Business-IT
18.10.2019
E-Commerce
1. Teil: „Mit Video-Chat im Ladengeschäft beraten“

Mit Video-Chat im Ladengeschäft beraten

Visual Generation / shutterstock.com
Videotechnik bringt Online-Kunde und Offline-Verkäufer zusammen. Neben dem Einzelhandel zeigt die digitale Beratung auch erste Erfolge im B2B-Bereich.
  • Saturn.de: Webshopper können sich vom Verkäufer im Laden per Smartphone und Headset TV-Geräte vorführen lassen.
    Quelle:
    Saturn
Wenn der Kunde im Laden steht und nicht weiß, welches Produkt das richtige für ihn ist, fragt er den Fachverkäufer. Er lässt sich das Produkt vorführen und erklären, wägt Vor- und Nachteile der verschiedenen Varianten ab. Diese Beratungsqualität ist einer der Hauptgründe, warum Kunden gern im stationären ­Geschäft einkaufen. Und sie ist das, was vielen Online-Shops fehlt. Dort finden sich meist nur mehr oder weniger aussagekräftige Produktfotos und beschreibende Texte - bestenfalls ergänzt durch Produkt-Videos oder die Kommentare anderer Käufer. 
Doch Shop-Betreiber haben durchaus die Chance, Kunden eine weiterrei­chende Beratung anzubieten, etwa über einen Live-Video-Chat. Wie das geht, zeigen die drei Beispiele.

Fachverkäufer präsentiert

Seit April dieses Jahres bietet Media Markt Saturn Kunden im Online-Shop Saturn.de eine Live-Videoberatung an - zunächst für Produkte wie Fernseher, Beamer, Haushaltsgroßgeräte,  Laptops und Drucker. Ist der Online-Shopper in einem dieser Bereiche ­unterwegs, erhält er automatisch eine Einladung zum Video-Chat eingeblendet. Nimmt er sie an, muss er nur noch Kamera und Mikrofon seines Laptops oder Smartphones freigeben, der Chat läuft dann im Browser selbst ab.
Der Fachverkäufer im Markt ist mit Smart­phone, Handstativ und  Headset ausgestattet und kann darüber das ausgewählte Produkt in Bild und Ton direkt aus dem Regal heraus präsentieren. Dabei trägt er eine Weste, die den Kunden im stationären Laden deutlich macht, dass er sich gerade in einer Online-Beratung befindet. Entscheidet sich der Kunde für den Artikel, kann der Mitarbeiter ihn online gleich bestellen. Ziel ist für Saturn-Vertriebsleiter ­Christoph Geiselmayr die Verknüpfung der Kanäle: „Mit der Videoberatung bauen wir unser Service- und Omnichannel-Angebot für unsere Kunden konsequent aus und kombinieren das Beste aus dem Online- und dem stationären Handel.“ ­Eine zweistellige Zahl von Mitarbeitern steht nach einer jeweils eintägigen Schulung für die Beratung bereit.
  • Quelle:
    Deutsche Gesellschaft für Qualität
Der Elektronikhändler verwendet für die Videoberatung die Lösung des britischen Anbieters Go Instore. „Damit haben wir ein etabliertes und funktionierendes System gefunden. Das digitale Routing vom Webshop zum Markt und die unkomplizierte Integration haben uns zudem überzeugt“, begründet Florian Moos, Vertriebsleiter E-Commerce Media Markt Saturn Deutschland, die Wahl. Die Lizenzkosten sowie die internen Projektkosten belaufen sich auf einen mittleren fünfstelligen Betrag für die ­Pilotphase im ersten Jahr.
Die Resonanz ist positiv: Das Interesse nimmt stetig zu, aktuell zählt das Unternehmen rund 200 Videoberatungen im Monat. Die Bewertung der Kunden liegt im Schnitt bei 4,7 von fünf Punkten. Und: „Rund die Hälfte der Kunden, die ein Beratungsgespräch hatten, kaufen dann direkt auch das Produkt, zu dem beraten wurde. Die Konversionsrate liegt höher als die durchschnittliche Rate im Online-Shop, das Investment lohnt sich also für uns“, freut sich Florian Moos.
Einen anderen Weg geht Villeroy & Boch. Da der Badausstattungs-Hersteller anders als Multichannel-Händler Media Markt Saturn nicht über stationäre Filialen verfügt, legt er den Fokus auf Beratung statt Verkauf. Ein Tool hilft Kunden bei der Gestaltung ihres Badezimmers. Seit Ende 2018 hat Villeroy & Boch zusätzlich den ­Video-Chat Snapview eingebunden. „Für die eigene Badplanung muss man viel Zeit investieren. Ziel war es, den Kunden mit der kostenlosen Videoberatung in ihrem eigenen Zuhause einen flexiblen Service bieten zu können“, erklärt Online-Marketing-Leiter Andreas Wenzel.
Berater und Kunde sind per Video verbunden und können gleichzeitig auf den Online-Badplaner zugreifen. So können sie gemeinsam ausprobieren und entscheiden, welche Produkte am besten passen. Auch diese Lösung ist browser­basiert, sodass der Kunde nichts installieren muss.
Die Beratung übernehmen Expertinnen im Stammhaus von Villeroy & Boch in Mettlach. Da sie bereits über das Fachwissen verfügen, brauchen sie nur eine kurze Technik-Einweisung. Auf Beratung an realen Produkten aus einem Showroom heraus verzichtet Villeroy & Boch, vor allem wegen der dazu nötigen Verfügbarkeit von Produkten und der Bewegungsfreiheit im Showroom. Die Videoberatung soll in erster Linie eine Brücke zwischen der Online-Recherche und ­einem Showroom-Besuch sowie der finalen Umsetzung schlagen. Das Kunden-Feedback ist auch bei Villeroy & Boch positiv, die Kunden empfänden den Service als gute Hilfestellung, so Wenzel.
2. Teil: „B2B-Beratung per Video“

