Die Art und Weise, wie wir in Zukunft arbeiten, wird sich massiv ändern. Darin sind sich die über 170 Quellen einig, die das Institut für Arbeitsdesign und Zukunftstechnologien e.V. (ifaz) für seine Metastudie „Wie wir morgen arbeiten...“ ausgewertet hat (siehe auch Interview mit Dr. Stefan Birk). Dabei wandelt sich nicht nur die Arbeitswelt des Einzelnen, sondern zwangsläufig auch die Art und Weise, wie er mit anderen in Teams, Projekten, Abteilungen und Organisationen zusammenarbeitet.
  • Office 365: Microsoft hat in seine Office-Cloud viele Collaboration-Funktionen integriert.
„Der Mitarbeiter wird vom Informationsempfänger zum aktiven Teilnehmer am Wissensmanagement“, so das Fazit einer Trendstudie der Hochschule Mainz. „Im Mittelpunkt der Veränderung von Büroarbeit stehen die Menschen, die flexibles, selbstbestimmtes und weitgehend hierarchiefreies Arbeiten fordern“, ergänzt Diana Heinrichs, Communications Manager Digital Workstyle, Microsoft Deutschland.
Selbst die Unternehmensgrenzen lösen sich auf, glaubt Stefan Waldhauser, Director Product Marketing beim ECM-/ BPM-Spezialisten Alfresco, der mit „Alfresco One“ eine Lösung zur sicheren Zusammenarbeit mit externen Partnern bietet: „Unternehmen sind keine autonomen Einheiten mehr, sondern mehr und mehr Teil eines Netzwerks, zu dem weitere Unternehmen gehören, interne Mitarbeiter ebenso wie externe Partner, Lieferanten, Händler und Kunden.“ Neue Formen der Zusammenarbeit eröffnen Unternehmen neue Möglichkeiten in vielen Bereichen“, findet auch Thomas Gmeiner, Senior Marketing Specialist T-Systems International. „Mit Hilfe der neuen Collaboration-Tools können leichter Experten außerhalb des Unternehmens in die Produktentwicklung einbezogen werden.“
Ein Hauptgrund für diesen Wandel ist laut der Analyse des ifaz die zunehmende Digitalisierung, die alle Lebensbereiche durchdringt. Insbesondere die gestiegene Mobilität durch Smartphones und Tablets, aber auch durch Cloud-Anwendungen hat die Zusammenarbeit von den Fesseln der physischen Präsenz befreit. „War ‚Arbeit’ ehemals ein Ort, an den wir gehen – ist es heute etwas, das wir machen, unabhängig von Zeit, Ort und Endgerät“, sagt Sascha Hirschoff, Director Systems Engineers Central Europe bei Polycom.
Der Manager glaubt fest an das Ende der Präsenzpflicht: „In Deutschland arbeiten laut einer von Polycom in Auftrag gegebenen Studie heute mittlerweile 34 Prozent der Mitarbeiter mindestens einmal pro Woche von zu Hause aus. Darüber hinaus werden bis zum Jahr 2022 etwa 60 Prozent der Mitarbeiter, die bisher regelmäßig vom Büro aus gearbeitet haben, ihren Arbeitsplatz nach Hause verlegen.“
Hersteller und Diensteanbieter sehen dabei vor allem die technologischen Herausforderungen: „Die zunehmende Mobilität von Mitarbeitern verlangt, dass insbesondere die gut ausgebildeten Fachkräfte mit Collaboration-Tools und Plattformen ausgestattet werden müssen, damit sie trotz ihrer Mobilität in Prozesse der Zusammenarbeit vollumfänglich und unterbrechungsfrei eingebunden werden können,“ sagt beispielsweise T-Systems-Manager Gmeiner. “Eine moderne Collaboration-Lösung muss die Teilnahme an Meetings wie Online- oder Videokonferenzen von überall und mit jedem üblichen Gerät ermöglichen”, pflichtet ihm Anton Michael Döschl, Leiter Collaboration Architektur bei Cisco Deutschland bei.
Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht, sagt Frank Heuer, Senior Advisor bei der Experton Group: „Der Mensch ist ein soziales Wesen. Für den alltäglichen Austausch ist die technisch gestützte Kommunikation sehr hilfreich, für das emotionale Einbinden in ein Team oder ein Unternehmen ist die persönliche Präsenz dagegen unverzichtbar.“ Besonders bei Diskussionen mit schwierigen oder kontroversen Themen und beim sozialen Networking seien direkte Kontakte wichtig, so Heuer weiter. „Das kann Technologie nicht ersetzen.“
2. Teil: „Social Business und der Tod der E-Mail“

