Business-IT
21.07.2017
Smart Port Durban
1. Teil: „Schiffe, Drohnen, Lkws – alles vernetzt“

Schiffe, Drohnen, Lkws – alles vernetzt

Smart Port in DurbanSmart Port in DurbanSmart Port in Durban
Der Container-Hafen in Durban ist ein wegweisendes ICT-Projekt. Dank einer zentralen SAP-HANA-Datenbank wird der Frachthafen zum riesigen Smart-Port.
  • Größter Container-Hafen Afrikas: 80 Millionen Tonnen Fracht werden pro Jahr in Durban umgeschlagen.
    Quelle:
    iStockphoto / michaeljung
Weniger Wartezeit, mehr Umschlag – der Frachthafen im südafrikanischen Durban soll produktiver werden. Dafür hat der Hafenbetreiber Transnet T-Systems beauftragt, eine besondere ICT-Lösung aus Drohnen, Sensoren und Tracking-Technolo­gien zu entwickeln. Herzstück ist eine SAP-HANA-Datenbank, die Informationen in Echtzeit bereitstellt. So kann der Hafenbetreiber seine Ressourcen effektiver einsetzen. Und: Das Projekt hat Vorbildcharakter für andere Häfen.
Er ist der größte Container-Hafen Afrikas: Über 80 Millionen Tonnen Fracht werden jedes Jahr in Durban umgeschlagen. Dazu gehören Kohle, Zucker, Tiefkühlfisch und vieles mehr. 10.000 Menschen und 5.000 Lkws sind täglich mit dem Löschen der Ladungen und deren Weitertransport beschäftigt. Doch die räumlichen Kapazitäten des Hafens sind begrenzt. Lange Staus auf den Zufahrtswegen und mehrstündige Wartezeiten für die einlaufenden Schiffe sind an der Tagesordnung. Ein Zustand, den der Hafenbetreiber nicht länger hinnehmen wollte. Denn Zeit ist Geld, erst recht in einem Frachthafen. Darum hat die Transnet National Ports Authority (TNPA) ihren langjährigen ICT-Provider T-Systems mit der Entwicklung einer intelligenten Lösung betraut.
„Der Transnet hat bislang der ganzheitliche Blick auf den Hafen gefehlt“, erklärt Stefan Bucher, operativer Leiter der IT-Division von T-Systems. „Für die einzelnen Arbeitsabläufe gab es unterschiedliche Kontroll- und Steuerungssysteme. Diese waren weder eng vernetzt noch tauschten sie Informationen mit­einander aus.“
Die Aufgabenstellung für den Provider lautete daher: Wie lassen sich die vorhandenen Ressourcen im Hafen besser nutzen und Verzögerungen vermeiden? Wie können Prozesse vereinfacht oder sogar automatisiert werden? Und wie ist es möglich, die Abläufe intelligent zu steuern und einheitlich zu visualisieren?

SAP-HANA-Datenbank

Zusammen mit den Technikpartnern Huawei und LOTS Operations machte sich T-Systems an die Arbeit und entwickelte eine Infrastruktur- und Logistiklösung, die sämtliche Informationen in einem Kontrollzentrum zusammenführt. „Herzstück unseres Smart-Port-Projekts ist eine SAP-HANA-Datenbank, die auf bis zu 6 Terabyte skalierbar ist“, erläutert Ronald Salis, der Projektleiter von T-Systems Südafrika. „Hier laufen alle Daten rein, die diverse Drohnen, Überwachungskameras, Sensoren und Tracking-Tools rund um die Uhr einsammeln.“
Neben der SAP-HANA-Infrastruktur liefert T-Systems als Generalunternehmer auch Business-Intelligence-Komponenten. „Damit können wir die Prozesse im Hafen in Echtzeit analysieren und zuverlässige Prognosen für die folgenden Stunden treffen.“ LOTS Operations stellt die Drohnen- und Telematik-Technologien bereit, Huawei das LTE-Mobilfunknetz für eine drahtlose Kommunikation der einzelnen Elemente.
Eine dreimonatige Testphase des Smart-Port-Projekts verlief überaus erfolgreich: 18 Anwendungsszenarien standen auf dem Prüfstand – darunter die Zugangs- und Zufahrtskontrollen zum Hafengelände, das Container-Tracking und -Wiegen, diverse Aktivitäten auf dem Wasser und Maßnahmen in der Kundenbetreuung. Ergebnis: Die vernetzte ICT-Lösung erlaubt der Transnet einen durchgängigen, stets aktuellen Blick auf die Prozesse im Frachthafen und lässt sie die Verkehrs- und Warenströme effizient managen. Außerdem wird der Hafen durch die zentrale Überwachung der Aktivitäten auch sicherer.
2. Teil: „Beschleunigter Umschlag“

