Amazon
22.05.2019
Alexa
1. Teil: „Die Voice-Revolution ist ein globales Phänomen“

Die Voice-Revolution ist ein globales Phänomen

Voice-AssistantVoice-AssistantVoice-Assistant
petrmalinak / shutterstock.com
Amazon hat es geschafft, binnen weniger Jahre über 100 Millionen Alexas zu verkaufen. Viele nutzen das System aber nur zur Wettervorhersage und dergleichen, nicht aber für Online-Bestellungen.
  • Max Amordeluso: EU Evangelist for Amazon Alexa
    Quelle:
    Amazon
Max Amordeluso ist viel gereist. Er sprach auf dem „Future of AI“-Kongress in Israel, auf dem irischen Convers Con, auf der letzten CeBIT und auf der ersten „All About Voice“-Konferenz. Denn über Sprachsteuerung im Allgemeinen und über Alexa im Besonderen zu sprechen, das ist sein Job: Seit zweieinhalb Jahren ist der italienische Spezialist für Sprachsteuerung „EU Evangelist“ für Amazon Alexa.
„Meine Aufgabe ist es, den Menschen klarzumachen, dass Sprachsteuerung existiert, dass sie funktioniert und dass jeder sie nutzen kann, um sprachgesteuerte ­Interfaces zu bauen“, beschreibt er sein Tagwerk. Als eine Art Botschafter für Sprachsteuerung in Europa versucht er, Begeisterung für Alexa und ihre Möglichkeiten zu wecken - bei Nutzern wie bei Ingenieuren und Entwicklern.
com! professional: Circa 100 Millionen Geräte mit Alexa an Bord wurden mittlerweile weltweit verkauft: Hat Sie dieser Erfolg selbst überrascht oder entwickelt sich Alexa genau entsprechend Amazons Strategie?
Max Amordeluso: Seit wir Alexa in den USA im November 2014 gelauncht haben, sind wir sicher weit gekommen. Wir sind von der Idee ausgegangen, einen Computer vollständig per Stimme zu kontrollieren - jeder, der als Kind „Raumschiff Enterprise“ gesehen hat, weiß, was ich ­meine. Wir setzen genau diese Vision um, weil wir davon überzeugt sind, dass die menschliche Stimme das natürlichste Interface der Welt ist. So gesehen ist der Erfolg also nicht besonders überraschend für uns.
Aber selbstverständlich war dieses Wachstum nur möglich, weil wir Alexa für externe Drittentwickler ­geöffnet haben; nur durch ihre Arbeit konnte Alexa so stark skalieren und in so viele verschie­dene Gerätearten einziehen. Aktuell gibt es über 150 unterschiedliche Geräte, in die Alexa integriert ist, und die meisten davon werden nicht von Amazon selbst hergestellt. Zusätzlich haben wir Entwicklern durch die Bereitstellung eines SDKs ermöglicht, Alexa für das Entwickeln eigener Skills zu nutzen. Deshalb gibt es heute weltweit über 70.000 Skills, mehrere Tausend wurden allein für den deutschen Markt entwickelt.
com! professional: Angesichts dieser großen Zahl von Geräten und Skills: Wie stellen Sie sicher, dass Alexa-Nutzer immer eine gute User Experience mit der Sprachassistentin erleben?
Amordeluso: Qualitätskontrolle ist sehr wichtig für uns. Wenn ein Entwickler ­einen neuen Skill entwickelt, wird dieser von einem lokalen Zertifizierungsteam geprüft. Dort wird getestet, ob der Skill funktioniert und Alexa-Usern eine gute Nutzer­erfahrung bietet. Wir überwachen nicht die Inhalte selbst - abgesehen von solchen, die gegen unsere Regeln ver­stoßen -, wir wollen auch nicht die Kreativität unserer Entwickler einschränken, aber wir testen eben, ob der Skill funk­tioniert.
com! professional: Was die Funktionalität von Alexa-Skills angeht, würden manche mir bekannte Alexa-Besitzer widersprechen; eine Kollegin von mir beschimpft Alexa jedenfalls regelmäßig, weil etwas nicht so funktioniert, wie es soll. Wann haben Sie Ihre Alexa zuletzt als „dumm“ beschimpft?
Amordeluso: Ich würde sie nie dumm nennen, das wäre abwertendes Verhalten gegenüber einer Kollegin! (lacht) Tatsächlich versteht mich Alexa eigentlich meistens recht gut, und die Unterhaltung mit ihr wird jeden Tag natürlicher. Deshalb fällt es uns leicht zu vergessen, dass Alexa kein Mensch ist. Wir stehen gerade erst am Anfang unserer Reise zu einer vollständig sprachgesteuerten Welt, und es könnte noch Jahre brauchen, bis wir eine echte Unterhaltung mit einem Computer führen können.
2. Teil: „Vermenschlichung von Sprachassistenten“

