Software
21.02.2018
Development-Baukästen
1. Teil: „Software mit Low-Code-Plattform erstellen“

Software mit Low-Code-Plattform erstellen

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Alfa Photo / shutterstock.com
Low-Code-Plattformen ermöglichen Software-Entwicklung fast ohne Programmierkenntnisse. Damit sind die Software-Baukästen ein probates Mittel gegen Termindruck und Fachkräftemangel.
Tempo, Tempo, Tempo – im digitalen Zeitalter zählt vor allem Geschwindigkeit. Firmen müssen ihre neuen Produkte und Services zügig auf den Markt bringen und zugleich ihre Geschäftsprozesse flexibel an neue Anforderungen anpassen. Vor allem die Fachabteilungen verlangen immer kürzere und flexiblere Bereitstellungszeiten für Anwendungen. Gefragt sind pragmatische, oft sofort wirkende Ansätze. Daher setzen immer mehr Unternehmen auf agile Entwicklungsmethoden wie Scrum. Auch Dev­Ops hat an Bedeutung gewonnen. Dieser Ansatz sorgt durch eine enge Verzahnung von IT-Entwicklung und -Betrieb ebenfalls dafür, dass die IT-Anwendungen schneller bereitstellen kann.
  • Quelle: Gartner
Nichtsdestoweniger bleibt der Aufwand für die Entwicklung der Business-Anwendungen sowie von Updates und Sicherheits-Patches hoch. Das Problem: In den IT-Abteilungen sind die personellen Ressourcen und das Budget oft knapp, zudem fehlt es häufig an qualifizierten Fachkräften. Eine mögliche Lösung bietet hier eine Low-Code-Plattform als eine Art Baukasten für Software-Anwendungen.

Software-Baukästen

„Low Code ist der Versuch, Software mit möglichst wenig händischem Programmieraufwand zu entwickeln“, erläutert Frank Termer, Bereichsleiter Software beim Branchenverband Bitkom. „Es geht hier mehr um das Konfigurieren von Funktionen über eine grafische Benutzeroberfläche. Low Code stellt im Prinzip eine evolutionäre Weiterentwicklung von Rapid Application Development dar, allerdings mit wesentlich besseren Tools etwa durch die Cloud und Open Source.“
Der Ansatz Rapid Application Development  (RAD) stammt bereits aus den 1980er-Jahren und zeigt, dass es schon lange den Wunsch gibt, die Software-Entwicklung zu beschleunigen. Ziel beim Low Code Development ist es, Business-Anwendungen schnell mit minimaler Programmiertätigkeit bereitzustellen. „Eine Low-Code-Plattform bietet aber trotzdem die Option, manuell zu coden, etwa für die Integration bestehender Systeme. Low Code Delivery deckt grundsätzlich den kompletten Lebenszyklus einer Anwendung ab, von den Anforderungen über die Entwicklung, Tests, die Bereitstellung, Änderungen über viele Iterationen und die erneute Bereitstellung“, ergänzt Martin Otten, Sales Director Kontinentaleuropa bei Outsystems, einem führenden Anbieter von Low-Code-Plattformen.
2. Teil: „Für Entwickler und Anwender“

Für Entwickler und Anwender

Ein gutes Beispiel für Low Code ist WordPress, das beliebte Content-Management-System für Webseiten. Anwender können damit einfach und schnell Blogs oder Webseiten bauen, Design-Vorlagen nutzen oder über Plug-ins Funktionen integrieren. Auf der anderen Seite bietet WordPress Entwicklern den Freiraum zur Programmierung spezieller Features.
„Es müssen IT-Fachleute dabei sein, um geschäftliche Anwendungen zu entwickeln. Low Code eignet sich auch sehr gut für Business-Analysten, die prozessgetriebene Anwendungen umsetzen, etwa zur Integration von Web-Services“, sagt Martin Otten. Etwas skeptischer zeigt er sich gegenüber wenig IT-affinen Business-Nutzern aus den Fachabteilungen. Auch für Matthias Zacher, Manager Research & Consulting beim Marktforschungsunternehmen IDC, sollten Anwender aus den Fachabteilungen über IT-Kenntnisse verfügen, um mit Low-Code-Plattformen Anwendungen bauen zu können: „Ich denke hier etwa an Business-Analysten, die sich mit Prozessen gut auskennen und entsprechende Tools für deren Modellierung einsetzen. Und natürlich eignen sich diese Lösungen sehr gut für Software-Entwickler, die manche Auf­gaben schneller erledigen wollen.“

