08.01.2020
Intelligente Packaging-Lösungen
1. Teil: „Smarte Verpackungen mit IoT und AR“
Smarte Verpackungen mit IoT und AR
Autor: Bärbel Edel
Thimm
Verpackungen können Temperaturen kontrollieren und vor unbefugtem Öffnen schützen. Unterschieden wird dabei zwischen "aktiver" und "intelligenter" Umhüllung.
IoT und AR in der Verpackungsindustrie: Verpackungen sind über das Stadium der reinen Schutzhülle hinausgewachsen. Sogenannte smarte Verpackungen bieten einen Zusatznutzen: Sie wissen zum Beispiel, ob die Kühlkette bei der Fleischlieferung unterbrochen oder eine Packung unterwegs geöffnet wurde. Smart Packaging kann Logistikprozesse vereinfachen und die Kommunikation mit Kunden auf ein neues Level heben.
Grundsätzlich unterscheidet man beim Smart Packaging zwischen „aktiven“ und „intelligenten“ Verpackungen. Aktive Verpackungen wirken gezielt auf ihren Inhalt ein, indem sie dem Produkt Substanzen entziehen oder Substanzen an das Produkt abgeben. Das aktive Element wird entweder in die Verpackung integriert oder der Verpackung beigelegt. Ein bekanntes Beispiel aus dem Handel sind die kleinen Trockenmittelbeutelchen, die die Feuchtigkeit im Schuhkarton reduzieren.
Aktiv und intelligent
Aus der Lebensmittelbranche sind aktive Verpackungen inzwischen nicht mehr wegzudenken: Sie schützen die Ware vor dem Verderben, indem sie zum Beispiel Feuchtigkeit regulieren, Reifungsprozesse aufhalten oder das Wachstum von Keimen eindämmen. Sauerstoff lässt Lebensmittel oxidieren und damit letztendlich verderben. Aus diesem Grund wird Frischfleisch beispielsweise unter Schutzgas wie Stickstoff oder CO2 verpackt.
Während aktive Verpackungen auf die darin enthaltenen Produkte einwirken, liefern intelligente Verpackungen zusätzliche Informationen und bieten außerdem einen Mehrwert. Dabei werden verschiedenste Technologien eingesetzt:
Frische-Indikatoren reagieren auf chemische Verbindungen, die beim Verderb von Lebensmitteln entstehen, und ändern ihre Farbe.
Zeit-Temperatur-Indikatoren ändern ihren Farbton in Abhängigkeit von Temperatur und Zeit und geben so zum Beispiel Auskunft darüber, ob bei einem online verschickten Steak die Kühlkette durchgängig eingehalten wurde.
Sensoren können auch andere Formen der unsachgemäßen Behandlung auf dem Transportweg registrieren wie Erschütterungen oder Drehungen.
Auch die RFID-Technologie (Radio-Frequency Identification) kann Verpackungen klüger machen. RFID-Tags ermöglichen die Identifizierung, Steuerung und Verfolgung jedes einzelnen Produkts. Darüber hinaus können auf den RFID-Tags weitere Informationen abgespeichert werden, etwa über die Verpackung selbst oder den Zustand eines Verpackungsbestandteils.
Ein Anwendungsfall im Automotive-Bereich wurde von Knüppel Verpackung im niedersächsischen Hann. Münden entwickelt: Um neu produzierte Zahnräder und Wellen beim Transport und der Lagerung vor Korrosionsschäden zu schützen, werden den Paketen Korrosionsschutzkapseln beigelegt. Sie verströmen einen Wirkstoff, der sich im Verpackungsraum verteilt, sich auf das Metall setzt und es auf diese Weise vor Korrosion schützt.
Solche Kapseln sind bis zu 15 Jahre haltbar. Bislang landeten sie nach der Erstnutzung jedoch immer auf dem Müll, da nicht klar war, wie lang der Wirkstoff noch seinen Dienst tun würde. Knüppel Verpackung hat eine RFID-Lösung realisiert, die anzeigt, ob das Mindesthaltbarkeitsdatum einer Korrosionsschutzkapsel abgelaufen ist oder die Kapsel noch einmal verwendet werden kann.
Bevor sie auf die Reise gehen, werden die Kapseln mit einem RFID-Tag versehen, auf dem das Ablaufdatum abgespeichert ist. Am Zielort werden sie wieder entnommen und gebündelt zurück an den Versender geschickt. Bevor die Kapseln wiederverwendet werden, werden sie mit einem RFID-Check-Board gescannt, um herauszufinden, ob die Schutzwirkung abgelaufen ist. Erscheint ein grüner Haken, ist die Kapsel noch in Ordnung. Zeigt das Board stattdessen ein rotes Kreuz, ist deren Schutzwirkung abgelaufen.
