Business-IT
26.06.2020
Chatbot Canvas
1. Teil: „So klappt es mit dem Chatbot-System“

So klappt es mit dem Chatbot-System

ChatbotChatbotChatbot
MicroOne / shutterstock.com
Chatbot-Projekte sollten mit einem Canvas starten, das Ziele, Personas und Nutzen definiert.
Nahezu jedes Unternehmen, unabhängig von Branche oder Größe, versucht inzwischen, einen Chatbot zu bauen. Die textbasierten Dialogsysteme sollen helfen, Kunden besser auf ihrer Customer Journey zu begleiten. In der Schweiz ist der Hype um Chatbots spätestens seit dem Launch von aiaibot 2019 wieder aufgeflammt. Die SaaS-Lösung ermöglicht es auch Nicht-Programmierern, einfache Chatbots mit wenigen Klicks aufzusetzen. Technisch ist dies dank solcher Baukästen für alle sehr einfach möglich. Was jedoch meist nicht bedacht wird, ist das Konzept. Ein guter Chatbot muss nicht nur technisch einwandfrei funktionieren, sondern auch inhaltlich gründlich durchdacht sein.
Dafür eignen sich Templates wie das Chatbot Canvas. Dieses hilft, ein vollständiges und strukturiertes Konzept für einen Chatbot zu bauen. Es beinhaltet alle wichtigen Schritte, die man vor der eigentlichen Umsetzung des Bots durchlaufen sollte.

Use Case, Ziele, Zielgruppen

Los geht es mit den Herausforderungen von Unternehmen, ihrer Mitarbeiter und Kunden. Erst wenn diese Pain Points definiert sind, kann ein erster grober Chatbot-Use-Case abgeleitet werden. Der Anwendungsfall muss von Anfang an messbare Mehrwerte generieren. So lässt sich später der Erfolg nachvollziehen. Dies können eine gesteigerte Kundenzufriedenheit, Kosten­senkungen, Umsatzsteigerungen oder Ähnliches sein. Weiter sollte der Fokus des Use Cases eng
gesetzt sein, damit man nicht Gefahr läuft, sich zu verzetteln. Es ist besser, man startet mit einem überschaubaren, ein­geschränkten Use Case, der dafür sofort Mehrwerte erzeugt.
Sehr wichtig sind Ziele, wenn man ein Chatbot-Projekt unternehmensintern rechtfertigen muss. Ziele sind aber auch deshalb unabdingbar, um nach der Umsetzung den Erfolg eines Chatbots messen zu können. In der Praxis werden meist folgende Größen festgelegt:
  • Steigerung der Kundenzufriedenheit
  • Steigerung des Umsatzes
  • Steigerung der Leads
  • Kostensenkungen
  • Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit
  • Stärkung der Marke/des Images
Ergänzend werden hier bereits konkrete KPIs definiert sowie die Methoden zur Messung der Kennziffern beschrieben. Für die Zielgruppendefinition empfiehlt es sich meist, eine Übung zu Personas, fiktiven Kundinnen und Kunden, durchzuführen. Dies hilft Entwicklungsteams dabei, ein konkretes Bild von den Chatbot-Nutzerinnen und -Nutzern zu zeichnen. Denn nur wer seine Zielgruppe genau kennt, kann für diese auch einen erfolgreichen Chatbot entwickeln.

Persona und Persönlichkeit

Jeder ist schon einmal in einen Laden gegangen und die Person, von der man begrüßt wurde, war so unsympathisch, dass man den Laden am liebsten sofort wieder verlassen hätte. Ähnlich ist es bei einem Chatbot. Wenn User mit einem Bot chatten, der nicht zu ihnen passt, dann möchten sie das Gespräch meist sofort beenden. Das sollte aber nicht passieren. Deshalb wird auf Basis der Ziele und der Zielgruppen eine genaue Persönlichkeit des Chatbots (und der Anwender­personas) kreiert.
Natürlich spielt auch das Image des Unternehmens hier eine wichtige Rolle. Der Chatbot soll später das Unternehmen repräsentieren können. Wenn die Firma ein eher se­riöses Image hat, dann muss auch der Chatbot ernsthafte Töne anschlagen. Geht es eher spaßig und locker zu, kann auch der Bot eher zwanglos gestaltet werden.
Sophie Hundertmark in Talk
Im Rahmen der Digital Business Week ist die Autorin und Chatbot-Expertin Sophie Hundertmark zu Gast im Webtalk von Computerworld Schweiz und spricht über die jüngsten Trends im Chatbot-Business.
Wann: 10. Juli, 09:30
2. Teil: „Features, Tool, Testing“

