Business-IT
07.03.2018
RPA-Software
1. Teil: „Deshalb ist Robotic Process Automation so lukrativ“

Deshalb ist Robotic Process Automation so lukrativ

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freedomnaruk / Shutterstock.com
Robotic Process Automation (RPA) eignet sich besonders gut für wiederkehrende Tätigkeiten, die regelbasiert ablaufen. RPA-Software beschleunigt diese Prozesse und entlastet Mitarbeiter.
Beim Thema Roboter denken wohl viele Menschen zunächst an R2-D2 und C-3PO aus „Star Wars“ oder an Industrieroboter, die Fertigungsschritte und Prozesse automatisieren. Ihre Einsatzgebiete sind vielfältig: Sie holen Teile aus dem Regallager, bringen sie an ihren Bestimmungsort oder stapeln sie passgenau auf eine Palette. Der gemeinsame Nenner: Diese physischen Roboter automatisieren mechanische, sich wiederholende Abläufe, arbeiten sehr effizient und meist fehlerfrei, werden nicht müde oder krank und brauchen keinen Urlaub.
  • Quelle: Tractica
In letzter Zeit finden Roboter auch ihren Weg ins Büro. Als Software-Roboter übernehmen sie einfache, monotone Prozesse wie etwa die Eingabe von Adressdaten. Das Stichwort lautet Robotic Process Automation (RPA).
Der Begriff wird unterschiedlich definiert. Frank Termer, Bereichsleiter Software beim Digitalverband Bitkom, sieht RPA als Weiterentwicklung der klassischen Prozessautomatisierung mit Software-Robotern und KI. „Bisher liefen automatisierte Workflows etwa zur Verarbeitung von Transaktionen im Hintergrund ab und waren von außen nicht nachvollziehbar. Jetzt ahmen Software-Roboter menschliches Verhalten nach, wenn sie zum Beispiel Daten automatisiert in Formularfelder eingeben. Sie arbeiten mit den gleichen Benutzerschnittstellen, etwa bei Audio-Bots wie Alexa oder textbasierten Chats.“
Matthias Zacher, Manager Research & Consulting beim Marktforschungsunternehmen IDC, zieht bei den Tools für automatisierte Prozesse eine historische Linie von Makros und Skripts über die Workflow-Automation bis hin zum heutigen RPA. „Ich verstehe unter RPA Software-Lösungen und Prozesse, die Interaktionen durchführen, die normalerweise von Mitarbeitern erledigt werden. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird RPA zu Intelligence Process Automation. Ein Beispiel dafür sind Sprach-Bots. Die Trennschärfe zwischen den Begriffen ist allerdings nicht eindeutig, die Grenzen sind fließend.“ Laut
Zacher kann sich ein IT-affiner Anwender RPA-Lösungen selbst zusammenstellen, bei Intelligence Process Automation seien Software-Entwickler für das Programmieren gefragt.
Carsten Rust, Director Solution Consulting DACH beim RPA-Anbieter Pegasystems, bringt einen weiteren Aspekt ins Spiel. Grundsätzlich sieht er Robotic hier als Oberbegriff für einen Software-Robot, der Aufgaben übernimmt, die vorher ein Mensch erledigt hat. Diesen unterteilt er in die Subkategorien RPA, RDA (Robotic Desktop Automation) und Chat­bots mit KI. Unter RPA versteht er Software-Roboter, die auf einem Server ausgeführt werden und ohne weitere Interaktion mit dem Menschen ihre Arbeit verrichten. „Typische Aufgaben sind im Backoffice zu finden, beispielsweise für das Übertragen von Informationen aus einem Transaktionssystem in ein CRM, das auf einer anderen Plattform läuft“, so Carsten Rust. „RDA bezeichnet einen persönlichen Roboter auf dem Rechner eines Mitarbeiters, der ihn beim Erledigen von Routineaufgaben unterstützt. Hier kommt es an geeigneten Stellen zur Interaktion zwischen dem Menschen und dem Roboter. Ein typischer Anwendungsfall für RDA ist im Frontoffice-Callcenter eines Unternehmens.“
Unter die Kategorie Chatbots fallen Robots, die mit KI kombiniert werden und eigenständig den Chat mit den Kunden übernehmen auf Basis von Text-Mining, Natural Language Analytics und einer Sentiment-Analyse, die Emotionen des Nutzers erkennt.
2. Teil: „Vielfältige Einsatzszenarien “

