Business-IT
15.12.2017
Markus Michael von der Consense Gruppe
1. Teil: „Die Relevanz der End­geräte geht zurück“

Die Relevanz der End­geräte geht zurück

Markus Michael von der Consense GruppeMarkus Michael von der Consense GruppeMarkus Michael von der Consense Gruppe
Die Arbeitsplätze werden zunehmend digital und immer mehr Lösungen setzen auf WebRTC. Markus Michael, geschäftsführender Gesellschafter der Consense Gruppe, geht im Gespräch mit com! professional auf diesen und andere Trends in der Unternehmenskommunikation ein.
Unternehmen arbeiten immer häufiger mit Unified-Communica­tions-and-Collabo­ra­tion-Lösungen (UCC), um die interne und auch externe Kommunikation zu verbessern. Gleichzeitig gibt es noch viele Firmen mit herkömm­licher Telefonie.
com! professional sprach mit Markus Michael, geschäftsführender Gesellschafter der Consense Gruppe von Systemhäusern, über aktuelle und künftige Entwicklungen in der Unternehmenskommunikation.
com! professional: In vielen Unternehmen läuft die Kommunikation noch ganz traditionell ab, Mitarbeiter telefonieren und halten dabei einen Hörer in der Hand. Doch wird das auch so bleiben?
Markus Michael: Nein, die Unternehmenskommunikation befindet sich in einem starken Wandel, das beobachten wir heute schon bei vielen Kunden, vor allem wenn die jüngere Generation in die Entscheider-Liga aufrückt – sozusagen die Next-Generation-Kommunikation.
Ich glaube, dass die Logik, auf der heute die Telekommunikation basiert, künftig keine Rolle mehr spielen wird.
com! professional: Und welche Logik wird künftig den Lösungen zugrunde liegen?
Michael: Am besten lässt sich das am Beispiel der Telefonnummern erklären. Allein die Nummernblöcke geben heute noch Auskunft über den Standort eines Kunden und werden deshalb für Marketing- und Vertriebszwecke genutzt. Künftig wird das keine Rolle mehr spielen, da Mitarbeiter je nach Bedarf chatten oder sich kurz per Video austauschen – über die Unternehmensgrenzen hinweg. Das Telefonat tritt damit in den Hintergrund.
com! professional: Sie sprechen von einer Form der Kommunikation, die über alle Kanäle hinweg abläuft – und auch unabhängig vom Endgerät?
Michael: Davon gehe ich aus. Die große Herausforderung dabei ist, dass die unterschiedlichen Plattformen auf einer neutralen Plattform zusammengeführt werden müssen, sodass es egal ist, ob ein Unternehmen eine Lösung von Microsoft, Unify oder wem auch immer einsetzt. Es ist am Ende wichtig, dass es Systeme gibt, die die unterschiedlichen Endpunkt­ansätze oder Lösungen so miteinander vereinen.
com! professional: Und wie könnte das geschehen? Über WebRTC, die Echtzeit-Kommunikation über den Browser?
Michael: Das ist eine – sogar eine sehr wahrscheinliche – Möglichkeit. WebRTC bietet die Funktionalität, auch wenn die Technologie seit Jahren am Markt ist und zugegeben immer noch ihre Kinderkrankheiten hat. Dennoch glaube ich, dass ein Großteil der Anwendungen in den Browser wandert.
com! professional: Es gibt etliche Hersteller, die Lösungen auf Basis von WebRTC entwickeln oder heute schon anbieten. Der Erfolg ist bislang aber noch recht überschaubar …
Michael: Aber das wird sich ändern. Es wird zukünftig noch viel mehr Lösungen auf Grundlage von WebRTC geben, davon bin ich überzeugt. Es wird aber auch immer wieder den Versuch geben, mit proprietären Ansätzen Lösungen zu kapseln …
Aber grundsätzlich werden immer mehr Anwendungen direkt im Browser laufen. Einfach, weil es so viele Vorteile hat. Denken Sie nur an die einfache Bereitstellung von Heim­arbeitsplätzen oder auch an die Möglichkeit, kurzfristig Informationen zu erhalten – ohne vorher Mails zu schreiben.
Ich glaube, die Informationsbeschaffung wird wesentlich spontaner und auch individueller gestaltet werden.
2. Teil: „WebRTC-Lösungen für die Slack-Generation“