Schnelle Bereitstellung

Die schnelle Konfiguration und Bereitstellung von Anwendungen ist einer der größten Vorteile von Low-Code-Plattformen, die meist mit Cloud-Diensten verknüpft sind. User können damit in visuellen Editoren per Drag and Drop grafische Bedienoberflächen gestalten, Prozesse oder Prozess-Schritte modellieren und einer Anwendung Elemente hinzufügen. Test, Build und Deployment sind weitgehend automatisiert. Die meisten Plattformen bieten zudem App-Stores mit vorgefertigten Lösungen, Komponenten und Funktionen an, mit denen sich auch Standardlösungen anpassen lassen. Beispiele sind Funktionen wie Abrechnung, Datenbankintegration, Suche und Cloud-Storage.
„Im Schnitt sind Anwendungen mit Low Code um 30 bis 50 Prozent schneller fertig als Applikationen mit manueller Codierung“, sagt Outsystems-Mitarbeiter Martin Otten. In manchen Fällen könnten Unternehmen Apps innerhalb von durchschnittlich vier Monaten ausrollen anstelle einer üblichen Projektlaufzeit von über 20 Monaten. Damit sind sie in der Lage, auf marktbedingte Anpassungen flexibel zu reagieren und die App entsprechend weiterzuentwickeln. Nicht direkt ersichtliche Features wie Responsive Design, Authentifizierung, Multi-User-Betrieb oder Mehrsprachigkeit sind dabei schon integriert. „Low-Code-Plattformen erlauben auch, neue Versionen einer Business-App mit nur einem Mausklick auszuspielen“, so Otten weiter.
3. Teil: „Mittel gegen Fachkräftemangel“

