Digitalisierung
07.11.2019
Vorbilder
1. Teil: „Wie Transformer sich selbst transformieren“

Wie Transformer sich selbst transformieren

Digitaler DatenstromDigitaler DatenstromDigitaler Datenstrom
Bild: Shutterstock / metamorworks
Wer Kunden verspricht, Prozesse und Strukturen zu optimieren, muss selbst damit anfangen. Unternehmen sollten daher konkret erklären, was sie als digitaler Transformator auszeichnet.
  • Quelle:
    ICT Analytics / Computerworld (n = 316 Schweizer Unternehmen)
Das Buzzword Digitalisierung wird als Floskel für alle möglichen Marketingkampagnen instrumentalisiert. Doch können Berater, Hersteller und Integratoren bei potenziellen Kunden mit dem D-Wort nicht mehr einfach so auftrumpfen. Vielmehr müssen sie IT- und Business-Entscheidern erklären, was sie als digitale Transformer auszeichnet. Gefragt sind bei den Unternehmen Antworten auf Fragen nach konkreter Technik und welche Prozesse und Anwendungen helfen, den andauernden Weg der Automatisierung und Effizienzsteigerung zu gestalten. Dafür lohnt es sich zu erfahren, auf welchem Stand der Digitalisierung sich diejenigen befinden, die die Werkzeuge der digitalen Transformation verfügbar machen.
Tatsächlich arbeiten ICT-Anbieter laufend an ihrer eigenen digitalen Transformation, wie die Top-500-Studie der „Computerworld“, der Schwesterzeitschrift von com! professional, beispielhaft für die Schweiz belegt. Bei der Frage nach den Transformationsschwerpunkten in den nächsten zwei Jahren zeigte sich, dass der größte Inves­titionsblock abermals für die Aus- und Weiterbildung der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgesehen ist. Nach zuletzt rund 63 Prozent der Befragten gaben diesmal sogar fast 70 Prozent an, hierfür Gelder reserviert zu haben. Umgekehrt heißt dies, dass auf externes Personal wie Free­lancer und Berater, wo immer möglich, verzichtet wird. Nur noch 5,1 Prozent der Befragten (im Vorjahr 6,3 Prozent) verorten hier Investitionsbedarf. An zweiter Stelle nannte fast die Hälfte (48,7 Prozent) der befragten ICT-Anbieter Investitionen in die Digitalisierung der Workflows und Kunden­beziehungen als Priorität. Zudem planen 40,5 Prozent von ihnen, Geld in die Optimierung ihrer Geschäftsprozesse zu stecken, weitere gut 35 Prozent wollen Investitionen in neue Geschäftsfelder tätigen.

Eine lange Reise

Die Zahlen sind das eine. Doch wie sieht die Situation konkret bei denen aus, die als Dienstleister, Lösungsanbieter und Integratoren die digitale Transformationen ihrer Kunden Tag für Tag begleiten? Georg Berner, Managing Director der Software AG Schweiz, spricht von einer mehrjäh­rigen Reise, „um unser gesamtes Geschäft zu transformieren“. Als größte Herausforderung dieses Wandels sieht er den Menschen und im Zusammenhang damit „die Adaptierung und Übernahme neuer Prozesse, neuer Arbeits- und Verhaltensweisen sowie auch persönliche und kulturelle Einstellungen“. Als Beispiel für Maßnahmen, um selbst noch digitaler zu werden, nennt er das Verlagern eines Großteils „unseres Geschäfts auf Miet-Software“. Außerdem setze man beispielsweise „neue Technologien wie Microsoft Teams ein, um unseren Mitarbeitern dabei zu helfen, auf neue Art und Weise zu arbeiten und die digitale und effiziente Transformation umzusetzen“.
Generell sei „in einem so dynamischen Markt wie dem Software-Geschäft die Notwendigkeit, sich ständig anzupassen, allgegenwärtig und auch zwingend nötig“. Konkret investiert werde etwa in „die Prozessoptimierung zur Verbesserung des Kundenerlebnisses oder in erweiterte Technologien, die eine bessere Vertriebsqualität ermöglichen“.
Beim SAP-Implementierungspartner Retailsolutions stellt Geschäftsführer Philipp Rohe erst einmal klar, dass „Digitalisierung eine effiziente Nutzung von Daten mit dem Ziel der Prozess-, Bedarfs- und Beziehungsoptimierung“ ist. Der Wandel selbst sei nicht neu, neu seien die Technologien für die Optimierung. Konkret hält er fest, dass man als Berater sehr dezentral arbeite und so etwa „fast alle internen Systeme zentral mit mobilen Zugangspunkten nutzt, um jederzeit auf alle Daten zugreifen zu können“. Die Abrechnungsprozesse mit den Kunden und Lieferanten sind automatisiert und die „Nutzung von Daten zur Optimierung der Kundenbeziehungen und Schärfung der Dienstleistungen ist gestartet. Auch bei der Ablage, Sortierung und Bündelung von Daten sowie beim Nutzen sozialer Medien sind wir erste Schritte gegangen“, führt Rohe weiter aus. Schwer tue man sich im HR-Bereich. Da es im Beratungsgeschäft um sehr individuelle Themen gehe, brauche es diesbezüglich noch Handarbeit, fügt er an. Erste Versuche, hier KI einzusetzen, seien aber lanciert.
2. Teil: „Wandel als Daueraufgabe“