Social Business und der Tod der E-Mail

Neben dem Trend zu mehr Unabhängigkeit prägen vor allem Entwicklungen die Zusammenarbeit der Zukunft, die aus dem privaten Bereich in die Unternehmen schwappen. Blogs, Wikis, Chats und soziale Plattformen sollen die Zusammenarbeit revolutionieren, von „Enterprise 2.0“ und „Social Business“ ist die Rede. Viele propagieren den „Tod der E-Mail“ die vor allem den sogenannten „Digital Natives“ in der Mitarbeiterschaft als anachronistisches Unding gelten soll.
  • Collaboration wird wichtiger: In den Fachabteilungen wächst die Einsicht, dass Collaboration für den Geschäft serfolg an Bedeutung gewonnen hat.
„Digital Natives prägen mit ihren Präferenzen und Erfahrungen auch die Erwartungshaltung bezüglich der Zusammenarbeit in Unternehmen“, sagt T-Systems-Manager Gmeiner. „Die jüngeren Generationen sind mit Facebook und Twitter groß geworden und wollen auch im Businessumfeld solche Tools nutzen“, gibt ihm Tobias Loewenhofer, Enterprise Mobility Consultant beim IT-Dienstleister CEMA Recht. Die E-Mail-Flut nerve in der Tat, findet Anton Michael Döschl von Cisco „vor allem aufgrund der Schwierigkeit, in E-Mails Konversationszusammenhänge und Kommunikationsflüsse zu erkennen.“ 
Experton-Analyst Heuer ist dagegen skeptisch, was die Prophezeiungen vom baldigen Ableben der E-Mail angeht: „Wir sehen das nicht so Schwarz-Weiß.“ Beide, die alten und die neuen Kommunikationsformen hätten Vor- und Nachteile und würden nebeneinander Bestand haben. „Wenn man eine direkte Antwort haben möchte, greift man zum Telefon oder zur E-Mail, in großen Teams sind dagegen soziale Plattformen zur Organisation und Kommunikation sicher sinnvoller, als E-Mail-Schlachten mit Riesenverteilern zu führen.“
Wie schwierig der Abschied von der E-Mail ist, musste der IT-Dienstleister Atos erfahren, der 2011 eine „Zero-Email“-Initiative startete. Bis 2013 wollte das Unternehmen in der internen Kommunikation komplett auf elektronische Post verzichten. Die Investitionen in das Lieblingsprojekt von Atos-Chef Thierry Breton waren enorm. Nach Schätzungen von Gartner gab der Dienstleister 500 Mal mehr für sein Collaboration-Programm aus als der Durchschnitt, zehn Prozent der Manager-Boni wurden mit der Zielerreichung verknüpft. Dennoch verfehlte das Unternehmen die Vorgaben, konnte aber immerhin bis Ende 2013 das interne E-Mail-Aufkommen um 60 Prozent reduzieren.
Frank Heuer glaubt, dass sich die Frage „E-Mail oder Social Media“ ohnehin erledigen wird: „Wir sehen hier einen Trend zur Konvergenz, und das spiegelt der Markt ja auch wider.“ Der Analyst nennt als Beispiel „Verse“ von IBM. Das Tool, das derzeit nur als Cloud-Anwendung sowie als App für iOS und Android verfügbar ist, fasst unterschiedliche Kommunikationswege in einer Oberfläche zusammen.
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Überall ist Arbeitsplatz – zumindest mit den richtigen Tools. Dank dieser Apps behalten Sie den Überblick, kommunizieren besser und schaffen mehr.
Verse soll mit der Zeit aus dem Verhalten des Anwenders lernen, welche Kontakte und Konversationen besonders wichtig für ihn sind und diese prominent platzieren. Klickt man in Verse auf einen Kontakt, zeigt die Oberfläche sämtliche mit diesem verbundene Aktionen wie Meetings, Aufgaben, geteilte Dateien und eben auch E-Mails an. Nachrichten, die nicht direkt beantwortet werden können, lassen sich mit einer Erinnerung zur Wiedervorlage versehen. Umgekehrt kann für eine versendete E-Mail ein Termin definiert werden, bis wann man eine Antwort erwartet.
3. Teil: „Bürosoftware wird standardmäßig teamfähig“

