Blockchain
05.04.2019
Zwischen Hype und Realität
1. Teil: „So schlägt sich die Blockchain in der Praxis“

So schlägt sich die Blockchain in der Praxis

Zerbrochene BlockchainZerbrochene BlockchainZerbrochene Blockchain
Bild: Shutterstock / Production Perig
Blockchain-Technologie gilt als vielversprechend, aber auch als äußerst komplex. Eingesetzt werden sollte sie aber nur da, wo sie wirklich einen Vorteil bringt.
Die Blockchain zählt zu den Technologien, denen eine große Zukunft vorausgesagt wird. Nicht unbedingt als Kryptowährung, sondern als Verfahren, um geschäftliche Transaktionen einfacher zu machen und neue Geschäfts­optionen zu entwickeln.
Doch noch spielt dieser Ansatz in deutschen Firmen eine Nebenrolle. Einer Studie des Digitalverbands Bitkom zufolge setzen derzeit 33 Prozent der Start-ups Blockchains ein oder planen dies zumindest. Dagegen liegt der Anteil bei Firmen mit 50 bis 500 Mitarbeitern bei nur 6 Prozent.

Vielversprechend, aber …

Zwischen kritischer Betrachtung und Optimismus bewegen sich auch die Einschätzungen von Fachleuten. „Konzeptionell haben Blockchain-Technologien das Potenzial, Geschäftsprozesse in vielen Branchen zu revolutionieren. Man denke nur an die Klassiker Banken und Versicherungen, aber auch an die Schifffahrt oder das Gesundheitswesen“, sagt Markus Berger-de Léon, Partner bei McKinsey & Company. „Aber noch fehlt es an Killer-Anwendungen.“
Dagegen sieht Murat Bayram, Head of IoT & Industrie 4.0 bei Axians IT Solutions, Einsatzmöglichkeiten in vielen Sparten: „Im Allgemeinen dient die Blockchain-Technologie dazu, Vertrauen zu schaffen und Manipulationen zu verhindern“, so Bayram. „Der Grundgedanke ist, ein dezentrales System aufzubauen, an dem externe und interne Akteure partizipieren. Diese greifen auf denselben Daten-Pool zu und validieren jede Transaktion.“ Bayram führt etwa den Bereich Baudokumentationen an. Alle Unterlagen, die von unterschiedlichen Firmen stammen, können in einer Blockchain abgelegt werden. „Qualitätsnachweise, Zertifikate, Lieferscheine, Abnahmeprotokolle für die Baustelleneinrichtung und vieles mehr lassen sich über eine dezentrale Schnittstelle sicher zur Verfügung stellen.“ Daten würden nicht mehr verloren gehen. Zudem würden so alle Beteiligten im Verbund über Veränderungen informiert.

Finanzbranche

„Prinzipiell lässt sich die Blockchain-Technologie in allen Bereichen einsetzen, in denen es zu einem Datenaustausch zwischen mehreren Partnern kommt“, erläutert Julius Peinelt, Software Developer beim Beratungs- und Software-Haus Futurice. „Richtig sinnvoll wird es allerdings erst, wenn es um die Validierung von Daten oder die Automatisierung von dynamischen Zugriffsrechten auf Daten geht.“
Zu den Branchen, in denen Blockchain-Anwendungen bislang eine größere Verbreitung als in anderen Bereichen gefunden haben, zählt der Finanzsektor. Nach Untersuchungen des Beratungsunternehmens e*finance consulting Reply wurden 2018 an die 47 Prozent der weltweiten Ausgaben im Bereich Blockchain von Banken und Finanzdienstleistern getätigt. „Auf Distribution und Services entfielen 22 Prozent, auf die Fertigungsindustrie 19 Prozent“, erläutert Alexandre Vandeput, Partner bei dem Beratungshaus. Vor allem der wachsende Druck durch regulatorische Vorgaben bringe Finanzdienstleister dazu, verstärkt auf Blockchain-Konsortien zurückzugreifen. „Durch die Blockchain-Technologie erhalten solche Unternehmen die Möglichkeit, sowohl technologische als auch wirtschaftliche Vorteile auszuloten, die sich durch neue Use-Cases ergeben“, so Vandeput weiter.
Er führt ein Beispiel aus der Versicherungsbranche an: Reply hat eine Insurance Sandbox entwickelt, die eine alternative Streitbeilegung (Alternative Dispute Resolution, ADR) auf Blockchain-Basis ermöglicht. Sie bringt Versicherungen und Rechtsanwälte zusammen, die im Auftrag von Klienten in einem Streitfall gegen eine Assekuranz vorgehen. Alle relevanten Unterlagen werden in verschlüsselter Form auf der Blockchain hinterlegt. Der Vorteil einer ADR ist, dass sich Streitfälle schneller und mit geringerem bürokratischen Aufwand beilegen lassen.
2. Teil: „Supply Chains“

