16.01.2019
E-Commerce
1. Teil: „Neue Pflichten für Online-Shops bei Verpackungen“
Neue Pflichten für Online-Shops bei Verpackungen
Autor: Bärbel Edel
Aleks Orel / shutterstock.com
Seit dem 1. Januar gilt in Deutschland das neue Verpackungsgesetz. Auch Online-Händler müssen deshalb einiges beachten. Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder.
Pflicht zur Online-Registrierung
Deshalb müssen sich in Zukunft alle Hersteller und „Inverkehrbringer“ von Verpackungen bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) registrieren. Die Zentralstelle wurde 2017 ins Leben gerufen und verwaltet die öffentlich zugängliche Registrierungsdatenbank namens Lucid.
Die Registrierungspflicht gilt auch für Online-Händler. Die Registrierung ist kostenlos und erfolgt über ein Online-Formular. Unternehmen müssen sie jedoch selbst vornehmen und dürfen keine Dritten mit dieser Arbeit beauftragen.
Die Verpackungsverordnung schreibt außerdem vor, dass sich Hersteller, Händler oder Vertreiber von Verpackungen an einem dualen System beteiligen müssen. Duale Systeme ergänzen die öffentlich-rechtliche Abfallversorgung und kümmern sich darum, dass der Verpackungsmüll, der beim Endverbraucher anfällt, entsorgt wird - zum Beispiel in der gelben Tonne oder im Altpapiercontainer. Darüber hinaus sollen sie dafür sorgen, dass möglichst viel Abfall recycelt wird. Finanziert wird die Entsorgung über die Lizenzgebühren, die die Unternehmen für ihre Verpackungen an die Betreiber der dualen Systeme bezahlen.
In der Vergangenheit haben sich zahlreiche Unternehmen vor ihrer Pflicht zur Beteiligung an einem dualen System gedrückt. „Das Unterbeteiligungsphänomen ist aktuell leider sehr hoch“, räumt Bettina Sunderdiek, die Sprecherin der ZSVR, ein. Nach einer Untersuchung der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung aus dem Jahr 2015 wurden circa 34 Prozent der sogenannten Leichtverpackungen - das sind die Verpackungen für den gelben Sack - an den dualen Systemen vorbeigemogelt. Bei Papier, Pappe und Karton waren es fast 40 Prozent. „In Summe sind es mindestens 200 Millionen Euro, die von rechtskonform arbeitenden Unternehmen für diese ‚Trittbrettfahrer‘ mitgezahlt werden mussten“, konstatiert Sunderdiek. Damit soll jetzt Schluss sein.
In einer Informationsschrift der ZSVR heißt es dazu: „Das Verpackungsregister mit dem Namen ‚Lucid‘ zeigt, welche Hersteller beziehungsweise ‚Erstinverkehrbringer‘ sich mit welchen Marken registriert haben und damit ihrer finanziellen Verantwortung für die Sammlung und das Recycling ihrer Verpackungen nachkommen. Es entsteht also Transparenz in diesem Markt.“
Durch die Pflicht, die genaue Bezeichnung der Verpackung, das genutzte Material sowie die verwendete Gesamtmenge regelmäßig an die öffentlich zugängliche Datenbank zu melden, können alle Marktteilnehmer überprüfen, ob die Verpackungen ordnungsgemäß entsorgt werden. Wer dies nicht tut und erwischt wird, muss mit hohen Bußgeldern rechnen.
2. Teil: „Auch Shops betroffen“
Auch Shops betroffen
Aufgrund der Anfragen bei der ZSVR vermutet Bettina Sunderdiek, dass sich auch zahlreiche Online-Händler unter den Trittbrettfahrern befinden: „Es ist davon auszugehen, dass sich im Bereich der Online-Händler eine hohe Anzahl von Unternehmen befindet, die der Meinung sind, dass sie erst mit dem 1. Januar systembeteiligungspflichtig sind, obwohl die Voraussetzungen für sie schon auf Basis der bisherigen Verpackungsverordnung gelten.“
Sunderdiek betont, dass Online- und Versandhändler sowohl zur Registrierung als auch zur Teilnahme an einem dualen System verpflichtet sind - wenn sie „gewerbsmäßig, erstmals mit Ware befüllte Verpackungen in Verkehr bringen, die für den privaten Endverbrauch bestimmt sind und dort auch als Abfall anfallen“.
