Business-IT
01.03.2016
IT-Sicherheitsgesetz
1. Teil: „Mehr Sicherheit durch mehr Pflichten, oder?!“

Mehr Sicherheit durch mehr Pflichten, oder?!

Autor:
IT-SicherheitsgesetzIT-SicherheitsgesetzIT-Sicherheitsgesetz
Maksim Kabakou / Shutterstock.com
Das IT-Sicherheitsgesetz dürfte betroffene Unternehmen teuer zu stehen kommen – nicht zuletzt durch eine drohende Abmahnwelle.
Laut Bundesregierung verbessert das IT-Sicherheitsgesetz den Schutz der Bürger und der Unternehmen im Internet. Das Ziel des Gesetzes ist nichts weniger, als „die digitalen Infrastrukturen Deutschlands zu den sichersten weltweit zu machen.“ Um das zu erreichen stärkt das Gesetz  die Stellung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die des Bundeskriminalamtes (BKA). Zudem werden Unternehmen besondere Pflichten auferlegt um Sicherheitslücken besser und schneller schließen zu können.
Mit den durch das Gesetz geregelten Maßnahmen sollen weitreichende, gesellschaftliche Folgen, die ein Ausfall oder eine Beeinträchtigung kritischer Infrastrukturangebote nach sich ziehen könnte, verhindert oder abgemildert werden. Wichtiger Bestandteil des Gesetzes ist die Verpflichtung sogenannter „Betreiber kritischer Infrastrukturen“ (KRITIS) auf ein Mindestmaß an IT-Sicherheit. Die KRITIS trifft zudem eine Pflicht zur Meldung von IT-Sicherheitsvorfällen. Bei einer Missachtung drohen Bußgelder. Auch Hard- und Software-Hersteller trifft eine Mitwirkungspflicht bei der Beseitigung von Sicherheitslücken.

Die Adressaten des IT-Sicherheitsgesetz

  • die Betreiber von Webangeboten (beispielsweise solche von Online-Shops),
  • die Telekommunikationsunternehmen,
  • die Betreiber kritischer Infrastrukturen (KRITIS) und
  • das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
Insbesondere die Frage danach, wer ein KRITIS im Sinne des IT-Sicherheitsgesetzes ist, lässt sich nicht sofort und einzig anhand des Gesetzes beantworten. Betroffen sind jedenfalls Unternehmen aus den Bereichen Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung sowie das Finanz- und Versicherungswesen (vgl.: BT-Drucksache 18/4096, Seite 23). In Kürze soll eine Verordnung mehr Klarheit bringen und den Kreis konkreter fassen. Ob im Einzelnen also eine KRITIS-Einstufung gilt, wird erst nach Verabschiedung der Rechtsverordnung feststellbar sein. Laut Gesetzesbegründung sollen insgesamt nicht mehr als 2.000 Unternehmen betroffen sein; dieser Schätzung ist mit Blick auf die bestehenden Unklarheiten aber mit großer Vorsicht zu begegnen.
2. Teil: „Das IT-Sicherheitsgesetz und der Stand der Technik“

Das IT-Sicherheitsgesetz und der Stand der Technik

Die oben genannten Pflichten lassen nach der Bedeutung des Begriffes „Stand der Technik“ fragen. Das ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, den das BSI mit folgender Definition zu fassen sucht: 
 „Was zu einem bestimmten Zeitpunkt Stand der Technik ist, lässt sich zum Beispiel anhand existierender nationaler oder internationaler Standards wie DIN oder ISO-Standards oder anhand erfolgreich in der Praxis erprobter Vorbilder für den jeweiligen Bereich ermitteln. Da sich die notwendigen technischen Maßnahmen je nach konkreter Fallgestaltung unterscheiden können, ist es nicht möglich, den Stand der Technik allgemeingültig und abschließend zu beschreiben.“
Wen treffen welche Pflichten?
In vier Punkten lässt sich zusammenfassen, was auf die Unternehmen mit der Einführung des IT-Sicherheitsgesetzes zukommt:
  • Die Betreiber von Webangeboten müssen ausreichende, dem Stand der Technik entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz ihrer Kundendaten und der von ihnen genutzten IT-Systeme ergreifen.
     
  • Die Telekommunikationsunternehmen müssen ihre Systeme ausreichend gegen Cyberangriffe sichern und sie müssen ihre Kunden über mögliche Missbräuche ihrer Anschlüsse informieren.
     