Supply Chains

Zu den Bereichen, die ebenfalls für den Einsatz von Blockchain in Betracht kommen, zählen Lieferketten. Eine solche Supply Chain besteht aus mehreren Unternehmen, etwa den Produzenten von Waren und Dienstleistungen, Zwischenhändlern, Logistikunternehmen und Einzelhändlern. Eine Blockchain trägt dazu bei, die Herkunft und den Verbleib von Gütern und Produktionsmitteln zu überprüfen.
Wie das funktioniert, zeigte GS1 Germany, ein Spezialist für die Optimierung von Prozessen, am Beispiel von Transportpaletten. Nach Angaben des Unternehmens sind in Europa etwa 500 Millionen Europaletten in Umlauf. Pro Jahr absolvieren diese Paletten fünf Umläufe und es entstehen 9,5 Milliarden Euro Kosten. Ein Viertel davon entfällt auf die Verwaltung des Austauschvorgangs. Einer der Gründe dafür ist, dass ein Großteil des Prozesses auf Papierdokumenten beruht, sogenannten Paletten-Scheinen.
Zusammen mit 35 Unternehmen aus Handel, Logistik, Industrie und IT hat GS1 Germany im vergangenen Jahr einen Feldversuch unternommen, diese „Zettelwirtschaft“ durch ein Blockchain-Modell zu ersetzen. Die Transaktionsdaten wurden in einer Blockchain gespeichert. Die Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen griffen über ein Paletten-Portal auf Informationen zu, etwa wo sich welche Paletten befanden. Die dritte Komponente war eine mobile Anwendung für die Fachkräfte, die den Austausch der Paletten durchführten.
Die wichtigsten Resultate des Tests: Die Abläufe im Backoffice, etwa bei der Abstimmung der Konten, liefen effizienter ab. Auch die Mitarbeiter an den Laderampen meldeten eine Erleichterung ihrer Arbeit.
Allerdings zeigten sich im Lauf des Projekts auch einige potenzielle Problempunkte. Einer betrifft den Speicherplatz: Je mehr Teilnehmer auf eine Blockchain-Datenbank zugreifen, desto höher die Zahl der Transaktionen und damit auch das Datenvolumen. Das heißt, der Speicherplatz muss ebenfalls mitwachsen. Eine Option besteht darin, bei Cloud-Service-Providern Sto­rage-Kapazitäten zu buchen. Das allerdings muss mit Datenschutzvorgaben wie der DSGVO und Compliance-Regeln in Einklang stehen.
Zudem zeigte sich, dass die Datenübertragungsraten eine wichtige Rolle spielen. Somit sind schnelle Netzwerkverbindungen erforderlich, auch im Mobilbereich. Sonst dauert das Speichern von Transaktionen zu lange.
Blockchain as a Service: cloudbasierte Blockchain-Lösungen (Auswahl)
3. Teil: „Personalwesen“

