E-Commerce
27.02.2019
Strategie
1. Teil: „Mustang setzt auf digitale Marktplätze“

Mustang setzt auf digitale Marktplätze

Digitaler MarktplatzDigitaler MarktplatzDigitaler Marktplatz
William Potter / shutterstock.com
Der Denim-Hersteller will seine Filialen enger mit digitalen ­Vertriebswegen verzahnen. Erste Filialen sind deshalb mit einem digitalen Spiegel ausgestattet, die Daten dafür kommen aus dem Online-Shop.
  • Verknüpfung von Offline und Online: Mustang will im harten Wettbewerb bestehen, indem man die stationären Filialen digitaler macht.
    Quelle:
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Der Jeans-Produzent Mustang will den Digital-Anteil am Gesamtumsatz ausbauen, denn der stationäre Modehandel in Deutschland stagniert. Damit das gelingt, plant Mustang, verstärkt über Online-Marktplätze zu verkaufen. Mit einer neuen Technik für den digitalen Vertrieb hat das Unternehmen die Voraussetzung dafür geschaffen. Im Oktober 2018 ging das neue System nach einer Entwicklungszeit von acht Monaten live.
Den Kern der digitalen Vertriebsstrategie bildet die Tradebyte-Software. Sie dient dazu, Produktdaten aus der Warenwirtschaft und Bestandsdaten aus dem Lager zusammenzuführen und sie an verschiedene Marktplätze weiterzureichen. Da jeder Marktplatz andere Anforderungen an die Stammdaten stellt, sorgt das Tradebyte-System dafür, dass Amazon, Zalando, Aboutyou und andere die Daten so bekommen, wie sie sie brauchen. Ein Beispiel: Wenn in einer Produktbeschreibung „Zip Fly“ steht, dann übersetzt Tradebyte den Begriff bei Bedarf in „Reißverschluss“.
Mustang hatte bereits in der Vergangenheit Amazon oder Zalando mit ausgewählten Teilen der Kollektion beliefert. Die neue Lösung ermöglicht der Jeansmarke, eigenständig die gesamte Kollektion über unterschiedliche digitale Marktplätze zu verkaufen. Mustang behält die Hoheit über das Angebot, die Produktdarstellung und die Preise für die Artikel.
Über den Marktplatz von Zalando will Mustang die Internationalisierung angehen und testen, ob sich der Verkauf in Nachbarländern wie Frankreich, der Schweiz und den Benelux-Staaten lohnt.
Der Online-Shop Mustang-jeans.com ist ebenfalls an Trade­byte angeschlossen und wird von der Lösung behandelt wie die Marktplätze. Die Tradebyte-Software ist auch das Bindeglied zwischen dem Online-Shop und den stationären Filialen. Dietmar Axt, geschäftsführender Gesellschafter von Mustang, sagt: „Mit der Omnichannel-Ausrichtung wird der Offline-Handel mit dem Online-Shop verknüpft. Für uns bietet der Ansatz eine Chance, den stationären Handel in der stark digital ausgerichteten Branche zu unterstützen.“ Zur Verzahnung von Online und Offline gehört, dass der Store-Finder im Web ausgebaut wird. Zudem kann online bestellte Ware in den Läden abgeholt oder auch zurückgegeben werden. Und im Laden können sich die Kundinnen und Kunden die Ware nach Hause liefern lassen (Ship to home).
Dass die Store-Manager der Filialen im Online-Shop eine Konkurrenz sehen, befürchtet Axt nicht: „Die Filialen gehören Mustang. Wir sehen uns als eine Firma. Wenn Kunden in einer Filiale bestellen und sich die Ware nach Hause liefern lassen, wird das dem Mitarbeiter als Provision angerechnet.“ Die Store-Manager betrachten den Webshop als ihren Online-Shop, bekräftigt Axt.
2. Teil: „Filialen mit digitalen Spiegeln“

Filialen mit digitalen Spiegeln

In den Filialen kommen Anwendungen zum Einsatz, die sich aus der neuen Lösung speisen. Erste Filialen von Mustang Jeans, beispielsweise in Braunschweig, haben in den Um­kleidekabinen digitale Spiegel aufgehängt. Die Kunden können darüber durch das Sortiment stöbern. „Die Daten, Bilder und Preise stammen aus dem Online-Shop“, berichtet Fabian Koßmehl, Director E-Commerce bei Mustang.
Der Shop basiert auf der Commerce- und auf der Marketing-Cloud von Salesforce. Die Wahl fiel deshalb auf Salesforce, weil die Anwendung „out of the box“ viele Features bietet, begründet Koßmehl die Entscheidung. Das Preis-Leistungs-Verhältnis für die Software findet er gut.
Salesforce hatte 2016 den Shop-Software-Anbieter Demandware übernommen und die Anwendung als „Commerce Cloud“ zu seinem Cloud-Port­folio hinzugefügt. Wenn Commerce- und Marketing-Funktionen aus einer Hand stammen, hätten Unternehmen die Customer Journey besser im Blick, lautet das Versprechen.

Arbeitsteilung

Sven Ehrmann, Direktor bei der Digitalagentur Nexum und dort verantwortlich für den Relaunch des Mustang-Shops, erklärt die „Arbeitsteilung“ der beiden Salesforce-Anwendungen für Mustang Jeans: „Informieren, emotionalisieren und Produkte verkaufen sind die Aufgaben der Commerce Cloud. Die Marketing-Cloud dient der Kundenbindung und für die Kommunikation mit Kunden nach dem Einkauf.“ Mustang nutzt sie für Transaktions-Mails und für automatisiertes
E-Mail-Marketing. Die Kundendaten liegen in der Customer-Relationship-Management-Software. Von dort werden sie an die Marketing-Cloud übergeben. „Die Commerce und die Marketing-Cloud von Salesforce waren in der Vergangenheit getrennte Systeme“, so Ehrmann. Inzwischen habe Salesforce Konnektoren entwickelt, sodass der Datenaustausch zwischen den Anwendungen gut klappt.
Mustang arbeitet für den digitalen Vertrieb neben Nexum auch mit zahlreichen anderen Dienstleistern zusammen. Das Fulfillment und das Backoffice für die Denim-Marke verantwortet zum Beispiel der Logistikdienstleister Sigloch Distribution in Blaufelden.

Schnelle Prozesse, mehr Verkäufe

Mustang ist mit der neuen Lösung zufrieden. „Die Abverkäufe sind nun höher und die Prozesse wurden beschleunigt“, sagt Koßmehl. Das System sei jetzt insgesamt weniger komplex und effizienter. Wie viel Umsatz die digitalen Vertriebskanäle generieren, verrät Geschäftsführer Axt nicht. Er verweist darauf, dass für Mustang der Ertrag zähle. „Wir haben eine Wirtschaftlichkeitsstrategie“, betont er. Nach etwa einem halben Jahr müsse eine Partnerschaft Ertrag generieren. Bis 2022 soll der Digital-Anteil 25 Prozent zum Gesamtumsatz beisteuern.
Als Nächstes werden die Beratungsfunktionen im Online-Shop ausgebaut. Kunden sollen über Fragen und Antworten zu der Jeans mit der für sie
richtigen Passform geleitet werden.

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