Vielfältige Einsatzszenarien

Einig sind sich die Experten über das Einsatzgebiet von RPA: Software-Roboter eignen sich vor allem für wiederkehrende Tätigkeiten, die regelbasiert ablaufen. IDC-Mann Matthias Zacher spricht hier von „High-Volume-Geschichten, die immer wieder und hundert- bis tausendfach vorkommen“. Die Palette der Einsatzszenarien ist breit – sie reicht von einfachen Dokumenten-Workflows wie dem Kopieren von Kundendaten aus dem CRM-System in Rechnungen, über Antworten auf einfache Kundenanfragen zu Produkten und Services und der Kalkulation von Angeboten und Preisen bis hin zum Robo-Advisor, der Bankkunden bei der Geldanlage berät.
Oder nehmen wir die Eröffnung eines Bankkontos: Im Backoffice liest ein Software-Roboter den Antrag aus, ruft die Kundenstammdaten auf und führt dann in den Subsystemen Tätigkeiten wie Kontoeröffnung oder Bestellung der GiroCard aus. Dazu müssen „nur“ die vorhandenen Kunden­daten ausgelesen und in die richtigen Felder der Masken eingetragen werden.
Und hier noch ein Beispiel für effizientere Prozesse im Callcenter: Eine wichtige Kennzahl im Callcenter ist die Average Handling Time, kurz AHT. Sie gibt an, wie viel Zeit ein Mitarbeiter im Durchschnitt benötigt, um einen Kontakt zu bearbeiten. Dazu zählt die Gesprächszeit und die Nacharbeitszeit mit der Dokumentation des Gesprächs. Ein Robot kann die Nacharbeitszeit minimieren, da er über automatisierte Notizen das Gespräch selbstständig dokumentieren kann, weil er weiß, welche Prozesse im System angestoßen wurden.
Auf einen Blick: Vorteile von RPA
  • Höhere Produktivität: Prozesse laufen schneller ab
  • Zeitgewinn: Mitarbeiter werden von lästigen Routine­aufgaben entlastet und gewinnen Zeit für strategische und kreative Aufgaben sowie die Kundenberatung
  • Geringere Fehlerquote: Tippfehler oder Zahlendreher werden durch die automatisierte Eingabe von Daten verringert
  • Ausdauer: Permanent lauffähig, keine zeitliche Be­grenzung
  • Hohe Skalierbarkeit
  • Zufriedenheit der Mitarbeiter steigt, sofern die Prozesse funktionieren
  • Kostenvorteile: Firmen dürften durch RPA generell Kosten sparen. Wie hoch die TCO-Vorteile ausfallen, hängt indi­viduell vom Aufwand für die Implementierung und Wartung der RPA-Lösung sowie vom jeweiligen Einsatzszenario ab
  • Enabler der digitalen Transformation: Robots überwinden Datensilos, indem sie Daten aus verschiedenen Systemen zusammenführen und damit neue digitale Vertriebsmodelle ermöglichen
3. Teil: „Weniger Fehler“