Vermenschlichung von Sprachassistenten

  • Alexa-Mikrowelle: Bei ihrer Vorstellung gab es viel Gelächter. Sie soll aber vornehmlich ein Referenzprodukt sein.
    Quelle:
    Amazon
Und trotzdem wird Alexa schon heute sehr vermenschlicht. Ich mache das selbst, wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist - ich benutze ein weibliches Personalpronomen, wenn ich über „sie“ spreche.
Weil die Unterhaltung mit ihr heute schon ziemlich natürlich klingt, ist die Erwartungshaltung an ihr Sprachverständnis und ihre Reak­tionen extrem hoch. Aber es gibt noch sehr viel Raum für Verbesserung. Deshalb arbeiten über 10.000 Leute bei Amazon exklusiv daran, sie besser zu machen. ­Sogar für Amazon-Verhältnisse ist das ­eine ganze Menge Manpower.
com! professional: Die Echo-Lautsprecher waren nur der Anfang für Alexa. Kürzlich wurden die ersten Echo-Auto-Geräte für die Nutzung von Alexa im Auto verschickt. Welche Gerätetypen könnten alles Alexa-Träger sein?
Amordeluso: Na ja, ich kann nicht allzu viel darüber verraten, wo Alexas Reise in Zukunft hingehen wird und woran wir ­gerade arbeiten. Aber wenn Sie sich ­unsere jüngsten Veröffentlichungen genau anschauen, verrät Ihnen das einiges darüber, worauf wir uns ausrichten. Vor einigen Monaten haben wir 14 neue Geräte mit Alexa-Integration vorgestellt. Darunter befand sich auch die Alexa-Mikrowelle, ein Gerät, das sehr viel Verwunderung ausgelöst hat. Die Mikrowelle hatte allein den Zweck, zu illustrieren, dass das Alexa-Interface in wirklich jedes elektronische Gerät integriert werden kann - und dass es sogar ein ausgereiftes und erprobtes User Interface wie das der Mikrowelle revolutionieren kann. Sie zeigt, dass sich in einer sprachgesteuerten Welt sogar die Bedienung eines so simplen Geräts wie einer Mikrowelle ­radikal verändern kann.
com! professional: Also ist die Alexa-Mikrowelle - die in der ­Öffentlichkeit einiges an Häme eingesammelt hat - nichts anderes als ein Referenzprodukt, das Entwicklern zeigen soll: Schaut, das könnt ihr alles mit Alexa machen?
Amordeluso: Absolut. Wir können unsere Vision, Alexa in jedes Gerät zu integrieren, nicht allein umsetzen. Wir brauchen dazu externe Entwickler. Schritt für Schritt verstehen diese externen Entwickler und ­Ingenieure jetzt, dass Sprachsteuerung nicht nur eine Spielerei ist, sondern dass diese Technologie dauerhaft in unser Leben einziehen wird und dass sie damit arbeiten sollten. Eine Alexa-Mikrowelle ist da doch nur die ­Spitze eines Eisbergs an Möglichkeiten.
com! professional: Da wir gerade von Einsatzmöglichkeiten für Alexa sprechen: Ende vergangenen Jahres deuteten Studienergebnisse darauf hin, dass zwar viele Menschen ihre Amazon Echos zum Streamen von Musik nutzen oder sie nach dem Wetterbericht fragen - aber dass nur sehr wenige Menschen damit online bestellen; und diejenigen, die es einmal getan haben, tun es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wieder. Woran liegt das?
Amordeluso: Ich kenne die Studien, auf die Sie sich beziehen nicht, aber ich habe schon mal mit Alexa eingekauft. Es gab ein exklusives Alexa-Angebot, ein ermäßigtes Star-Wars-Monopoly. Meine Einkaufs­erfahrung war prima, es ging schnell und einfach. Es gibt aber natürlich Interfaces, die deutlich besser für ein intensiveres Einkaufserlebnis geeignet sind als ein reines Sprachgerät - Geräte mit einem Bildschirm beispielsweise, auf dem man sich eine Auswahl an Produkten anschauen oder einzelne Details genauer betrachten kann. Deshalb haben wir ja auch Alexa-Produkte mit integriertem Bildschirm wie den Echo Show. Und denken Sie an unsere Mi­krowelle: Das Alexa Interface kann überall implementiert werden.
3. Teil: „Alexa-Kleiderschrank mit smarten Speigeln“