Bürosoftware wird standardmäßig teamfähig

Neben Neuentwicklungen wie IBM Verse ist es vor allem die Standardbürosoftware, die den Team-Gedanken vorantreibt, allen voran das gute alte „Microsoft Office“ in seiner aktuellen Abo- und Cloud-Inkarnation. „Office 365 – insbesondere mit Yammer und Skype for Business -– macht produktives Arbeiten an jedem Ort und zu jeder Zeit möglich“, verspricht Microsoft-Managerin Diana Heinrichs. „Bei Microsoft Office 365 können mehrere Personen gleichzeitig an einem Dokument arbeiten. Durch die Versionierung ist nachvollziehbar, welcher Mitarbeiter, wann was geändert hat“, ergänzt CEMA-Manager Loewenhofer.
  • Verse: Mit der Lösung von IBM soll sich die E-Mail-Flut besser beherrschen lassen.
Je nach Abo-Plan sind im Lieferumfang bereits einige Tools zur Zusammenarbeit enthalten, beispielsweise der mit einem TB pro Nutzer üppig bemessene Online-Speicher „OneDrive“, der das Teilen von Dokumenten innerhalb und mit externen Partnern erlaubt, eine Plattform für HD-Videokonferenzen mit bis zu 250 Teilnehmern, Teamfunktionen für Kalender sowie die „Skype for Business“-App, die Chats erlaubt und Präsenzinformationen zur Verfügung stellt.
Für Oliver Kretzschmar, Leiter des Competence Centers Applications & Endpoint bei ORBIT IT-Solutions ist die Office-365-Komponente „OneNote“, mit der sich auf verschiedenen Endgeräten wie Smartphones, Tablets und Notebooks Notizen erfassen lassen, zum Lieblings-Collaboration-Tool geworden: „Ist das Notizbuch in SharePoint gespeichert, können sehr leicht andere Kollegen an den Notizen teilhaben. Einmal daran gewöhnt ist es schwer, sich ein Arbeiten ohne OneNote vorzustellen.“ SharePoint, Microsofts klassische Collaboration-Plattform ist allerdings nur in den Enterprise-Plänen von Office 365 enthalten.
Das soziale Netzwerk „Yammer“, das Microsoft 2012 für 1,2 Milliarden Dollar gekauft hatte, ist dagegen auch Bestandteil der Office-365-Versionen „Business Essentials“ und „ Business Premium“, die für kleine und mittelständische Unternehmen mit maximal 300 Benutzern gedacht sind. Yammer ist eine Art Facebook für Unternehmen. Die Kommunikation wird in Gruppen organisiert, in denen Teams zusammenarbeiten, kommunizieren und Dokumente teilen können.
Infos, Dateien oder Umfragen lassen sich posten, persönliche Nachrichten und Unterhaltungen sind ebenso möglich wie die Kommunikation mit externen Partnern. Teams können gemeinsam an Inhalten arbeiten, wobei Änderungen in Echtzeit bei allen Beteiligten zu sehen sind. Für eine Übersicht lassen sich die Informationsströme zwischen Teamkollegen im Kontext von Konversationen und geteilten Dokumenten graphisch darstellen.
Eine ähnliche Funktion namens „Delve“ gibt es im Übrigen Office-365-weit. Sie basiert auf dem „Office Graph“, der kontinuierlich im Hintergrund die Aktivitäten des Nutzers und seiner Kollegen analysiert. Wenn Mitarbeiter beispielsweise das gleiche Dokument ändern oder anzeigen, ist dies für Office Graph ein Zeichen, dass Sie wahrscheinlich zusammenarbeiten. Wer mit wem per E-Mail kommuniziert, für wen Dokumente freigegeben werden und wer denselben Vorgesetzten hat, sind andere Hinweise, auf denen Office Graph ein Beziehungsgeflecht aufbaut.
Auch Adobes Cloud-Angebote integrieren immer mehr Team-Funktionen. In Photoshop und Illustrator lassen sich Stile und grafische Elemente in Bibliotheken teilen sowie Designs gemeinsam entwerfen und verändern. Bis zu 32 Kollaborationsprojekte sind gleichzeitig möglich. Jedes Team-Projekt kann bis zu 100 Mitwirkende umfassen.
Im Bereich Videoproduktion bietet Hersteller mit „Adobe Anywhere“ eine Plattform für die Zusammenarbeit, die in „Premiere Pro“, „Prelude“ und „Adobe After Effects“ integriert ist. Sie ermöglicht es Teams, gemeinsam Filmprojekte zu entwerfen, zu erstellen und zu editieren. Der Zugriff auf die zentral gehosteten Dateien soll über Standardnetzwerke möglich sein und keine zusätzliche Hard- oder Software erfordern. Selbst per Mobilfunk sollen sich Filmdateien prüfen und editieren lassen, wenn auch nur in niedriger Auflösung.
4. Teil: „Die Lösungen der Collaboration-Spezialisten“

