12.11.2019
Vernetzte Maschinen
1. Teil: „Privates Mobilfunknetz für die smarte Produktion“
Privates Mobilfunknetz für die smarte Produktion
Autor: Konstantin Pfliegl
Pand P Studio / shutterstock.com
5G verleiht Campus-Netzwerken neuen Schwung. Allerdings zeigen deutsche Unternehmen im globalen Vergleich eher verhaltenes Interesse daran, eigene 5G-Frequenzen zu erwerben.
Das Besondere im Osram-Werk sind dabei allerdings nicht die Roboter, sondern es ist das moderne industrielle Campus-Netzwerk, das die autonomen Fahrzeuge steuert. Bei einem Campus-Netz, einem Campus Area Network (CAN), handelt es sich um ein eigenes Mobilfunknetz für ein abgegrenztes Gebiet und für spezielle Anwendungen, das einem Unternehmen exklusiv zur Verfügung steht. Ein Campus-Netz ist also ein werkseigenes Mobilfunknetz, das von außen nicht zugänglich ist.
In Schwabmünchen scannen die Transportroboter mit Hilfe diverser Sensoren und Kameras ihre Umgebung und senden die Daten per Mobilfunk an die Antennen des privaten Campus-Netzes im Werk. Ein eigenes Rechenzentren vor Ort, quasi eine kleine Cloud am Edge, verarbeitet die Daten in Echtzeit und steuert so die Roboter durch die Fabrikhallen.
Nach Schätzungen des Telekommunikationsausrüsters Ericsson soll es 2022 weltweit rund
29 Milliarden vernetzte Geräte geben. Davon sollen rund 18 Milliarden dem Internet of Things zuzuordnen sein. Und: Rund 70 Prozent dieser IoT-Geräte sollen dann per Mobilfunk vernetzt sein, also per UMTS/3G, LTE/4G oder - wo bereits verfügbar - per 5G.
29 Milliarden vernetzte Geräte geben. Davon sollen rund 18 Milliarden dem Internet of Things zuzuordnen sein. Und: Rund 70 Prozent dieser IoT-Geräte sollen dann per Mobilfunk vernetzt sein, also per UMTS/3G, LTE/4G oder - wo bereits verfügbar - per 5G.
Privates Netz
Klassische Vernetzungsmethoden wie WLAN reichen in vielen Fällen nicht mehr aus, um den Anforderungen einer modernen Produktion gerecht zu werden. Campus-Netzwerke schaffen Abhilfe. „Sie ermöglichen sowohl die Vernetzung von Mensch und Maschine als auch von Maschine zu Maschine in Echtzeit“, so Karsten Pradel, Director B2B beim Mobilfunkbetreiber Telefónica Deutschland.
Aus seiner Sicht bergen diese privaten Mobilfunknetze insbesondere für das produzierende Gewerbe mit seinen zahlreichen Fabriken ein enormes Potenzial. Ferner würden sich Campus-Netze aber auch für Unternehmen mit Flächenausdehnung wie Schiffs- und Flughäfen eignen, genauso wie für landwirtschaftliche Betriebe und Universitäten.
Auf Basis des Mobilfunknetzes erlauben Campus Area Networks eine Vernetzung der Produktion, ohne dass hierfür zusätzliche Kabel auf dem Gelände verlegt werden müssen. Im Vergleich zu WLAN-Netzen, die ebenfalls ohne Kabel auskommen, ermöglichen Mobilfunklösungen jedoch geringere Latenzen, höhere Reichweiten und vor allem stabilere Verbindungen. Hierfür kommen eigene Frequenzbereiche und Quality-of-Service-Mechanismen zum Einsatz. Die Ausdehnung von Campus-Netzen ist üblicherweise auf bis zu rund zwei Kilometer begrenzt. Und - für viele Unternehmen besonders wichtig: Wenn die anfallenden Daten in Rechenzentren innerhalb des Unternehmensstandorts verarbeitet werden, dann verlassen die Daten das private Campus-Netzwerk nicht - somit ist der Verbleib der Datenhoheit beim Unternehmen sichergestellt.
