Business-IT
17.07.2018
Contact-Center
1. Teil: „Zufriedene Kunden auf allen Kanälen“

Zufriedene Kunden auf allen Kanälen

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docstockmedia / shutterstock.com
Auf dem Weg zum besten Service helfen smarte Lösungen mit Künstlicher Intelligenz. Das klassische Call-Center wird vom Contact-Center abgelöst. Dabei werden neben dem Telefon auch andere Kanäle bedient.
Wie heißt es immer so schön: „Der Kunde ist König.“ Doch die Realität beim Anruf der Hotline eines Telekommunikationsanbieters oder einer Versicherung sieht oft anders aus: lange Wartezeiten, inkompetente Mitarbeiter, die Fragen nicht beantworten können, fehlerhafte Informationen geben oder nicht wissen, was die Kollegen bereits mit einem besprochen haben.
Die Folge sind auf der einen Seite unzufriedene (Neu-)Kunden, die möglicherweise zu einem anderen Anbieter wechseln. Auf der anderen Seite wissen die meisten Unternehmen oft gar nicht, wie viele Anrufe ihnen verloren gehen, wenn die Kunden nach einigen Minuten in der Warteschleife entnervt auflegen. Damit verpassen sie die Chance zu höherer Wertschöpfung. Das muss nicht sein. Unternehmen können mit Hilfe von IT-Lösungen für Contact-Center ihren Kundenservice in ein Aushängeschild verwandeln und die Mitarbeiter zielgerichtet unterstützen. Denn diese müssen höhere Anforderungen meistern.

Contact-Center statt Call-Center

„Der neue Name Contact-Center statt Call-Center sagt alles aus. Der Mitarbeiter bedient jetzt nicht nur den Kanal Telefon, sondern auch andere Kanäle wie E-Mail, Messenger, Chats oder Social Media“, sagt Matthias Zacher, Manager Research & Consulting beim Marktforschungsunternehmen IDC. „Um ihre Kunden optimal beraten zu können, benötigen sie alle verfügbaren Informationen rund um den Case inklusive der bisherigen Kundenhistorie.“ Dabei ist irrelevant, ob das Contact-Center primär mit Kundenanfragen zu tun hat, mit Outbound-/Inbound-Sales, internem oder externem IT-Support oder einen Spezialkanal für Vertragsabschlüsse oder Beschwerden darstellt.
Ziel ist immer der Dialog mit den Kunden und die Orientierung an deren Bedürfnissen. Doch das klingt einfacher als es ist. „Der Agent hat durch die 360-Grad-Sicht auf den Kunden oft zu viele Informationen. Er muss dann die aktuell relevanten Daten herausfiltern, wird aber von herkömmlichen Lösungen nicht bei der Interpretation der Informationen unterstützt. Hinzu kommt der Druck durch strenge Vorgaben etwa zur Average Handling Time für den einzelnen Kundenkontakt oder hohe Ziele für Upsale-Angebote, die oft nicht zum Kunden passen“, erklärt Carsten Rust, Director Solution Consulting DACH bei Pegasystems, Anbieter von Contact-Center-Lösungen.
Eine weitere Herausforderung: Am Telefon werden häufig Rabatte oder Geschenke in Aussicht gestellt. Die Firmen halten diese Versprechungen aber nicht immer ein, da die Kundenteams die Absprachen ihrer Kollegen nicht kennen und die Transparenz fehlt. Die Folge sind unzufriedene Kunden.
Wichtige Funktionen
Das sind die zentralen Funktionen, über die eine Lösung für Contact-Center verfügen sollte:
  • Einbindung diverser Kommunikations-Kanäle wie Telefon, E-Mail, Fax, SMS, Chat, Video oder Social Media
  • Inbound ACD (Automatic Call Distribution, automatische Verteilung der Anrufe)
  • Sprachdialogsysteme (Interactive Voice Response, IVR)
  • Outbound: Preview Dialer ruft selbstständig die nächste Nummer an
  • Einheitliche Bedienoberfläche mit ganzheitlicher Sicht auf den Kunden
  • Schnittstellen zu Systemen wie CRM, ­Finance oder Warenwirtschaft
  • Workflows und Prozesse werden abgebildet
  • Moderne Reporting- und Analytics-Tools
  • KI-Funktionen: Weiterleitung von E-Mails auf Basis von Text-Mining, Anleitung der Mitarbeiter durch Vorschläge für Next Best Action oder Chatbots
  • Workforce Optimization; Funktionen für die Planung des Personaleinsatzes und intelligentes Routing der Anfragen zur optimalen Auslastung der Mitarbeiter
2. Teil: „Lösungen für Contact-Center“

