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16.11.2018
Rückblick auf Dreamforce 2018
1. Teil: „Salesforce setzt auf Apple, Einstein und Co.“

Salesforce setzt auf Apple, Einstein und Co.

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Jonathan Weiss / Shutterstock.com
Auf der großen Hausmesse Dreamforce präsentierte Salesforce seine Pläne für die Zukunft. Dazu gehören unter anderem eine ausgebaute Partnerschaft mit Apple und KI-Lösungen rund um Einstein.
Das 1999 gegründete Unternehmen Salesforce hat sich vor allem in den USA mit seiner 100-prozentigen Cloud-Orientierung zu einem der marktbeherrschenden Anbieter bei Geschäfts­anwendungen entwickelt. Das ursprüngliche Kernprodukt CRM ist mit den Jahren zu einem umfassenden Service-Paket rund um Verkauf, Produkte, Kunden und Mitarbeiter angewachsen. Zu der in San Francisco stattfindenden Dreamforce pilgern jedes Jahr mehrere Zehntausend Mitarbeiter von Kunden, Partnern und Entwicklern sowie Interessenten. Auch Ende September 2018 machten sich viele Fans in der Hoffnung auf „Erleuchtung“ wieder auf nach Kalifornien.

Partnerschaft mit Apple

Doch in den Augen neutraler Beobachter brachte die Dreamforce 2018 nur wenig spektakuläre Neuankündigungen. Eher war das Bemühen um Konsolidierung spürbar. Auf Produkt­seite mit die größte Aufmerksamkeit erregte die erweiterte Zusammenarbeit mit Apple, zunächst bei der Anpassung der
Salesforce-Applikationen an die neuen Funktionen im Betriebssystem iOS. Beide Unternehmen stellen ferner Toolkits und Ressourcen für die Millionen Salesforce-Entwickler bereit, um neue Applikationen zu entwickeln, etwa für Trailhead, die freie, webbasierte Unterrichtsplattform von Salesforce.
  • Dreamforce 2018: Zehntausende Kunden und Fans pilgerten auch in diesem Jahr zur Hausmesse von Salesforce.
    Quelle:
    Salesforce
Marc Benioff, Chairman und Co-CEO von Salesforce, drückt es in gewohnt markigen Formeln so aus: „Gemeinsam werden Salesforce und Apple dafür sorgen, dass es eine neue Ära von mobilen Geräten und geeigneten Apps auf iOS-Basis geben wird.“
Besonderes Gewicht erhält diese Ankündigung dadurch, dass Salesforce sich mit Einstein Voice auf die Siri-Schnittstelle von Apple stützt, um Sprachbefehle in seine Anwendungen zu integrieren. Publikumswirksam demonstrierten dazu in den Keynotes der Veranstaltung Vorführungen, wie man im Büro mittels Sprache schneller arbeiten kann als bisher. Durch Sprachkontakt soll es zu nichts Geringerem als einer neuen Stufe von CRM kommen, in der die Arbeitsweisen der Menschen „personalisiert und grundlegend geändert werden“. In der Marketing-Sprache von Salesforce klingt diese Verheißung so: „Einstein Voice Assistant Supercharges Productivity”. 2019 soll es die ersten Anwendungen dafür geben. Ob das wirklich zu einem Knüller in modernen Großraumbüros wird, bleibt abzuwarten.

Einstein Analytics

Zweites großes Thema auf der Dreamforce 2018 war Künstliche Intelligenz. Unter dem Label Einstein – die Namensrechte dafür hat man sich von der Hebrew University in Jerusalem besorgt – arbeitet Salesforce schon seit 2016 an der Implementierung von KI in seine Produkte. Die Stoßrichtung ist klar, denn noch immer ist trotz aller Digitalisierung das tagtägliche Arbeiten in Sales, Marketing, Vertrieb und Support stark von menschlichen Aktivitäten, Kontakten und Eingriffen geprägt. Der Fokus von KI liegt deshalb darauf, Aufgaben, die (noch) von Menschen durchgeführt werden, zu automatisieren.
Salesforce Einstein soll nun dazu beitragen, Komplexität aus der KI herauszunehmen und neue Formen der Interak­tion in die diversen Salesforce-Clouds hineinbringen – etwa durch Chatbots, die Salesforce als Anwendungen beschreibt, „die menschliche Gespräche simulieren – entweder in gesprochener Sprache oder mit Textbotschaften“ und sich beim Besuch von Webseiten oder während der Arbeit mit Anwendungen „von selbst“ einklinken.
KI spielt naturgemäß auch eine große Rolle in den zur Dreamforce 2017 eingeführten Salesforce-Einstein-Analytics-Produkten.
Dieses Portfolio umfasst mittlerweile Basic Reports und Dashboards, KI für Salesforce Reports und vorgefertigte Analytics-Anwendungen für die Salesforce-Applikationen Sales Cloud, Marketing Cloud und Service Cloud. Die Plattform Einstein Analytics erlaubt es Nutzern, eigene Analyseanwendungen zu entwickeln, wobei auch Daten aus Fremdanwendungen verarbeitet werden können.
Auch Machine Learning hat Einstein Analytics schon zu bieten – etwa durch die Komponente Einstein Discovery, die aus der 2016 getätigten Übernahme von Beyond­Core, einem Anbieter von Business-Analyse-Software, hervorgegangen ist. Einstein Discovery analysiert große Datenmengen in wenigen Minuten und produziert auf Basis von Machine-Learning-Funktionen „smart suggestions“ für die Interpretation der durchsuchten Daten.
2. Teil: „Customer 360“

