04.05.2016
Update: Blockade aufgehoben
1. Teil: „WhatsApp in Brasilien gesperrt“
WhatsApp in Brasilien gesperrt
Autor: Stefan Bordel, dpa
endermasali / Shutterstock.com
Brasiliens Justiz ist nicht zimperlich, wenn sie die Herausgabe von Chats zwischen Kriminellen erzwingen will. 100 Millionen Brasilianer mussten deshalb einen Tag lang auf den Messenger WhatsApp verzichten.
Der in Brasilien von rund 100 Millionen Menschen genutzte Kurzmitteilungsdienst WhatsApp ist auf Anordnung eines Richters für einen Tag blockiert worden - ursprünglich hätte die Sperre ganze drei Tage andauern sollen. Die Facebook-Tochter bezeichnete den Schritt als völlig unverständlich und überzogen.
Die Richterentscheidung war den fünf führenden Telekom-Anbietern des fünftgrößten Landes der Welt übermittelt worden. Damit soll WhatsApp gezwungen werden, Chat-Protokolle in Kriminalfällen an die Ermittler auszuhändigen. Die Blockade soll bis Donnerstagnachmittag dauern.
Seit Montagnachmittag funktionierte der Dienst in Brasilien nicht mehr, einzelne Ausnahmen gab es zeitweise mit WLAN-Verbindungen. WhatsApp hat in Brasilien die SMS-Nachrichten weitgehend abgelöst, mit einer Internetverbindung können über den Dienst kostenlos Nachrichten, Fotos und Videos verschickt werden.
WhatsApp reagierte mit Unverständnis - im Rahmen der Möglichkeiten habe man immer mit der brasilianischen Justiz kooperiert. Der Dienst stellte jüngst komplett auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung um, bei der auch die WhatsApp-Ingenieure keinen Zugriff auf die Inhalte der Unterhaltungen haben. "Diese Entscheidung bestraft mehr als 100 Millionen Brasilianer, die unseren Service zur Kommunikation brauchen", kritisierte der Dienst. Mitgründer und Chef Jan Koum bedankte sich nach dem Ende der Blockade bei den Nutzern für die Unterstützung. WhatsApp habe nicht vor, die Sicherheit der Nutzer zu beeinträchtigen.
2. Teil: „Nutzeransturm bei Telegram“
Nutzeransturm bei Telegram
Der Konkurrenzdienst "Telegram" verzeichnete nach eigenen Angaben eine Million neue Nutzer. Im Falle einer Weigerung zur Blockade drohen den Mobilfunkanbietern Strafen von rund 500 000 Reais (127 000 Euro) pro Tag.
Brasiliens Justiz macht immer wieder Druck, um an Chatprotokolle über womöglich kriminelle Handlungen heranzukommen. Im Dezember war WhatsApp bereits für rund einen Tag blockiert worden, Facebook-Chef Mark Zuckerberg sprach von einem "traurigen Tag für Brasilien". Facebook hatte WhatsApp 2014 für rund 22 Milliarden Dollar gekauft.
Der Fall ist die nächste Episode in einem weltweiten Tauziehen zwischen Internet-Firmen und Behörden um die Verschlüsselung von Daten und Privatsphäre. Nach den Enthüllungen von Edward Snowden über die ausufernde Überwachung durch Geheimdienste wie die NSA gingen unter anderem Apple, Google oder WhatsApp in vielen Fällen zu starker Ende-zu-Ende-Verschlüsselung über. Sie argumentieren, die könnten keine Inhalte an Behörden herausrücken, weil sie selbst keinen Zugang dazu hätten. Behörden fordern, sie müssten wie in der realen Welt mit Gerichtsbeschlüssen auf Informationen zugreifen können. In den USA eskalierte der Streit zuletzt mit Gerichtsverfahren zwischen Apple und der US-Regierung um das Entsperren von iPhones.
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