Smart Wearables
16.02.2017
Smartwatch war gestern
1. Teil: „Die Wearable Technologies Conference in München“

Die Wearable Technologies Conference in München

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Auf der Wearable Technologies Conference gab die Branche einen Ausblick auf die Zukunft der technischen Begleiter, die uns Freizeit und Arbeit künftig erleichtern sollen.
Wenn heute über Wearables gesprochen wird, dann sind damit in den allermeisten Fällen Fitness-Armbänder und Smartwatches gemeint – auf der diesjährigen Wearable Technologies Conference in München war man aber schon einen oder sogar mehrere Schritte weiter. Hier wurden Produkte gezeigt wie zum Beispiel die Hightech-Pille e-Celsius vom Entwickler Bodycap, die nach dem Verschlucken die exakte Körpertemperatur ans Smartphone sendet und so eine extrem exakte Messung möglich macht.
„Damit können wir die Temperatur von Profisportlern fortwährend erfassen und ihnen so während des Laufens oder Radfahrens genaue Hinweise geben, wie es um ihre Leistungsfähigkeit bestellt ist. Mit temperaturbasiertem Training wird es irgendwann möglich sein, die 2-Stunden-Grenze beim Marathon zu durchbrechen“, so CEO Sébastien Moussay. Neben dem Einsatz im Sport soll das Produkt ab diesem Frühjahr aber auch im medizinischen Bereich genutzt werden – ebenso wie das ebenfalls in München demonstrierte e-Tact. Hierbei handelt es sich um ein überall am Körper anbringbares Device, das neben der Temperatur auch Bewegung und andere Daten erfasst; derzeit wird es beispielsweise auf der internationalen Raumstation ISS eingesetzt.
Bilderstrecke
Auf der diesjährigen Wearable Technologies Conference präsentierten Entwickler und Hersteller wieder eine ganze Reihe an Hightech-Produkten, manche sind schon verfügbar, manches ist noch Zukunftsmusik.
Doch nicht nur im Weltraum müssen sich die Wearables beweisen, auch in den Tiefen der Ozeane werden die smarten Begleiter genutzt, wie das Beispiel Buddy-Watcher beweist. Das Pforzheimer Unternehmen hat ein Armband auf den Markt gebracht, das die Kommunikation von Tauchern unter Wasser auch ohne Sprechgerät erlaubt. Die Geräte kommunizieren dabei nicht via Bluetooth, da dessen Funkwellen unter Wasser nur wenige Zentimeter übertragen werden können. Stattdessen setzt Buddy Watcher auf Ultraschall und erlaubt damit auch die Abstandsmessung zwischen zwei Armbändern. Nachrichten oder Entfernungsalarme werden dem Taucher per Vibration und über die LED-Anzeige mitgeteilt, die Reichweite liegt bei bis zu 80 Metern.
2. Teil: „Technologie zum Anziehen“

Technologie zum Anziehen

  • Highend-Ski: PIQ und Rossignol haben einen Ski entwickelt, der nach einem Sprung direkt die Zeit in der Luft anzeigt
Auch auf den Skipisten finden sich immer mehr Schneefans, die mit Hightech aufrüsten. PIQ hat in diesem Segment eine Kooperation mit dem Hersteller Rossignol geschlossen und präsentierte auf der parallel zur Konferenz stattfindenden Sportmesse ISPO einen Ski mit integriertem Sensor. Dieser erfasst unter anderem die Zeit, die man im Sprung verbringt, berechnet die einwirkenden Kräfte beim Kurvenfahren und hat auch Parameter wie die Topspeed parat. Der Clou: Der Skifahrer muss nicht warten, bis er im Tal die Daten auf seinem Smartphone analysieren kann. Dank des im Ski verbauten OLED-Displays wird er in Echtzeit mit den relevanten Infos versorgt. Wer sich nicht unbedingt einen neuen Ski mit Sensor kaufen will, kann die Daten auch mit einem Sensor zum Nachrüsten erheben.
Ein Wearable der anderen Art stellt der Sportanzug von Antelope dar. Dieser ist mit Elektroden ausgerüstet, die gezielt einzelne Muskeln stimulieren und so eine schnellere Erholung nach dem Sport beziehungsweise effektiveres Trainieren ermöglichen. Die Entwicklung ist mittlerweile abgeschlossen, der Anzug wird an alle Besteller auf Indiegogo ausgeliefert. Aktuell erfolgt der Vertrieb ausschließlich online, den Schritt in den stationären Handel kann man sich bei Antelope aber vorstellen. 
Grundsätzlich ist der Sport eines der Anwendungsgebiete, in denen die Entwicklung von Wearables am schnellsten voranschreitet, wie auch Christian Stammel, CEO und Gründer der Wearable Technologies Group, in seiner Eröffnungsrede der Konferenz erklärte. Noch ist ­Fitbit Marktführer bei den Activity-Trackern, gefolgt vom mit Macht aufstrebenden Zweiten, Huami aus China, dem Hersteller des in Asien sehr erfolgreichen Mi-Band. Bemerkenswert ist seiner Ansicht nach vor allem, dass trotz großer Player wie eben Fitbit mehr als die Hälfte des Marktes von anderen Herstellern dominiert wird, die nicht in den Top 5 rangieren. „Es gibt hier ein sehr großes Potenzial für aufstrebende Stars“, so Stammel.
3. Teil: „Lösungen für den professionellen Einsatz“