WebRTC-Lösungen für die Slack-Generation

com! professional: Dennoch muss so eine Plattform natürlich auch so ansprechend sein, dass die jüngere Generation sie akzeptiert, die heute vorwiegend etwa auf Slack und Co. unterwegs ist …
Michael: Aber genau diese Generation wird auch die Vorgaben machen, schließlich sind das dann die Entscheider. Und sie werden die Lösung akzeptieren, die in ihren Augen State of the Art ist.
Und auch hier bietet WebRTC viele Möglichkeiten, denn ich kann im Browser festlegen, wie ich kommunizieren möchte – über Video, Chat oder auch Desktop-Sharing, jeweils ohne aufwendig eine eigene Session zu eröffnen.
com! professional: Werden diese Lösungen denn von den etablierten Herstellern kommen – schließlich beschäftigen sich alle mit dem Thema WebRTC?
Michael: Ich habe da Zweifel, denn diese Lösungen verlangen einen komplett neuen Ansatz – nicht nur in der Entwicklung, sondern in der kompletten Organisation. Und da tun sich alle Hersteller mit einer langen TK-Tradition schwer. Sie denken häufig noch in der Logik von TK-Anlagen-Herstellern und werden auch von außen so wahrgenommen.
com! professional: Der Schwerpunkt wird demnach künftig bei der Software liegen, die auf jedwedem Gerät zur Verfügung steht – mit einer starken Konzentration auf die Mobiles, Smartphones, Tablets oder Convertibles, wobei die Hardware immer mehr in den Hintergrund tritt?
Michael: Davon bin ich überzeugt, die Relevanz der Endgeräte wird zurückgehen und das Festnetztelefon wird vom Bürotisch verschwinden.
Das steht doch nur noch auf dem Schreibtisch, weil die Entscheider heute noch zur älteren Generation gehören. Künftig, wenn die Entscheider jünger sind, wird es keine Rolle mehr spielen.
com! professional: Wie stellen Sie sich als Consense Gruppe auf diese Entwicklungen ein?
Michael: Wir haben innerhalb der Gruppe einen eigenen Zirkel gegründet, der sich mit Innovationen beschäftigt und die Entwicklungen am Markt analysiert.
Die Frage, wie der Arbeitsplatz der Zukunft mit der neuen Generation an Mitarbeitern sich entwickeln wird, steht dabei natürlich im Zentrum.
Wir haben ja seit drei Jahren mit der ­Byon vTK eine eigene Kommunikationsplattform am Start …
com! professional: Basis für die vTK ist eine Innovaphone-PBX, in der WebRTC schon integriert ist …
Michael: Genau, und gemeinsam mit Partnern – dazu gehören Innovaphone, Estos und auch Colt – wollen wir diese Plattform weiter ausbauen.
Wir hatten erst vor Kurzem einen Workshop, wo wir uns mit diesem Thema beschäftigt haben. Wie können wir eine Antwort liefern für diese Next-Generation-Kommunika­tion? Die Frage war auch, ob wir gemeinsam eine Lösung entwickeln und nicht jeder für sich – ob wir unsere Kräfte bündeln können.
com! professional: Wie wird es weitergehen?
Michael: Es ist noch zu früh, um über konkrete Projekte zu sprechen, wir sondieren jetzt erst einmal das Terrain. Wir hatten ein erstes Treffen, um abzugleichen, welche Ideen wir für die Zukunft haben und ob es in bestimmten Bereichen einen gemeinsamen Nenner gibt.
Andererseits haben wir auch nicht die Zeit, um die nächsten vier Jahre die Köpfe zusammenzustecken, vielmehr sollten wir in den nächsten 18 Monaten erkennen, ob wir eine gemeinsame Plattform mit Leben füllen können. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir die Herausforderungen der Zukunft meistern werden – am besten gemeinsam mit diesen und weiteren Partnern.

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