Business-IT
22.10.2019
Prozess-Management
1. Teil: „Prozess-Management sorgt für Transparenz“

Prozess-Management sorgt für Transparenz

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Kapralcev / shutterstock.com
Das sogenannte Process Mining macht Geschäftsabläufe transparent. Damit kann unter anderem herausgefiltert werden, welche Prozesse überhaupt vorhanden sind und wie diese funktionieren.
Abläufe zu analysieren und zu verbessern, ist für Unternehmen wichtiger denn je. Der Grund dafür liegt auf der Hand: die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und Angeboten. Für den Großteil der Firmen in Deutschland führt daran kein Weg vorbei. Das belegen Daten des Digitalverbands Bitkom: So räumten zwei Drittel der Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern ein, dass sie sich plötzlich mit Konkurrenten aus der IT- und Internet-Sparte konfrontiert sehen.
Doch wer digitalisieren will, der muss zunächst seine Hausaufgaben machen und herausfinden, welche Prozesse im Unternehmen überhaupt vorhanden sind, betont Gunther Rameseder, Vice President Solution Engineering bei Celonis, einem Anbieter von Process-Mining-Lösungen: „In einer digitalen Wirtschaft benötigen Unternehmen flexible Prozesse, um wettbewerbsfähig zu sein. Diese Flexibilität entsteht nur durch ein grundlegendes Verständnis dafür, wie Dinge funktionieren.“
Und exakt daran hapert es noch, wie Ryan Tognazzini bestätigt, Chief Executive Officer von iGrafx: „Eine der größten Schwierigkeiten für unsere Kunden ist es, zu verstehen, welche Prozesse sie im Sinne der digitalen Transformation optimieren und automatisieren müssen.“ iGrafx hat sich auf RPA-Lösungen (Robotic Process Automation) spezialisiert. Ähn­liches hat auch das Berliner Unternehmen Lana Labs zu berichten: „Nach unseren Erfahrungen ist der Automatisierungsgrad von Prozessen in vielen Unternehmen noch gering, gang gleich, ob es sich dabei um Großkonzerne oder Mittelständler handelt“, erklärt Thomas Baier, Mitbegründer und Chief Efficiency Officer von Lana Labs. „Das hängt damit zusammen, dass Prozessabläufe oft gar nicht transparent sind und damit unklar ist, welche Potenziale sich wo am besten mit Automatisierung erschließen lassen.“ Auch Lana Labs bietet Lösungen und Beratungsleistungen rund um Process Mining und die Automatisierung von Prozessen an.
Process Mining ist erforderlich, um herauszufinden, wo welche Prozesse greifen und welche von ihnen verbessert werden können. „Es liefert beispielsweise Antworten auf Fragen wie ‚Welcher Anbieter hat die beste Voraussetzung, einen Liefertermin einzuhalten?‘ oder ‚Welcher Channel-Partner verfolgt eher einen Downselling- statt eines Upselling-Ansatzes?‘“, so Gunther Rameseder.
Vorteile von Process Mining
Hersteller und Beratungshäuser wie Gartner führen die folgenden Hauptvorzüge von Process Mining an:
  • Eine umfassende Sicht auf alle Prozesse: Unternehmen erkennen idealerweise in Echtzeit, welche Prozesse vorhanden sind, wie es um deren Performance bestellt ist und wo Optimierungspotenzial vorhanden ist. Dies schließt KPIs mit ein.
  • Schwachstellenanalyse und Unterstützung bei Audits: Prozessrisiken und ineffiziente Abläufe werden trans­parent.
  • Optimierung von Prozessen durch Aufspüren von Flaschenhälsen und fehlerhaften Abläufen.
  • Process Mining als Ausgangspunkt einer Prozessauto­matisierung: Process Mining schafft die Voraussetzung für Ansätze wie RPA.
  • Unterstützung von Fachabteilungen und Management bei datenbasierten Entscheidungen.
  • Entlastung der IT-Abteilung von Routineaufgaben wie dem Erfassen und Überprüfen von Prozessen im „Handbetrieb“.
2. Teil: „Messbare Verbesserungen“