Mittel gegen Fachkräftemangel

  • Grafische Programmierung mit Low-Code-Plattformen: Nutzer können Prozesse per Drag and Drop in Workflows umsetzen.
    Quelle:
    Consol
Wegen des geringen Aufwands für den Bau von Anwendungen sinkt auch das Risiko bei Innovationen. Unternehmen können ohne große Investitionen und Schulungsaufwand neue Funktionen schnell erstellen, testen sowie bei Erfolg weiter ausbauen und skalieren. Auch die Qualität des Quellcodes steigt, da die Fehlerquellen durch den Einsatz von vordefinierten Bausteinen und die automatische Code-Generierung weniger werden. Die Kosten für Low Code sind schwer zu beziffern und hängen von der individuellen Anwendung ab.
„Low-Code-Plattformen sind häufig mit Open Source und der Cloud verknüpft, insbesondere in Form von Platform as a Service (PaaS)“, betont Matthias Zacher von IDC. „Hier gibt es verschiedene Bezahlmodelle wie Pay per Use oder nach Anzahl der Nutzer sowie diverse Nutzungsszenarien. Die Bandbreite reicht von abgespeckten Anwendungen bis hin zu Enterprise-Umgebungen. Insofern ist hier keine allgemeingültige Aussage zu den Kosten möglich.“
Er sieht Low Code zudem als Option, um die Folgen des Fachkräftemangels abzufedern. „Low-Code-Plattformen reduzieren mit ihren visuellen Editoren und vorgefertigten Bausteinen die Komplexität bei der Software-Entwicklung erheblich. Daher können IT-affine Mitarbeiter im Business mit den Tools arbeiten und eigene Anwendungen realisieren“, so Zacher. Für Entwickler, die wissen wollen, was im Hintergrund abläuft und den Code analysieren wollen, sei Low Code jedoch nicht so gut geeignet.
Darauf sollten Firmen bei der Auswahl einer Low-Code-Plattform achten
  • Grundsätzlich: Reichhaltige Funktionen für die IT und IT-affine Fachanwender
  • Visuelle Editoren und grafische Konfiguration virtueller Datenmodelle
  • Einfache Integration von Datenquellen auch aus der Cloud
  • Schnelle Bereitstellung und Automatisierung des Lebens­zyklus der Anwendungen
  • Tools zur Definition von Geschäftslogik und Workflows mit Hilfe von Prozessmodellen, Entscheidungstabellen und Geschäftsregeln
  • Responsive User Design mit automatischer Anpassung der Bedienoberfläche für verschiedene Endgeräte
  • App-Store mit vorgefertigten Bauelementen, Funktionalitäten und Gestaltungselementen
  • APIs sorgen durch die Anbindung an externe Systeme und die Erweiterbarkeit um externe Tools für Investitionssicherheit
  • One-Click-Deployment auch in der Cloud
  • Enterprise-Funktionen (Skalierbarkeit, Security, Governance)
  • Kein Vendor-Lock-in: Kann ich den Quellcode mitnehmen?
  • Einfache Verwaltung der Tools für das Management von Entwicklung, Testing und Deployment
  • Ökosystem: Wie ist die Unterstützung in Communities?
  • Tutorials für den Einstieg ohne aufwendige Schulungen
  • Ausführliche Dokumentation der einzelnen Schritte
  • Offline-Unterstützung
  • Feedback-Tools für Service und Support
4. Teil: „Grenzen und Herausforderungen“

Grenzen und Herausforderungen

Grenzen von Low-Code-Anwendungen sieht er auch bei sehr komplexen, sehr datenlastigen Anwendungen im ERP-Umfeld, bei denen Themen wie Security, Schnittstellen, komplexe Datenmodelle oder individuelle Geschäftsprozesse eine wichtige Rolle spielen. „Mit Low Code lassen sich einfache bis mittelkomplexe Szenarien etwa im E-Com­merce oder in der Logistik umsetzen. Der Umgang mit externen Daten und die Anbindung der Lösung an das Backbone stellen hier aber immer eine große Herausforderung dar“, erklärt Matthias Zacher.
  • Bedienoberfläche als Baustein: Low-Code-Plattformen er­lauben den einfachen Aufbau von User-Interfaces ohne manuelles Coden.
    Quelle:
    Outsystems
Auch Martin Otten vom Hersteller Outsystems sieht die Grenzen von Low Code. „Rein technisch ist mit Low Code alles zu realisieren, was mit Code programmiert wird. Wir raten aber davon ab und empfehlen, etwa bei CRM oder ERP auf Standardlösungen zu setzen und Low Code nur zu deren Anpassung oder zur Integration in die bestehende Infrastruktur zu nutzen.“ Er empfiehlt seinen Kunden, mit einem kleinen Projekt zu starten und sich von den Vorteilen der Low Code Delivery zu überzeugen: „Unsere Kunden sind nach dem Motto ‚To good to be true‘ oft überrascht, dass Low Code so gut und so schnell funktioniert. Daher gilt: einfach machen.“