Weniger Fehler

RPA sorgt durch automatisierte Prozesse grundsätzlich für eine höhere Produktivität etwa in der Finanz- oder Personal­abteilung von Unternehmen. Das zeigt der „ISG Automation Index“ der Marktforscher der Information Services Group (ISG). Der Studie zufolge können Unternehmen ihre Geschäftsprozesse mit Hilfe von RPA fünf- bis zehnmal schneller als zuvor durchführen und benötigen dabei durchschnittlich 37 Prozent weniger Ressourcen.
Die ISG-Daten zeigen, dass sich das „Full-Time Equivalent“ (FTE), das Äquivalent zur Arbeitsbelastung eines Vollzeitmitarbeiters, in Bestellprozessen (Rechnungslegung, Zahlungszuordnung, Gutschriften, Geldeinzug, Preisermittlung) um 43 Prozent verringert und bei Personalprozessen (Lohn und andere Bezüge, Recruiting- und Talentmanagement, Systeme des Lieferantenmanagements) um 32 Prozent. Diese Produktivitätsgewinne führen demnach aber nicht zu Jobverlusten, sondern versetzen die Unternehmen in die Lage, ihre Mitarbeiter für höherwertige Aufgaben einzusetzen.
Das bestätigt Frank Termer von Bitkom: „RPA beschleunigt nicht nur Prozesse, sondern entlastet die Mitarbeiter von Routineaufgaben. Sie gewinnen dadurch Zeit für kreative oder strategische Aufgaben. RPA vermeidet auch Fehler wie Zahlendreher beim Abtippen oder versehentliches Löschen einzelner Zeichen bei Übertragung per Copy and Paste.“ Matthias Zacher von IDC sieht durch RPA insbesondere im Vertrieb großes Potenzial: „Ein Mitarbeiter wandte bislang rund 50 Prozent seiner Arbeitszeit für administrative Tätigkeiten wie die Dokumentation von Besuchen oder Telefonaten auf. Mit RPA sinkt dieser Anteil auf rund 20 Prozent.“
Ein weiterer Vorteil: Firmen können dank RPA bereits ausgelagerte Tätigkeiten wie das Eintippen von Dokumenten wieder inhouse erledigen. „Auf der Kostenseite sind generell Vorteile zu erwarten. Doch häufig ist der TCO nicht so hoch wie erwartet, da Kosten für die Anschaffung und Wartung anfallen. Das hängt immer vom individuellen Fall ab“, weiß Zacher.
Robotic Process Automation kann für die IT-Abteilung auch als technischer Enabler der digitalen Transformation dienen. „Die Robots können Daten aus verschiedenen Systemen zusammenführen und damit Datensilos überwinden. Damit erhalten Firmen etwa eine 360-Grad-Sicht auf ihre Kunden und können diesen an den einzelnen Punkten der digitalen Customer Journey maßgeschneiderte Angebote machen sowie neue digitale Vertriebsmodelle entwickeln“, erklärt Carsten Rust von Pegasystems.
Die Wahl des richtigen Anbieters
Bei der Auswahl einer RPA-Lösung sollten Firmen folgende Funktionen und Kriterien beachten:
  • Grafischer Designer für die Definition und Modellierung von Prozessen
  • Templates/vorkonfigurierte Bausteine für wieder­kehrende Abläufe
  • Inwieweit lässt sich die Lösung individualisieren?
  • Kompatibilität mit der bestehenden IT-Landschaft: Wie hoch ist der Aufwand für die Integration in die vorhande­nen Applikationen, um volle Funktionalität zu erzielen?
  • Viele Schnittstellen und APIs zur Verknüpfung mit anderen Systemen
  • Ist die Software server- oder desktopbasiert?
  • Lizenzkosten
  • Gibt es ein Partner-Ökosystem rund um die Software?
  • Workflow-Intelligence-Tool: Software auf Desktop sieht, wie der Anwender arbeitet, und zeigt, in welchen Anwendungsfällen sich ein Robot eignet
  • Robot-Konsole zum Monitoring: Welche Prozesse laufen mit Robots? Wie oft? Wie viele? Wo gibt es Probleme?
4. Teil: „Grenzen und Herausforderungen“

Grenzen und Herausforderungen

Dieser Vorteil berge aber gleichzeitig einen Nachteil in sich, so Rust: „Aus Architektursicht ist der Robot nur ein Pflaster auf dem Problem mit den heterogenen Legacy-Systemen, eine Flickschusterei. Der IT-Architekt muss langfristig die Anzahl der Systeme verringern und konsolidieren, das heißt, Robots sind nur eine Übergangslösung.“
Grenzen ergeben sich auch bei der Spracherkennung am Telefon. Robots können (noch) keine Gefühle erkennen, sind nicht empathisch und daher nicht verhandlungsfähig. „Robots sind limitiert, wenn die Lösung nicht mehr regelbasiert, sondern wissens- und erfahrungsbasiert sein muss. Das höchste Ziel bei der Weiterentwicklung von RPA ist, dass wir künftig bei der Beratung einen Bot nicht mehr von einem Menschen unterscheiden können“, erklärt Frank Termer.
Entscheidend für den Erfolg von Bots sind laut Termer zudem die Qualität und die Größe der zugrundeliegenden Datenbasis sowie grundsätzlich die Qualität des Prozesses, der automatisiert werden soll. „Ein schlechter Prozess bleibt immer ein schlechter Prozess, und die Datengrundlage muss passen, damit das RPA-System trainiert werden und Muster erkennen kann. Und was passiert bei einer Prozessänderung? Wie mache ich dem System begreiflich, dass ein Prozessschritt jetzt anders abläuft oder wegfällt, weil sich beispielsweise die Gesetzgebung geändert hat?“
IDC-Analyst Matthias Zacher geht davon aus, dass künftig immer mehr Intelligenz in die Systeme wandern wird und diese dann auch anspruchsvollere Entscheidungsvorgänge meistern werden. „Das wird dann nicht mehr regelbasiert sein, sondern die Systeme werden dazulernen. RPA wird dann wohl kein eigenes Marktsegment mehr sein, sondern alle Themen rund um KI wie Robotic Intelligence Automation, Cognitive Computing oder Machine Learning verschmelzen miteinander. Die Frage wird nur sein, welcher Hersteller sich mit seinem Begriff durchsetzt und den Markt definiert.“
5. Teil: „Tipps für die Implementierung “