2. Teil: „Aufbau von Campus-Netzen“
Aufbau von Campus-Netzen
Telekom hierfür eine eigene Mobilfunkantenne auf, die ein sogenanntes Dual-Slice-Campus-Netz ermöglicht, also eine Kombination aus einem privaten und einem öffentlichen Teil: Das private Netz funkt dabei nur auf dem Werksgelände und ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Der öffentliche Teil des Netzwerks steht zum Beispiel Dienstleistern für die Fernwartung der Maschinen auf dem Fabrikgelände zur Verfügung.
Die Umsetzung solcher Campus-Netze kann sowohl als rein privates Mobilfunknetz erfolgen als auch mittels einer Kombination aus privatem und öffentlichem Netz. Im Schwabmünchner Werk von Osram stellte die Deutsche 5G auf dem Campus
Viele aktuell genutzte oder geplante Campus-Netzwerke basieren - wie im Osram-Werk - noch auf dem Mobilfunkstandard LTE/4G. Dieser Standard ermöglicht Datenraten von 500 MBit/s bis 1 GBit/s - das ist für die meisten Anwendungsfälle erst einmal genug Bandbreite, um die vielen vernetzten Geräte ohne Engpässe zu verbinden.
Low Power Wide Area Networks (LPWAN), die häufig ebenfalls auf LTE/4G basieren, funktionieren nach Meinung von Karsten Pradel auch weiterhin in ihren Anwendungsbereichen gut. Er merkt zudem an, dass die Funkstandards Narrowband-IoT (NB-IoT) und Long Term Evolution for Machines (LTE-M) bereits einige Funktionalitäten des 5G-Standards mitbringen, und ergänzt: „Auch aufgrund dessen, dass Narrowband-IoT und Long Term Evolution for Machines den höchsten Sicherheitsstandard im Rahmen der LPWAN-Technologien bieten, bilden sie zusammen mit LTE einen guten Einstieg in das Thema 5G.“
Welcher Mobilfunkstandard für ein Campus-Netzwerk jeweils zum Tragen komme, sei letztlich vom konkreten Anwendungsfall und von den Rahmenbedingungen abhängig. Es müsse aber eben nicht immer gleich der neue 5G-Mobilfunk sein - „auch die Verbindung von LTE - also NB-IoT mit LTE-M - bietet für viele Anwendungsfälle eine gute Basis für ein Campus-Netz“, so Karsten Pradel weiter.
Doch erst mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G lässt sich alles, was digitalisiert wird, auch vernetzen. So schraubt 5G die mobile Datenrate auf bis zu 20 GBit/s hoch - bei einer garantierten Datenrate von bis zu 1 GBit/s an jedem Punkt des Netzes. Vor allem aber durch die extrem niedrige Latenzzeit von nur 1 Millisekunde - 10- bis 30-mal kürzer als bei LTE/4G - ermöglicht 5G der Industrie ganz neue Echtzeit-Anwendungen.
Ein Beispiel hierfür ist die Fahrzeugproduktion: Wenn bei der Herstellung eines Autos vier oder fünf maschinelle Anwendungen hintereinander genau aufeinander abgestimmt sein müssen, dann braucht es eine zuverlässige Echtzeit-Kommunikation zwischen den Geräten und der zentralen Steuereinheit. Denn wenn es etwa bei der ersten Maschine zu einer Verzögerung kommt, dann schaukelt diese sich über die weiteren Arbeitsstationen immer weiter auf. Die Folge: teure Produktionsfehler.
3. Teil: „Autoherstellung mit 5G“
Autoherstellung mit 5G
5G-Campusse gibt es bereits erste Blaupausen. So errichtetet Telefónica Deutschland für das Werk von Mercedes-Benz in Sindelfingen in der „Factory 56“ auf über 20.000 Quadratmetern ein 5G-Netz für die Automobilproduktion. Dort kommen sogenannte TecLines zum Einsatz, die das klassische Fließband durch fahrerlose Systeme ablösen, die Fahrerlosen Transportsysteme (FTS). Insgesamt sollen später einmal 300 dieser FTS im Einsatz sein. Zudem wird die Montagehalle komplett papierlos. Die Mitarbeiter arbeiten ausschießlich mit Monitoren und Personal Digital Assistants (PDAs).
Auch für moderne Mercedes-Benz plant aber nicht nur die Vernetzung innerhalb des Werks. Ein Merkmal der Factory 56 soll die 360-Grad-Vernetzung über die gesamte Wertschöpfungskette sein. So nutzt man mit den Lieferanten „Tracking und Tracing“, um frühzeitig Abweichungen in der Lieferkette zu erkennen und schnell reagieren zu können.
