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31.08.2017
Ein Plus an Anonymität
1. Teil: „ProtonVPN im Test“

ProtonVPN im Test

ProtonVPNProtonVPNProtonVPN
ProtonVPN legt besonderen Wert auf Sicherheit und Anonymität. Die Lösung bietet im Vergleich zu anderen Diensten manche Spezialfunktion und ist mit Einschränkungen sogar kostenlos nutzbar.
  • Zur Einrichtung von ProtonVPN ist ein ProtonMail-Account notwendig.
Nachdem die Proton Technologies AG bislang vor allem mit seinem verschlüsselten Mailing-Dienst ProtonMail für Schlagzeilen gesorgt hatte, soll nun ein eigener VPN-Dienst das Angebot der Schweizer Krypto-Experten ergänzen. Was der Dienst in der Praxis taugt, zeigt der Test von com! professional.

Das leistet ein VPN-Dienst

Das virtuelle private Netzwerk verschlüsselt alle Daten auf dem Weg zwischen Client und Internetserver. Mit einem VPN lässt sich somit nicht nur sicher im Web surfen, sondern auch die Mails abrufen. Dabei muss man grundsätzlich zwischen zwei Arten von VPNs unterscheiden. Mit einem sogenannten VPN-Tunnel kann einerseits eine sichere Verbindung zu seinem eigenen Heimnetz-Router aufgenommen werden. Andererseits besteht auch die Möglichkeit, einen Server einer der meist kostenpflichtigen Anbieter zu mieten, um etwa vorübergehend den Aufenthaltsort im Netz zu verschleiern. Allerdings kann sich der Nutzer bei den vielen Dienstleistern nie ganz sicher sein, wo die Webserver stehen. Hier will ProtonVPN mit seiner Schweizer Datenhohheit punkten.

Das verspricht ProtonMail

  • Die Nutzung von ProtonVPN ist mit einem Gerät, nach Ablauf des Testzeitraums, auch kostenlos möglich. Dann stehen jedoch nur IP-Adressen aus drei Ländern zur Wahl.
Die spannendste Funktion von ProtonVPN trägt den Namen "Secure Core". Dahinter verbirgt sich ein Netz aus Servern, die in speziell gehärteten Rechenzentren untergebracht sind. Diese stehen in Ländern mit starken Datenschutzgesetzen (Schweiz, Island und Schweden). Mit der Technologie lässt sich ProtonMail zufolge auch eine Überwachung von staatlicher Seite umgehen, wie sie unter anderem in den USA oder Großbritannien betrieben wird. Aktuell nutzt ProtonVPN nach eigenen Angaben insgesamt 112 Server in 14 Ländern, die eine Gesamtkapazität von 155 GBit/s bereitstellen sollen. Dadurch soll sich die Nutzung des Dienstes trotz hoher Verschlüsselungsstandards (AES-256) nicht nennenswert verlangsamen. Die dabei verwendeten Schlüssel sind jeweils nur für die aktuelle Sitzung gültig, was für zusätzliche Sicherheit sorgen soll. Als VPN-Protokolle kommen die beiden bekannten Standards OpenVPN und IKEv2 zum Einsatz.
Neben der reinen Verschlüsselung des Netzverkehrs will ProtonVPN auch mit verschiedenen Datenschutzfunktionen trumpfen: Als Schweizer Unternehmen ist der Anbieter nicht verpflichtet, Verbindungsnachweise anzulegen, die Rückschlüsse auf das Surfverhalten der Nutzer zulassen. In den eigenen Clients verhindere ein "Kill-Switch", mit dem man sich quasi ruckartig von allen Verbindungen trennt, zudem eine ungewollte Preisgabe der eigenen IP, falls die Verbindung zum VPN-Server einmal gestört sein sollte. Dank einer Tor-Integration ist es zudem möglich, den gesamten Traffic über das anonyme Onion-Netzwerk zu leiten.

Nicht ganz günstig

Die Preise für die kostenpflichtigen Tarife belaufen sich – je nach Abo – auf 4 bis 24 Euro im Monat. Anwender, welche die Secure-Core-Funktion, die Tor-Integration oder die leistungsfähigeren Plus-Server nutzen wollen, müssen mindestens 8 Euro pro Monat investieren. Die gesamte Tarifübersicht ist auf der Herstellerwebseite einsehbar. Je nach Tarif (Gratis, Basic, Plus, Visionary Plan) erhält der Nutzer eine unterschiedliche Zahl an VPN-Servern – zum Beispiel nur drei Länder beim Free-Abo –, wobei es auch möglich ist, die ProtonVPN Premium-Funktionen beziehungsweise die schnelleren Server für einige Tage kostenlos zu testen.
2. Teil: „So wird ProtonVPN installiert“