Für Björn Kniza, Marketingleiter von Knüppel Verpackung, sind Identifikatoren wie RFID-Codes ein „Schlüssel zum Erfolg im E-Commerce“. Die Daten und eine vollständige Rückverfolgbarkeit helfen Online-Händlern, „die komplexe Logistik zu steuern und die Effizienz zu steigern, indem sie sich der Auftragsabwicklung in Echtzeit annähern“.
2. Teil: „Etiketten als Echtheitsnachweis“
Etiketten als Echtheitsnachweis
Für den Echtheitsnachweis dient beispielsweise das nur wenige Quadratmillimeter große Kopierschutzmuster „Bitsecure“ der Schreiner Group. Es kann in jedes normale Etikett integriert werden. Kopiert ein Fälscher das Muster, ist die Kopie technisch bedingt weniger präzise und detailreich. Die Abweichungen können mithilfe eines Hand-Scanners oder Smartphones und entsprechender Software identifiziert werden.
Ein weiteres Verfahren, um zusätzliche Hinweise auf Verpackungen aufzubringen, ist „Printed Memory“. Das Unternehmen Xerox bedruckt dazu beispielsweise Etiketten mit kleinen Schaltkreisen. Auf dem bis zu 36 Bit großen Speicher ist Platz für Chargen- und Seriennummern, Mindesthaltbarkeitsdaten oder auch für geografische Informationen.
Kommunikation über AR
Online-Händler können smarte Verpackungen sowohl für die Logistik als auch für Marketingzwecke nutzen.
Ein Beispiel zeigt das Potenzial auf: Das Schweizer Unternehmen Yamo verschickt gesunde Babynahrung. Versendet werden die Breie und Smoothies in Kartons mit Sicherheitsverschluss, die der Verpackungshersteller Thimm für das Start-up entwickelt hat. Der integrierte Sicherheitsverschluss aus Wellpappe garantiert dem Empfänger den versiegelten und unversehrten Transport der Ware.
„Es ist egal, wohin der Kunde das Smartphone oder sein Lesegerät hält“, erklärt Denise Hoffmann, Referentin Marken- und Unternehmenskommunikation bei der Thimm Group: „Daher eignen sich diese Codes auch sehr gut für die Produktlogistik, als Sicherheitsmerkmal, zur Nachverfolgung im Distributionskreislauf oder allgemein für einen schnelleren Scan-Vorgang.“
Diese Möglichkeit, über die Verpackung zusätzliche Informationen bereitzustellen, wird als „Extended Packaging“ (erweiterte Verpackung) bezeichnet. An einer Extended-Packaging-Lösung für Weinliebhaber arbeitet beispielsweise das australische Start-up Third Aurora: Ein Tool des Unternehmens übersetzt Weinetiketten in die Landessprache des Verbrauchers. Die Übersetzung wird in das Layout des Originaletiketts eingepasst - aber nur virtuell. Damit ein chinesischer Weintrinker das englische Etikett in seiner Sprache und Schrift lesen kann, benötigt er ein Smartphone und die dazugehörige App.
Mitgründer Dave Chaffey erläutert auf der Unternehmenswebseite, wie das geht: „Künstliche Intelligenz liest und interpretiert den Inhalt. Augmented Reality projiziert den neuen Text auf das Label.“
Informationen über die Verpackung selbst können auf diese Weise ebenfalls abgerufen werden, zum Beispiel zum Recycling oder zu den beigelegten Isolationsmatten und Kühlpads.
Im Gegensatz zur Lebensmittel- und Pharmaindustrie steht Smart Packaging im E-Commerce noch ganz am Anfang. Das mag an den relativ hohen Kosten liegen - aber auch daran, dass noch nicht geklärt ist, wie die smarten Verpackungen am besten recycelt werden können. Wenn technische Elemente wie RFID-Chips an der Verpackung aufgebracht sind, ist zwar der Karton Altpapier, die RFID-Tags aber nicht.
Experten bescheinigen intelligenten Verpackungen großes Potenzial für Logistik und Marketing. Katrin Pavelka, Leiterin Public Relations & Social Media beim Verpackungsanbieter Rajapack, beschreibt die Einsatzmöglichkeiten im Online-Handel so: „Ich kann Kunden individuelle Nachrichten mitschicken. Ich kann Aufbauanleitungen und -videos anhängen, Inhaltsstoffe auflisten, den Kunden direkt zu einer Bewertung des Produkts führen, ihn mit Gewinnspielen oder sonstigen Interaktionsdingen versorgen – oder ihm einfach einen schönen Tag und viel Spaß beim Auspacken wünschen.“
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