Lösungen für Contact-Center

Genau hier setzen umfassende Lösungen für Contact-Center an. Sie bieten natürlich zunächst die üblichen Telefoniefunktionen für eingehende (Inbound) und ausgehende Anrufe (Outbound), wie man sie von Call-Centern kennt. Dazu gehört die automatische Verteilung der Anrufe (Automatic Call Distribution, ACD), damit jeder Anrufer automatisch den für sein Anliegen am besten geeigneten Mitarbeiter erreicht. Da das System die Telefonnummer des Anrufers erkennt, erhält der Agent auf seinem Bildschirm bereits die relevanten Informationen zum Kunden. Sprachdialogsysteme (Interactive Voice Response, IVR) fragen bestimmte Informationen automatisch ab („Wenn Sie zur Krankenversicherung wollen, drücken Sie bitte die 2“) und filtern damit die Anrufer vor. Oder ein Preview Dialer nimmt dem Agenten beim Outbound die manuelle Wahl ab und ruft selbstständig die nächste Nummer an.
Doch moderne Lösungen für Contact-Center sind viel umfassender. Sie binden neben dem Telefon alle anderen Kanäle wie E-Mail, Fax, SMS, Chat, Video oder Social Media ein. Über eine einheitliche Bedienoberfläche behalten die Agenten die Kundenkommunikation über alle Kanäle hinweg im Griff. „Sie bieten zudem Schnittstellen zu nachgelagerten Systemen wie CRM, Finance oder Warenwirtschaft, damit dem Agenten die gesamten Informationen inklusive der Historie des Kunden zur Verfügung stehen“, sagt Matthias Zacher von IDC. „Zudem bilden sie Workflows ab mit Vorschlägen für die nächste Aktion und enthalten moderne Reporting- und Analytics-Tools nach außen und innen, sprich zur Analyse der Informationen zum Kunden als auch zur Leistung des Mitarbeiters.“
Dabei werden Fragen beantwortet wie: Wie viele Anrufe kommen herein? Wie lange warten die Anrufer? Wie viele Support-Tickets haben wir gelöst?

KI unterstützt die Mitarbeiter

Damit der Mitarbeiter den Kunden bei seinen Bedürfnissen abholen und relevante Angebote (Next Best Action) unterbreiten kann, setzen viele Lösungen bereits auf Künstliche Intelligenz.
  • Next Best Action: Roboter führen Daten aus verschiedenen Systemen zusammen und schlagen dem Contact-Center-Agenten passende Aktionen vor.
    Quelle:
    Pegasystems
Ein Thema ist Robotic Process Automation (RPA), also Software-Roboter, die auf einem Server ausgeführt werden und ohne weitere Interaktion mit dem Menschen ihre Arbeit verrichten. „Die Robots führen Daten aus verschiedenen Systemen zusammen und schlagen dem Mitarbeiter mit Hilfe von KI passende Optionen für die nächste Aktion vor. Dank dieser Informationen und Anleitungen können die Mitarbeiter dem Kunden auf allen Kanälen maßgeschneiderte Angebote machen“, erklärt Carsten Rust von Pegasystems.
In der Regel müssen die Mitarbeiter im Call-Center mehrere Systeme bedienen, etwa für Kundenhistorie und für Produktdaten. Es kostet daher viel Zeit, Prozesse über all diese Systeme hinweg konsistent zu führen. Und hier ist Zeit wirklich Geld. „Große Retailer oder Telekommunikationsanbieter kommen leicht auf ein paar Millionen Calls im Jahr. Und wenn jeder Kontakt im Schnitt um zwanzig oder dreißig Sekunden verkürzt werden kann, dann sind die Einsparungen unterm Strich erheblich. Damit rechnet sich der Aufwand für die Implementierung von Robots innerhalb weniger Monate“, betont Carsten Rust.
Eine wichtige Kennzahl im Call-Center ist die Average Handling Time (AHT). Die AHT gibt an, wie viel Zeit ein Mitarbeiter im Durchschnitt benötigt, um einen Kontakt zu bearbeiten. Dazu zählt die Gesprächszeit und die Nacharbeitszeit mit der Dokumentation des Gesprächs. Eine gute Lösung für Contact-Center kann die Nacharbeitszeit minimieren, da sie während der Interaktion selbstständig dokumentieren kann, welche Prozesse und Aktivitäten mit dem Kunden angestoßen wurden. Dem Mitarbeiter bleibt dadurch mehr Zeit für den direkten Kontakt zu den Kunden.
Tabelle:

3. Teil: „Chatbots“

Chatbots

KI unterstützt über Text-Mining zudem bei der Weiterleitung von E-Mails zum passenden Experten oder bei der Priorisierung im Konfliktfall. Carsten Rust nennt hierzu als Beispiel einen Kunden, der an der Hotline ein neues Smartphone verlangt, weil sein Gerät kaputt ist. Der Kunde hat aber die letzten Rechnungen nicht bezahlt. „Dank KI empfiehlt das System dem Mitarbeiter, den Fokus auf die versäumten Zahlungen zu legen und ihm das neue Smartphone zunächst zu ver­weigern. Damit erhält er einen Leitfaden an die Hand, wie er auch in heiklen Situationen kühlen Kopf bewahren kann“, so Rust.
Ein weiteres KI-Element sind Chatbots, die eigenständig den Chat mit den Kunden übernehmen auf Basis von Text-Mining, Natural Language Analytics und einer Sentiment-Analyse, die Emotionen des Nutzers erkennt. Oder sie ersetzen die FAQ und antworten auf einfache Kundenanfragen zu Produkten und Service. Laut Matthias Zacher von IDC setzen derzeit rund 10 Prozent der Firmen des gehobenen Mittelstands Chatbots und weitere Automatisierungs-Tools im Contact-Center ein, bei den großen Unternehmen sind es etwa 30 Prozent, Tendenz steigend.

Cloud gewinnt an Bedeutung

„Tendenz steigend“ vermelden auch die Anbieter von Cloud-Lösungen für Contact-Center. Sehr interessant sind hier die Zahlen von IDC zum Markt für „Contact Center Applications Software“. Während die Anbieter 2016 weltweit 7,9 Milliarden Dollar umsetzten (davon 25 Prozent Cloud-Lösungen), sollen es 2021 rund 10,5 Milliarden Dollar sein. Der Anteil der Cloud-Lösungen wird dann bereits bei 51,5 Prozent liegen. „Der Gesamtmarkt für Contact-Center wächst zwischen 2016 und 2021 pro Jahr durchschnittlich um 5,7 Prozent, bei den Cloud-Lösungen sind es sogar 22 Prozent. Demgegenüber schrumpft der Markt für klassische, fest installierte Lösungen jährlich im Schnitt um 3,1 Prozent“, erklärt Matthias Zacher.
Die Vorteile einer Cloud-Lösung liegen auch für mittelständische Unternehmen auf der Hand. Sie sparen sich zunächst einmal die Ausgaben für Hardware und Infrastruktur sowie den Aufwand für die Administration. „Die cloudbasierte Contact-Center-Lösung lässt sich zudem über Schnittstellen einfacher mit anderen Systemen für den Datenaustausch in Echtzeit integrieren. Hinzu kommen einfache Skalierbarkeit und Flexibilität, da die Mitarbeiter über die Cloud auch vom Homeoffice aus auf alle Daten zugreifen und damit ihre Kunden fundiert beraten können“, so Zacher.
4. Teil: „Großes Angebot auf dem Markt “