So wird ProtonVPN installiert

  • Die Installation unter Windows 7 und Windows 10 kann einige Minuten in Anspruch nehmen.
ProtonVPN bietet seinen Dienst für mehrere Plattformen an. Auf Desktop-Ebene steht die Software auch für Linux und macOS zur Verfügung. Die Installation des Windows-Clients ist sowohl unter Windows 7 als auch unter Windows 10 möglich. Bedingung ist eine ProtonMail-Adresse, um den VPN-Dienst einzurichten. Schritt für Schritt führt der Entwickler durch den Setup-Prozess, nachdem sich der Nutzer zum Beispiel für die Free-Option registriert hat. (Randnotiz: Hier kann es sein, dass aufgrund der hohen Nachfrage noch immer sehr lange Wartezeiten für einen Gratis-Account bestehen.)
Bei der Installation muss die jeweilige Client-Anwendung für das Endgerät heruntergeladen werden. Im Fall von Windows wird zunächst das .NET-Framework aktualisiert. Der Setup-Vorgang dauert dadurch eine Weile. Nach einem Neustart ist es unter Umständen nötig, den Installationsassistenten noch einmal auszuführen, damit sich das eigentliche Client-Programm installiert.
Das alles funktioniert übrigens auch gut mit den mobilen Apps. Wer ProtonVPN auf Android oder iOS nutzen möchte, befolgt am besten die Anweisungen auf den entsprechenden Seiten des Anbieters. Bei iOS und Android empfiehlt sich etwa die Einrichtung über "OpenVPN Connect". Man loggt sich dazu ins Dashboard von ProtonVPN ein, wählt dort die Plattform (iOS beziehungsweise Android) und das empfohlene UDP-Protokoll. Es wird dabei ein Konfigurationsschlüssel heruntergeladen, der im Anschluss über die OpenVPN-App importiert wird. Einfach vorher das Mailprogramm im Smartphone öffnen und den Key aufs Handy herunterladen – die mobile App findet den Schlüssel über die Importfunktion dann automatisch.

Bedienung und Performance

  • so sieht das Dashboard von ProntonVPN aus.
Das Dashboard für Windows verhält sich sehr flüssig und ist von der Bedienbarkeit aufs Wesentliche beschränkt. Aufklappen kann man hier zwei Hauptregisterkarten mit einer Länderauswahl und einer zusätzlichen Profilfunktion, die uns besonders gut gefällt. Hier kann der Nutzer sich entscheiden zwischen einer möglichst schnellen Verbindung und einer Zufallsverbindung. Die Option mit der schnellstmöglichen Verbindung erwies sich vor allem im Zusammenspiel mit Tor als sehr performant, obwohl sich die Downstream-Leistung in unserer 50-MBit/s-Testumgebung meist um etwa die Hälfte reduzierte.
Interessant sind ein paar weitere Extras des Windows-Clients: So ist es etwa möglich, sich ein eigenes Profil zurechtlegen, um möglichst immer mit den favorisierten VPNs verbunden zu sein. Alternativ, wenn einmal auf die Schnelle eine andere Länder-IP benötigt wird, lässt sich diese auch auf der zoombaren Karte auswählen. Das ist zwar nicht ultra-intuitiv, aber ein auffälliges Merkmal, das die Entwickler sicher noch ausbauen.
Das alles hat seinen Preis. Soll von möglichst schnellen ProtonVPN-Servern profitieren werden, müssen für das ganze Jahr 96 Euro (8 Euro im Monat) einkalkuliert werden. Beim Basic-Plan wird der Traffic nicht durch mehrere Server hindurch geroutet. Allerdings baut der Schweizer VPN-Anbieter im Gegensatz zu anderen Playern aus den USA auf sehr strenge Datenschutzrichtlinien. ProtonMail legt denn auch schriftlich dar, dass zu keiner Zeit Logs protokolliert und die Internetaktivität auch nicht aufzeichnet werden. Daher könnten gegenüber anderen Parteien auch keine Auskünfte über individuelle Aktivitäten gegeben werden.

Einschätzung

ProtonVPN ist vor allem dann ein sehr flinker VPN-Gehilfe, wenn der Nutzer auf eine zusätzliche Anonymisierungsstufe angewiesen ist, für die aber auch ein wenig in die Tasche gegriffen werden muss. Gerade im Zusammenspiel mit Tor war die Performance auf sehr hohem Niveau, wie wir sie von Konkurrenzanbietern noch nicht erlebt haben. Weniger eignet sich der Dienst der Schweizer Anbieter übrigens für Streaming-Apps wie Netflix. In unserem Test ließen sich damit keine lokalisierten Content-Angebote umgehen, doch das ist mittlerweile bei vielen VPN-Anbietern der Fall.
Tipp: Wenn Sie verschiedene globale VPN-Anbieter einmal sehr detailliert untereinander vergleichen wollen, ist die englische Seite thatoneprivacysite.net eine gute Anlaufstelle.

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