08.05.2017
Thin Clients für das Cloud-Zeitalter
1. Teil: „Chromebooks und G Suite im professionellen Umfeld“
Chromebooks und G Suite im professionellen Umfeld
Autor: Frank-Michael Schlede, Thomas Bär
Shutterstock
Google bietet mit Chrome OS eine interessante Alternative zu klassischen Betriebssystemen wie Windows oder Mac OS. Aber wie gut eignen sich Chromebooks für den Einsatz in Unternehmen?
Für IT-Verantwortliche und Administratoren sind sogenannte Thin Clients eigentlich die optimalen Endgeräte für die Arbeitsplätze ihrer Anwender: Alle Einstellungen werden von der IT kontrolliert, die Nutzer können wenig bis keine Daten direkt auf den Geräten ablegen und fällt ein Gerät aus, dann kann es ohne umfangreiche Installationen problemlos ersetzt werden.
Davon einmal abgesehen, merken viele Nutzer dank großer Fortschritte der Remote-Desktop-Technik heutzutage gar nicht mehr, ob sich ihr Desktop noch auf ihrem eigenen Computer befindet oder nicht.
Dennoch gelten bei vielen IT-Verantwortlichen Thin Clients häufig auch als Konzept aus der Steinzeit der IT. Im Zeitalter des Cloud-Computings kommen aber viele althergebrachte Techniken, die schon zu Mainframe-Zeiten verwendet wurden, in leicht abgewandelter Form wieder zum Einsatz.
Bei Thin Clients stehen zwei Arten zur Auswahl: zum einen „gewöhnliche“ Clients, die per Remote-Desktop-Protokoll (RDP) eine Verbindung zu einem Server herstellen, zum anderen Internet Thin Clients, die via Browser über das Netz eine direkte Verbindung zu einer zentralen Webseite aufbauen. Zu diesen zählen Google Chromebooks.
Das Prinzip Chromebook
Das Prinzip hinter den Chromebooks ist einfach: Chromebooks ähneln den eine Zeit lang sehr populären Netbooks – kleinen Computern mit dem äußeren Erscheinungsbild von Laptop- und Notebook-Systemen, aber einer Hardware-Ausstattung, die weit weniger leistungsfähig ist als bei Laptops üblich.
Als Betriebssystem kommt mit Chrome OS eine Variante zum Einsatz, die im Grunde nur aus dem Webbrowser Chrome besteht. Er stellt den Nutzern die Standardfunktionalitäten eines Betriebssystems bereit, zum Beispiel den Dateimanager samt Zugriff auf Daten, Medien und Anwendungen. Bei letzteren handelt es sich ausnahmslos um Webanwendungen, von denen etliche auch offline arbeiten können. Für sehr viele Einsatzszenarien ist diese Anwendungsausstattung sicherlich ausreichend.
Eine ganze Reihe von Funktionen und Technologien, die klassische Betriebssysteme wie Windows oder Mac OS X universell und leistungsfähig machen, sind für viele Nutzer inzwischen überflüssig geworden, weil sie stattdessen auf Internetanwendungen zurückgreifen. Der umfangreiche Unterbau der klassischen Betriebssysteme ist für diese Anwendungsszenarien unverhältnismäßig groß. Ein einfacher Tablet-Computer zum Beispiel ist, trotz bescheidener Leistungsdaten und einer relativ geringen Bildschirmauflösung, für viele Programme aus dem Internet einfach die bessere Maschine.