Großes Angebot auf dem Markt

  • Contact-Center aus der Cloud: Der weltweite Markt soll bis 2021 pro Jahr um durchschnittlich 22 Prozent wachsen.
    Quelle:
    IDC
Matthias Zacher rät mittelständischen Unternehmen vor der Auswahl einer Software für Contact-Center grundsätzlich, ihre Anforderungen genau zu definieren. „Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Lösung für die eigene Infrastruktur überdimensioniert ist. Aus diesem Grund sind sie mit einem Cloud-Produkt, das sich modular erweitern und skalieren lässt, auf der sicheren Seite.“
4Com: Die modulare 4Com Suite umfasst alle Kanäle, die für den Kundenservice eingesetzt werden können, und integriert Daten aus externen Systemen wie CRM und ERP für den Blick auf die komplette Customer Journey. Als Module sind beispielsweise verfügbar: Multichannel ACD für die Inbound-Bearbeitung sämtlicher Kanäle, 4Com Outbound Manager als Predictive Dialer, E-Mail-Management, Reporting-Software, Workforce Management, Social Media oder Live-Beratung im Internet per Chat, Video-Chat und Co-Browsing. Alle 4Com-Module sind webbasiert, einzeln buchbar und lassen sich miteinander vernetzen. Hinzu kommen innovative KI-Lösungen für den Kundenservice wie der 4Com Chatbot, der E-Mail-Bot, der Messenger-Bot, der FAQ-Bot sowie die KI-Klassifikation.
Appian: Im Juni hat Appian die neue Cloud-Lösung Appian Intelligent Contact Center Platform veröffentlicht. Sie inte­griert Systeme, Daten und komplett digitalisierte Prozesse und ermöglicht ein einheitliches Management über alle Kanäle hinweg. Ergänzt wird die Lösung durch dynamisches Case-Management mit umfassenden und kontextbasierten Informationen zum jeweiligen Kunden und KI-Funktionen mit nativer KI-Sentiment-Analyse und integrierter Vernetzung zu Cloud-Machine-Learning-Services. Diese Intelligenz leitet Contact-Center-Mitarbeiter an, die beste Folge­aktion oder das nächste Upsell-Angebot auszuwählen.
Avaya: Einer der Big Player auf dem Markt für multimediale Contact-Center ist Avaya. Die Lösungen des Unternehmens sind für die lokale Installation vor Ort oder aus der Cloud verfügbar. Sie decken alle wesentlichen Kommunikationskanäle ab, bieten (teil-)automatisierte Applikationen, die durch Künstliche Intelligenz unterstützt werden, sowie umfangreiche Analyse-Tools.
Business Systems Integration (BSI): Das BSI Contact Center bildet sämtliche Kundenservice-Prozesse in einer zentralen Lösung ab, sowohl On-Premise als auch in der Cloud. Sie integriert alle Kontaktkanäle (Telefon, Selfservice, PoS, Brief, E-Mail, Chat oder Social Media) für eine umfassende Sicht auf den Kunden und seine Historie und bietet Reporting- und Analyse-Tools. Der Kunde kann wählen, über welchen Kanal oder Touchpoint er mit dem Unternehmen in Verbindung treten möchte. Da die Geschäftsprozesse unabhängig vom Kanal funktionieren, lassen sich neue Touchpoints wie Social Media, Chat oder Video-Chat jederzeit ergänzen.
Genesys: Genesys bietet sowohl On-Premise- als auch Cloud-Lösungen, die alle Kanäle umfassen. Moderne Technologien wie Natural Language Processing, Chatbots oder „Kate“, die Künstliche Intelligenz von Genesys speziell für den Kundenservice, sind integriert. Besonders hervorzuheben ist eine Plattform für die optimale Planung des Personals und den Einsatz der Mitarbeiter entsprechend der Arbeitslast. Die Genesys Customer Experience Platform besteht aus drei sich ergänzenden Komponenten: PureEngage ist eine Software-Suite für Omnichannel-Kundenservice in international agierenden Großunternehmen. PureConnect bietet Services speziell für mittlere bis große Unternehmen und PureCloud by Genesys ist eine schnell einsatzfähige Lösung für den Kundenservice und die Zusammen­arbeit der Mitarbeiter insbesondere für kleine Unternehmen.