Personalwesen

  • Erst einmal abwarten: Die überwiegende Mehrheit der deutschen Unternehmen hat sich noch nicht mit der Blockchain beschäftigt.
    Quelle:
    Bitkom Research
Zu den Sparten, in denen trotz Digitalisierung bislang immer noch der persönliche Kontakt eine große Rolle spielt, zählt das Personalwesen (Human Resources, HR). Doch auch HR-Abteilungen und Personaldienstleister setzen mittlerweile verstärkt auf die Digitalisierung. So bevorzugen nach Angaben des Digitalverbands Bitkom fast 87 Prozent der Personaler elektronische Bewerbungen per E-Mail oder über Online-Portale. Die Blockchain könnte ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Digitalisierung im Personalwesen sein.
„Diese Technologie lässt sich auch im Bereich Human Resources einsetzen“, bestätigt Sonja Pierer, Geschäftsführerin des Personaldienstleisters Experis. „Bewerber oder Freiberufler können beispielsweise Daten über ihre Qualifikationen und den beruflichen Werdegang in einer Blockchain-Datenbank speichern und diese Daten Interessenten zur Verfügung stellen.“ Allerdings muss sichergestellt sein, dass ein Bewerber tatsächlich die angegebenen Qualifikationen erworben hat oder nicht das Arbeitszeugnis eines früheren Arbeitgebers aufgehübscht wurde.
Das lässt sich erreichen, indem Firmen, Hochschulen und Ausbildungseinrichtungen Zeugnisse und Referenzen mit kryptografischen Verfahren signieren. Erste Hochschulen stellen bereits Zertifikate aus, die in einer Blockchain abgelegt werden. Dazu gehört beispielsweise die Frankfurt School of Finance & Management.
Auch die Universität Basel hat im Frühjahr 2018 ein vergleichbares Verfahren etabliert. Dafür kommen zwei Tools zum Einsatz: Das erste automatisiert die Ausgabe der Zertifikate und regis­triert diese anhand ihres kryptografischen Hash-Werts auf der Blockchain. Das zweite ist öffentlich verfügbar und ermöglicht es jedermann, mit einem Mausklick zu überprüfen, ob ein elektronisches Zertifikat mit diesem Inhalt von der Uni vergeben wurde.
Blockchain-Plattformen für Unternehmen (Auswahl)
4. Teil: „Smart Contracts“