Einsatzszenarien und Trends

Ottens Meinung nach eignen sich Low-Code-Plattformen vor allem für die digitale Optimierung von internen Workflows und Prozessen sowie für Dashboards zum Auswerten von Daten. Darüber hinaus sind sie auch für die Optimierung der digitalen Erfahrung bei externen Anwendungen gedacht, etwa durch Selfservice oder mobile Apps. „Als weiteres wichtiges Einsatzszenario sehe ich den Neubau von großen Legacy-Systemen mit neuen Anforderungen wie Cloud-Anbindung, Mobile oder Collaboration. Hier kann die Anpassung mit Low Code agil und relativ schnell erfolgen“, so Martin Otten.
Frank Termer von Bitkom würde Low-Code-Plattformen neben mobilen Apps vor allem für die Automatisierung von Prozessen einsetzen. „Hier können Firmen etwa die Logik für Workflows modellieren und dann automatisch Code generieren und konfigurieren.“ Er geht davon aus, dass der Markt für Low-Code-Plattformen weiter wachsen wird und Low Code künftig die Entwicklung von „selbstheilender“ Software auf Basis von KI mit Algorithmen als Bausteinen unterstützen könnte. „Wir werden aber auch in Zukunft Software-Entwickler für das Zusammenspiel von Komponenten oder für die Programmierung von individuellen, speziellen Anwendungen benötigen“, so Termer.
Vorteile von Low-Code-Tools
  • Schnelle Bereitstellung von Business-Anwendungen
  • Sehr geringer Programmieraufwand
  • Höhere Qualität des Quellcodes: Durch den Einsatz von vordefinierten Bausteinen und die automatische Code-Generierung werden Fehler minimiert
  • Stakeholder Engagement: Der Nutzer sieht durch die agile Entwicklung schnell, was passiert, wenn sich Funktionen einer Anwendung ändern
  • Risiko sinkt: Neue Funktionen sind schnell fertig und die Nutzer können sie sofort testen
  • Niedrigere Entwicklungskosten
  • Geringere Fehlerquote: Elemente der Low-Code-Plattformen sind gut aufeinander abgestimmt und integriert
  • Komplexität der Software-Entwicklung wird reduziert: intuitive Bedienung, keine großen Programmierkenntnisse notwendig
  • Hebel gegen Fachkräftemangel: Da Low-Code-Platt­formen relativ einfach zu bedienen sind, können auch IT-affine Fachanwender selbst Applikationen konfigurieren. Damit lässt sich der Mangel an IT-Experten zumindest teilweise lindern
5. Teil: „Markt für Low-Code-Plattformen“

