Smart Wearables
29.04.2015
Datenbrille & Smartwatch
1. Teil: „Smart Wearables optimieren Geschäftsprozesse“

Smart Wearables optimieren Geschäftsprozesse

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ra2 studio / Fotolia
Datenbrillen, Smartwatches, Fitnessbänder – Smart Wearables verändern Geschäftsprozesse. Unternehmen wie DHL und BMW nutzen die kleinen Alleskönner bereits zur Effizienz- und Qualitätssteigerung.
Was bislang dem Science-Fiction-Genre vorbehalten war, könnte mittel- bis langfristig Realität werden. Mit Smart Wearables hält eine Technik Einzug, die man nur aus Star Wars & Co kennt.
  • Wearables im Aufwind: IHS Consulting prognostiziert, dass die Zahl an Sensoren für Wearables stark ansteigt.
Eine Umfrage des Netzwerkspezialisten Ipswitch ergab, dass 2015 rund ein Drittel der 111 befragten deutschen Unternehmen die eigene Geschäftstätigkeit mit Wearables voranbringen wollen. Ipswitch ist bekannt für die Netzwerk- und Server-Monitoring-Software WhatsUp Gold.
In das gleiche Horn stoßen die Analysten von IDC, Forrester Research, IHS oder Deloitte. Zwar nähern sie sich dem Thema Wearable zum Teil aus unterschiedlichen Blickwinkeln, doch alle kommen einvernehmlich zu dem Schluss: Die Technik der Zukunft wird in Wearables liegen.

Was sind Wearables?

Wearables entstammen dem Wearable Computing, was so viel bedeutet wie tragbare Datenverarbeitung. Es handelt sich bei Wearables im weitesten Sinn um kleine, tragbare, vernetzte oder autarke Computer, die man am Körper trägt. In der Regel werden sie mit einem Clip an der Kleidung befestigt oder direkt auf der Haut getragen. Sinn und Zweck ist es, dem Nutzer im Alltag Computerressourcen zur Verfügung zu stellen, ohne ihn dabei in seiner Bewegungsfreiheit zu beeinträchtigen.
Die Bandbreite der Wearables reicht dabei vom einfachen Fitness-Armband, dem smarten Handschuh oder Ring über die Smartwatch bis hin zu Datenbrillen oder dem intelligenten Pflaster, das Vitalfunktionen des Körpers protokolliert.
2. Teil: „Produktivitätszuwachs durch Smart Wearables“

Produktivitätszuwachs durch Smart Wearables

Im Unterschied zum Desktop-PC oder Notebook sind Wearables mit allerlei Sensoren ausgestattet. Allgemein bekannt sind Wearables für Consumer. So zählt das Fitness-Armband beispielsweise die Schritte des Trägers, hält dessen Schlafverhalten fest, misst seinen Puls oder die Herzfrequenz und übermittelt die Daten an das Smartphone zur Auswertung. Die Smartwatch kann noch mehr, nämlich auch Nachrichten anzeigen und verschicken, den Anwender navigieren und Apps ausführen – fast so wie ein richtiger Computer.
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In zwei Jahren sollen 40 Prozent aller mobilen Geräte, die am Handgelenk getragen werden, Smartwatches sein. com! stellt Ihnen die heißesten Smartwatch-Modelle vor.
Das meiste Potenzial wird derzeit jedoch den Datenbrillen zugesprochen. Hiermit ist es möglich, kontextabhängige Informationen zur Umgebung darzustellen, ohne den Nutzer in seiner Sicht zu behindern. So könnten beispielsweise die Besucher eines Museums von einer Datenbrille durch die Ausstellungsräume gelotst werden. An jeder Stelle im Museum würde die Datenbrille – sofern es gewünscht ist – Detail-Infos zum ausgestellten Objekt einblenden. Die notwendigen Informationen bekäme die Datenbrille mit Hilfe von Beacons in Echtzeit drahtlos aus der Museums-Cloud oder dem Internet.
Die Verbindung zum Internet wird dabei entweder via Blue­tooth über das Smartphone hergestellt oder das Wearable bucht sich direkt in das Internet ein.
Der Netzwerkausrüster Cisco beispielsweise rechnet damit, dass der Datenverkehr über Wearables bis zum Jahr 2019 um das 17-Fache ansteigen und dann für ein Prozent des gesamten mobilen Datenverkehrs beziehungsweise zwei Prozent des Datenverkehrs über Smartphones verantwortlich sein wird.