Messbare Verbesserungen

  • Beispiel eines Prozesses: Hier sieht man einen Bestell- und Bezahlvorgang in einem Unternehmen.
    Quelle:
    Celonis
Zusätzliche Faktoren führt Ralf Feulner an, Geschäftsführer und Vorstand von Mehrwerk, einem weiteren Process-Mining-Spezialisten: „Ich sehe folgende Hauptgründe und Anwendungsfelder, um Process-Mining-Lösungen einzusetzen: Es geht zum einen darum, Prozess-Schwachstellen automatisiert aufzuspüren und zu eliminieren, zum anderen da­rum, Prozessverbesserungen messbar zu machen, beispielsweise in Bezug auf die Digitalisierung.“ Process Mining sei zudem die Voraussetzung dafür, Abläufe zu automatisieren, etwa mit Hilfe von Robotic Process Automation.
Um zu prüfen, ob die Optimierung von Prozessen Früchte trägt, lassen sich Key Performance Indicators (KPIs) heranziehen. Einer ist der Zeitraum, bis ein Prozess abgeschlossen ist: Je kürzer die Zeit, desto besser. Weitere KPIs sind die Kosten und die Qualität eines Vorgangs. Wenn ein Prozess zu lange dauert oder Nachbesserungen nach sich zieht, hat das negative Folgen für ein Unternehmen: Kunden reagieren verärgert und wechseln zu einem anderen Anbieter. Zudem steigen die Kosten und die Fähigkeit eines Unternehmens nimmt ab, Prozesse und Produkte innerhalb kurzer Zeit an geänderte Anforderungen anzupassen.

Praxisbeispiele

Das Beratungshaus Gartner führt in einem „Market Guide for Process Mining“ Branchen und Bereiche auf, in denen Process Mining Verwendung finden kann. Ein Beispiel: Finanzdienstleister. Eine Prozessanalyse lässt sich nutzen, um alle Berührungspunkte von Kunden mit dem Dienstleister zu erfassen und zu bewerten - vom ersten Kontakt per Anruf oder E-Mail über das Ausarbeiten und Unterbreiten eines Angebots bis zum Abschluss des Vertrags. Eine solche Customer Journey für den Kunden möglichst angenehm zu gestalten, zählt zu den Herausforderungen des digitalen Zeitalters. Dass sich ineffiziente Prozesse in negativer Weise beim Kunden bemerkbar machen, ist nicht akzeptabel.
Ein weiteres Einsatzbeispiel von Process Mining sind unternehmensinterne Audits. Mit Hilfe einer Analyse von Arbeitsabläufen lässt sich feststellen, ob eine Abteilung Prozesse implementiert hat, die gegen unternehmensinterne Regeln verstoßen. Solche sogenannten Shadow Operations umgehen beispielsweise Freigabe- und Prüfprozeduren, um Vorgänge einfacher abwickeln zu können. Derlei Aktivitäten sind jedoch meist nicht mit Compliance-Vorgaben und einem Risikomanagement vereinbar.
In so einem Fall kann ein Process Mining nicht nur dazu dienen, solche Aktionen transparent zu machen. Vielmehr besteht die Möglichkeit, die Standardprozesse daraufhin zu überprüfen, ob sie optimiert werden können. Ist das so, haben Mitarbeiter keine Veranlassung mehr, Schattenprozesse dieser Art zu etablieren.
Process Mining in fünf Schritten
Bei der Analyse von Unternehmensprozessen sind dem Process-Mining-Anbieter Lana Labs zufolge diese fünf Schritte zu durchlaufen:
 