Beschleunigter Umschlag

„Stellen Sie sich vor: Ein Schiff kommt von Rotterdam an unsere Küste. Der Kapitän muss wissen, wann er den Hafen erreicht und ob es dann genug freie Kapazitäten gibt, einzufahren und die Ladung zu löschen“, skizziert Lentle Mmutle, CIO der TNPA, ein Szenario. „Wenn wir rund um solche Ereignisse eine umfassende Sichtbarkeit schaffen, können wir den Handel vereinfachen und kostspielige Verzögerungen minimieren.“
Denn ein Hafen arbeitet nur dann effizient, wenn er ankommende Container-Schiffe schnell abfertigen kann. Sobald das Be- und Entladen eines Schiffes länger als 48 Stunden dauert, fallen für den Betreiber Strafzahlungen an. Die Smart-Port-Lösung bietet der Transnet somit nicht nur mehr Umsatz durch einen beschleunigten Umschlag, sie senkt zudem die Gefahr von Sanktionen.
Auch an Land verbessert die von der TNPA initiierte ICT-Lösung die Abläufe und minimiert so das Risiko einer Verkehrsüberlastung. Während die Lkws in der Vergangenheit mitunter tagelang auf ihre Ladung warten mussten und die Zufahrtswege des Hafens blockierten, ermöglichen nun 5000 mobile Endgeräte wie Smart­phones und Tablets die Kommunikation mit dem Hafenbetreiber. Die Fahrer können eigene Verspätungen melden und erhalten umgekehrt automatisch Warnhinweise, wenn es auf ihrer Route zu Staus kommt oder ihre Lieferung verspätet ist. Mittels Geo-Lokalisierung übermitteln die On-Board-Units jederzeit den genauen Standort eines Lkws und erfassen dessen Verweildauer auf dem Hafengelände. Mit diesen Daten kann Transnet den Verkehr besser steuern und im Bedarfsfall situationsgerecht umleiten.

Drohnentechnologie

Selbst Drohnen helfen, den Hafen von Durban smarter zu machen. Ronald Salis von T-Systems Südafrika: „Die anfängliche Skepsis einiger Beteiligter gegenüber der Drohnentechnologie war nach der Testphase wie weggeblasen. Sie bietet ein immenses Potenzial bei der Automatisierung zahlreicher Prozesse.“ So können die autonomen Helfer nicht nur Umgebungsbedingungen wie Windgeschwindigkeit, Temperatur und Wetterverhältnisse erfassen, sondern auch den Hafenbereich überwachen sowie Bojen orten und deren Zustand kontrollieren. Bei etwaigen Problemen sorgen live in das Kontrollzentrum übertragene Videos für einen schnellen Überblick und Aufklärung.
Darüber hinaus erleichtern die Drohnen die Kommunika­tion zwischen dem Hafen und den vor Anker liegenden Container-Schiffen: Weil nicht mehr – wie bisher üblich – Boote die Einfuhrpapiere von den Schiffen abholen und zurücktransportieren, sondern Drohnen, sinkt der dafür benötigte Zeitaufwand deutlich. Das wiederum beschleunigt die weitere Bearbeitung und damit das Löschen der Ladung.
Unter Wasser eingesetzte Drohnen übernehmen die In­spektion von Hafenmauern und Schiffsrümpfen. Da sie im Gegensatz zu menschlichen Tauchern unabhängig von der Wasserqualität arbeiten können, sinkt der Aufwand für eine Kaimauerinspektion auf etwa ein Drittel der Zeit, die ein Taucher dafür benötigen würde. „Egal ob in der Luft oder im Wasser – Drohnen sind ein wichtiges Element in unserem Projekt, um die Abläufe im Hafen von Durban intelligenter zu gestalten“, so Salis. „Unsere Vision ist es, mit Hilfe von Drohnen, Sensoren und 3D-Karten eine Applikation zu entwickeln, die den Kapitän eines Container-Schiffs auf Basis von Virtual Reality einfach und sicher in den Hafen navigiert. Daran arbeiten wir bereits gemeinsam mit unseren Partnern.“ Schon bald soll dieses weltweit bislang einzigartige Vorgehen praktisch getestet werden.
3. Teil: „Echtzeit-Kontrollzentrum“