Hohes Firmeninteresse

Verschiedene Marktforschungsunternehmen wie Forrester Research oder Accenture haben das allgemeine Interesse an Wearables untersucht. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass das Interesse für Wearables in Unternehmen höher ist als bei Verbrauchern. So sind nach Schätzungen von Accenture im Jahr 2015 nur 12 Prozent der Verbraucher bereit, sich ein Fitness-Armband oder eine Smartwatch anzuschaffen. Das Interesse ist demnach nicht so stark ausgeprägt wie man meinen könnte, wenn man die Medienberichte verfolgt.
Anders sieht es bei den Unternehmen aus. Die meisten Unternehmen erwarten mit dem Einsatz von Wearables einen ordentlichen Produktivitätszuwachs durch die Digitalisierung der Geschäftsprozesse. Nach Aussagen einer Studie des Institute of Management Studies, Goldsmiths, University of London, stieg die Produktivität der beobachteten Arbeitnehmer beim Einsatz von Wearables um bis zu 8,5 Prozent.
3. Teil: „Der Einsatz von Smart Wearables in der Praxis“

Der Einsatz von Smart Wearables in der Praxis

Schenkt man den Analysten Glauben, dann werden die Wearables die Wirtschaft vorantreiben und zum Teil völlig neue Geschäftsfelder eröffnen. Damit das eintrifft, müssen allerdings konkrete Anwendungsszenarien für die Wearables existieren.
  • Fitness-App: Sie wertet vom Armband aufgezeichnete Aktivitäten aus.
Wie können also Wearables die eigenen Geschäftsprozesse positiv beeinflussen? Erste Pilotprojekte in der Logistik, der Automobil- oder der Luftfahrtbranche zeigen das Potenzial der Wearables für den Unternehmenseinsatz.

Fitness spart Kosten

An den Fitness-Armbändern sind besonders Krankenkassen interessiert. So lässt sich mit den Armbändern protokollieren, wie sportlich der Träger lebt, indem man beispielsweise misst, wie viele Schritte am Tag er unterwegs ist. Das ermöglicht es den Kassen, individuelle Versicherungsprämien festzulegen.
Es gibt aber auch schon Wearables, die den Blutdruck und die Herzfrequenz messen können. Damit ließen sich theoretisch die Werte von Patienten, die gerade in Behandlung sind, in Echtzeit überwachen. Solche Wearables wären auch für Krankenhäuser sehr interessant. So könnte einem Patienten bei der Einlieferung ein Band angelegt werden, das die wichtigsten Vitalfunktionen drahtlos an die IT des Krankenhauses übermittelt. Diese Daten könnten dann von den diensthabenden Ärzten – ebenfalls mit einem Wearable ausgestattet – jederzeit in Echtzeit abgerufen werden.
In den Vereinigten Staaten wurden bereits erste Operationen mit Hilfe von Datenbrillen erfolgreich abgeschlossen.
Aber auch Unternehmen ohne medizinischen Hintergrund interessieren sich zunehmend für die Armbänder – unter dem Stichwort Corporate Wellness. Das Wearable fungiert hier als elektronischer Fitness-Trainer, der die Aktivitäten aufzeichnet und an das Smartphone weiterleitet. Dort werden die Daten gesammelt und mit einer App statistisch ausge­wertet.
Ziel ist es, die Gesundheit der Mitarbeiter zu verbessern und dadurch die Produktivität zu steigern. In den USA ist es zum Teil sogar bereits möglich, dadurch Krankenversicherungsprämien zu senken.
4. Teil: „Mehr Effizienz und höhere Produktqualität