Die Lösungen der Collaboration-Spezialisten

Trotz der umfassenden Angebote der Standardsoftwareherstellern, allen voran Microsoft, tummeln sich auch eine Menge von Spezialisten auf dem Collaboration-Markt. Vor allem Hersteller aus dem Telekommunikationssegment haben ihre Suiten schon seit längerem um Funktionen für die Zusammenarbeit erweitert und bieten diese als Unified Communications & Collaboration (UCC) an. Zu nennen wären etwa Avaya, Alcatel-Lucent, Cisco oder Unify.
Cisco hat beispielsweise im März dieses Jahres mit „Spark“ eine Cloud-basierte Lösung für Chats, Videoanrufe und Screen Sharing auf den Markt gebracht, bietet mit „WebEx“ einen allseits bekannten Webkonferenzdienst und bindet mit „Jabber“ mobile Endgeräte unter iOS, Android, Blackberry oder Windows Mobile in eine Kommunikationsinfrastruktur ein.
Die SaaS-Lösung „Circuit“ von Unify ist angetreten, die Grenzen zwischen verschiedenen Kanälen, Endgeräten und Anwendungen aufzuheben und  auf einer einheitlichen Benutzeroberfläche zusammenzuführen.  Als Browser-basierte Anwendung setzt Circuit  – wie übrigens auch Spark - auf WebRTC, einen offenen Standard, der eine sichere Audio- und Videokommunikation ermöglicht und bereits in die Browser Chrome, Firefox und Opera integriert ist (siehe auch WebRTC - Die Web Real-Time Communication).
„Mit WebRTC hat sich in den letzten Monaten ein neuer Standard etabliert, der völlig neue Ansätze ermöglicht“, sagt Klaus Stöckert, General Manager Central Europe und Geschäftsführer bei Unify. Die Plattform speichert und verwaltet Informationen in Form von Assoziationen und Konversationen. Über kontextbezogene Such- und Filterfunktionen erlaubt Circuit den Zugriff auf Dateien und Informationen, die im Laufe der Konversationen geteilt wurden.
Collaboration-Lösungen (Auswahl)
Neben den UCC-Angeboten gibt es eine Vielzahl reiner Collaboration-Lösungen, die meist aus der Cloud heraus angeboten werden und die vor allem den Social-Business-Gedanken voranbringen wollen. Zu nennen wären etwa Asana, Basecamp, Bitrix24, HipChat, Jive, Podio, Redbooth, Stackfield, Trello oder auch  Slack, das in Ausgabe 6/2015 von com! professional ausführlich vorgestellt wurde.
Selbst Facebook will mit „Facebook at Work“ in die interne Unternehmenskommunikation einsteigen. Der Dienst, der seit Anfang des Jahres als Test läuft, bringt typischen Kommunikationsformen des sozialen Netzwerks ins Unternehmen. Bis Ende 2015 soll Facebook at Work nach Angaben des Magazins „Fortune“ offiziell als „Freemium“-Angebot verfügbar sein. Basisfunktionen lassen sich demnach kostenlos nutzen, wer mehr will, muss entsprechende Lizenzen erwerben. Wie genau das Bezahlmodell aussehen wird, ist noch nicht bekannt.
5. Teil: „Das Problem der Collaboration-Services mit der Cloud“