Markt für Low-Code-Plattformen

Low-Code-Plattformen reduzieren den Anteil herkömmlicher Programmierung durch visuelle Editoren, grafische Modellierungs-Tools für Prozesse, Datenbank-Konnektoren oder App-Stores mit vorgefertigten Bausteinen und Funktionen erheblich. Hinzu kommen offene Schnittstellen für die Inte­gration externer Datenquellen und Tools, Werkzeuge für das Management von Entwicklung, Testing und Deployment oder die sichere Bereitstellung von Anwendungen in der Cloud.  Viele Hersteller bieten Tutorials für den Einstieg ohne aufwendige Schulungen und hohe Anfangsinvestitionen.
Einen Überblick der wichtigsten Anbieter von Low-Code-Plattformen gewähren die Marktforscher von Forrester mit dem „Vendor Landscape: A Fork In The Road For Low-Code Development Platforms“ und Gartner mit dem „Magic Quadrant for Enterprise High-Productivity Application Platform as a Service“. Der relativ junge Markt ist breit gestreut, da die Anbieter aus verschiedenen Richtungen kommen. Gartner prognostizierte für 2017 ein Wachstum des Marktes von etwa 18 Prozent und erwartet für 2018 bis 2021 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 15 bis 17 Prozent.
Wichtige Anbieter für Low-Code-Plattformen sind Salesforce, Microsoft, Outsystems, Appian oder Google. Im Folgenden beschreiben wir einige Lösungen.
Appian: Appian, ein Anbieter für Business Process Management (BPM), wird von Forrester als einer der Leader bei Low-Code-Plattformen eingestuft. Laut Forrester überzeugt die Lösung vor allem durch die Werkzeuge zur Low-Code Entwicklung, seine Sicherheitsfunktionen sowie Funktionen zur App-Bereitstellung. Bemerkenswert seien der Prozess-Modellierer mit allen notwendigen Werkzeugen, eine mobile und anwenderfreundliche Entwicklung sowie die Bereitstellung in der Cloud. Appian bietet zudem zentralisierte Funktionen für die Verwaltung und Anwendung von Stylesheets und Branding über sämtliche Endgeräte hinweg. Hinzu kommt ein breit aufgestelltes Partner-Ökosystem. Die Software läuft auf jedem Gerät, in der Cloud, On-Premise und in Hybrid-Cloud-Umgebungen.
BMC: Auch die Innovation Suite von BMC ermöglicht das Erstellen von Business-Apps ohne große Programmierkenntnisse. Die cloudbasierte Lösung besteht aus der Entwicklungsumgebung Innovation Studio, einem zugehörigen SDK, REST-APIs zur Kommunikation mit externen Systemen, einer Bibliothek mit Konnektoren und Komponenten sowie einer umfangreichen Online-Dokumentation.
Innovation Studio richtet sich vor allem an Business-Anwender, die damit per Drag and Drop Anwendungen bauen, das Benutzer-Interface erstellen sowie Datenquellen und Geschäftslogik einbinden können. Zielgruppe des Innovation SDK sind dagegen klassische Software-Entwickler. Sie können damit die Applikationen erweitern und sich um die Integration in vorhandene Anwendungen kümmern. Die Bibliothek bietet vorgefertigte Konnektoren sowie ein Framework, mit dem Entwickler eigene Verbindungen erstellen.
Consol: Die Low-Code-Plattform Consol CM bietet zusätzlich zur Entwicklung von Anwendungen ausgereifte BPM- und CRM-Funktionen für Anwendungen wie Sales Management, IT-Service-Management, Personalmanagement oder Auftrags- und Qualitätsmanagement. Durch offene Schnittstellen lässt sich die Lösung nahtlos in bestehende IT-Landschaften integrieren. Grafische Werkzeuge helfen bei der Modellierung von Daten.
Google: Auch Google ist mit dem App Maker im Bereich Low-Code-Plattformen unterwegs. Als Basis dient eine cloudbasierte integrierte Entwicklungsumgebung mit zahlreichen Vorlagen, sodass Entwickler oder Datenanalysten die Anwendungen weitgehend über Drag and Drop erstellen können. Die Anwendungen lassen sich im visuellen Editor mit den G-Suite-Komponenten, diversen Datenquellen und APIs verbinden – sowohl innerhalb der Google Cloud als auch mit anderen Anbietern. Für die Bereitstellung der Anwendungen brauchen die Nutzer keine dedizierten Cloud-Instanzen zu reservieren.