  • Die KRITIS müssen ausreichende und dem Stand der Technik entsprechende Sicherheitsmaßnahmen implementieren und diese alle 4 Jahre evaluieren lassen. Zudem besteht für sie eine Meldepflicht bezüglich erheblicher IT-Sicherheitsvorfälle. Das betrifft zunächst nur die Betreiber von Kernkraftwerken und Telekommunikationsunternehmen. Die Meldepflicht für andere KRITIS (aus den Bereichen Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung und Finanz- und Versicherungswesen) tritt erst nach Verabschiedung der demnächst folgenden Rechtsverordnung in Kraft.
     
  • Die Befugnisse und Kompetenzen des BSI werden durch das Gesetz erheblich ausgeweitet; das soll eine sachgerechte Auswertung aller gesammelten Unternehmensdaten gewährleisten. Damit avanciert es zur zentralen Melde- und Aufsichtsstelle über IT-Sicherheitsvorfälle. Die gewonnenen Erkenntnisse stellt das BSI allen KRITIS zur Verfügung, damit diese ihre IT angemessen schützen können.
Letztlich werden also keine konkreten technischen Maßnahmen vorgegeben. Damit soll der Gefahr vorgebeugt werden, veraltete Maßnahmen gesetzlich vorzuschreiben. Folglich müssen die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Stand der Technik gehalten und, bei Bedarf, kontinuierlich erneuert werden.
3. Teil: „Verstöße gegen das neue IT-Sicherheitsgesetz“

Verstöße gegen das neue IT-Sicherheitsgesetz

Stellt das BSI einen Verstoß gegen die Pflichten aus dem IT-Sicherheitsgesetz fest – das betrifft insbesondere die Pflicht zur Einrichtung angemessener technischer und organisatorischer Maßnahmen zum Schutz von IT-Systemen und Kundendaten – dann  drohen Bußgelder von bis zu 50.000 € (vgl.: Art. 4 IT-Sicherheitsgesetz i.V.m. § 16 Abs. 2 TMG, Art. 5 IT-Sicherheitsgesetz i.V.m. 149 Abs. 2 TKG).
Die Pflichten aus dem IT-Sicherheitsgesetz gelten ab dessen In-Kraft-Treten, also seit Ende Juli. Eine Ausnahme gilt gemäß Art. 1 Nr. 7: Demnach wird den Betreibern kritischen IT-Infrastrukturen eine Umsetzungsfrist von 2 Jahren eingeräumt. Erst nach Ablauf dieser Frist ist hier also auch mit Bußgeldern zu rechnen.

Fazit

Betroffene Unternehmen sollten dem Stand der Technik entsprechende, angemessene technische und organisatorische Sicherheitsmaßnahmen  – wenn das noch nicht erfolgt ist – im eigenen Interessen so schnell wie möglich implementieren und ergreifen.
Unternehmen, bei denen noch nicht klar ist, ob sie zum Adressatenkreis gehören, sollten die Verabschiedung der anstehenden Verordnung zumindest im Auge behalten, um dann unmittelbar reagieren zu können.
Schlussendlich treffen die Verpflichtungen aus dem IT-Sicherheitsgesetz nahezu jeden Website-Betreiber: Diese müssen seit Ende Juli und auch in Zukunft aktuelle Updates zeitnah installieren. Dazu kann natürlich vertraglich der Provider verpflichtet werden, juristisch haftet aber der Betreiber der jeweiligen Webseite und eventuelle Bußgelder von bis zu 50 000 Euro treffen ihn persönlich. Zwar sind solche Strafzahlung in der Praxis unüblich, zu einem Problem könnte sich hier  jedoch die Rechtsprechung entwickeln: Sollten die Gerichte die neue Regelung als eine sogenannte Marktverhaltensregel einstufen – diese dienen auch dem Schutz des fairen Wettbewerbs – dann könnten Mitbewerber missliebige Konkurrenz künftig beim Fehlen von Updates und Patches kostenpflichtig abmahnen. Es droht somit eine neue Abmahn-Welle und es könnte Jahre dauern, bis die Gerichte eine gefestigte Rechtsprechung hierzu entwickeln.
4. Teil: „Prof. Dr. Gerald Spindler im Interview mit com!“

Prof. Dr. Gerald Spindler im Interview mit com!


mehr zum Thema