Tipps für die Implementierung

Worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie eine RPA-Lösung implementieren wollen? Carsten Rust kann hier aus dem Nähkästchen plaudern. „Viele Firmen wollen RPA ausprobieren nach dem Motto: Das ist gerade ein Trend, also machen wir das auch. Das ist der falsche Weg. Der fachliche Business-Nutzen muss genau definiert sein. Viele Firmen setzen Robotic-Projekte für Prozesse auf, für die diese Technologie gar nicht passt und die keinen Mehrwert bringen.“
  • Quelle: ISG Automation Index
Ein Beispiel sind Quartals- und Jahresabschlüsse, die mit erheblichem Aufwand verbunden sind. Firmen müssen aus einer Vielzahl von Quellen die immer gleichen Daten zusammentragen und in vordefinierter Weise aufbereiten und darstellen. Diese Tätigkeiten könnte ein Software-Roboter übernehmen. „Das ist eine schöne Vorstellung, aber fern von Effizienzaspekten. Denn wie oft kommt dieses Verfahren zum Einsatz? Es geht um Quartals- und Jahresabschlüsse – also fünfmal pro Jahr; wobei jeweils drei oder vier Mitarbeiter betroffen sind. Signifikante Einsparungen sind hier nicht zu erwarten, zumal der Aufwand für die Programmierung des Robots nicht zu unterschätzen ist“, so Carsten Rust.
Besser geeignet für Robots seien massenhaft auftretende Fälle mit einer großen Nähe zur Wertschöpfungskette. Als Beispiel nennt er Callcenter. In der Regel müssen die Mitarbeiter im Callcenter mehrere Systeme bedienen, etwa für Kundenhistorie und für Produktdaten. Es kostet daher viel Zeit, Prozesse über all diese Systeme hinweg konsistent zu führen, und hier ist Zeit wirklich Geld. „Große Retailer oder Telekommunikationsanbieter kommen leicht auf ein paar Millionen Calls im Jahr. Und wenn jeder Kontakt im Schnitt um zwanzig oder dreißig Sekunden verkürzt werden kann, dann sind die Einsparungen unterm Strich erheblich. Damit rechnet sich der Aufwand für die Implementierung von Robots innerhalb weniger Monate“, betont Carsten Rust.
Frank Termer von Bitkom rät Firmen, iterativ vorzugehen und mit einem kleinen Bereich anzufangen, den sie gut kennen. Neben der Technologie sieht er die soziale Seite. „Wir müssen darüber nachdenken, wie Mensch und Maschine gut zusammenarbeiten können. Wir müssen den Menschen die Bedenken nehmen, dass sie ihren Job verlieren könnten, und den Fokus auf die Chancen richten: RPA entlastet die Mitarbeiter von monotonen Tätigkeiten und gibt ihnen mehr Freiraum für strategische und kreative Aufgaben – und damit ist RPA auch ein Mittel gegen den Fachkräftemangel.“
6. Teil: „Der Markt wächst“