Nicht erst seit dem Erscheinen von HTML5 sind viele IT-Experten der Meinung, dass der Browser das Betriebssystem der Zukunft sein wird. Gestützt auf Vorhersagen der Analysten von Gartner begann Dirk Eisenberg, mittlerweile Vice President Research und Development beim Digital-Workplace-Spezialisten Matrix 42, bereits 2015 einen Gastkommentar für die „Computerwelt“ (Österreich) mit diesem markigen Statement: „Wozu brauchen Sie denn noch ein Betriebssystem? Sie haben doch einen Browser! Klingt radikal? Mag sein – aber dennoch ist das bald die Realität.“
2. Teil: „Chromebooks im Business“
Chromebooks im Business
Wer das Konzept der Chromebooks mit den eingangs geschilderten Charakteristika der Thin Clients vergleicht, wird schnell feststellen, dass sich diese Geräteklasse auch sehr gut für das Business-Umfeld eignet. Das bestätigt Martin Rist, Education Business Development bei HP: „Chromebooks werden in Deutschland vor allem für den Einsatz im geschäftlichen Umfeld nachgefragt. Für die Kaufentscheidung ist neben dem Betriebssystem Chrome OS vor allem der reduzierte Wartungsaufwand und das detaillierte Device Management entscheidend. Bei Chromebooks ist es einfach möglich, funktionale Profile zu erstellen und einzelnen Mitarbeitern entsprechend ihren Aufgaben zuzuordnen. Damit ist das Chromebook die optimale Client-Lösung in modernen Büroumgebungen.“
Zu ihren besonderen Vorzügen gehört, dass wirklich alles, was die Nutzer benötigen, online bereitsteht. Wenn sich ein Anwender mit seinem Google-Account auf einem Chromebook anmeldet, stehen ihm unmittelbar all seine Daten und Anwendungen zur Verfügung – und das auch, wenn es sich um ein fremdes Chromebook-System handelt. Installiert er zum Beispiel auf diesem fremden System eine neue Anwendung, dann stellt ihm Chrome OS diese mit einem Klick auch auf jedem anderen System bereit, an dem er sich anmeldet.
Ein weiterer Vorzug dieser Geräte sind ihre günstigen Anschaffungspreise, die deutlich unter denen für traditionelle Notebooks oder Prestige-Geräte wie Apples Mac-Books und Microsofts Surface-Systeme liegen. Nicht zuletzt das dürfte ausschlaggebend dafür sein, dass Chromebooks in den USA vermehrt als Standardgeräte an Schulen und Universitäten zum Einsatz kommen. Die „New York Times“ meldete am
2. März 2017 sogar, dass Apple „den Zugriff auf die amerikanischen Klassenzimmer verliert“, und berief sich dabei auf eine Studie der Consulting-Firma Futuresource, wonach Apples iOS- und Mac-OS-Geräte im Education-Umfeld auf den dritten Platz nach Google- und Microsoft-Windows-Geräten abgerutscht sind.
2. März 2017 sogar, dass Apple „den Zugriff auf die amerikanischen Klassenzimmer verliert“, und berief sich dabei auf eine Studie der Consulting-Firma Futuresource, wonach Apples iOS- und Mac-OS-Geräte im Education-Umfeld auf den dritten Platz nach Google- und Microsoft-Windows-Geräten abgerutscht sind.
Den Kostenaspekt betont auch Michael Herkens, Geschäftsführer der Cloudpilots Software & Consulting GmbH, die sich unter anderem darauf spezialisiert hat, Unternehmen bei der Transformation von Geschäftsprozessen und -anwendungen in die Cloud zu beraten und zu begleiten. Herkens beobachtet einen regelrechten Umbruch bei der IT-Beschaffung: „Die traditionelle Beschaffungskette Unternehmen – Reseller – Distributor wird durch die Chromebooks dramatisch kürzer, wodurch sich Beschaffungskosten für Unternehmen reduzieren. Ist die Hardware eines Mitarbeiters defekt, geht er in den nächsten Computerladen oder bestellt das Chromebook über Amazon, meldet sich an der Unternehmensdomäne an und in weniger als einer Minute ist seine komplette Arbeitsumgebung wiederhergestellt.“
Diaspora Deutschland
Besonders eigenwillig zeigte sich Dell: Zwar ist im deutschen Online-Shop ein Chromebook zu finden, potenzielle Käufer werden allerdings bei dem Versuch, dieses zu erwerben, auf den englischen Shop umgeleitet. Auf Nachfrage bestätigte Dell denn auch, das Chromebook werde in Deutschland derzeit nicht verkauft.
