27.03.2017
Megaprojekt
1. Teil: „IoT-Technik im neuen Gotthard-Basistunnel“
IoT-Technik im neuen Gotthard-Basistunnel
Autor: Luarent Moureu
ALE Switzerland GmbH
Der Eisenbahn-Tunnel durch das Gotthard-Massiv ist nicht nur ein eindrucksvolles Beispiel von moderner Ingenieurskunst, sondern auch ein hochkomplexes IoT-Projekt.
Am 11. Dezember wurde nach 17 Jahren Bauzeit der neue Gotthard-Basistunnel in Betrieb genommen. Laurent Moureu, General Manager bei ALE Switzerland, erläutert, warum der Tunnel nicht nur ein Zeugnis höchster Ingenieurskunst ist, sondern auch eines der ersten großen Projekte, in dem modernste IoT-Technologie für eine völlig neue Bereitstellung wesentlicher Services sorgt. In dem Tunnel, der zu den anspruchsvollsten Betriebsumgebungen der Welt gehört, wird über ein Netz von IoT-Geräten rund um die Uhr die Sicherheit der Passagiere und Fahrzeuge sichergestellt.
Einschließlich der Zugangsstollen und Quertunnel sind etwa 152 Kilometer Tunnel zu vernetzen. Dabei muss die Konnektivität im gesamten Bereich durch extrem zuverlässige IP-Netzwerke hergestellt werden. Denn selbst die kleinste Unterbrechung durch ineffizienten Datentransfer oder Engpässe kann zu Verspätungen führen und im schlimmsten Fall sogar die Sicherheit der Arbeiter und Passagiere gefährden.
Ein großer Teil der Technologie ist automatisiert. Das bedeutet, dass ein äußerst stabiles und zuverlässiges Datennetzwerk nötig ist, um wichtige Betriebsdaten in den Tunnel und aus dem Tunnel zu übertragen. Eine IoT-Umgebung ist auf funktionierende Echtzeit-Kommunikation zwischen den IP-Geräten – den „Dingen“ im Internet of Things – angewiesen, um sekundenaktuelle Betriebsdaten zu erfassen.
Vorsicht an den Türen
Wenn zum Beispiel eine der Türen zu den Service-Bereichen oder Zugangsstollen nicht ordnungsgemäß geschlossen wird, entsteht bei der Durchfahrt eines Hochgeschwindigkeitszugs ein Druck, der die Systeme im Tunnel erheblich beschädigen kann. An das IoT angeschlossene Geräte im Tunnel überwachen 24 Stunden am Tag alle Türen und senden automatisch einen Alarm an das Kontrollzentrum, wenn eine Tür nicht sicher geschlossen ist, obwohl sie es sein sollte.
Wenn man dann auch noch an die vielen Sensoren, Überwachungskameras, Anlagen für die Belüftung und Entwässerung sowie die Kommunikations- und Kontrollsysteme denkt, die alle Echtzeitdaten senden oder empfangen, versteht man schnell, warum zuverlässige Konnektivität so wichtig ist.
Die Punkte verbinden
Es ist Aufgabe des Datennetzwerks – besser: der Datennetzwerke, denn in den beiden parallelen Tunneln sind separate Netzwerke installiert –, alle diese IP-basierten Endpunkte des IoT zusammenzubringen und die Daten in die Kontrollzentren des Tunnels zu übertragen. Das Netz muss belastbar genug sein, um zu allen Zeiten, bei allen Temperaturen und in allen Umgebungen zu funktionieren. Das heißt natürlich, dass auch die Daten-Switches widerstandsfähiger sein müssen als üblich. Sie müssen auch unter ungünstigsten Bedingungen einen ununterbrochenen Datenverkehr und eine absolut fehlerfreie Kommunikation sicherstellen.
Die Größe des Tunnelkomplexes und die Abgeschiedenheit einiger Service-Bereiche führen dazu, dass viele der Netzwerkkomponenten über lange Zeiträume mitten im Tunnel funktionieren müssen – fernab von sicheren Datenzentren mit kontrollierten Umgebungsbedingungen. Zudem können in Teilen des Tunnels Temperaturen von bis zu 40 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent auftreten – wesentlich mehr, als Daten-Switches üblicherweise aushalten müssen.
2. Teil: „Probleme mit Partikeln“
Probleme mit Partikeln
Dazu kommen elektromagnetische Interferenzen und Vibrationen, die beim ganz normalen Betrieb entstehen. Zusammen ergibt das eine Umgebung, in der Standard-Switches eine erheblich verkürzte Lebensdauer hätten und mechanische Probleme verursachen könnten. Für das Netzwerk im Gotthard-Basistunnel war daher der Einsatz besonders widerstandsfähiger Komponenten unabdingbar.
Das verstärkte Netzwerk
Das Gotthard-Basistunnel ist deshalb ein sogenanntes verstärktes Netzwerk. Das bedeutet, dass Switches, Access- Points und Router zum Einsatz kommen, die standardmäßig integrierte Sicherheit, dynamisches Tuning der Netzwerkleistung für die Bereitstellung von Echtzeit-Applikationen und zuverlässige IP-Breitband-Konnektivität bieten. Anders gesagt: Das Netzwerk wurde mit speziell für den industriellen Einsatz entwickelten Hardware-Komponenten gebaut.
Konzeption und Implementierung des Datennetzwerks übernahmen die Spezialisten von Alpiq InTec. Sie setzten aus mehr als 450 Alcatel-Lucent OmniSwitches 6855, besonders widerstandsfähigen LAN-Switches, den Backbone des Datennetzes im Tunnel zusammen.
Ein geringer Bedarf an präventiver Wartung und Instandsetzung ist wichtig, wenn man ein Netzwerk bis zu 2,3 Kilometer unter einem Berg installiert. Die Switches sind deshalb mit Konvektionskühlung ausgestattet, die keine Lüfter nutzt, sondern Wärmeableiter. Das minimiert die Gefahr, dass Metallteilchen in das Gerät eindringen und interne elektrische Komponenten beschädigen.
Durch dieses spezielle Netzwerk kann im Gotthard-Basistunnel IoT-Technologie genutzt werden, was mit einem Standardnetzwerk nicht möglich wäre. Und dieses Netzwerk gewährleistet das hohe Service-Niveau, das man braucht, um jeden Tag 9.000 Passagiere sicher und komfortabel durch den längsten Eisenbahntunnel der Welt zu transportieren.
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