Customer 360

Die Anzahl der Programme bei Salesforce ist beständig gewachsen, was so manchen Kunden und Interessenten die Übersicht erschwert hat. Außerdem unterscheidet Salesforce zwischen B2B (Business to Business) und B2C (Business to Commerce). In dem Report „Vendor Rating: Salesforce“ bezeichnet Gartner die fehlende Integration der Produkt-Suite als „größte Herausforderung“ für den Hersteller.
  • Customer 360: Das Pilotprojekt soll zu einer besseren Integration der Salesforce-Produkte führen.
    Quelle:
    Salesforce
Auf der Dreamforce 2018 hat Co-Founder und CTO Parker Harris  deshalb die Initiative Customer 360 angekündigt. Sie soll den Unternehmen die Kontrolle über alle von ihnen genutzten Cloud-Anwendungen und ihre Daten zurückgeben. Praktisch umgesetzt werden soll das durch die Plattform Anypoint der vor Kurzem zugekauften Firma MuleSoft.
Die Analysten von Gartner bewerten MuleSofts Lösung in ihrem „Magic Quadrant for Full Life Cy­cle API Management“ als taugliches Werkzeug für das Life Cycle Management von APIs (Application Programming Interfaces). Zu den Kunden von MuleSoft, die sehr viele verschiedene Anwendungen integrieren müssen, gehören beispielsweise große Unternehmen wie Coca-Cola, Barclays oder Unilever.
Customer 360 ist noch ein Pilotprojekt und soll erst im Lauf des nächsten Jahres auf den Markt kommen. Der Salesforce-Mann Ron Pereira skizziert in einem zur Dreamforce 2018 veröffentlichten Blog Funktion und Arbeitsweise des Projekts (www.salesforce.com/blog/2018/09/what-is-salesforce-custo
mer-360.html).
Ausgangspunkt seiner Erläuterungen ist das Bedürfnis von Unternehmen, die verschiedenen in Form von Silos oft nebeneinander existierenden Prozesse und Infrastrukturen bei den Salesforce-Anwendungen für Marketing, Commerce, Sales und Service zusammenzuführen. In den Worten von Ron Pereira: „Salesforce Customer 360 ist eine neue cloud­übergreifende Initiative, auf deren Basis unsere B2C-Produkte für Marketing, Commerce und Service besser zusammenarbeiten sollen.“
Bei den B2B-Produkten von Salesforce, so die Argumentation Pereiras, befänden sich alle Informationen am gleichen Platz in den Cloud-Rechenzentren des Anbieters. Überall würden die gleichen Datenmodelle benutzt und Sales- oder Marketing-Mitarbeiter könnten in gleicher Weise darauf zugreifen. Bei B2C biete Salesforce dagegen unter anderem die Applikationen Marketing Cloud, Commerce Cloud (früher Demandware) und Service Cloud an – mit den unterschiedlichen Datenmodellen Person Accounts Objects (Sales und Service Cloud) und Data Extensions (Marketing Cloud Email und Mobile Studio, früher ExactTarget). MuleSoft Anypoint kommt in diesem Modell die Funktion einer Plattform zu, auf der alle Daten der verschiedenen Clouds zusammenlaufen, integriert und orchestriert werden – eine Art „Über-Cloud“.
Mit Anypoint können Unternehmen dabei auch auf Kundendaten außerhalb von Salesforce zugreifen, um einen wirklich vollständigen Blick auf ihre Kunden zu erhalten. Das ist schon deshalb wichtig, weil die Branche insgesamt von hybriden Cloud-Architekturen geprägt ist und auch andere Hersteller mit ihren On-Premise-Lösungen bei den Kunden vertreten sind. Dies muss auch Salesforce berücksichtigen, da viele Kunden über historisch gewachsene, gemischte IT-In­frastrukturen verfügen oder mit Absicht eine Multi-Vendor-Strategie bevorzugen. Außerdem kommt hinzu, dass Salesforce sich mehr in Richtung des lukrativen PaaS-Markts (Platform as a Service) bewegt, der definitionsgemäß mehr Offenheit und Datenaustausch verlangt.

Expansion international

Schließlich wurde auf der Dreamforce 2018 auch deutlich, dass Salesforce sich verstärkt um die weitere Durchdringung der europäischen und asiatischen Märkte bemühen will. Zwar befinden sich die Salesforce-Anwendungen und alle Daten immer noch ausschließlich in den Cloud-Rechenzen­tren des Herstellers, davon stehen jedoch inzwischen einige auch in Europa und Asien. Vorbehalte gegen Cloud-only-Lösungen behindern deshalb laut Oliver Oursin, VP Solution Engineering EMEA Central, die Expansionspläne nicht mehr.   
Oursin zufolge befinde sich Salesforce in vielen Gesprächen mit neuen Kunden, und das Thema Cloud und Sicherheitsrisiken spiele keine große Rolle mehr. Hilfreich sei auch das Image von Salesforce mit seiner kalifornischen Start­up-Kultur.

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