Der Markt wächst

Der Markt für RPA-Lösungen ist derzeit noch relativ klein, wird sich aber in den nächsten Jahren rasant entwickeln. Aufschlussreich sind hier Zahlen der auf KI und Robotic spezialisierten  Analysten von Tractica. Die Firma geht davon aus, dass der weltweite Umsatz mit RPA-Software und -Services von 151 Millionen Dollar im Jahr 2016 bis 2025 auf mehr als 5,1 Milliarden Dollar anwächst. Wichtigste Branchen für RPA-Projekte sind laut Tractica Finanzdienstleister und Banken, Energie und Versorger, Telekommunikation, Einzelhandel sowie Gesundheitswesen und Versicherungen.
Wichtige Player der Branche sind Automation Anywhere, Almato, BluePrism, Kofax, Kryon Systems, Lexmark, Nice, Pegasystems, Roboyo, UI Path, WorkFusion oder Xerox Services. Es ist davon auszugehen, dass auch große Unternehmen wie Google oder Microsoft künftig auf dem Markt mitmischen.
RPA-Lösungen bieten meist einen grafischen Modellierer für den Bau von Robots, vorkonfigurierte Bausteine für wiederkehrende Funktionen sowie diverse API-Konnektoren für die Verknüpfung mit Datensystemen. Weitere wichtige Funktionen sind Chats, Screen-Parsing, Textanalyse oder E-Mail-Scripting. Sinnvoll ist auch ein Workflow-Intelligence-Tool. Dahinter verbirgt sich eine Software auf dem Desktop des Anwenders, die etwa aufzeichnet, wie der Anwender arbeitet, in welchen Systemen er sich wie oft bewegt oder welche Prozesse er anstößt. Damit kann ein Unternehmen erkennen, für welche Prozesse sich ein Robot überhaupt eignet.

Fazit

Software-Roboter übernehmen bereits heute immer mehr Arbeiten, die vorher Menschen erledigt haben. Während dies bislang nur bei einfachen, regelbasierten Aufgaben der Fall ist, könnten künftige selbstlernende Systeme auch anspruchsvollere Ent­schei­dungen meistern. Inwieweit sich diese Entwicklung auf den Arbeitsmarkt auswirkt, wird sich zeigen.
Einsatzszenarien für RPA
RPA kommt vor allem für wiederkehrende Routine­tätigkeiten zum Einsatz, die regelbasiert ablaufen:
  • Öffnen von E-Mails und Anhängen (Suche nach Schlag­wörtern, dann entsprechend Einordnung in Ordner oder Archiv)
  • Copy and Paste von Informationen von Dokument zu Dokument
  • Daten strukturiert aus Dokumenten extrahieren und in andere Systeme übertragen (Text-Mining), zum Beispiel in der Supply Chain beim Austausch von Daten mit den Lieferanten
  • Kalkulieren von Angeboten und Preisen
  • Vertrieb und Marketing: 360-Grad-Sicht auf die Kunden; Robot führt die Daten aus bestimmten Systemen zusam­men (etwa Kontodaten, Beschwerden)
  • Social-Media-Statistiken (Daten aggregieren, analysieren und aufbereiten)
  • RPA bei Banken (Anlageberatung mit Robo-Advisor, Kreditprüfung oder Ähnliches)
  • Justiz: Teilautomatisierung von gutachterlichen Tätig­keiten (Gerichtsurteile, Begründungen mit viel Text, Auswertungen)
  • Einfacher Support: Dialog-Chatbot ersetzt FAQ-Dokument
  • Buchhaltung und Controlling: Vorbereitung von Daten, etwa für Monatsabschlüsse
  • Start my Day: Mitarbeiter startet morgens seine Systeme oft in einer bestimmten Reihenfolge; diese initialen Arbeiten lassen sich mit einem Robot automatisieren
7. Teil: „Marcus Bott von der ISG Information Services Group im Interview“