Das Problem der Collaboration-Services mit der Cloud

Was momentan genauso wenig feststeht, ist allerdings die Zukunft cloud-basierter Dienste US-amerikanischer Unternehmen. Seit der Europäische Gerichtshof das Safe-Harbor-Abkommen gekippt hat, lassen sich personenbezogene Daten von EU-Bürgern auf Basis von Safe Harbor nicht mehr rechtskonform auf US-Servern speichern.
  • Yammer: Das soziale Netzwerk ist eine Art Facebook für Unternehmen – und Teil von Office 365.
„Die Beendigung des Safe-Harbor-Abkommens durch den europäischen Gerichtshof ist für alle deutschen Unternehmen, welche personenbezogene Daten in die USA übermitteln, ein großes Problem“, sagt AppSphere-CEO Frank Roth. „Die Unternehmen müssen ab sofort überprüfen, ob von entsprechenden Transfers in die USA abzusehen ist oder aber der Gebrauch anderer Instrumente, wie EU-Standardverträge oder Binding Corporate Rules (BCR), in Betracht kommt“, empfiehlt die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit Andrea Voßhoff.
Auf die EU-Standardverträge, oft auch als „Model Clauses“ (Modellklauseln) bezeichnet, setzen nach Angabe von Stefan Waldhauser ohnehin bereits viele Anbieter: „Alfresco teilt die Ansichten der meisten großen IT-Konzerne wie Amazon und Salesforce.com, dass die EU-Modellklauseln als alternative Compliance-Methode zum Transfer von Daten in die USA gelten.“
AppShphere-Manager Roth glaubt, dass die meisten Unternehmen, die Collaboration-Services aus amerikanischen Rechenzentren sich von dem Urteil nicht beeindrucken lassen und auf ein neues Safe-Harbor-Abkommen warten werden. „Wenn der Nutzen und Mehrwert einer Lösung sehr hoch ist, treten Datenschutzbedenken meist in den Hintergrund. Das ist nicht gut, aber leider die Realität.“ Auf eine rasche Lösung setzt Cisco: „Wir hoffen, dass sich die USA und die EU zügig auf ein neues Abkommen einigen werden, denn gerade für kleinere Firmen ist eine solche Vereinbarung sehr wichtig“, sagt Anton Michael Döschl.
Orbit-Manager Kretzschmar kann dem Ganzen sogar positive Seiten abgewinnen: „Durch eine Neuregelung stehen die Chancen nicht schlecht, dass es höhere Standards als bisher geben wird. Dadurch könnten Collaboration-Services von amerikanischen Anbietern auch in Deutschland eine höhere Relevanz bekommen.“ Experton-Analyst
Heuer findet die Aufregung insgesamt ein wenig befremdlich: „Was im Safe-Harbor-Urteil ausgesagt wurde, ist im Grunde nichts Neues, wenngleich die rechtlichen Konsequenzen natürlich tiefgreifend sind.“ Zudem sei der Einsatz von Collaboration-Lösungen aus der Cloud datenschutzrechtlich meist weniger kritisch als bei ERP- oder CRM-Systemen, so Heuer weiter. „Nicht umsonst gehört Collaboration zu den am meisten als Cloud-Services genutzten Anwendungsgebieten.“
6. Teil: „Die richtige Collaboration-Strategie finden“

Die richtige Collaboration-Strategie finden

Das riesige Angebot und das Safe-Harbor-Problem machen die Suche nach der optimalen Collaboration-Lösung nicht einfacher. Alfresco-Manager Waldhauser empfiehlt, sich vor der Entscheidung folgende Fragen zu stellen
  • Sind unsere Sicherheits- und Compliance-Anforderungen erfüllt?
     