Smart Contracts

Ebenso wie in anderen Branchen können zudem auch im HR-Bereich Smart Contracts Verwendung finden: „Ein solcher Vertrag automatisiert Abläufe. Das kann die Auszahlung des Honorars für einen Freelancer oder einer Prämie für einen festangestellten Mitarbeiter sein, sobald ein
Projekt abgeschlossen wurde“, erläutert Sonja Pierer.
Ein Smart Contract wird in Software gegossen. Sobald ein Passus einer Vereinbarung erfüllt ist, wird automatisch eine damit verknüpfte Aktion ausgeführt, zum Beispiel die Bezahlung des Auftragnehmers.
Dass Blockchain das Personalwesen auf den Kopf stellen wird, ist nach Einschätzung der Expertin aber nicht zu erwarten: „Die Technologie ist kein Ersatz für professionelle Auswahlverfahren im Bereich Human Resources. Denn die Daten in einer Blockchain geben keinen Aufschluss darüber, welche ‚Soft Skills‘ ein Bewerber zu bieten hat.“
Dazu gehören kommunikative und soziale Kompetenzen, beispielsweise die Fähigkeit, im Team zu arbeiten. „Ob ein Bewerber oder Freelancer über solche Kompetenzen verfügt, lässt sich am besten mit herkömmlichen Methoden ermitteln.“
Praxistipps für Blockchain-Projekte
Basierend auf den Erfahrungen, die GS1 Germany im Rahmen eines Versuchs mit der Verwaltung von Paletten per Blockchain sammelte, hat die Firma Praxistipps erarbeitet. Sie sollen Unternehmen helfen, eigene Projekte mit der Technologie zu starten.
Anwendungen kritisch prüfen: Blockchain um der Technologie willen einzuführen, ist nicht sinnvoll. Vielmehr sollten Nutzer kritisch prüfen, ob das Verfahren zum Anwendungsfall passt. Das heißt, es muss sich ein Nutzwert ergeben.
Individuelle Anforderungen und Funktionen erarbeiten: Eine Standard-Blockchain für alle Anwendungsfälle gibt es nicht. Anwendungen, Prozesse und die Technologie müssen individuell aufeinander abgestimmt werden. Das kann durchaus mit einem erheblichen Aufwand verbunden sein.
IT-Kosten ermitteln: Laut GS1 Germany können auch IT-technisch weniger Versierte eine Blockchain aufsetzen, etwa einen Multichain-Knoten auf Open-Source-Basis. Zudem ist zu prüfen, ob aus Kostengründen nicht Cloud-Plattformen genutzt werden sollen. Nach den Erfahrungen des Tests sind die IT-Kosten allerdings im Vergleich zu anderen Aufwendungen relativ gering,
etwa für die Abstimmungsprozesse mit den anderen Nutzern.
Qualität und Verfügbarkeit der Daten sicherstellen: Wie auch in anderen Bereichen, etwa Machine Learning und KI, muss die Datenbasis stimmen. Ohne qualitativ einwandfreie und vollständige Daten keine gute Blockchain.
Testen, testen, testen: Vor dem Produktiveinsatz sind umfangreiche Tests notwendig. Gerade für Unternehmen mit einer kleinen IT-Abteilung empfiehlt es sich, dafür externe Fachleute mit ins Boot zu nehmen.
Synergien nutzen: Die Anbindung an andere IT-Systeme, etwa ERP- und Supply-Chain-Managementlösungen, schafft einen Mehrwert. Die Voraussetzung dafür sind jedoch Standards, etwa bei den Datenformaten.
Governance und Partnerschaften nicht vernachlässigen: Es muss klar sein, welche Nutzer welche Berechtigungen haben und wer an der Blockchain teilnehmen darf. Außerdem muss eine „kritische“ Masse an Partnern respektive Teilnehmern vorhanden sein.
Schutz sensibler Informationen: Nicht in jedem Fall möchten Nutzer einer Blockchain, dass andere Teilnehmer allzu tiefe Einblicke in Geschäftsinformationen erhalten. Daher muss im Vorfeld ermittelt werden, welche Daten für andere einsehbar sind. So kann ein Unternehmen Transaktionsdaten nur für bestimmte Partner offenlegen.
Transparenz auf technologischer Ebene sicherstellen: Das heißt beispielsweise, Datenformate und Schnittstellen zu definieren, mit denen Beteiligte einer Blockchain arbeiten können.
Mitarbeiter mitnehmen: Ähnlich wie bei Künstlicher Intelligenz haben Mitarbeiter oft Angst vor neuen Technologien. Sie fürchten, dass ihre Arbeitsplätze in Gefahr geraten. Daher sollten Beschäftigte in Projekte eingebunden werden. Dies umso mehr, als durch diese Technologie bekannte Abläufe wegfallen.
Neutrale Instanzen etablieren und Vertrauen schaffen: Zumindest in der ersten Phase eines Projekts empfiehlt sich die Einbindung von Intermediären. Sie moderieren Abstimmungsprozesse und Interessenskonflikte zwischen den Teilnehmern.
Netzwerkzugang prüfen: Eine Blockchain-Plattform funktioniert nur dann, wenn allen Beteiligten gleichermaßen ein flächendeckender Breitband-Internetzugang zur Verfügung steht. Das heißt beispielsweise im Logistikgewerbe, dass ein lückenloses Mobilfunknetz auf Basis des 4G- und künftig 5G-Standards vorhanden ist. Das ist in Deutschland nicht der Fall. Werden Paletten oder Container im Inneren von Gebäuden platziert, etwa in einer Lager- oder Fabrikhalle, nutzen auch Mobilfunknetze wenig. Dann müssen Partner auch über das unternehmensinterne Netz eines anderen Nutzers auf Daten zugreifen können.
5. Teil: „Überschätzte Blockchain“