„Define“ - die Problemstellung, das Ziel, die Stakeholder und den Prozess-Output definieren:
In diesem Stadium wird beispielsweise ermittelt, ob für die Analyse eines Prozesses die entsprechenden Daten vorhanden sind und welche Optimierungen möglich sind. Zudem sollte ein Referenzmodell eines Prozesses erstellt werden.
Wichtig ist darüber hinaus, alle Stakeholder mit ins Boot zu holen, also die Process Owner und die Data Owner. Abschließend werden die Kennzahlen (KPIs, Key Performance Indicators) für den Prozess definiert, etwa Durchlaufzeiten, die Zahl der Prozessvarianten und die Fehlerquote.
„Measure“ - Daten extrahieren und transformieren: Zunächst gilt es, die Daten und deren Quellen zu überprüfen, also welche Datentypen vorhanden sind und wo diese Informationen gespeichert sind, etwa in Datenbanken. Dann müssen diese Daten in Event-Logs umgewandelt werden.
Erforderlich sind mindestens eine Case-ID, ein Aktivitätsname sowie Start- und Endzeitpunkte. Die transformierten Daten werden anschließend in das Process-Mining-Tool geladen.
„Analyse“ - Untersuchung der Daten und Identifizierung von Problemursachen: Es folgt eine Analyse des erzeugten Prozessmodells (Process Enhancement). Die Grundlage sind Faktoren wie die Prozesslaufzeit oder die Zahl von unerwarteten Fällen und auffälligen Prozessabläufen. Weitere Schritte sind ein Vergleich des Ist-Modells mit einem Soll-Modell des Prozesses sowie eine Ursachenanalyse, die Abweichungen vom Soll-Zustand transparent macht. Den Abschluss bildet die Auswertung und Visualisierung der KPIs, etwa mithilfe von Dashboards.
„Improve“ - Lösungen entwickeln: Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse lassen sich Lösungen und Optimierungsansätze entwickeln. Beispiele sind die Automatisierung oder Standardisierung von Prozessen. Diese Lösungen werden anschließend implementiert und in ein Referenzmodell der betreffenden Prozesse überführt.
„Control“ - Überprüfung der Lösungen für den langfristigen Einsatz: Die abschließenden Schritte sind die Überprüfung des neuen Prozesses und die Erfolgsmessung. Als Maßstab lassen sich die KPIs heranziehen, die beim „Define“ -Vorgang festgelegt wurden. Abschließend wird ermittelt, ob der neu gestaltete Prozess Verbesserungen bringt, beispielsweise eine höhere Performance oder kürzere Laufzeiten.
3. Teil: „Zentrale Funktionen“

Zentrale Funktionen

  • Process-Mining-Vorgang: Deloitte unterteilt ihn in die Schritte Data Extraction, Data Framework, Visualisation und Analysis.
    Quelle:
    Deloitte
Bei der Auswahl einer Lösung für das Process Mining sollten Unternehmen nach Angaben von Gero Decker, CEO des Anbieters Signavio, vor allem darauf achten, dass folgende Funk­tionen zur Verfügung stehen:
Einfache Datenanbindung und kontinuierliches Monitoring: Process Mining steht und fällt Decker zufolge mit den Daten, die für die Analyse zur Verfügung stehen. Vorkonfigurierte Schnittstellen und integrierte Datentransformations-Funktionen beschleunigen den Einstieg. Dies sei auch zwingend erforderlich für eine kontinuierliche Datenanlieferung, die wiederum die Grundvoraussetzung für ein umfassendes Monitoring darstellt.
Integration mit Modellierung und Simulation: Process Mining findet in erster Linie Verbesserungspotenziale. Es erfolgen jedoch keine Änderungen an Prozessen. „Veränderungsoptionen werden meistens durch kreative Menschen gefunden, nicht durch Algorithmen“, so Decker.
Integration in Prozesspublikation und Workflows: Dies soll vermeiden, dass Process Mining nur von wenigen Mitarbeitern eines Unternehmens angewendet wird. Plattformen für die Prozesspublikation stellen sicher, dass viele Prozessbeteiligte erreicht werden. „Durch die Integration von Process-Mining-Ergebnissen und Analysemöglichkeiten in die Publikationsplattform wird das Thema gewissermaßen ‚massenkompatibel‘“, erläutert Gero Decker. Gleiches gelte für die Inte­gration in Workflows: Es reiche nicht aus, beim Monitoring Alarmmeldungen (Alerts) zu generieren. Diese müssten direkt in Arbeitsabläufe eingebunden werden, um eine konsequente Bearbeitung zu garantieren.