Marcus Bott von der ISG Information Services Group im Interview

  • Marcus Bott: Partner bei der ISG Information Services Group
Marcus Bott ist Partner bei der ISG Information Services Group und Leiter des Automationsgeschäfts in DACH sowie des Gesamtgeschäfts der ISG in Schweiz und Österreich. Im Interview erklärt er, für welche Szenarien sich Robotic Process Automation am besten eignet.
com! professional: Herr Bott, mit dem „ISG Automation Index“ hat Ihr Unternehmen die Produktivitätsgewinne quantifiziert, die auf die Automatisierung von IT- und Business-Services zurückgehen. Was verstehen Sie unter Robotic Process Automation (RPA)?
Marcus Bott: RPA ist eine marktreife KI-Disziplin, die Routine­arbeiten in repetitiven Geschäftsprozessen erleichtert. Dabei kommen Software-Roboter zum Einsatz, deren Kernkompetenz darin liegt, Daten in die Benutzeroberflächen von Business-Applikationen einzugeben. Interessant ist dies immer dann, wenn ein transaktionsstarker Geschäftsprozess über mehrere Systeme läuft, die keine gemeinsamen Schnittstellen haben. Als Ersatz für die fehlenden APIs werden dann üblicherweise Mitarbeiter abbestellt, die die Daten regelbasiert von einem System ins jeweils nächste übertragen. Software-Bots ersetzen das manuelle Vorgehen und bedienen die User-Interfaces rein elektronisch aus einer virtuellen Umgebung heraus. Das ist der Kern von RPA. Nicht mehr und nicht weniger.
com! professional: Für welche Tätigkeiten oder Aktivitäten eignet sich RPA besonders?
Bott: In Backoffice-Bereichen wie der Beschaffung oder dem Personalwesen bringt RPA die höchsten Produktivitätsgewinne. Derzeit führen die Bestellprozesse das Feld an – hier vor allem Rechnungslegung, Zahlungszuordnung, Gutschriften und Geldeinzug. Bei diesen Abläufen beläuft sich die durchschnitt­liche FTE-Reduktion auf beachtliche 43 Prozent. FTE steht für Full-Time Equivalent und ist äquivalent zur Arbeitsbelastung eines Vollzeitmitarbeiters. RPA-Technologien senken den Ressourcenaufwand um durchschnittlich 37 Prozent. Darüber hinaus beschleunigen sich die Geschäftsprozesse um den Faktor fünf bis zehn. Zu diesen Ergebnissen kommt unser aktueller ISG Automation Index, der eine Vielzahl von Pilotprojekten auswertet.
com! professional: Für welche Szenarien eignet sich Robotic Process Automation nicht?
Bott: Schwierig wird es bei Aufgaben, für die es noch keinen eindeutig festgelegten Prozess gibt. In einem solchen Szenario muss eine Automatisierungslösung in der Lage sein, unstrukturierte Informationen eigenständig zu bewerten. Nur dann lassen sich sinnvolle Entscheidungen auch ohne entsprechende Prozessvorgaben treffen. Geht es um Anforderungen dieser Art, stoßen RPA-Lösungen recht schnell an ihre Grenzen. Ab diesem Punkt beginnt die Domäne der Cognitive Automation.
com! professional: Welche Funktionen oder Merkmale sollte eine RPA-Lösung aufweisen?
Bott: Software-Roboter, die sich auf die Bedienung von Benutzeroberflächen verstehen, lassen sich einführen, ohne die Prozesse ändern zu müssen. Auch die Logik der die Abläufe unterstützenden Systemlösungen bleibt unberührt. Schließlich beschränkt sich die Aufgabe der Bots ja darauf, spezifische Dateneingaben zu übernehmen, um die damit verbundenen Aufgaben kostengünstiger, schneller und zuverlässiger auszuführen. Zur Orchestrierung der davon profitierenden Geschäftsprozesse gibt es RPA-Plattformen, die sich weitgehend intuitiv nutzen lassen.
com! professional: Wer sind die dominanten Player?
Bott: Aus unserer Sicht zählen Automation Anywhere, Blue Prism und UI Path derzeit zu den führenden Anbietern. Dass sich dieses Trio innerhalb weniger Jahre am Markt etablieren konnte, verdankt es nicht zuletzt auch seiner Fähigkeit, unmittelbar mit den Fachbereichen ins Geschäft zu kommen. Zusätzlich zählen wir Kofax, Nice, Pega und WorkFusion zu den aktuellen Marktführern.
com! professional: Worauf müssen Unternehmen achten, wenn sie eine RPA-Lösung implementieren?
Bott: Vielerorts sind es vor allem die Endanwender, die den Nutzen als Erste erkennen. Auf diese Weise leistet die robotergesteuerte Prozessautomatisierung einer Schatten-IT Vorschub, wie nur wenige Technologien vor ihr. Neben vielen IT-Abteilungen können davon gerade auch deren Dienstleister kalt erwischt werden. Dies gilt sowohl für die Anbieter von Business Process Outsourcing (BPO) als auch für IT-Dienstleister – wenngleich der größte Handlungsdruck eindeutig auf dem BPO-Markt liegt.
Um im Geschäft zu bleiben, müssen die Provider ihrerseits eine Automatisierungs-Roadmap entwickeln und umsetzen – auch wenn dies unweigerlich zu Margenverlusten führt. Doch auch IT-Dienstleistern fällt es alles andere als leicht, den richtigen Ansatz zu finden. Ihre üblichen Größenvorteile können sie im Rahmen von RPA nicht ausspielen. Da jedes Unternehmen hinsichtlich seiner Altsysteme einzigartig ist, muss der automatisierte Datenaustausch zu den individuellen Anforderungen passen.

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