  • Ist das System offen genug, um sich in die bestehende Systemlandschaft zu integrieren? Ist es offen für zukünftige Entwicklungen?
     
  • Besteht die Möglichkeit zur Einbindung externer Partner – wie das im modernen verteilten Unternehmen notwendig ist?
Die Collaboration-Lösung müsse in das IT-Gesamtkonzept des Unternehmens passen, findet auch Oliver Kretzschmar von Orbit IT-Solutions. Vor allem aber müsse  der Funktionsumfang immer klar definiert sein: „Die neue Collaboration-Lösung soll eine ganz bestimmte Aufgabe übernehmen, und diese Aufgabe sollte dann von keiner weiteren Plattform angeboten werden. Wird das nicht berücksichtigt, sind Insellösungen vorprogrammiert.“
Oft bildeten sich in Unternehmen zwei Lager, die unterschiedliche Systeme favorisierten. „Das führt über kurz oder lang immer zu Unzufriedenheit bei den Benutzern beider Plattformen.“ Bei der Auswahl sollte man nicht vorschnell vorgehen und vor allem nicht nur auf den Preis schauen, warnt Tobias Loewenhofer von CEMA: „Da kann man richtig viel Geld verbrennen, etwa, weil sich das Produkt mit der günstigen Investition nur mit viel Aufwand anpassen lässt oder aufwändig im Betrieb ist.“
Auswahl und technische Integration sind aber nur der kleinere und einfachere Part bei der Einführung einer Social-Collaboration-Lösung, sagt Experton-Analyst Heuer: „Die Unternehmenskultur ist ein ganz wichtiger Faktor, wenn es darum geht, neue Mechanismen der Zusammenarbeit einzuführen, das ist zu 80 Prozent ein kulturelles und nur zu 20 Prozent ein technisches Problem.“ Wer das nicht berücksichtige, werde scheitern: „Man kann nicht einfach von oben sagen ‚wir sind jetzt ein Social Unternehmen und machen Social Business’“. Entscheidend sei es, die Akzeptanz derjenigen zu gewinnen, die mit den Tools arbeiten sollen: „Ansonsten wird die schöne neue Lösung, die teuer eingekauft und mit hohem Aufwand implementiert wurde, nicht genutzt.“
Die Akzeptanz der Mitarbeiter für eine neue Collaboration-Plattform hängt auch ganz wesentlich von deren Bedienbarkeit ab. „Lösungen, die kaum oder keine Schulungen benötigen, sind dabei in vielen Fällen die beste Entscheidung, sagt Polycom-Manager Hirschoff. „Nur wer ein Tool gerne nutzt, wird es auch regelmäßig nutzen“, findet AppSphere-CEO Roth. Klaus Stöckert von Unify kann das nur bestätigen: „Für mich persönlich sind intuitive Bedienung und ansprechendes Design entscheidende Kriterien, die für oder gegen ein Tool sprechen“.
7. Teil: „Fazit und 10-Punkte-Plan für die Collaboration“