Features, Tool, Testing

  • Auf einen Blick: Das Chatbot Canvas hilft, die wichtigsten Informationen zu einem Chatbot-Projekt übersichtlich zu sammeln.
    Quelle:
    com! professional / Screenshot
Wenn Ziele und Zielgruppen bekannt sind, können die Kompetenzen des Chatbots abgeleitet werden. Möglich sind:
  • das Beantworten von Fragen zu einem definierten Thema
  • das Erstellen neuer Kontakte im CRM
  • das Erfassen neuer Leads in einem Drittsystem
  • das Vereinbaren von Terminen
  • das Bestellen von Produkten
  • das Reservieren von Dienstleistungen
Weiter wird definiert, ob der Chatbot Freitext verstehen soll oder ob die User nur durch das Auswählen vordefinierter Antwortfelder antworten können. Im ersten Fall kann der Nutzer seine Frage oder Antwort einfach in das Eingabefeld eintippen. Hierfür wird eine Komponente für das Natural Language Processing (NLP) benötigt.
Wenn der Bot komplex ist und die Gespräche nicht immer vorhersehbar oder Fragen und Antworten sogar vom Kontext abhängen, dann sollte man Freitext und NLP, also KI-basierte Chatbots in Erwägung ziehen. Allerdings benötigt die Verwendung von NLP weitaus mehr Aufwand, als wenn der Chatbot nur mit Buttons arbeitet.
Einigen Anwendern ist es nicht wohl dabei, wenn der Chatbot auf Fragen keine Vorschläge zum Antworten nennt, also keine Buttons vorgibt. Manche wissen dann nicht, in welcher Art und Weise sie im Freitextfeld antworten sollen. Handelt es sich um einen eher einfachen Anwendungsfall, bei dem sich die Fragen und Antworten gut vordefinieren lassen, empfiehlt es sich daher meist, einen Chatbot mit Buttons, also ein regelbasiertes System aufzusetzen.
Auf Basis der Funktionen, die der Bot enthalten soll, wird das Programmierwerkzeug für die Umsetzung gewählt. Je nach Anwendungsfall muss man etwa ein Programmier-Tool mit NLP-Komponente einsetzen. Weiter spielen oft die Datenschutzrichtlinien eine wichtige Rolle und geben vor, wo die Daten gehostet werden müssen. Bei sehr komplexen Use Cases empfiehlt sich ohnehin meist eine Eigenentwicklung. So ist man von Dritt­anbietern unabhängig und kann selbst bestimmen, wo der Bot entwickelt und betrieben wird.
Meist unterschätzt, aber unabdingbar ist das Testing. Daher sollte schon in der Konzeptphase geplant werden, wie der Chatbot nach der Umsetzung getestet werden soll. Ganz am Ende stehen noch die Marketing-Aktionen zum Launch des Chatbots. Viele Unternehmen veröffentlichen zum Launch ihres Chatbots einen gesonderten Hinweis auf der Website oder verschicken sogar eine Pressemitteilung, in der sie den Sinn und Zweck des Bots erläutern. Es kann natürlich auch Teil der Strategie sein, den Chatbot „still und heimlich“ einzuführen und zu beobachten, was passiert.
Schließlich bietet das Canvas Raum für Daten wie Zeitplan oder das Team. Zum Projektteam gehören alle Mitarbeiter, die am Chatbot mitarbeiten werden beziehungsweise die hier eine verantwortungsvolle Aufgabe haben. Mitarbeiter, die vielleicht nur für einzelne Befragungen zur Verfügung stehen, gehören nicht zwingend dazu.

Fazit

Das Chatbot Canvas dient als Vorlage zur Konzepterstellung. Darin sollen die wichtigsten Punkte festgehalten werden. In der Realität reicht der Platz meist nicht aus, um wirklich alle Daten und Spezifikationen vollumfänglich abzulegen, aber es ist eine gute Übersicht, um die wichtigsten Informationen zu sammeln und nichts zu vergessen.

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