Ein weiteres Beispiel für ein 5G-Campus-Netz ist das „Werk 1“ des Aachener Elektroautoherstellers e.GO. Vodafone versorgt mit 36 Mobilfunkantennen von Ericsson die 16.000 Quadratmeter großen Produktions- und Logstikhallen mit 5G. In der komplett digitalisierten Autoproduktion werden sämtliche angelieferten Waren über eine RFID-Schnittstelle (Radio-frequency Identification) identifiziert und per Mobilfunk im System erfasst. Autonome Fahrzeuge, sogenannte Automated Guided Vehicles, ersetzen auch hier eine klassische Fahrzeugproduktionslinie und befördern die Auto-Chassis von Station zu Station. Die Sensordaten der Automated Guided Vehicles, mit denen sie in der Halle navigieren, werden in Echtzeit in Edge-Rechenzentren verarbeitet und wieder zurück zum Fahrzeug geschickt.
Die Vernetzung im Autowerk umfasst aber noch mehr. So kommen automatisch öffnende und schließende Hallentore hinzu sowie vernetzte Drehmomentwerkzeuge, die einer fehlerhaften Montage vorbeugen.
Damit für jeden vernetzten Bereich der Produktion auch jederzeit die dafür notwendigen Bandbreiten zur Verfügung stehen, nutzt das Campus-Netzwerk bei e.GO moderne 5G-Techniken wie Network Slicing. Damit lässt sich das private Mobilfunknetz in mehrere kleinere virtuelle Netze aufteilen. Auf diese Weise werden den einzelnen Bereichen die notwendigen Bandbreiten und Latenzzeiten garantiert.
4. Teil: „Eigene Mobilfunkfrequenzen“
Eigene Mobilfunkfrequenzen
Mit eigenen lokalen 5G-Frequenzen werden Unternehmen unabhängiger von den Netzbetreibern. Erstmalig wird damit der Mobilfunk nicht nur von flächendeckend agierenden Netzbetreibern angeboten, sondern lässt sich autonom und maßgeschneidert von Industrieunternehmen aufbauen. Eine solche Lösung dürfte allerdings vorrangig für große Unternehmen mit entsprechend großflächigen Produktionsstandorten interessant sein.
Laut einem Bericht des Südwestrundfunks (SWR) plant zum Beispiel der Chemiekonzern BASF, einen Antrag für eigene 5G-Frequenzen zu stellen. Am Produktionsstandort im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen seien derzeit rund 600.000 Sensoren und Aktoren im Einsatz. Mit dem leistungsfähigen 5G könnten es zehnmal so viele werden. Derzeit sind nach Angaben des weltgrößten Chemiekonzerns weder LTE/4G noch andere Technologien in der Lage, so viele Daten zu übertragen.
Bereits heute würden, so BASF, einige Mitarbeiter im Werk mit Tablets und Augmented-Reality-Brillen ausgestattet, zum Beispiel um Kollegen bei der Instandhaltung von Maschinen anzuleiten. Auch dies funktioniert laut BASF mit dem flotten 5G-Mobilfunk schlicht am besten.
BASF ist nicht das einzige Unternehmen, das sich für eigene 5G-Mobilfunkfrequenzen interessiert. Einem Bericht der Wochenzeitung „Die Zeit“ zufolge schielen auch BMW, Bosch und Siemens auf eigene Frequenzen. Und laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Capgemini planen immerhin 28 Prozent der Industrieunternehmen in Deutschland die Beantragung eigener 5G-Lizenzen. Zum Vergleich: Im Nachbarland Frankreich sind es 41 Prozent, die vorhaben, eigene Frequenzen zu beantragen.
Die Zuteilung dieser lokalen 5G-Campus-Frequenzen erfolgt, wie erwähnt, durch die Bundesnetzagentur. Interessierte Unternehmen stellen bei der BNA einen Antrag und legen unter anderem ein Nutzungskonzept vor. Für die Zuteilung der Frequenzen werden Gebühren fällig. Die Details zur Vergabe dieser privaten Frequenzen sind in der Verwaltungsvorschrift „Lokales Breitband“ festgelegt. Wann die Verteilung der privaten Frequenzen startet, steht derzeit noch nicht fest.
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