13.09.2021
Unternehmen ohne nachhaltiges Geschäftsmodell
Online-Handel ist stärker "zombifiziert" als der stationäre Handel
Autor: Susanne Gillner
shutterstock.com/Tithi Luadthong
Firmen, die heute vor allem aufgrund historisch niedriger Zinsen künstlich am Leben gehalten werden, werden als "Zombie-Unternehmen" bezeichnet. Einer Studie von A.T. Kearney zufolge ist der Online-Handel stärker "zombifiziert" als der stationäre Handel.
Als "Zombie-Unternehmen" werden Firmen bezeichnet, die heute vor allem aufgrund historisch niedriger Zinsen künstlich am Leben gehalten werden. Solche Unternehmen gibt es in allen Branchen; sie haben kein nachhaltiges Geschäftsmodell und sind daher vor allem für den Kapitalmarkt eine Gefahr, da die Kapitalgeber auf die Solvenz des Unternehmens bauen und darauf basierend Kapitalentscheidungen treffen. Börsennotierte Zombies können somit unter Umständen das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Märkte insgesamt schädigen. Das große Problem: Solche Zombies erweisen sich als besonders langlebig.
Das ist eines der Ergebnisse einer umfangreichen Erhebung von A.T. Kearney. Dafür hat die Unternehmensberatung etwa vier Millionen Datensätze von etwa 67.000 börsennotierten Firmen aus 154 Branchen und 152 Ländern auf Zombie-Merkmale gemäß OECD-Definition untersucht. Damit enthält die Analyse alle weltweit börsennotierten Unternehmen im Zeitraum seit der Jahrtausendwende.
Haupttreiber der "Zombifizierung"
Insgesamt hat sich seit 2010 die Zahl der Zombie-Unternehmen weltweit nahezu verdreifacht. Ihre Anzahl ist 2020 deutlich in allen untersuchten Volkswirtschaften weiter angestiegen, so A.T. Kearney. "Bestands-Zombies" machen dabei den Großteil (70 Prozent) an Zombie-Unternehmen aus. Notenbanken mit ihrem billigen Geld als Lebenselixier sind einer der Hauptgründe für diese Bestands-Zombies – neben staatlichen Unterstützungsprogrammen in Milliarden-Dollar-Höhe.
Die Haupttreiber der "Zombifizierung" weltweit sind kleinere Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter 500 Millionen US-Dollar: Diese kleineren Firmen sind mit 5,3 Prozent (2020) wesentlich stärker "zombifiziert" als größere Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 500 Millionen US-Dollar (ca. 0,5 Prozent im Jahr 2020); auch ihre absolute Anzahl wuchs in den letzten Jahren deutlich: Die Anzahl der "kleineren" Zombies stieg auf über das Dreifache an (2010: 594 Zombies; 2020: 1.743 Zombies) – der potenzielle volkswirtschaftliche Schaden findet im Wesentlichen im Mittelstand statt.
Im internationalen Vergleich hat die Covid-19-Krise Deutschland und China stärker getroffen als die USA: Die absolute Anzahl der Zombie-Unternehmen in Deutschland (12 Zombies im Jahr 2019 vs. 16 im Jahr 2020) und China (49 Zombies im Jahr 2019 vs. 73 im Jahr 2020) ist aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie jeweils deutlich angestiegen. Dennoch bleiben die USA das Land mit dem höchsten Anteil an Zombie-Unternehmen in diesem Ländervergleich.
Im internationalen Vergleich hat die Covid-19-Krise Deutschland und China stärker getroffen als die USA: Die absolute Anzahl der Zombie-Unternehmen in Deutschland (12 Zombies im Jahr 2019 vs. 16 im Jahr 2020) und China (49 Zombies im Jahr 2019 vs. 73 im Jahr 2020) ist aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie jeweils deutlich angestiegen. Dennoch bleiben die USA das Land mit dem höchsten Anteil an Zombie-Unternehmen in diesem Ländervergleich.
Der Handel
Die absolute Zahl an Zombie-Unternehmen im Handel weltweit hat sich seit dem Jahr 2010 von 17 Zombies (1,2 Prozent) auf 71 Zombies (3,9 Prozent) im Jahr 2020 vervielfacht. Vor allem der Lockdown in der Pandemie hat zu mehr Zombie-Unternehmen beigetragen, wie der Sprung um 16 Prozent von 3,3 Prozent im Handel allgemein im Jahr 2019 auf 3,9 Prozent Zombies zeigt.
Im Vergleich mit anderen Branchen ist der Handel relativ gesehen aber weniger stark betroffen. Das könnte den Studienautoren nach daran liegen, dass die Marktmechanismen in diesem – traditionell von geringer bilanzieller Substanz geprägten – Segment stärker wirken, als in anderen Branchen und nicht-performante Händler eher aus dem Markt scheiden, bevor sie "zombifizieren".
Online-Handel
Überraschend: Der Online-Handel ist mit 4,5 Prozent stärker "zombifiziert" als der stationäre Handel (ohne Lebensmittel) mit 4,2 Prozent im Jahr 2020. Eine mögliche Erklärung ist die geringe bilanzielle Substanz und die geringe Ertragskraft häufig noch junger Online-Player; ein anderer Grund ist aber auch die fehlende nachhaltige Geschäftsmodell-Resilienz der häufig erst kurz börsennotierten Unternehmen.
Am besten schneidet beim Handel der Lebensmittelhandel ab mit einem Zombie-Anteil von nur 2,4 Prozent im Jahr 2020.
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