17.12.2018
Angriff auf Salesforce
SAP expandiert mit HANA ins CRM
Autor: Hartmut Wiehr
nexusby / shutterstock.com
Mit einer CRM-Suite auf In-Memory-Technik will SAP Salesforce Paroli bieten. Diese besteht aus fünf parallel arbeitenden Clouds. Mit der Verknüpfung aller SAP-Anwendungen miteinander soll dann im Endeffekt die Nachfrage direkt die Supply Chain bestimmen.
Der einzige Software-Gigant aus Deutschland, SAP, hat seine internationale Spitzenposition bei Enterprise Resource Planning (ERP) kontinuierlich verteidigt und ausgebaut, nicht zuletzt, indem den Kunden mit Nachdruck eine RAM-basierte Technologie nahegelegt worden ist. SAP-CEO Bill McDermott kündigte im Februar 2015 die SAP Business Suite 4 SAP HANA, kurz SAP S/4 HANA, denn auch als „größten Produkt-Launch der letzten 23 Jahre“ an. Über 400 Millionen Zeilen Code wurden dafür um- oder neu geschrieben. Verfügbar ist S/4 HANA On-Premise, in der Cloud und als hybride Umgebung. Vor allem aber beruht die Suite ganz auf der In-Memory-Datenbank HANA und erlaubt so völlig neue Performance-Dimensionen. Sie soll das ERP-System effektiver und performanter machen und Unternehmen in die Lage versetzen, Geschäftsmodelle neu zu erfinden. Glaubt man dem SAP-Marketing, so ist sie nichts weniger als die ideale Basis fürs Internet of Things, Big Data und Künstliche Intelligenz.
Aus Hybris wird SAP C/4 HANA
SAP betont bei jeder Gelegenheit, dass der Umstieg auf S/4 HANA ein ähnlich großer Erfolg sei wie seinerzeit der legendäre Wechsel von SAP R/2 auf R/3 Anfang der 1990er-Jahre - und das mit einigem Recht. Trotz vieler Fragezeichen und auch einigen Unmuts unter der SAP-Anwendergemeinde ist S/4 HANA heute Realität. Was lag da näher, als diesen Ansatz auf andere traditionelle SAP-Umgebungen zu übertragen.
2018 war es so weit: Auf der Hausmesse „Sapphire Now“ kündigte CEO McDermott SAP C/4 HANA an. Ganz neu ist diese Suite indes nicht. 2013 hatte SAP den Omni-Channel-Commerce-Spezialisten Hybris gekauft. Doch Erfolg wollte sich nicht so recht einstellen, auch weil Salesforce die Sphäre des Customer Relationship Managements (CRM) allzu übermächtig dominierte. Dagegen kam Hybris einfach nicht an. Die Lösung: Hybris heißt nun Customer Experience oder - noch genialer - SAP C/4 HANA.
Und Bill McDermott verkündete: „Herkömmliche CRM-Systeme drehen sich nur um den Verkauf. Bei SAP C/4 HANA steht der Konsument im Vordergrund. Wenn man alle SAP-Anwendungen miteinander in einer intelligenten Cloud-Suite verbindet, dann bestimmt die Nachfrage direkt die Supply Chain.“ Offenkundig angelehnt an von Salesforce geprägte Benennungen besteht SAP C/4 HANA gleich aus fünf Wolken: SAP Commerce Cloud, SAP Marketing Cloud, SAP Sales Cloud, SAP Service Cloud und SAP Customer Data Cloud. Noch gibt es begriffliche Unschärfen, stehen doch Customer Experience und SAP C/4 HANA nebeneinander - und verwirren die Anwender. Mit einer gut besuchten Veranstaltung in Barcelona, der „SAP Customer Experience Live 2018“, unterstrich der Konzern im Oktober aber sehr deutlich seinen Willen, die neue HANA-Suite zu einem Erfolg zu machen. Ein Anfang scheint getan. 10.000 Kunden soll es für C/4 HANA bereits geben. Analysten wie Olive Huang von Gartner weisen allerdings darauf hin, dass noch viel Integrationsarbeit vonnöten ist, damit aus C/4 HANA ein voll funktionsfähiges CRM-Paket wird: „Letztlich kommt es darauf an, dass SAP mit Salesforce bei den wichtigen CRM-Funktionalitäten konkurriert, und nicht bloß bei denen, die eher am Rand anfallen.“
Kurz nach Barcelona unterstrich SAP noch einmal, wie ernst es ihm mit C/4HANA ist: Für 8 Milliarden Dollar soll Qualtrics gekauft werden. Die Software-Firma ist auf Online-Marktforschung spezialisiert und passt genau ins neue Konzept von Customer Experience. Als Teil von C/4HANA können Firmen damit fast in Echtzeit ermitteln, wie ihre Produkte wahrgenommen werden, und ihre Strategie darauf ausrichten.
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