Überschätzte Blockchain

  • Transaktions- und Handelsplattform: Mehr als zwei Drittel der deutschen Unternehmen sehen hier ein Potenzial in der Blockchain.
    Quelle:
    Bitkom Research
Eine skeptische Haltung gegenüber der Blockchain nimmt Stefan Finkenzeller ein, Geschäftsführer von PMG Projektraum Management. Das Unternehmen bietet hochsichere Projekt- und Datenräume an. „Die Blockchain lässt sich nur dort sinnvoll einsetzen, wo anonyme Beteiligte ohne ein zentrales Regulativ zuverlässig miteinander interagieren“, so Finkenzeller. In einem virtuellen Projektraum, etwa im Rahmen eines Bauvorhabens, oder in einem virtuellen Datenraum seien die Beteiligten aber nicht anonym und es herrsche kein dezentrales, sondern ein zentrales Regulativ. Sein Fazit: „Noch ist die Blockchain eine überschätzte Technologie, getrieben vom Hype um Kryptowährungen und gepuscht von geschickten Marketing­abteilungen.“
Etwas differenzierter äußert man sich bei McKinsey & Company gegenüber Blockchain. In einer Analyse von 2018 kommen vier Fachleute der Unternehmensberatung zu dem Schluss, dass die Technologie großes Potenzial habe, allerdings erst in drei bis fünf Jahren auf breiter Ebene eingesetzt werde.

Mit einer Blockchain starten

Unternehmen, die Erfahrungen mit der Blockchain-Technologie sammeln möchten, haben mehrere Optionen. Eine besteht darin, selbst eine Blockchain-Plattform aufzusetzen. Dies ist mit Open-Source-Lösungen ohne großen finanziellen Aufwand machbar.
Allerdings darf die Komplexität dieser Aufgabe nicht unterschätzt werden. Denn die an Blockchain interessierten Firmen müssen die komplette Regelkette verstehen, definieren und über Smart Contracts abbilden, damit Prozesse automatisiert angestoßen werden. Dies betrifft nicht nur die internen Abläufe, sondern alle am Geschäftsprozess beteiligten Parteien. „Mit dem aufwendigen Aufsetzen endet das Ganze nicht, denn jemand muss sich um die aktive Pflege der Regularien kümmern, da diese auch an Veränderungen angepasst werden müssen“, betont Axians-Spezialist Murat Bayram. Sein Fazit: „Es klemmt gewaltig in der Praxis.“ Das sei auch der Grund, weshalb kaum jemand diese Technologie einsetze, sehe man von ein paar Pilotprojekten ab.
Eine weitere Option besteht darin, Blockchain as a Service (BaaS) zu nutzen. Derzeit bringen sich alle großen Cloud-Provider in Position und legen entsprechende Services auf, etwa Amazon, IBM oder Microsoft. Auch die Anbieter von Business-Software wie Oracle und SAP sind mit von der Partie.
Ein Vorteil von BaaS ist, dass Nutzer Zugang zu einer kompletten Blockchain-Infrastruktur erhalten – inklusive Test-, Entwicklungs- und Produktivumgebungen. Hinzu kommt die von der Cloud her bekannte hohe Skalierbarkeit. Außerdem kann Blockchain aus der Cloud eine weitere Einstiegshürde beseitigen: „Das Interesse an Blockchain ist sowohl in der Industrie als auch bei Entwicklern und Designern groß. Doch es ist schwer, Experten auf diesem Gebiet zu finden“, so
Julius Peinelt von Futurice.
6. Teil: „Eine Alternative: Konsortien“