Mehr Effizienz und höhere Produktqualität

  • Jan-Willem De Jong, Business Unit Director Technology, DHL Supply Chain Benelux: „Die AR-gestützte Kommissionierung kommt ohne überflüssige Handgriffe aus und ist erheblich produktiver.“
Besonders positiv macht sich der Einsatz von Wearables in der Logistik bemerkbar, wie DHL in einem Pilotprojekt im niederländischen Bergen op Zoom feststellte. Hier wurden im Distributionszentrum zehn Mitarbeiter mit Datenbrillen von Google und Vuzix ausgerüstet. Ricoh und Ubimax steuerten die Technik für die AR-unterstützte Kommissionierung namens Vision Picking bei. Die Abkürzung AR steht für Augmented Reality und bedeutet so viel wie erweiterte Realität.
In der AR-unterstützten Kommissionierung bei DHL werden schrittweise Arbeitsanweisungen eingeblendet, um den Kommissionierungsprozess zu beschleunigen und Fehler zu reduzieren. So zeigte in dem Pilotprojekt die Datenbrille beispielsweise an, in welchem Gang sich ein gesuchter Artikel befindet und in welcher Menge er benötigt wird. Im vorgegebenen Zeitrahmen wurden so mehr als 20.000 Artikel für 9000 Bestellungen zusammengestellt.
Die Abläufe wurden beschleunigt und Fehler komplett vermieden. Laut DHL konnte eine 25-prozentige Effizienzsteigerung in der Kommissionierung erzielt werden.
DHL: Mit Hilfe der Datenbrille ließ sich die Effizienz der Mitarbeiter um 25 Prozent steigern.
Jan-Willem De Jong, Business Unit Director Technology bei DHL Supply Chain Benelux, zog aus dem Pilotprojekt den Schluss: „Die AR-gestützte Kommissionierung kommt ohne überflüssige Handgriffe aus und ist erheblich produktiver. Die Technologie ist eine große Unterstützung für unsere Beschäftigten und bietet unseren Kunden einen echten Mehrwert.“

Höhere Produktqualität

Wie in der Logistik, so ist auch in der Produktion und in der Qualitätssicherung die Datenbrille das optimale Wearable. Über das Display lassen sich wichtige Informationen zum betrachteten Gegenstand einblenden. Nebenbei schießt die Datenbrille auch noch Fotos oder macht Filme, um etwa die korrekte Durchführung einer Wartung oder Produktion zu dokumentieren.
Die BMW Group beispielsweise erprobt im US-Werk Spartanburg, ob sich mit Hilfe einer Datenbrille die Verfahren der Qualitätssicherung verbessern und beschleunigen lassen. In dem Pilotprojekt zeichnen Mitarbeiter mit der Datenbrille Google Glass Testreihen an Vorserienfahrzeugen auf.
BMW: Mit Datenbrillen sollen Abweichungen am Produkt schneller und eindeutiger analysiert und behoben werden.
Nach eigenen Angaben können so eventuelle Abweichungen – wahlweise fotografisch oder filmisch – dokumentiert sowie anschließend besser, schneller und eindeutiger analysiert und behoben werden.
„Im Lauf des Pilotprojekts soll noch die Funktion Video­telefonie hinzukommen, sodass Beanstandungen direkt am Fahrzeug mit allen betroffenen Entwicklungsbereichen abgeklärt werden können“, erläutert Jörg Schulte, der zuständige Projektleiter.
5. Teil: „Training und Kundenservice mit Smart Wearables“

Training und Kundenservice mit Smart Wearables

Aus dem Profisport sind die Wearables bereits nicht mehr wegzudenken. So begann der TSG 1899 Hoffenheim Ende 2013, U-19-Spieler im Training mit Wearables auszurüsten. In Verbindung mit der Datenbank HANA von SAP werden die von den Wearables aufgezeichneten Daten in Echtzeit verarbeitet und stehen zur Analyse bereit. Die Daten können Spielern auch helfen, ihr Talent besser zu entwickeln und das Verletzungsrisiko zu vermindern, da hohe Belastungen schneller erkannt werden.
  • Hansi Flick, ehemaliger Co-Trainer der deutschen Fußballnationalmannschaft: „Das Training wird effizienter. Außerdem erkennen wir Belastungen früher, wodurch sich die Verletzungsgefahr für die Spieler verringern kann.“
    Quelle:
    wikimedia
Mittlerweile nutzen auch der FC Bayern München und die deutsche Fußballnationalmannschaft Wearables, um das Training zu optimieren. Zur Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Brasilien 2014 setzte die Nationalelf zum Beispiel das „adidas miCoach Elite Team System“ ein. Der damalige Co-Trainer Hansi Flick war überzeugt: „Dadurch wird das Training effizienter. Außerdem erkennen wir Belastungen früher, wodurch sich die Verletzungsgefahr für die Spieler verringern kann.“