Diese Pflicht umfasst Versand- und Umverpackungen inklusive Füll- und Packmaterialien, die Shop-Betreiber beim Versand verwenden. Demnach müssen auch Etiketten und Klebebänder bei der ZSVR registriert und bei einem dualen System angemeldet werden. Entscheidend ist nicht die Materialart, sondern dass es sich um Bestandteile einer Verpackung handelt.
Die Möglichkeit, vorlizenzierte Verpackungen zu verwenden, besteht für Shop-Betreiber nicht: „Die Pflichten aus dem Verpackungsgesetz können nicht an den Verpackungshersteller vorverlagert werden, sondern müssen vom Händler selbst erfüllt werden“, betont die Rechtsanwältin Alena Fuchs von der Mainzer Kanzlei Resmedia.
Daten müssen regelmäßig gemeldet werden
Außerdem sieht das neue Verpackungsgesetz eine Pflicht für Unternehmen vor, regelmäßig Daten wie beispielsweise Material und Gesamtgewicht der verwendeten Verpackungen sowohl an die dualen Systeme als auch an die ZSVR zu melden.
Das Verpackungsgesetz gilt nur in Deutschland. Händler, die ihre Ware ins europäische Ausland exportieren, müssen allerdings damit rechnen, dass im Zielland ähnliche Vorschriften bestehen, denn das Verpackungsgesetz setzt EU-Vorgaben um.
Mit dem zum Jahreswechsel in Kraft getretenen „Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen“ sollen auch besonders recyclingfähige Verpackungen gefördert werden. Konkrete Vorgaben macht die ZSVR hier allerdings nicht, sondern überlässt es den dualen Systemen, entsprechende Anreize zu schaffen. Grund ist der „potenzielle Eingriff in die wettbewerbsrechtlich geschützte Preisgestaltungsfreiheit der Systeme“, so die ZSVR-Sprecherin Bettina Sunderdiek.
Betroffene Unternehmen, die es bisher versäumt haben, sich zu registrieren, sollte dies unbedingt so schnell wie möglich nachholen. Seit dem 1. Januar 2019 ist eine Anmeldung bei einem dualen System nur noch mit der Registrierungsnummer von der ZSVR möglich - und ohne Anmeldung dürfen keine Verpackungen mehr in den Verkehr gebracht werden.
Für Online-Händler heißt das konkret: Sie könnten dann keine Ware mehr verschicken. Bei welchem dualen System sie sich anmelden, bleibt ihnen überlassen. Das wohl bekannteste ist der Grüne Punkt, betrieben vom Dualen System Deutschland. Daneben sind acht weitere Systembetreiber autorisiert, Verpackungsabfall zu sammeln und zu verwerten.
Offenbar hat sich die Brisanz, die in den neuen Regeln steckt, in der Branche nur zögerlich herumgesprochen: Nach einer Umfrage des Händlerbundes im Sommer 2018 hatte erst die Hälfte der befragten Shop-Betreiber vom neuen Verpackungsgesetz gehört. Andere sahen dessen Inkrafttreten mit Gelassenheit entgegen. So meinte zum Beispiel Michael Szelwis, Geschäftsführer des Kaviar-Versenders Craft & Caviar, man werde sich „rechtzeitig“ damit beschäftigen.
3. Teil: „Bußgeld bis 200.000 Euro“
Bußgeld bis 200.000 Euro
Gleichzeitig riskieren Händler bei Nichtbeachtung eine Abmahnung, denn: „Das Verpackungsgesetz ist auch eine Marktverhaltensregel“, betont Fuchs. Da es sich bei dem Register der ZSVR um ein öffentliches Register handele, könnten nun auch Konkurrenten überprüfen, ob ein Unternehmen seinen Registrierungspflichten nachgekommen ist. „Dadurch steigt die Abmahngefahr“, so die Anwältin.
Bei Crustanova, einem Webhändler für frische Meeresfrüchte, sieht man sich in Sachen Verpackungsgesetz „gut aufgestellt“. Laut Vertriebsleiter Simon Mendel hält sich der Aufwand „im Rahmen“. Sein Fazit: „Abmahnungen lassen sich vermeiden, wenn man rechtzeitig handelt.“
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