Datenaufbereitung im Griff

Weitere Auswahlkriterien bringt Ralf Feulner von Mehrwerk ins Spiel. Er weist darauf hin, dass 80 Prozent des Aufwands in Business-Intelligence- und Process-Mining-Projekten durch die Datenaufbereitung entstehen. Daher lohne sich ein Blick auf die verwendeten Mining- und ETL-Algorithmen (Extract - Transform - Load). Die Problematik „nicht funktionierender Datenaufbereitung“ war auch für mehr als 20 Prozent der Teilnehmer der Studie „Process Mining & RPA 2019“ von IDG Research Services eines der größten Hindernisse bei der Implementierung entsprechender Lösungen.
Auf einen möglichen Schwachpunkt von schlüsselfertigen Process-Mining-Lösungen in puncto Daten weist Thomas Baier von Lana Labs hin: „Es ist richtig, dass der Dreh- und Angelpunkt für eine erfolgreiche Process-Mining-Einführung die Integration und Aufbereitung von Daten aus den verschiedenen IT-Systemen ist.“ Die auf dem Markt verfügbaren Standardpakete seien in dieser Beziehung ein guter Startpunkt, aber: „Jedes Unternehmen ist anders. Daher funktioniert ein Out-of-the-Box-Ansatz nur selten.“
Allerdings komme es bei einer Process-Mining-Lösung nicht nur auf die Technik an, unterstreicht Ralf Feulner. Für ihn ist auch die Anwenderfreundlichkeit einer solchen Lösung essenziell. Hinzu kommen Punkte wie die Anpassungsfähigkeit an geänderte Anforderungen der Fachbereiche sowie ein schneller produktiver Nutzen.
Typen von Process Mining
Nach Einschätzung von Professor Wil van der Alst von der RWTH Aachen sind drei Ausprägungen eines Process Minings zu unterscheiden:
1. Discovery: Ein solche Verfahren erfasst aktuelle Event-Log-Daten und erstellt daraus Prozessmodelle. A-priori-Informationen werden nicht berücksichtigt.
2. Conformance: In diesem Fall wird ein vorhandenes Modell eines Prozesses mit einem Event-Log desselben Prozesses verglichen. Eine Prozessanalyse prüft, ob ein Modell, wie gewünscht, „reale Vorgänge“ abbildet und ob sich dies in den Log-Daten
widerspiegelt.
3. Enhancement: Dieser Ansatz zielt darauf ab, einen bestehenden Prozess zu verbessern. Als Grundlage dafür dienen Event-Logs. Um das zu erreichen, wird das Prozessmodell um ergänzende Informationen erweitert, etwa Daten über die Leistungsfähigkeit (Performance) des Prozesses.
Lösungen im Bereich Process Mining bieten in der Regel ergänzende Funktionen an. So sollte ein Process-Mining-Produkt dem Anbieter Celonis zufolge vier zentrale Funktionen bereitstellen:
Event Collection: Alle Aktivitäten in IT-Systemen hinterlassen digitale Spuren. Die Event Collection verwandelt diese „digitalen Fußabdrücke“ in ein Format, mit dem man Geschäftsabläufe sehen, verstehen und verbessern kann.
Process Discovery: Diese Funktion zeigt Unternehmen, was gerade passiert, und zwar in Echtzeit.
Process Analytics: Liefert Erkenntnisse darüber, was wirklich hinter den Prozessen steckt, und zeigt Verbesserungsmöglichkeiten auf.
Action Engine: Sie dient als intelligenter Berater, bindet die Mitarbeiter in die Prozessoptimierung mit ein und hilft ihnen dabei, produktiver, zielgerichteter und kundenorientierter zu arbeiten.
4. Teil: „Anbieter aus Deutschland“