Microsoft: Mit Microsoft PowerApps können auch nicht aus der Software-Entwicklung stammende Nutzer selbst einfache Geschäftsanwendungen erstellen und Prozesse automatisieren. PowerApps kombiniert dazu ein Cloud-Backend mit Werkzeugen, mit denen sich Apps mittels Vorlagen per Drag and Drop bauen lassen. Ergänzt wird das Angebot durch Programmierschnittstellen für .NET, Node.js, PHP, Python und Java, damit Programmierer den Funktionsumfang der Anwendungen erweitern können.
Microsoft PowerApps bietet diverse Adapter für die Inte­gration in Dienste wie Office 365, Dropbox, Twitter, SQL, Salesforce, MailChimp, SharePoint, Slack, CRM Online und Azure Service Bus. Darüber hinaus erlaubt es die Anwendung, Geschäftsdaten aus verschiedenen Datenquellen auszuwählen und den Ort festzulegen, wo die neu erfassten Daten gespeichert werden sollen. Da PowerApps auch Microsoft Flow nutzt, können Business-Anwender Workflows und Prozesse automatisieren und in Anwendungen integrieren. 
Outsystems: Die Low-Code-Entwicklungsplattform von Outsystems ist wahlweise in der Cloud, On-Premise oder in einer Hybrid-Umgebung verfügbar. Die Lösung bietet Tools wie einen visuellen Designer oder einen App-Store mit vorgefertigten Komponenten, damit Firmen professionelle Geschäftsanwendungen, mobile Apps und Web-Applikationen deutlich schneller bereitstellen können. Zuletzt hat Outsystems weitere DevOps-Funktionen für die engere Verzahnung von IT-Entwicklung und -Betrieb in seine Low-Code-Plattform inte­griert. Die Anknüpfung an Tools wie Microsoft Visual Studio, Jenkins und andere vereinfachen es, die Plattform von Outsystems in Kombination mit komplexen DevOps-Toolchains zu verwenden. Zudem hat das Unternehmen den ersten visuellen Debugger auf Low-Code-Basis veröffentlicht. Der Debugger erlaubt, fehlerhaften Code nahtlos zu korrigieren, sei es auf einem Server oder einem mobilen Endgerät.
Salesforce: Der wohl profilierteste Anbieter von Low-Code-Plattformen ist Salesforce mit seiner Platform as a Service (PaaS) App Cloud.  Die Salesforce App Cloud besteht aus den zwei zentralen Angeboten Force.com und Heroku Enter­prise. Sie sind auf die Entwicklung und Bereitstellung interner Mitarbeiter-Apps und externer Kunden-Apps zugeschnitten.
Force.com ist für die Entwicklung interner Apps gedacht. Der Code wird dabei in einer cloudbasierten integrierten Entwicklungsumgebung erzeugt und zur Bereitstellung auf die Multi-Tenant-Server von Force.com umgeleitet. Weitergehende Anforderungen können die Nutzer mit der objektorientierten Salesforce-Programmiersprache Apex umsetzen. Daneben können Force.com-Benutzer Visualforce einsetzen. Dieses komponentenbasierte Interface-Framework enthält eine Tag-basierte Markup-Sprache und nimmt benutzerdefinierte Komponenten auf.
Heroku Enterprise ist für den externen Einsatz und die Erstellung von großen, kundenorientierten Apps vorgesehen. Typische Einsatzszenarien für Heroku Enterprise sind Anwendungen für Endkunden – zum Beispiel Apps, mit denen Kunden Produkte wie Automobile oder Möbel konfigurieren können. Heroku Enterprise unterstützt jede Programmiersprache, läuft auf jedem Gerät und kann sich mit den Social-Media-Accounts der Nutzer verbinden.
Je nach den Anforderungen an ein Projekt können Be­nutzer Force.com und Heroku gleichzeitig verwenden. Über Heroku Connect lassen sich zudem externe Anwendungen und Apps mit unternehmensinternen Salesforce-Anwendungen und -Apps verknüpfen, um Abläufe flexibler und effizienter zu gestalten. Zur Salesforce App Cloud gehören auch Lightning, ein Framework mit benutzergenerierten Komponenten, sowie ein Online-Marktplatz für Apps von Dritt­anbietern
6. Teil: „Daniel Terwersche von Crisp Research im Interview“