B2B-Beratung per Video

  • Villeroy & Boch: Kunden werden bei der Gestaltung ihres Traumbads durch eine Videoberatung unterstützt.
    Quelle:
    Villeroy & Boch
Erfolgreich ist die Videoberatung auch im B2B-Bereich: „Vertrauen ist das Wichtigste beim Verkauf über das Telefon. Kann mich mein Gegenüber nicht nur hören, sondern auch sehen, steigert dies das Vertrauen signifikant. Denn: Menschen kaufen von Menschen. Produkte sind austauschbar“, betont Ulrich Wasserbäch, Director Inside Sales bei Visable. ­Visable - bis Mai 2019 bekannt als „Wer liefert was“ - ist ein Firmenverzeichnis für Einkäufer in Unternehmen. Es setzt die ­Videoberatung im telefonischen Verkauf zur Neukunden- und Kundenrückgewinnung, dem Cross- und Upselling und der Außendienstterminierung ein.
Mittlerweile telefoniert fast jeder Kunde per Video mit Visable, ein Viertel schaltet die ­Kamera ohne Aufforderung von sich aus ein. Der Umsatz ist gegenüber Vorjahr um 25 Prozent ­gestiegen. „Meine Erwartungen sind übertroffen worden“, so Ulrich Wasserbäch.
  • Quelle:
    Deutsche Gesellschaft für Qualität
Auch Visable verwendet Snapview. Die technische Implementierung verlief laut Wässerbach reibungslos. Anfangs nutzte Visable nur die Filesharing-Funktion von Snapview, um Dokumente oder Fenster zur Visualisierung des Sales-Pitches schnell und sicher zu übertragen. Seit einem Jahr ist die Videotelefonie Bestandteil der Beratung. Für die Verkäufer war das Tool eine Herausforderung: Viele waren sehr skeptisch, plötzlich gegenüber dem Kunden sichtbar zu sein. Daher setzte ­Visable nur Verkäufer ein, die dies freiwillig tun wollten. Mit deren Erfolg wuchs dann auch die Motivation bei den Kollegen.
Tabelle:


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