Wandel als Daueraufgabe

Aspekte interner digitaler Maßnahmen betont CEO und Mitinhaber Roger Hegglin vom System­integrator Infoniqa. Hegglin sagt, dass man vor allem die internen Prozesse digitalisiert habe, „die repetitiv und nachvollziehbar“ und damit „prädestiniert sind, um als Erste überprüft zu werden“. Aber „nicht alles muss durch alle Böden hindurch digitalisiert werden. Es muss Sinn machen, sich rentieren. As simple as that“, betont er.
Zudem sei klar, dass mit der Digitalisierung auch die Anforderungen an die IT-Security stiegen. „Wir sind ISO-27001-zertifiziert. Daher sind Maßnahmen zur Digitalisierung jeweils mit dieser Norm abzugleichen.“ Bei den eigenen Investitionen stünden „die Prozessoptimierungen und etwa Lösungen für das Internet of Things“ im Vordergrund. Hier schlummerten mögliche neue Geschäftsfelder. Und wann ist die Transformation abgeschlossen? „Wenn wir ehrlich sind, nie“, sagt Hegglin. Es handle sich um einen fortlaufenden Veränderungsprozess, der „aber ab einem gewissen Level in Richtung Continuous Improvement übergeht“.

Transformation kostet

Dass Optimierung, Transparenz und Automatisierung für die Transformer selbstverständlich sein müssen, sieht auch Elisabeth Maier, CEO des Entwicklers von Individual-Software Karakun, wenn sie fragt: „Können Kunden IT-Anbieter ernst nehmen, die sich nicht selber mit digitaler Transformation beschäftigen?“ Schon bei der Gründung vor eineinhalb Jahren habe man „größten Wert auf schlanke und transparente Geschäftsprozesse gelegt, die weitgehend durch IT-Systeme unterstützt und wo immer möglich auto­matisiert werden“.
Jüngst sei der „Umstieg auf eine inte­grierte Gesamtlösung für unsere betriebswirtschaftlichen Prozesse vollzogen worden, die uns neu auch die Vorteile eines effizienten Reportings mitliefert“. Was zuvor in einzelnen Systemen abgebildet wurde, sei nun integriert, „um Systembrüche und manuelle Zusatzaufwände zu vermeiden“. Außerdem erhöht die „Speicherung von Wissen und Informationen auf einem Firmenwiki die interne Transparenz und reduziert signifikant interne Kommunikations- und Klärungsaufwände. Arbeit in virtuellen Teams wird unterstützt durch eine webbasierte Kommunikationslösung, die teure persönliche Meetings weitgehend ersetzt“, zählt Maier auf.
Solche Digitalisierungsanstrengungen erforderten Upfront-Investitionen, für die Mittel vorhanden sein müssen, gibt sie zu bedenken: „Eine vorherige Return-on-Investment-Rechnung zur Sicherstellung von kurz- und mittel­fristigen Einsparungen muss gewährleisten, dass sich diese Investi­tionen rechnen.“ Derzeit fokussiere man den strategischen Ausbau bestehender Geschäftsfelder, wozu auch Investitionen in die Weiterentwicklung von Produkten gehören. Zudem habe auch „Aus- und Weiterbildung bei Kara­kun einen hohen Stellenwert und entsprechend fließen auch in den nächsten Jahren Finanzmittel in den Bereich“.
3. Teil: „Mitarbeiter & Kunden integrieren“