Daniel Terwersche von Crisp Research im Interview

Daniel Terwersche ist Senior Analyst beim IT-Research- und Beratungsunternehmen Crisp Research. Im Interview beschreibt er die Vorteile und Grenzen von Low Code.
com! professional: Herr Terwersche, Low-Code-Development nimmt an Fahrt auf. Wie definieren Sie diesen Trend der Software-Entwicklung?
Daniel Terwersche: Low Code ist grundsätzlich ein Modebegriff, den 2014 die Analysten von Forrester ins Leben gerufen haben. Das Prinzip existiert bereits seit den 1990er-Jahren. Ziel ist die einfachere und
  • Daniel Terwersche: Senior Analyst bei Crisp Research
schnellere Entwicklung von Anwendungen ohne viel händische Code-Programmierung. Man baut Software und entwickelt sie nicht mehr zwingend mit Code. Low Code führt im Prinzip vorgefertigte Logik-Elemente zusammen und koordiniert sie. Der Begriff Low Code ist vielschichtig.
com! professional: Inwiefern?
Terwersche: Das Buzzword umfasst viele verschiedene An­bieter, die unterschiedliche Ansätze verfolgen. Die Lösungen sind schwer zu vergleichen, das ist wie Äpfel mit Birnen. Einige Beispiele: Progress Software und Oracle kommen von den Datenbanken, Salesforce setzt auf die Anbindung von Vertriebs- und Marketing-Daten. Doch alle gemeinsam bieten mit ihren Low-Code-Lösungen Vorteile für Unternehmen.
com! professional: Wie profitieren Firmen von Low Code?
Terwersche: Low Code verändert grundsätzlich die Arbeits­weise in Unternehmen. Teams werden interdisziplinär, IT und Business wachsen zusammen, da die Entwickler mehr in die Prozesse einbezogen werden und damit die Modellierer und Umsetzer von Prozessen kooperieren. Alle sprechen die gleiche Sprache und verstehen, was gerade passiert.
com! professional: Welche weiteren Vorteile bietet Low Code neben der engeren Verzahnung von IT und Business?
Terwersche: Durch Low Code erhalten wir eine Unified User Experience, sprich die modellierten Prozesse und Anwendungen laufen auf allen Geräten gleich ab beziehungsweise bieten das gleiche Erscheinungsbild. Der größte Vorteil ist wohl die Geschwindigkeit, da Anwendungen schnell konfiguriert und einsatzbereit sind, weil sich der Anwender nicht groß um Authentifizierung, Security oder die Gestaltung von Oberflächen zu kümmern braucht.
com! professional: Viele Marktbeobachter sehen Low Code auch als Mittel, um den Fachkräftemangel in der IT abzumildern.
Terwersche: Das sehe ich auch so. Mit Low Code ist das Entwickeln nicht mehr elitär. Wir müssen grundsätzlich zwischen der Kernentwicklung und der Modellierung von Anwendungen und Prozessen differenzieren. Firmen brauchen die Option, dass IT-affine Leute aus den Fachabteilungen Prozesse modellieren und anpassen sowie Anwendungen bauen können.
com! professional: Welche Einsatzszenarien sehen Sie für Low Code?
Terwersche: Low Code eignet sich vor allem für die Optimierung der internen Infrastruktur und Prozesse. Der Trend geht dazu, auch die Lieferanten und Kunden miteinzubeziehen und damit die Prozesse in der Lieferkette zu verbessern.
com! professional: Das klingt alles sehr gut. Doch wo liegen die Grenzen von Low Code?
Terwersche: Low Code eignet sich nicht für Firmen mit einem digitalen Geschäftsmodell und zentralen, individuellen Anwendungen. Low-Code-Anwendungen sind nur erfolgreich, wenn sie eine einzigartige, neue Idee umsetzen, die Mehrwert schafft. Sie sind nicht neuartig, sondern setzen sich aus bereits bestehenden Bausteinen zusammen.
com! professional: Und wohin geht die Reise bei Low-Code-Plattformen?
Terwersche: Ich denke, dass künftig jedes vernünftige Software-Unternehmen alle Möglichkeiten nutzen wird, damit Fachanwender möglichst viele Anwendungen oder Komponenten selbst modellieren können. Der Markt für Low Code wird wachsen,  Low Code wird auch das Erstellen von individuellen Anwendungen grundlegend verändern. Warum? Der Low-Code-Ansatz orientiert sich stärker am Nutzer statt an Technologien. Das heißt, neue Entwicklungen werden aus der Perspektive des Nutzers oder Bestellers getrieben. So entsteht ein größtmög­licher Nutzerkreis.

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