Anbieter aus Deutschland

Gartners erwähnter„Market Guide for Process Mining“ von Mitte 2019 gibt einen guten Überblick über Process-Mining-Pakete. Er führt rund 20 Anbieter entsprechender Lösungen auf. Darunter finden sind auch etliche deutsche Firmen, zum Beispiel Celonis, Lana Labs, Mehrwerk, Signavio und die Software AG. Allerdings haben mittlerweile auch Anbieter aus den USA und Beratungshäuser wie Accenture und Deloitte den Nutzen von Process Mining erkannt und eigene Frameworks dafür entwickelt. Es ist außerdem davon auszugehen, dass mit wachsender Bedeutung der Technologie größere Unternehmen aus Bereichen wie Business Process Management und Business Intelligence den ein oder anderen Process-Mining-Spezialisten übernehmen werden.
Ein weiterer Trend ist die Zusammenarbeit von Unternehmen aus Bereichen wie Process Mining und Prozessautomatisierung. Ein Beispiel dafür ist RPA Accelerator von iGrafx. Diese Software kombiniert Funktionen für das Process Mining, Robotic Process Automation und die Verwaltung von Prozessen. In RPA Accelerator integriert sind die iGrafx-Plattform, das Process Mining von myInvenio sowie RPA-Bots von UiPath oder Servicetrace. Hinzu kommen Services von BP3.
Eine ähnliche Strategie verfolgt Mehrwerk mit der Ko­operation mit dem BI-Spezialisten Qlik. Mehrwerk ProcessMining stellt Nutzern auf einer Plattform Funktionen wie Business Intelligence, Reporting und Process Mining zur Verfügung. Zu den Vorzügen sollen eine hohe Datenqualität und die einfache Beschaffung von Daten gehören.

Automatisierung und Bots

So wichtig eine Bestandsaufnahme der Prozesse im Unternehmen auch sein mag: Sie ist nur der Anfang. In der Folge geht es darum, Abläufe so umzugestalten, dass sie weitgehend automatisch ablaufen können. Hier kommen Ansätze wie RPA ins Spiel. „Mit Process Mining lassen sich die Prozesse in einem ersten Schritt automatisiert analysieren. So finden Unternehmen die Bereiche mit dem höchsten Automatisierungspotenzial. Dadurch können sie anschließend RPA strukturierter aufbauen, testen und implementieren“, erläutert Walter Obermeier, Managing Director beim RPA-Spezialisten UiPath.
Für Thomas Baier von Lana Labs wird eine automatisierte Prozessanalyse „in Zukunft unverzichtbar und in wenigen Jahren bereits Standard oder gar das Excel 2.0 für die Business-Analyse sein“. Zudem gehen Anbieter dazu über, in ihre Lösungen für Process Mining und RPA Technologien wie Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen zu integrieren. Software-Roboter mit kognitiven Fähigkeiten werden mittelfristig eigenständig Prozesse analysieren und daraufhin überprüfen, ob sie sich automatisieren lassen.
Doch bis Bots ohne Zutun von Menschen Prozesse optimieren, dürfte noch einige Zeit vergehen. Bis dahin empfiehlt es sich, das Thema Prozessanalyse mit Unterstützung externer Spezialisten anzugehen. Denn fehlendes Fachwissen ist laut der Studie von IDG Research Services ein zentraler Punkt, der die Umsetzung entsprechender Projekte behindert. Hinzu kommt, dass jedes Unternehmen über eine individuelle Prozesslandschaft verfügt. Eine Prozessanalyse und -automatisierung „von der Stange“ wird wohl noch eine Zeitlang auf sich warten lassen.
5. Teil: „Lösungen und Services für Process Mining (Auswahl)“

Lösungen und Services für Process Mining (Auswahl)

Lösungen und Services für Process Mining (Auswahl)
6. Teil: „Im Gespräch mit Dr. Gero Decker, CEO von Signavio“