Eine Alternative: Konsortien

  • Blockchain-Konsortien: Sie bieten Zugang zu branchenspefizischen Blockchains.
    Quelle:
    Reply
Unternehmen haben zudem die Möglichkeit, einem Blockchain-Konsortium beizutreten. Ein Konsortium ist ein Zusammenschluss von Unternehmen, die eine Blockchain-Plattform betreiben und nutzen. Bei einem zentral geführten Konsortium liegt die Verantwortung für die Plattform bei einem einzelnen Betreiber. Bei dezentralen Modellen sind alle Nutzer mit im Boot.
Derzeit ist ein regelrechter Boom bei Blockchain-Konsortien zu verzeichnen. Der Trend geht dabei in Richtung branchenspezifische Plattformen. Anfang dieses Jahres gründeten beispielsweise Continental, Hersteller von Technologien für Fahrzeuge, und das IT-Unternehmen HPE ein Konsortium. Die Data Monetization Platform soll den Autoherstellern den Austausch und die Vermarktung von Fahrzeugdaten ermöglichen. We.Trade wiederum versteht sich als Vermittlungsplattform, die Unternehmen bei der Abwicklung von Zahlungen und der Suche nach Krediten unterstützt. Und in der Blockchain Insurance Industry Initiative (B3i) haben sich Rückversicherer wie die Allianz und Swiss Re zusammen­gefunden.
Solche Konsortien sind auch für Mittelständler interessant: „Auch mittelständische Unternehmen profitieren von Blockchain. Denn diese Technologie ermöglicht es ihnen, einfacher mit Kunden im Ausland Geschäfte zu machen und Kapital zu beschaffen“, so Alexandre Vandeput von e*finance consulting Reply.

Datenqualität

Um mit einer Blockchain den gewünschten Nutzen zu erzielen, müssen Unternehmen zuvor ihre Hausaufgaben machen. Ein besonders heikles Thema ist die Qualitätskontrolle der Daten, die in der Blockchain gespeichert werden: „Damit sich diese Technologie sinnvoll nutzen lässt, muss sichergestellt sein, dass die Daten korrekt sind, die eine Blockchain enthält“, so Julius Peinelt von Futurice. Außerdem kann der dezentrale Ansatz der Technologie die Komplexität von Systemen erhöhen. Das wiederum bringt möglicherweise höhere Betriebs- und Entwicklungskosten mit sich.
Sein Tipp: „Wir raten dazu, den Einsatz von Blockchain-Technologien gut zu planen, um zu gewährleisten, dass Risiken minimiert und gewisse Aspekte der Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern automatisiert werden können.“

Fazit: kein Selbstzweck

Letztlich müssen Unternehmen und öffentliche Einrichtungen selbst herausfinden, ob und in welchen Anwendungsbereichen eine Blockchain sinnvoll ist. Dabei ist eine nüchterne Betrachtungsweise gefragt, wie Markus Berger-de Léon von McKinsey betont: „Beim Experimentieren mit der Technologie muss stets berücksichtigt werden, dass Blockchains, wie jede andere Technologie auch, kein Selbstzweck sein dürfen. Sie sollten produktiv nur dort eingesetzt werden, wo sie deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen Lösungen erzielen können. Und das erfordert eine ehrliche Bewertung durch Unternehmen und deren Ökosysteme.“
Im laufenden Jahr, so das Beratungshaus in einer Analyse, sei die Technologie vor allem für drei Kategorien von Unternehmen von Nutzen:
Zum einen sind das Unternehmen, die Nischenanwendungen entwickeln: Dazu zählen Applikationen, mit denen sich der Status von Produkten verfolgen lässt, etwa bei Lieferketten oder Finanzprodukten. Dadurch ist es möglich, ineffiziente Prozesse und Betrugsversuche zu erkennen.
Zur zweiten Kategorie gehören Firmen, die Modernisierungsvorhaben umsetzen wollen, etwa im Rahmen einer Digitalisierungsstrategie oder einer weltweiten Zusammenarbeit mit Lieferanten und Händlern. Eine Blockchain dient hier als Plattform für Vertragsunterlagen, Finanzierungen und Bezahlvorgänge. Allerdings lassen sich solche Anwendungen im Unternehmen auch ohne eine Blockchain umsetzen.
In die dritte Kategorie fallen Firmen, die sich als techno­logische Vorreiter positionieren wollen: Solche Unternehmen starten Pilotversuche, um gegenüber Kunden, Mitbewerbern und Aktionären ihre Innovationskraft zu dokumentieren. Einen Einsatz der Blockchain-Technologie in Produktivumgebungen sehen solche An­sätze in absehbarer Zeit nicht vor.

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