Kundenservice neu erfinden

Auch der stationäre Handel kann von Wearables profitieren, da die tragbaren Computer ganz neue CRM-Strategien ermöglichen. So lässt sich der Service mit Hilfe von Wearables vereinfachen, beschleunigen und effizienter gestalten.
Die britische Fluggesellschaft Virgin Atlantic Airways stattete beispielsweise in einem Pilotprojekt das Servicepersonal für Erste-Klasse-Gäste sechs Wochen lang mit Datenbrillen von Google und einer Smartwatch von Sony aus. Ziel war es, den Airline-Beschäftigten unmittelbar verfügbare individuelle Informationen über die Passagiere und deren Reiseziele zu übermitteln. Dazu gehören beispielsweise aktuelle Flug- oder Wetterinformationen sowie Hinweise auf anstehende Veranstaltungen am Zielort der Reisenden. Zukünftig könne man sich vorstellen, auch die Essensvorlieben sowie die Lieblingsgetränke der Reisenden abzufragen, um einen noch höheren Servicelevel anbieten zu können, so die Fluglinie.
Eine vergleichbare Vorgehensweise ist auch für andere Dienstleistungsbranchen wie Hotels oder Restaurants sowie für den Einzelhandel denkbar.
Im Einzelhandel könnte das Service-Personal alle Fragen des Kunden direkt vor Ort klären und müsste nicht erst zum nächsten Terminal gehen, um nachzusehen, ob eine Ware kurzfristig lieferbar oder in einer anderen Farbe oder Form verfügbar ist. Das schafft Nähe zum Kunden.
6. Teil: „Vom Smart Wearable zum Smart Hearable“

Vom Smart Wearable zum Smart Hearable

Kaum sind die Wearables im Markt angekommen, zeichnet sich bereits ein neuer Trend ab. So glaubt beispielsweise Nick Hunn, CTO bei Wifore Consulting, dass die Fitness-Armbänder und Smartwatches auf lange Sicht durch Hearables – smarte Kopfhörer – ersetzt werden könnten.
  • The Dash von Bragi: Das Hearable misst unter anderem Geschwindigkeit, Herzfrequenz und Kalorienverbrauch.
Für das Ohr spricht, dass es besser dafür geeignet ist, die Vitalfunktionen des Körpers zu ermitteln, wie Steven LeBoeuf behauptet, Präsident und Mitgründer von Valencell, einem Hersteller von biometrischen Sensoren.
Die Kommunikation zwischen Anwender und Gerät erfolgt über Sprachsteuerung à la Google now, Apples Siri oder Microsofts Cortana. Ein Display wird so ebenfalls nicht mehr benötigt, weil der Sprachassistent stets die aktuellen Daten akustisch ausgibt.
Zu den ersten Hearables gehört The Dash von dem deutschen Start-up Bragi. Nach eigener Aussage sind The Dash „smarte Kopfhörer, die vollständige Bewegungsfreiheit, ein Maximum an Komfort und beeindruckenden Sound bieten – und dabei Werte wie Geschwindigkeit, Trittfrequenz, Distanz, Zeit, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung und Kalorienverbrauch messen und den Nutzer mittels einer Sprachausgabe immer auf dem neuesten Stand halten – sogar ohne angeschlossenes Smart­phone.“
Der entscheidende Nachteil aller Hearables ist die derzeit noch geringe Akkulaufzeit. So bringt es beispielsweise The Dash gerade einmal auf 3 bis 4,5 Stunden, bis die Kopfhörer wieder an die Ladestation müssen. Für eine ausgedehnte Sportsession würde das reichen, für einen kompletten Arbeitstag ist das aber einfach zu wenig.

Wearables und Compliance

Der Einzug der Wearables konfrontiert die Unternehmen mit ganz neuen Problemstellungen. Dafür haben aber, so die eingangs erwähnte Ipswitch-Umfrage, 77 Prozent der Unternehmen noch keine Richtlinien.
Wie sehen nun die neuen Herausforderungen aus? Viele Wearables messen und übermitteln Vitalfunktionen des Trägers. Das heißt: Ein Unternehmen verarbeitet Gesundheitsdaten, die sehr hohen Datenschutzkriterien unterliegen. Das Datenschutzmanagement und die IT-Sicherheitsstruktur müssen also diesen erhöhten Anforderungen entsprechen.
Aber auch unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten sind Wearables nicht unproblematisch, da mit ihnen der Standort des Mitarbeiters ermittelt, Bewegungsprofile erstellt oder Zutrittskontrollen durchgeführt werden könnten.
Vor der Einführung benötigt man daher ein Konzept, welche Datenströme wie erfasst und in das betriebliche Datenschutzmanagement integriert werden sollen.
Mit der Einführung muss man dann die Prozesse evaluieren und begleiten – und sich überlegen, wie man mit den Daten verfährt, wenn ein Gerät entfernt werden soll, weil ein Mitarbeiter ausscheidet. So lassen sich Vorkehrungen für den Fall einer behördlichen oder gerichtlichen Auseinandersetzung treffen.

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