New Work
04.08.2022
Rechtsfragen

Ein juristischer Blick auf New Work

Shutterstock / Sharomka
Die vielen Möglichkeiten des neuen Arbeitens bringen auch Unklarheiten mit sich. Die wichtigsten rechtlichen Fragen im Überblick.
Im vergangenen Jahr ging ein Gerichtsurteil durch die Medien: Geklagt hatte ein Grafiker, dessen Arbeitgeber ihn pandemiebedingt ins Homeoffice geschickt hatte. Einige Monate später ordnete der Chef die Rückkehr ins Büro an – der Grafiker wollte aber lieber weiterhin von zu Hause aus arbeiten. Vor Gericht steckte er eine Niederlage ein. Der Grund: Den Arbeitsort darf sein Arbeitgeber bestimmen.
In Rechtsstreitigkeiten ist jeder Fall anders. Was das Beispiel aber zeigt: Die Möglichkeiten des neuen Arbeitens wecken Begehrlichkeiten – bei Arbeitnehmern wie bei Arbeitgebern – und nicht selten kommt es zu Missverständnissen oder auch handfesten Konflikten.
com! professional hat sich häufige Fallstricke der neuen, digitalen Arbeitswelt näher angesehen und beantwortet die wichtigsten juristischen Fragen.

Zurück ins Büro

Wie im Fall des Grafikers beorderten viele Arbeitgeber zu Beginn der Corona-Pandemie ihre Mitarbeiter ins Homeoffice. Vielfach endet nun das größte Homeoffice-Experiment der Welt und es heißt wieder: „Zurück ins Büro.“
In vielen Unternehmen musste es zu Beginn der Pandemie in Sachen Homeoffice vor allem schnell gehen – und meist wurden keine besonderen Vereinbarungen getroffen, was die Rückkehr ins Büro betrifft. „Hier gilt dann das sogenannte Direktionsrecht des Arbeitsgebers“, erklärt Marcus Kamp, Fachanwalt für Arbeitsrecht im Düsseldorfer Büro der internationalen Kanzlei Fieldfisher. Hinzu komme, dass in den Arbeitsverträgen in der Regel ein Arbeitsort festgelegt ist, der nicht das Homeoffice sei, ergänzt er. Wenn der Chef einen also wieder ins Büro zitiert, dann muss man sich als Angestellter fügen.
Genügend Firmen haben mittlerweile jedoch entsprechende Vereinbarungen mit ihren Mitarbeitern getroffen, zum Beispiel, in welchem Umfang Homeoffice möglich ist. Hier hängt es dann vom Inhalt der individuellen Vereinbarung ab, ob der Chef einen Mitarbeiter ohne Weiteres wieder zu hundert Prozent ins Büro beordern kann.

Angst vor Corona-Ansteckung

Es gibt den einen oder anderen Mitarbeiter, der etwa auf grund einer Vorerkrankung Angst vor einer Corona-Ansteckung hat und daher gerne weiter daheimbleiben will. „Am Ende des Tages gilt auch hier, was vorher gegolten hat: Man muss ins Büro kommen“, so Marcus Kamp. „Wenn man tatsächlich Angst hat, dann sollte man mit dem Arbeitgeber sprechen, wie man das Problem lösen kann.“
Es gebe auch viele Unternehmen, die trotz Aufhebung der Homeoffice- und Maskenpflicht weiterhin Hygienemaßnahmen in ihren Büroräumen umsetzen. Eine gesetzliche Vorgabe für einen Gesundheitsschutz in Bezug auf Covid-19 existiere aktuell jedoch nicht mehr.

Homeoffice und Mietvertrag

In Deutschland wohnt die Mehrheit der Menschen zur Miete. Und da stellt sich die Frage: Kann mir mein Vermieter das Homeoffice verbieten – auch wenn ich einen ruhigen Büro-Heimarbeitsplatz ohne Parteiverkehr habe?
Die klare Antwort von Marcus Kamp lautet hier: „Nein, das kann er nicht.“ Das Arbeiten im Homeoffice sollte im Rahmen jedes normalen Mitverhältnisses möglich sein.

Verlust von Dienstgeräten

Die vielen Möglichkeiten von New Work bringen mit sich, dass man nicht immer nur von zu Hause aus arbeitet, sondern auch einmal in der Ferienwohnung oder im Café. Was dann passieren kann: Man ist mit seinem Dienst-Notebook unterwegs und man verliert es oder es wird gestohlen. Einen solchen Fall sollte man vorab mit seinem Arbeitgeber besprechen. Viele Unternehmen haben für ihre Dienstgeräte Versicherungen abgeschlossen, die bei Verlust den Schaden ersetzen. Ein Tipp von Fieldfisher-Fachanwalt Kamp: Die Hausratversicherung des Arbeitnehmers übernimmt unter Umständen die Kosten bei Verlust des Dienstgeräts. Hier komme es jedoch auf die konkreten Versicherungsbedingungen an.

Unfallversicherung bei Verletzungen

Man sitzt im Café und die Blase drückt oder man ist zu Hause auf dem Weg in die Küche, um Kaffee zu kochen – man stolpert und schon ist es passiert: Der Knöchel ist verletzt. „Hier gibt es keinen großen Unterschied zu den Arbeitsunfällen in Büro“, erklärt Marcus Kamp. Auf dem Weg zur Toilette oder zur normalen Pause sei man auch im Homeoffice über die gesetzliche Unfallkasse versichert.
Marcus Kamp betont hier allerdings, dass eine zwischenzeitliche private Tätigkeit nicht versichert ist. Das bedeutet: Wenn man zum Beispiel dem Postboten die Tür öffnet, dann gilt das als private Tätigkeit, weil sie nicht betrieblich veranlasst ist.
Grundsätzlich sei dieses Thema sehr kleinteilig, so Kamp, aber eigentlich auch nur dann relevant, wenn sich aus einem Unfall Langzeitfolgen ergeben. Bei einer kleineren Verletzung wie am Knöchel zahle ohnehin die Krankenversicherung.

Streitpunkt Arbeitszeiten

Ein Thema, das Arbeitgeber wie Arbeitnehmer beim mobilen Arbeiten oder im Homeoffice immer wieder beschäftigt, sind die Arbeitszeiten. Viele Arbeitgeber gehen zum Beispiel davon aus, dass Angestellte im Homeoffice beziehungsweise Mobile Office stets erreichbar sind. Welche Regelungen gelten hier?
Laut Marcus Kamp hängt das davon ab, was konkret vereinbart wurde. Seiner Erfahrung nach tendiert man im Homeoffice zur Vertrauensarbeitszeit. Wenn der Arbeitgeber jedoch vorgibt, dass der Mitarbeiter beispielsweise von 8 bis 16 Uhr im Homeoffice anwesend zu sein hat, dann müsse man sich auch daran halten.
Marcus Kamp rät: Arbeitnehmer sollten sich hier mit dem Arbeitgeber abstimmen, welche Erwartungshaltung es gibt, auch bezüglich der Pausen.

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