Lösungen für den professionellen Einsatz

Und diese sollen vor allem in den Bereichen Sport/Fitness, Healthcare und Smartwatches für weitere Absatzrekorde sorgen. Für das Jahr 2019 erwartet die Wearable Technologies Group mehr als 300 Millionen verkaufte Geräte – wobei die genannten Bereiche den Großteil ausmachen sollen. Während die Zahl der verkauften Smart Glasses in den nächsten Jahren ebenfalls signifikant steigen wird, erwartet Stammel  bei Wearable Cameras nur einen geringen Zuwachs, und auch Smart Clothing wird wohl in absehbarer Zeit ein Nischensegment bleiben.
  • Die Blinkcam macht echte­ Schnappschüsse – ausgelöst wird sie mit ­einem Zwinkern
In den Bereich der Kameras fällt die auf der Konferenz präsentierte Blinkcam aus Japan. Das Gerät mit dem Formfaktor einer sehr kleinen Powerbank wird einfach an die Brille geklemmt, den Auslöser betätigt man mit einem Zwinkern. So sollen sich einfach und unkompliziert unterwegs spontane Fotos schießen lassen.
Während die Blinkcam eher als Gadget für die Freizeit konzipiert ist, hat man bei Ubimax ernsthaftere Ziele vor Augen. Mit der Lösung des Herstellers arbeiten beispielsweise Lagerarbeiter bei DHL – und auch andere namhafte Marken wie Daimler, Toyota oder Ricoh gehören zu den Kunden der Bremer.
Ein Anwendungsszenario umfasst eine der smarten Brillen Google Glass, Vuzix M100 oder Epson Moverio; der Lagerarbeiter sieht im Head-Up-Display die zu einem Paket gehörenden Produkte, nimmt sie von ihrem Platz, scannt sie über die Brille und wird zum nächsten Artikelstandort weitergeleitet. Laut Ubimax habe sich die Effizienz bei einem Pilot mit DHL um 25 Prozent erhöht. Noch aufwendiger in Bezug auf die Hardware ist die Univet 5.0 des gleichnamigen Herstellers aus Italien, eine VR-Brille, die zusätzlich zu den technischen Features wie einem Head-Up-Display auch gängige Schutzklassen erfüllt und somit in extremen Arbeitsumgebungen eingesetzt werden kann. Der Prototyp wurde auf der CES Anfang dieses Jahres gezeigt, der Marktstart soll Ende 2017 erfolgen. 
4. Teil: „Handschuhe und mehr“

Handschuhe und mehr

  • Auf dem Handrücken des ProGlove kann ein kompakter Scanner angebracht werden, der beispielsweise Arbeitern das Scannen von Barcodes oder das Auslesen von Zahlenreihen erlaubt, ohne dass diese ihre Arbeitswerkzeuge dafür aus der Hand legen müssen.
Ebenfalls im professionellen Bereich kommt ein weiteres Wearable zum Einsatz – der smarte Handschuh Mark vom Münchner Entwickler Pro Glove. Auf dem Handrücken kann hier ein kompakter Scanner angebracht werden, der beispielsweise Arbeitern das Scannen von Barcodes oder das Auslesen von Zahlenreihen erlaubt, ohne dass diese ihre Arbeitswerkzeuge dafür aus der Hand legen müssen. Die Steuerung erfolgt teilweise automatisch, der Träger des Handschuhs kann aber auch durch Gesten verschiedene Aktionen auslösen.
Vom Segment Healthcare erwartet man sich bei der Wearable Technologies Group den stärksten Zuwachs der kommenden Jahre, hierunter fallen auch Produkte wie das Armband Zembro. Dank integrierter SIM-Karte und etlicher Sensoren soll das Gerät für mehr Sicherheit bei Senioren sorgen. Wird beispielsweise ein Sturz registriert, baut sich automatisch eine Mobilfunkverbindung mit Freisprechfunk­tion zu den vorher festgelegten Personen auf, also beispielsweise den Kindern oder den Nachbarn. Auch Geofencing, etwa für Demenzkranke, soll damit möglich sein, für die nahe Zukunft ist auch eine Funk­tion vorstellbar, die an die Einnahme der Medikamente erinnert.
Bilderstrecke
Auf der diesjährigen Wearable Technologies Conference präsentierten Entwickler und Hersteller wieder eine ganze Reihe an Hightech-Produkten, manche sind schon verfügbar, manches ist noch Zukunftsmusik.
Insgesamt betrachtet steht der Markt für Wearables noch am Anfang, egal ob im Privatanwenderbereich oder im professionellen Umfeld. Die aktuell erhältlichen Lösungen zeigen nur einen kleinen Teil von dem, was in Zukunft machbar sein wird. In wenigen Jahren werden wir eine Vielzahl an technischen Produkten wie selbstverständlich am Körper tragen, egal ob in der Freizeit oder während der Arbeit. Die Smartwatch ist dann nur eines unter vielen Wearables.

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