Fazit und 10-Punkte-Plan für die Collaboration

Die Zusammenarbeit mit Kollegen und externen Partner mobiler, einfacher und effizienter machen, die Informationsflut bändigen, Wissen managen und den Zusammenhalt stärken, das sind nur einige der Versprechen aktueller Collaboration-Lösungen. Wie weit sie sich in die Realität umsetzen lassen, hängt dabei nicht so sehr von der Nutzerfreundlichkeit, Integrationsfähigkeit und Innovationsstärke der Plattformen ab, sondern vor allem vom kulturellen Umfeld.
In „superhierarchischen Organisationen“ wie wir sie laut Stefan Birk vom ifaz heute noch häufig in Unternehmen finden, wird der tollste Social-Business-Ansatz wirkungslos verpuffen. Wer wirklich von den neuen Möglichkeiten profitieren will, muss die Unternehmenskultur radikal um- und echtes Vertrauen in seine Mitarbeiter aufbauen. Erst dann sollte er in die Details gehen und die angebotenen Lösungen technisch evaluieren.
Collaboration-Lösungen einführen
10 Punkte, die Sie bei der Einführung von Collaboration-Lösungen beachten sollten.
  1.  Planen Sie ganzheitlich
    Berücksichtigen sie alle Collaboration-Funktionen in einem Konzept, um Medienbrüche zu vermeiden. Prüfen sie alle drei Ebenen der Zusammenarbeit (im Team, mit externen Partnern, mit Kunden). Denken Sie an die Anbindung mobiler Endgeräte.
     
  2. Wählen Sie einen Best-of-Breed-Ansatz
    Kombinationen aus Lösungen mehrerer Hersteller machen ihr Unternehmen weniger abhängig, erfordern jedoch einen erfahrenen Integrator.
     
  3. Integrieren Sie die neuen Lösungen in Ihre Workflows
    Die Integration von Collaboration-Lösungen in die Wertschöpfungskette erfordert neben technischem Know-how umfangreiche Prozess- und zumeist auch Branchenkompetenzen.
     
  4. Entwickeln Sie Ihre Geschäftsprozesse
    Nutzen sie die Chance, mit der Einführung der Collaboration-Lösung bisherige Kooperationsformen zu hinterfragen und neue Abläufe und Interaktionen zu entwerfen. Machen Sie nicht nur das Alte besser.
     
  5. Schätzen Sie Social Media realistisch ein
    Begegnen sie dem Web-2.0-Hype weder mit Euphorie noch mit genereller Ablehnung. Soziale Netzwerke einzusetzen bietet Chancen für den Kundenkontakt und die interne Zusammenarbeit, erfordert aber Fingerspitzengefühl.
     
  6. Setzen Sie ein übergreifendes Sicherheitskonzept auf
    Zusammenarbeit setzt Vertrauen voraus und stellt hohe Anforderungen an den Schutz geistigen Eigentums. Ein ausgefeiltes Berechtigungssystem sorgt für die notwendige Daten- und Informationssicherheit.
     
  7. Nehmen Sie kulturelle Aspekte Ernst
    Bedenken sie nicht nur die technische Integration, sondern beachten sie auch Ihre Unternehmenskultur. Eine Collaboration-Lösung wird keinen Erfolg haben, wenn die Mitarbeiter sie nicht akzeptieren. Binden sie Anwender und Betriebsrat frühzeitig mit ein, schaffen sie Multiplikatoren durch technikaffine Vorreiter.
     
  8. Erstellen Sie ein Migrationskonzept
    Nutzen sie die Instrumente des Projektmanagements für die Organisation der technischen und kulturellen Umsetzung und bilden sie ein Team aus Vertretern aller beteiligten Interessensgruppen.
     
  9. Gehen Sie die IT- und TK-Perspektive integriert an
    In einer effektiven Collaboration-Lösung müssen die Anwendungen und die Kommunikationsinstrumente nahtlos zusammenwirken. Das schließt mobile Anwendungen ein. End-to-end SLA können über die gesamte infrastruktur hinweg die Verfügbarkeit der Lösung sicherstellen.
     
  10. Stellen Sie Leistung und Verfügbarkeit sicher
    Collaboration-Plattformen, die über Unternehmensgrenzen hinaus arbeiten sollen, erfordern skalierbare Infrastrukturressourcen auf höchstem Niveau. Prüfen sie die Möglichkeiten einer Cloud-basierten Collaboration-Implementierung.
8. Teil: „com! professional im Interview mit Dr. Stefan Birk“

com! professional im Interview mit Dr. Stefan Birk


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