19.11.2018
Online-Marketing
1. Teil: „Tausende Chatbots sind als Berater im Einsatz“
Tausende Chatbots sind als Berater im Einsatz
Autor: Helmut van Rinsum
Zapp2Photo / shutterstock.com
Wenn Chatbots gut gemacht sind, erhöhen sie die Kundenbindung. Sonst eher nicht. Nutzer sind den Assistenten gegenüber oft noch zurückhaltend, mit guten Systemen unterhalten sie sich aber gerne.
Der ARAG Reiseassistent hat das ganze Jahr über viel zu tun, vor allem aber im Vorfeld der Sommer- und Winter-Reisezeit ist er dick im Geschäft. Zahlreiche Verbraucher treten vor den Höhepunkten der Urlaubssaison mit ihm in einen Dialog und informieren sich, wie sie ihren Urlaub absichern können. Sie suchen Antworten auf Fragen wie „Brauchen wir eine Auslandskrankenversicherung?“ oder „Ist ein Schutzbrief sinnvoll?“
Facebook Messengers wird das Gespräch gesteuert. Im Idealfall führt es nahtlos in den Online-Checkout, wo dann vom Anwender direkt eine Versicherung abgeschlossen werden kann.
Das Besondere daran: Der Reisesassistent des Versicherungskonzerns ARAG ist kein Mensch, sondern ein Chatbot. Über Eingabefelder im Chat-Fenster des Der ARAG-Chatbot ist der Vertreter einer Technologie, die sich wachsender Beliebtheit erfreut. Der Begriff setzt sich aus „to chat“ (plaudern) und „bot“ (für Roboter) zusammen und bezeichnet eine Software, die im Text bestimmte Signalwörter erkennt und daraufhin mit zuvor abgespeicherten Textmodulen antwortet.
Vorteil Chatbot
Für Unternehmen bietet der Einsatz von Chatbots in Messenger-Diensten oder auf Webseiten eine ganze Reihe von Vorteilen.
Zunächst einmal werden Mitarbeiter entlastet, die sonst immer und immer wieder die gleichen Fragen zu Produkten, Dienstleistungen oder Öffnungszeiten beantworten müssten. Darüber hinaus arbeitet ein Bot klaglos und ohne Gehaltszuschlag rund um die Uhr, er kann also auch nachts auf Anfragen reagieren.
Ein weiterer Vorteil ist: Aufwendigere Bots können aus den Dialogen und der Analyse der gewonnenen Daten Produktempfehlungen ableiten, auf die ein „normaler“ Mitarbeiter vielleicht gar nicht gekommen wäre.
Der Chatbot von ARAG ist dabei kein KI-gesteuertes Intelligenz-Monster, sondern eher einfach gestrickt. Schon bei kleinsten Gegenfragen im Freitextfeld steigt er aus: „Sorry, we didn’t understand that message.“ Wer sich allerdings an den im Chat vorgegebenen Buttons entlanghangelt, erhält durchaus die gewünschten Informationen.
„Rund 100 User durchlaufen den Chatbot monatlich“, berichtet Jakob Muziol, Online Marketing Manager bei der ARAG SE, „ein Großteil von ihnen bis in die letzten Dialogebenen. Zudem zeigen die Webanalyse-Daten, dass er tatsächlich beim Kauf assistiert.“ Eine erfolgreiche Marketingmaßnahme also, vor allem weil die ARAG den Bot innerhalb von nur zwei Wochen und ohne externe Unterstützung selbst installieren konnte.
2. Teil: „Chatbot-Initiative von Facebook“
Chatbot-Initiative von Facebook
sozialen Netzwerk relativ einfach ihren eigenen Chatbot bauen und ihn auf dem Messenger-Dienst einstellen.
Möglich ist diese relativ einfache Implementierung, weil die großen Plattformen inzwischen das Thema für sich entdeckt haben. Ein Schlüsselereignis auf dem Weg dorthin: Im Frühjahr 2016 startete Facebook eine Chatbot-Initiative. Seitdem können Unternehmen in dem Man schätzt, dass mittlerweile weit über 100.000 Chatbots auf dem Facebook Messenger aktiv sein dürften. Ein Indiz für die wachsende Beliebtheit von Chatbots auf Facebook war kürzlich die Entscheidung des Gesundheitsportals Netdoktor, dort einen eigenen Chatbot zu starten.
Sapia, so der Name des Dialog-Roboters, ist in der Lage, eine Art medizinischer Sprechstunde abzuhalten. Der User schildert ihm seine Krankheitssymptome, Sapia antwortet mit Diagnosevorschlägen. Dabei greift der Bot auf eine von Medizinern entwickelte Datenbank mit rund 700 Symptomen und 560 Diagnosen zu.
„Nutzer können mit Sapia auf einfache und interaktive Weise ihre Symptome prüfen und deren Bedeutung verstehen - und das rund um die Uhr sowie überall per Smartphone“, erläutert Florian Geuppert, CEO von Netdoktor.
Mit der Einführung von Sapia wollte Netdoktor auch jüngere Zielgruppen erreichen. Das Vorhaben scheint geglückt, tatsächlich sind rund 65 Prozent der Nutzer unter 30 Jahre.
Und auch hier ist die Absprungrate – ähnlich wie beim ARAG Reiseassistenten – niedrig. Wer einmal anfängt, mit dem Chat zu plaudern, bleibt dabei. „Unsere Completion Rate liegt bei sensationellen 95 Prozent“, sagt Geuppert. „Nahezu jeder, der den Anamnese-Chat begonnen hat, beendet diesen auch bis zum Vorschlag der Verdachtsdiagnose.“
Herbie lernt ständig dazu
„Die Besonderheit ist, dass er anhand von spezifischen Fragen den Gesprächsverlauf leitet und in Echtzeit ein relevantes Produktinteresse erkennt“, so FinReach-CEO Sascha Dewald. Damit unterscheide er sich von klassischen Chatbots. „Auf Basis von Künstlicher Intelligenz lernt Herbie ständig dazu und kann dadurch seine Informations- und Interaktionsqualität verbessern“, sagt Markus Petzold, Fachbereichsleiter Payment bei der DKB.
Herbie ist noch in der Pilotphase. Denn er soll nicht nur die Kundenbindung erhöhen, sondern ganz generell zeigen, ob Kunden bereit sind, solche Technologietrends mitzugehen. Die ersten Erkenntnisse seien positiv, berichtet Petzold. „Es zeigt sich, dass der überwiegende Teil der Kunden das Angebot, mit einem Chatbot zu interagieren, annimmt.“
3. Teil: „Tipps für den Chatbot-Einsatz“
Tipps für den Chatbot-Einsatz
Wie also vorgehen? Mehner empfiehlt, sich am Anfang auf bestimmte Fragen zu konzentrieren und einen Chatbot für spezielle Themen einzusetzen. Kontraproduktiv sei es, gleich das ganze Wissen der Firma in den Bot pressen zu wollen. Zum zweiten gehe es auch um passende Antworten auf die Fragen, die einen Chatbot überfordern. Mehner: „Ich empfehle dringend, Fallback-Antworten vorzubereiten, die im Idealfall allgemeine Antworten geben. Und dann - und das ist ganz wichtig - die jeweiligen Anliegen an einen Bearbeiter im Kundenservice weiterleiten.“
Unter dieser Voraussetzung erhöht ein Chatbot die Kundenbindung. Selbst wenn er erst einmal nicht weiterhelfen konnte.
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