Alexa-Kleiderschrank mit smarten Speigeln

com! professional: Es könnte also bald einen Alexa-Kleiderschrank mit einem smarten Spiegel geben, der individuell zu mir passende Modeprodukte zeigt, wenn ich ihn danach frage?
Amordeluso: Tatsächlich habe ich schon einige Geräte mit so einer Smart-Mirror-Funktionalität gesehen.
  • Alexa-Mikrowelle: Bei ihrer Vorstellung gab es viel Gelächter. Sie soll aber vornehmlich ein Referenzprodukt sein.
    Quelle:
    Amazon
Und dann gibt es in den USA ja noch den Echo Look, einen Sprachassistenten mit integrierter Kamera.
com! professional: Alexa ist schon seit einer Weile nicht mehr allein in der Welt der Sprachassistenten. Sind der Google Assistant, Cortana und Co. denn Kollegen oder Konkurrenten für Alexa?
Amordeluso: Wir konzentrieren unsere Energien und Ressourcen auf unsere eigenen Kunden, deshalb schauen wir nicht so sehr auf die anderen Player im Markt. Dennoch: Ich persönlich bin begeistert davon, dass es mittlerweile so viele Unternehmen gibt, die die Idee der Sprachsteuerung, diese „Voice-Revolution“, vorantreiben.
Jeder neue Mitspieler in diesem Feld wird dazu beitragen, dass diese Revolution ein Stückchen früher umgesetzt wird, und das schätze ich sehr. Und wenn es eine Möglichkeit gibt, voneinander zu lernen, werden wir sie uns ansehen - deshalb haben wir letztes Jahr eine Kooperation mit Microsofts Cortana geschlossen.
com! professional: Die Verkäufe von intelligenten Lautsprechern explodieren in den USA gerade, bis 2020 sollen drei von vier US-amerikanischen Haushalten einen davon be­sitzen, prognostiziert Gartner. Wie sieht das in Europa aus? Sind die Kunden hier ­genauso begeistert von Alexa und ihren Kollegen?
Amordeluso: Ich würde sagen, ja. Der US-Markt ist natürlich bereits deutlich erwachsener, wir sind dort ja schon vor über vier Jahren gestartet. In Europa gibt es Alexa noch nicht so lange.
Aber wir sehen auch hier großes Interesse an dieser Technologie. Die Zahl der Europäer, die mit ­Alexa interagieren, hat sich im letzten Jahr verdoppelt. Die Akzeptanz der Sprachsteuerung steigt mit der Anzahl an bequemen und hilfreichen Skills, die für europäische Länder lokalisiert oder konzipiert werden. Die Voice-Revolution ist also auf jeden Fall nicht nur eine amerikanische Revolution - sie ist ein globales Phänomen.

mehr zum Thema