Dass der Einsatz von Chromebooks für die IT-Verantwortlichen in den Unternehmen zum gegenwärtigen Zeitpunkt in der Regel noch nicht infrage kommt, bestätigt Tobias Färber, Head of Product Business Unit bei Acer Deutschland. Obwohl er Acer als deutschen Marktführer im Chromebook-Segment bezeichnet, sieht er diese Geräte noch kaum im Business-Umfeld: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die höher ausgestatteten Modellvarianten in Deutschland deutlich besser angenommen werden. Das spricht dafür, dass die Kunden Chromebooks nicht primär wegen des Preises kaufen, sondern weil sie die grundsätzlichen Vorzüge von Chrome OS zu schätzen wissen. Anders als in anderen Märkten ist der Business-Einsatz hierzulande aber noch eher selten.“
3. Teil: „Office-Paket aus der Cloud“
Office-Paket aus der Cloud
Kein Hinderungsgrund für den Chromebook-Einsatz sollte dagegen die Software-Ausstattung sein. Mit der Software-as-a-Service-Lösung G Suite – den früheren Google Apps for Work – macht Google erklärtermaßen Microsoft Office 365 Konkurrenz. Unter der Überschrift „Zusammenarbeit“ stellt die G Suite die klassischen Office-Module Textverarbeitung (Docs), Tabellen, Formulare, Präsentation und Sites (Webseiten) bereit, ergänzt durch Kommunikationsanwendungen wie Gmail, den Messenger Hangouts, den Kalender und das Social Network Google+. Und für die Datenspeicherung steht die Google-eigene Daten-Cloud Google Drive bereit.
Vom Einsatz dieser Cloud-Suite könnten nicht zuletzt kleinere Firmen profitieren, da viele Anwender die Google-Lösungen aus dem privaten Umfeld kennen und sie deshalb schnell und ohne lange Lernphase produktiv nutzen könnten. Das Arbeiten mit den verschiedenen Anwendungen funktioniert gut und auch über Plattformgrenzen hinweg – so stellt Google native Anwendungen der G Suite sowohl für iOS- als auch für Android-Geräte bereit.
Im Vergleich zu Office 365 ist es für weniger erfahrene Administratoren deutlich einfacher, die G Suite auszurollen – gerade im Zusammenspiel mit Chromebooks als Endgeräten. Für Geschäftsführung und IT-Entscheider bedeutet das weniger Kosten, weil weniger Spezialwissen nötig ist. Während aber Microsoft Firmen, die keine eigene Domäne besitzen beziehungsweise diese nicht für die Office-Suite nutzen möchten, eine solche als Teil des Pakets zur Verfügung stellt, muss für die G Suite zwingend eine bestehende Domäne verwendet oder eine neue erworben werden – selbst wenn man die Suite nur testweise ausprobieren will.
Zu beachten ist zudem, dass die Android- und iOS-Apps in der Regel nur ein Subset der vollständigen Funktionen der G Suite bieten. Dokumente im Microsoft-Office-Format lassen sich mit der G Suite selbstverständlich bearbeiten, allerdings müssen sie dazu in Googles proprietäres Dateiformat umgewandelt werden. Die Zusammenarbeit mehrerer Anwender an einem Dokument wiederum klappt in der G Suite tadellos.
Ein Makel aber bleibt den Chromebooks: Der Standort der dafür notwendigen Cloud-Server befindet sich in den USA. Hier schneidet Microsoft im Vergleich zu Google eindeutig besser ab: Seit Kurzem steht Office 365 auch über deutsche Rechenzentren der Telekom zur Verfügung. Viele Unternehmen wollen, bei aller Begeisterung für die Cloud und die Fähigkeiten der G Suite, nicht, dass ihre Daten in den USA gespeichert werden.
Fazit zum Unternehmenseinsatz von Chrome OS
Alles in allem können Chromebooks mit Fug und Recht als die Thin Clients für das Internetzeitalter bezeichnet werden. Wer sich diese Geräte ansieht und die dazugehörigen Anwendungen ausprobiert, wird feststellen, dass sie bedeutend leistungsfähiger sind, als dies gemeinhin angenommen und vielfach behauptet wird. Dass sich die Chromebook-Hersteller auf dem deutschen Markt offenkundig schwertun, hochwertige Business-Geräte mit Chrome OS zu positionieren, verwundert dagegen kaum: Die in Deutschland seit Jahren herrschenden Unklarheiten bezüglich des Datenschutzes bremsen die Verwendung von Cloud-Techniken aus und minimieren gleichzeitig die Notwendigkeit passender Zugriffsgeräte.
Auch hinkt Deutschland beim Internetausbau international hinterher. Ein Indiz dafür ist etwa die eher zaghafte Einführung freier WLANs. Unternehmen setzen wohl auch deswegen lieber auf Geräte, die auch ohne Internetkommunikation auskommen.
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