Mitarbeiter & Kunden integrieren

Diesen Punkt betont auch Kurt Ris. Der CEO des Cloud- und IT-Service-Providers EveryWare sieht die größte Herausforderung in der „Fachkräftethematik“. Sie spiele eine große Rolle dabei, wie schnell man als IT-Anbieter wachsen und sich transformieren könne. Und, so Ris weiter, „alle Herausforderungen lassen sich mit qualifizierten und spezialisierten Mitarbeitern bewältigen.“ EveryWare sei in der glücklichen Lage, auf viele langjährige Mitarbeiter zählen zu können, die aktiv Prozesse mitgestalten und neue Mitarbeiter empfehlen. Dennoch stellt Ris fest: „Wir sind genau wie alle anderen Anbieter ständig auf der Suche nach neuen, guten Fachkräften.“ Dabei ist für Ris klar, dass „ohne Transformation ein IT-Anbieter nicht lange auf dem Markt überlebt“. Neue Technologien und Lösungen müssten laufend geprüft und ins Service-Portfolio aufgenommen, Prozesse und Rollen müssten angepasst und neu definiert werden, schiebt er nach. Kurz: Transformation gelinge „in stetigen, sinnvollen, aber trotzdem dynamischen Einheiten“.
Grundsätzlicher wird man noch einmal bei Nomasis. Martin Blattmann, der das Engineering und den Support beim Spezialisten für die Umsetzung mobiler IT-Infrastrukturen verantwortet, sagt: „Wir sehen die digitale Transformation als ganzheitlichen Ansatz. Sie ist zu unserer Mission und der unserer Kunden geworden.“ Sowohl die Unternehmenskultur infolge der Einflüsse disruptiver Trends auf die Mitarbeiter als auch die Enabler-Rolle im Business wie die proaktive Analyse von Technologie-Trends seien essenziell für den eigenen Erfolg. „Eine offene Unternehmenskultur sowie Technologiekompetenz sind die Treiber neuer digitaler Geschäfts­modelle für uns und unsere Kunden.“ Am Ende seien „die Menschen im Unternehmen noch immer der Schlüssel zum Erfolg“. Faktisch biete man den Mitarbeitern seit über zehn Jahren mit mobilen Geräten Zugriff auf die Unternehmensdaten, damit sie jederzeit und von überall aus arbeiten könnten. „Zentrale Voraus­setzung ist, dass unsere Prozesse und Systeme papierlos sind.“ Zudem über­arbeite man laufend die „internen Prozesse, um sie möglichst effizient, automatisiert und vor allem IT-gestützt abwickeln zu können“. So habe man etwa „für den Bestell- sowie Rechnungsstellungsprozess mit einem Partner das Tool selber gebaut“, erklärt Blattmann. Investiert würde in den nächsten Jahren in die Automatisierung der wichtigsten Business-Prozesse. Dass die Sicherheit dabei eine zentrale Rolle spielt, „ist für uns als Mobile-Security-Spezialist selbstverständlich“. Daneben geht es aber auch bei Nomasis darum, „neue Geschäftsfelder zu erschließen, bei denen uns Marketing­automation enorme Unterstützung bietet“.

Step by step

Abschließend soll noch Matthias Oswald zu Wort kommen. Der Geschäftsführer des Internet-Service-Providers iWay fokussiert momentan „auf Maßnahmen, die das Kunden­erlebnis verbessern und gleichzeitig unsere Prozesse vereinfachen“. Eine große Rolle spiele digitales Marketing und eine datengetriebene Entscheidungsfindung, führt er aus. Man habe mit sämtlichen Stakeholdern versucht herauszufinden, wie digital iWay in Zukunft aussehen soll „und was das für uns bedeutet“. Daraus seien kurz- und mittelfristige Zielvorgaben entwickelt worden, die nun in agilen Projekten umgesetzt werden.
„Wir handeln dabei in relativ kleinen Schritten und korrigieren, wenn nötig, entsprechend oft“, erklärt er die Reali­sierung. Wobei aber sicher­gestellt werde, dass das Vorgehen immer in die Gesamtstrategie integriert sei. Investiert werde in die Umsetzung der Digitalstrategie: hauptsächlich in Prozessoptimierung, digitales Marketing, Sicherheit sowie in Aus- und Weiterbildung. Man wisse jedoch, ergänzt Oswald, dass das, was man heute als digitale Transformation bezeichnet, nie enden wird: „Für unser Unternehmen gilt, dass wir uns rund alle drei Jahre transformieren. Das ist ein rollender Prozess.“

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