Arbeitswelt
27.02.2023
IT-Fachkräftemangel

Stellenbesetzung durch IT-Umschulungen

neuefische.de
Gemäß einer Civey-Studie hat die Mehrheit der befragten Unternehmen Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden. Sie sehen zwar in der Weiterbildung bestehender Mitarbeiter das größte Potenzial, setzen dies aber kaum um.
Der Mangel an Fachkräften macht deutschen Unternehmen zunehmend zu schaffen, bis 2027 fehlen schätzungsweise 780.000 Arbeitskräfte im Technologieumfeld. Einer neuen Civey-Studie zufolge hat besonders in Ballungsräumen die Mehrheit der befragten Unternehmen Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden. Zwar sehen sie in der Weiterbildung bestehender Mitarbeiter das größte Potenzial, tun dies aber kaum. Die Studie wurde im Auftrag vom Bildungsanbieter neue fische – School and Pool for Digital Talent durchgeführt. Das Unternehmen bildet in kurzformatigen Bootcamps Quereinsteiger zu IT-Fachkräften aus und hilft bei der Identifizierung von Talenten innerhalb der bestehenden Mitarbeiterschaft, um sie für IT-Berufe weiterzuqualifizieren.
Deutschen Unternehmen fehlt es an IT-Fachkräften. Eine aktuelle Studie von Civey im Auftrag von neue fische mit über 1.000 privatwirtschaftlichen Führungskräften, die Entscheidungen zu Personal- oder IT-Themen treffen, bestätigt dies. Gerade einmal jedes fünfte Unternehmen hält die Rekrutierungslage auf dem freien Arbeitsmarkt für gut. Für 55,2 Prozent der befragten Unternehmen stellt sich die Lage hingegen "eher schlecht" oder "sehr schlecht" dar – in Ballungsräumen sind es sogar 59,6 %. Hier hat in den letzten 12 Monaten nur ein Fünftel (20,1 Prozent) der Entscheider erfolgreich IT-Fachkräfte in Festanstellung extern rekrutiert (bundesweit 26,4 Prozent). Nur 3,3 Prozent der Unternehmen konnten alle offenen IT-Stellen mit externen Fachkräften besetzen – in Ballungsräumen sogar nur 0,8 Prozent.
Die Option, Mitarbeiter mit eigenen Mitteln für neue Anforderungen zu qualifizieren, kommt für die Mehrheit der Unternehmen nicht infrage: 62,3 Prozent sehen keine Möglichkeit, Mitarbeitende anderer Abteilungen zu IT-Fachkräften umzuschulen. Und das, obwohl die Mehrheit (38,6 Prozent) genau das für den sinnvollsten Weg hält – noch vor der Anwerbung von IT-Fachkräften im Ausland (30,2 Prozent) oder der Anwerbung von Fachkräften verwandter Disziplinen (28,5 Prozent). "Das mangelnde Vertrauen in die Fähigkeiten zur Weiterbildung ist eigentlich nur mit Unkenntnis zu erklären", kommentiert Dalia Das, Gründerin und Geschäftsführerin von neue fische. "Viele glauben, dass es Jahre benötigt IT-Fachkräfte auszubilden. Wir beweisen seit fünf Jahren mit unseren Bootcamps, dass auch fachfremde Mitarbeiter:innen in nur drei Monaten zu einsatzfähigen IT-Expert:innen ausbildet werden können. Das kurzformatige Bildungskonzept hat sich in den USA bereits vor vielen Jahren im Recruiting etabliert."
Nicht so in Deutschland: Tatsächlich hatten 56,6 Prozent der befragten Unternehmen in den vorausgegangenen zwölf Monaten keinen einzigen Mitarbeitenden anderer Abteilungen umgeschult, um mittels Reskilling den Bedarf an IT-Fachkräften zu decken. In Ballungsräumen ist die Lage noch desolater: Hier konnten über 62 Prozent nicht einen einzigen Mitarbeitenden für neue, digitale Aufgaben fit machen. Bundesweit haben 2,9 Prozent eine:n Kolleg:in weiterqualifiziert, 4,9 Prozent mehr als zehn Mitarbeiter.
Die geringe Umsetzungsquote erstreckt sich nicht nur auf fachfremde Arbeitnehmer, sondern betrifft auch bereits vorhandene IT-Fachkräfte. Dem Motto des lebenslangen Lernens zum Trotz wird das Thema Weiterbildung in vielen Unternehmen vernachlässigt. So berichten ganze 42,9 Prozent der befragten Unternehmen, in den letzten 12 Monaten nicht einen einzigen Mitarbeitenden fachlich weitergebildet zu haben. Lediglich 5,1 Prozent haben zumindest einen Angestellten weiterqualifiziert und immerhin 11,4 Prozent mehr als zehn. "In einer digitalen Arbeitswelt, in der Fachwissen eine kurze Halbwertszeit hat und Innovationszyklen extrem kurz sind, ist das eine schwierig nachzuvollziehende Art der Talentförderung", so Dalia Das. Die Studie zeigt zudem, dass es in Unternehmen häufig an der internen Kommunikation zu mangeln scheint: Mehr als jedes vierte Unternehmen (26,4 Prozent) konnte auf die Frage, wie viele Mitarbeitende in letzter Zeit weiterqualifiziert wurden, lediglich mit "weiß nicht" antworten.

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