Im Gespräch mit Dr. Gero Decker, CEO von Signavio

  • Dr. Gero Decker: CEO von Signavio
    Quelle:
    Signavio
Process Mining ist ein wichtiger Ansatz - aber er gehört zu einer breiteren Palette von Methoden und Werkzeugen, mit denen sich Prozesse erfassen, optimieren und über­wachen lassen, so Gero Decker, CEO und Mitgründer von Signavio.
com! professional: Herr Decker, auf welche Resonanz stößt das Thema Process Mining in deutschen Unternehmen?
Gero Decker: Immer mehr Unternehmen verstehen und nutzen die Vorteile von Process Mining. Die Diskussion über Prozesse und ihre Schnittstellen zwischen verschiedenen Abteilungen hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend weiterentwickelt. Deutsche Unternehmen, aber auch globale Konzerne, konzentrieren sich heute auf die ganzheitliche Un­tersuchung von Durchlaufzeiten, Prozessvarianten und deren Optimierungspotenziale.
com! professional: Welche Vorteile soll das bringen?
Decker: Durch das Erschließung bisher verborgener Potenziale in Prozessen und die kontinuierliche Überwachung von Ende-zu-Ende-Prozessen gewinnen Unternehmen Einblicke in potenzielle Risiken und Erkenntnisse zu Verbesserungsmöglichkeiten. Positive und praktische Erfahrungen mit Process Mining haben auch in Deutschland branchenübergreifend zu einer dynamischen Weiterentwicklung von Tools und Use-Cases sowie der End-User-Community geführt.
Ein Beispiel dafür ist die Kombination von Robotic Process Automation (RPA) mit Process Mining und die anschließende Verknüpfung der Ergebnisse mit der Kundenerfahrung, der Customer Experience.
com! professional: Reicht Process Mining aus, um Prozesse transparenter und effizienter zu machen?
Decker: Process Mining als Stand-alone-Technologie reicht de­finitiv nicht aus, denn Erkenntnisse, die nicht zu Veränderungen führen, helfen leider wenig. RPA ist eine derzeit besonders populäre Technologie, um den Automatisierungsgrad eines Prozesses schnell zu erhöhen, dadurch einzelne Aktivitäten zu beschleunigen und Kosten zu sparen.
com! professional: Bedeutet dies, dass Unternehmen neben Process Mining zusätzlich auf die Automatisierung von Prozessen mittels RPA setzen müssen?
Decker: Nein, RPA ist nur eine von vielen technischen Optionen. Man kann genauso die zugrunde liegende Applikation rekonfigurieren, zum Beispiel eine Enterprise-Resource-Planning-Lösung. Zudem haben Unternehmen die Möglichkeit, eine API-basierte Integration oder Workflow-Systeme zu verwenden. Es geht also vor allem darum, eine „smarte“ Entscheidung zu treffen, welche Technologie die beste ist. Und häufig ist sogar eine organisatorische Veränderung die viel wirkungsvollere Verbesserung als der Einsatz von Automatisierung. Bei all dem hilft Process Mining, reicht aber bei Weitem nicht aus.
com! professional: Wo liegen in diesem Zusammenhang die Grenzen von Process Mining?
Decker: Process Mining kann lediglich sagen, welche Varianten es gibt und wie es beispielsweise derzeit um den Automatisierungsgrad bestellt ist. Es kann aber nicht abschätzen, welche Optionen tatsächlich zur Verfügung stehen. Gibt es passende APIs? Wie aufwendig wäre eine SAP-Anpassung? Welche organisatorischen Maßnahmen könnten wir vornehmen? Hier sind weiterhin Menschen gefragt, die Optionen aufzeigen, bewerten und auswählen. Modellierungswerkzeuge und Technologie-Score-Cards helfen, um Entscheidungen treffen zu können.
com! professional: Bedeutet dies, dass Process Mining für sich allein nur einen begrenzten Nutzen bietet?
Decker: Ganz allgemein gesprochen, ist Process Mining ein wichtiges Puzzleteil. Für die Themen Identifikation, Analyse, Bewertung und Simulation von Prozessen sind aber ein ganzheit­licher Ansatz und eine breitere Tool-Unterstützung notwendig. Das gilt auch für weitere Aufgaben, etwa die Validierung, Umsetzung, Automatisierung und Überwachung von Prozessen.

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