Mitel: Mitel bietet zwei Multimedia-Contact-Center an. MiContact Center Business ist cloud-ready und richtet sich an Unternehmen kleinerer und mittlerer Größe mit bis zu 750 Agenten-Arbeitsplätzen; MiContact Center Enterprise zielt auf große Unternehmen und unterstützt mehr als 1000 Agenten-Arbeitsplätze.
Die Lösungen bieten In- und Outbound-Routing sowie allgemeines Multimedia-Routing (E-Mail, Chat, SMS, WebRTC, Video, Co-Browsing und Social Media). Auch die Integration von IoT-Daten und eines Ticketsystems sowie weiteres Open-Media-Routing per REST-API sind möglich. Zudem unterstützen beide Lösungen Spracherkennung und Text-to-Speech.
NFON: Das rein cloudbasierte Ncontactcenter von NFON ist auf den (kleineren) Mittelstand zugeschnitten und wird ausschließlich in Deutschland entwickelt und gehostet. NFON positioniert die Software als flexible „Out of the Box”-Lösung, „die den Contact-Center-Spezialisten auf Augenhöhe begegnet“. Das Inbound-Contact-Center bietet Multichannel-Funk­tionen wie die Verteilung von Anrufen (ACD), E-Mail-Routing, SMS, Fax und Web-Chat. Ergänzt wird es durch Features wie das Ansage-Management (IVR), Outbound Dialer Campaign Management, Call Recording und ein granuliertes Rechtemanagement zur Unterscheidung zwischen Agenten und Super­visoren.
Novomind: Die Contact-Center-Plattform novomind iAGENT integriert Kanäle wie E-Mail,
Social Media, White Mail, Chat oder Messenger. Zum Leistungsumfang gehören ein in­telligentes Mail-Management, Beschwerde-Management, Call Blending und Live-Chat (inklusive Video-Chat, Audio-Chat und Co-Browsing). Hinzu kommen intelligente Chatbots und ein dynamisches FAQ-Management basierend auf KI-Technologie, Messenger im Kundenservice sowie ein kanalübergreifendes Reporting und Analytics.
Die Lösung unterstützt die Agenten durch intelligente Teil­automation (Templates, Textbausteine, Anhänge, Kontakthistorie und weitere relevante Ticketinformationen) bei der Bearbeitung der Anfragen. Als modulares und offenes System bietet Novomind den Kunden eine Public API, über die sie mit relativ wenig Aufwand neue Funktionen und Prozesse implementieren können.
Pegaystems: Die Lösung Pega Customer Service bindet alle relevanten Kanäle (Telefonie, E-Mail, Social Media, Co-Browsing, Web Self Service) und externen Systeme (CRM, ERP und so weiter) ein. Sie bietet Bausteine für differenzierte Serviceangebote für unterschiedliche Regionen, Produktlinien oder Kundentypen und führt die Kunden über einen Intelligent Virtual Assistant dynamisch durch den Web Self Service. Hier kommt Künstliche Intelligenz in Echtzeit zum Einsatz. Auch Mitarbeiter werden im Zuge einer „Guided Interaction“ mit Hilfe von KI durch jede Kundeninteraktion geführt.
Weitere wichtige Punkte sind ein ausgefeiltes Case-Management, ein Customer-Service-Desktop mit unterschiedlichen Oberflächen je nach Rolle des Mitarbeiters, umfangreiche Reporting-Funktionen und eine Field-Service-Lösung für die Kundeninteraktion vor Ort.
Unify: Die Contact-Center-Lösungen von Unify sind On-Premise, aus der Cloud oder in hybriden Szenarien verfügbar. Das Angebot umfasst Komponenten für Omnichannel Inbound ACD, IVR und Sprachportale, Outbound-Lösungen, Workforce Optimization (WFO), die Integration von WebRTC, Video, Social Media und CRM sowie Customer Collaboration.
Durch intelligentes Routing erreicht jeder Kontakt automatisch den für sein Anliegen am besten geeigneten Mitarbeiter.
5. Teil: „Im Gespräch mit Benjamin Barnack, Vorstand Mitglied & Neue Medien beim Call Center Verband Deutschland“