Echtzeit-Kontrollzentrum

Weil die Smart-Port-Lösung im Test überzeugen konnte, hat Transnet inzwischen einen millionenschweren Folgeauftrag an T-Systems erteilt. Sämtliche Abläufe, Ereignisse und verfügbaren Ressourcen wie Zugänge, Container und Fahrzeuge sollen künftig in Echtzeit überwacht und gesteuert werden. Dank Echtzeit-Integration, Fallmanagement und Prozessvisualisierung fließen die gewonnenen Daten dann in einem übersichtlichen „Single Information View“ in der Betriebszentrale zusammen.
Für maximale Transparenz im Kontrollzentrum sorgt hierbei das intelligente Zusammenspiel von Dashboards, Geo-Maps, Datenanalyse und -visualisierung sowie der SAP-HANA-Datenbank. „Bereits während der Pilotphase war die Transnet in der Lage, ihre Arbeitsabläufe im Hafen mit Hilfe smarter Technologien effizienter zu gestalten“, so Stefan Bucher. „Indem wir nun das ‚Nervenzentrum‘ für die Betriebszentrale entwickeln, in dem alle Prozesse zusammenfließen, kann die TNPA ihre vorhandenen Ressourcen künftig noch besser steuern und einsetzen.“

Weltweite Einsatzmöglichkeiten

Auch Transnet-CIO Lentle Mmutle ist zufrieden mit dem bereits Erreichten: „Wenn jeder die gleichen Informationen hat, können wir viel besser planen“, fasst Mmutle die Vorteile der ICT-Lösung zusammen. „Mit dem neuen Ansatz ist es uns möglich, unsere Kapazitäten intelligenter zu planen und genauere Vorhersagen zu treffen – beziehungsweise Warnungen auszusenden, wenn Unterbrechungen in der Wertschöpfungskette drohen.“ Die ersten Erkenntnisse deuten an, dass der Hafen von Durban in vielerlei Hinsicht von der digitalen Infrastruktur- und Logistiklösung profitieren wird. In der weiteren Umsetzung des Smart-Port-Projekts sollen noch mehr Anwendungsszenarien intelligent vernetzt werden. Bucher: „Die fertige Lösung kann dann als Vorbild für Häfen auf der ganzen Welt dienen.“ Allein die südafrikanische Transnet National Ports Authority betreibt noch sieben weitere Häfen.
Umwelt-Drohne
Die intelligente Hafenlösung bringt nicht nur wirtschaftliche Vorteile – auch die Umwelt profitiert: Einen positiven Einfluss hat zum Beispiel der „Waste Shark“. Dank Geo-Fencing und einer automatischen Kollisionsvermeidung beseitigt diese durch Solarenergie angetriebene Drohne vollkommen autonom Abfälle auf der Wasseroberfläche im Hafenbecken. Bei sehr großen Müllmengen kann der Waste Shark per Schwarmintelligenz selbstständig weitere Drohnen zu dem betroffenen Bereich abrufen.
Darüber hinaus kontrolliert die Drohne regelmäßig die Wasserqualität und sendet Berichte ans Kontrollzentrum. Sollte die Qualität beeinträchtigt sein, kann der Hafen die lokalen Fischer per SMS oder E-Mail warnen. Zudem tragen die intelligent gesteuerten Prozesse auf dem Hafengelände zu einer besseren Verkehrssituation in der gesamten Umgebung bei und steigern so die Lebensqualität in der Stadt Durban. Und letztlich sorgt der schnellere Container-Umschlag dafür, dass die Küste nicht länger von vor Anker liegenden Schiffen belegt wird.

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