Im Gespräch mit Benjamin Barnack, Vorstand Mitglied & Neue Medien beim Call Center Verband Deutschland

  • Benjamin Barnack: Vorstand Mitglied & Neue Medien beim Call Center Verband Deutschland
Benjamin Barnack ist Vorstand Mitglieder & Neue Medien beim Call Center Verband Deutschland e. V. (CCV). Im Interview mit com! professional erklärt er, wie die optimale Lösung für Contact-Center aussieht und welche Rolle Künstliche Intelligenz dabei spielt.
com! professional: Herr Barnack, aus dem Call-Center wird das Contact-Center. Verändern sich mit dieser Entwicklung auch die Anforderungen an die Mitarbeiter?
Benjamin Barnack: Ja, die Anforderungen an unsere Mitarbeiter sind deutlich gestiegen. Zum einen müssen die Agenten jetzt viel mehr Kanäle im Auge haben und im 360-Grad-Prinzip mit dem Endkunden über mehrere Kanäle gleichzeitig kommunizieren. Neben dem Telefon sind das E-Mail, Chats, Social Media, SMS, Fax oder Brief. Zum anderen sind die Kunden heute viel informierter. Früher riefen sie etwa wegen der Abflugzeiten im Call-Center des Reiseanbieters an. Diese Informationen sind jetzt im Internet verfügbar. Heute rufen sie an, weil sie etwa auf einem Bewertungsportal zu einem Hotel eine Kritik am Spa-Bereich gelesen haben.
com! professional: Was heißt das konkret für die Mitarbeiter?
Barnack: Der Agent muss eigenverantwortlicher handeln, mitdenken, besser qualifiziert sein und ein besseres IT-Setup haben. Seine Rolle entwickelt sich in Richtung Concierge. Dazu benötigt er aber umfassende Informationen aus unterschiedlichen Systemen, vom Hotel-Buchungssystem über CRM und Produktmanagement bis hin zur Finanzbuchhaltung.
com! professional: Stehen diese hohen Anforderungen nicht im Widerspruch zu den Bedingungen in Ihrer Branche? Stichworte sind schlechte Bezahlung, hohe Zielvorgaben und Druck.
Barnack: Die Zeiten des Lohndumpings sind längst vorbei in unserer Branche. Zum Thema Druck: Es gibt natürlich gewisse Vorgaben für bestimmte Vorgänge; ein Beispiel ist die Average Handling Time für einen Anruf inklusive Dokumentation im System. Sie liegt je nach Branche und Support-Level zwischen vier und mehr als zehn Minuten. Hier unterstützen aber technische Lösungen. Die Mitarbeiter fordern
eine intuitive Benutzeroberfläche und Usability.
com! professional: Sie sprechen die Lösungen für Contact-Center an. Welche Funktionen sollte ein gutes Produkt umfassen?
Barnack: Die Lösung sollte natürlich alle Kanäle integrieren, vom Telefon über E-Mail und Social Media bis hin zum klassischen Brief. Ziel ist, dass der Kunde auf allen Kanälen die gleiche Antwort erhält, in einer angemessenen Zeit. Unverzichtbar sind ferner eine Wissensdatenbank, Inbound/Outbound sowie der Zugriff auf unterschiedliche Datenquellen wie CRM-Systeme, Warenwirtschaft oder Finanzbuchhaltung.
com! professional: Wie sieht es mit Analyse-Tools aus?
Barnack: Die gehören natürlich auch zu einer guten Contact-Center-Lösung. Nehmen wir das Beispiel eines Verkaufskanals im TV. Wenn ein aktueller Verkaufsschlager wie ein Kronleuchter nur noch begrenzt vorrätig ist, kann der TV-Sender nach einer Ana­lyse den Bestellkanal priorisieren und beispielsweise Kundin A vorziehen, weil diese eine niedrige Retourenquote hat. Kunde B mit vielen Retouren kommt dann auf die Warteliste.
Oder bei einem Energieversorger erhalten Platin-Kunden, die auch höhere Rechnungen pünktlich bezahlen und sich nie beschweren, Vorfahrt in der Hotline, während ein Bronze-Kunde, der sich oft beschwert, in der Warteschlange nach hinten rutscht.
com! professional: Also Privilegien für gute Kunden. Hilft Künst­liche Intelligenz bei diesem Auswahlverfahren weiter?
Barnack: Im Prinzip ja. KI soll den Agenten grundsätzlich intelligent unterstützen. Viele Lösungen für Contact-Center integrieren KI-Elemente. Sie sollen den Mitarbeiter durch einzelne Prozesse führen und ihm in Echtzeit die beste, nächste Aktion (Next Best Action) vorschlagen, um die Kunden optimal zu beraten
com! professional: Wie sieht es mit Chatbots aus?  
Barnack: Chatbots werden immer wichtiger und sind für rund 20 Prozent der Fälle im Contact-Center relevant, etwa bei einfachen Anfragen zum Status einer Lieferung, wenn die Bestell- oder Rechnungsnummer bekannt ist. KI wird sich weiterentwickeln und zum festen Bestandteil von IT-Lösungen im Contact-Center werden.
Klare Grenzen sehe ich aber bei Beratung, Vertrieb, Nachhaltigkeit und Emotion. Hier ist der Mensch nicht ersetzbar. KI scheitert, wenn kein Prozess dokumentiert ist. KI wird daher auch den Menschen am Telefon nicht ersetzen.
com! professional: Welche Trends außer KI sehen Sie noch im Contact-Center?
Barnack: WhatsApp für die Kundeninteraktion und auch die Cloud werden weiter an Bedeutung gewinnen. Bis 2020 werden rund 70 Prozent der Lösungen für Contact-Center cloudbasiert sein, aktuell sind es etwa die Hälfte. Dank der Cloud kann auch ein Mittelständler mit zehn Service-Mitarbeitern ein professionelles Contact-Center aufziehen. Er spart sich die Investition in Server und die Administration, noch dazu erhält er ein sicheres System. Selbst Banken und Versicherungen denken mittlerweile über Contact-Center aus der Cloud nach. Und eine Lösung muss künftig unbedingt das Homeoffice unterstützen, da viele Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten.
Grundsätzlich würde ich sagen, dass wir im Kundenservice die Grundlagen der Digitalisierung abgeschlossen und umgesetzt haben. Jetzt geht es an das Feintuning und die zunehmende Professionalisierung.

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