Business-IT
23.01.2019
Rechenzentrum as a Service
1. Teil: „Modulare Rechenzentren mit Cloud-Anbindung“

Modulare Rechenzentren mit Cloud-Anbindung

Autor:
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Gorodenkoff / Shutterstock.com
Neue Rechenzentrumskonzepte schaffen Flexibilität für neue Geschäftsmodelle. Dadurch erreichen auch physische Ressourcen die Skalierbarkeit der Cloud.
Dieser Beitrag wurde verfasst von: Martin Kipping, VP Global Datacenter bei Rittal, und Supriyo Bhattacharya, Business Development Manager bei innovo.
Mittlerweile haben die meisten Unternehmen über alle Branchen hinweg die Chancen, die sich durch die Digitalisierung ergeben, erkannt und sind dabei, digitale Strategien umzusetzen. Sie etablieren neue Geschäftsmodelle oder entwickeln bestehende weiter. Hemmnisse sind oft veraltete IT-Systeme, die nicht für heutige Ansprüche an Tempo und Flexibilität ausgelegt sind. Infrastrukturkonzepte, die auf
modularen Rechenzentrums-Ökosystemen mit integrierter Cloud-Anbindung basieren, eröffnen neue Möglichkeiten.

IT-Altlasten bremsen

Bei der digitalen Transformation ihrer Prozesse und Geschäftsmodelle haben viele Unternehmen mit ihren Legacy-Systemen zu kämpfen. Research-Spezialist IDC hat in einer aktuellen Studie ermittelt, dass es rund drei Vierteln der befragten europäischen Unternehmen aus der Finanz- und HR-Branche schwerfällt, ihre Transformationsstrategien umzusetzen. Vor allem der hohe Integrationsaufwand neuer digitaler Lösungen in bestehende Systeme sowie das Generieren von Echtzeitprognosen seien wesentliche Hemmnisse.
Darüber hinaus sehen sie sich nicht in der Lage, vorhandene Systeme an neue Anforderungen anzupassen. IDC warnt daher vor einem digitalen Stillstand, der durch die fehlende Anpassungsfähigkeit drohe. Dieses Lagebild bestätigt die jüngst veröffentlichte Studie „Legacy-Modernisierung 2018“ aus dem Analysten-Haus IDG. Demnach halten es heute fast 60 Prozent der befragten Unternehmen für wichtig bis sehr wichtig, ihre Bestandssysteme zu modernisieren. Das Ziel: eine agile IT-Infrastruktur, die flexibel und skalierbar an sich verändernde Anforderungen anpassbar ist.
2. Teil: „Die Hardware muss mithalten“

Die Hardware muss mithalten

Unternehmen wollen und müssen heute schneller in der Lage sein, ihre IT für neue Technologien oder Prozesse auszurichten. Laut aktuellem „Cloud-Monitor“ des Digitalverbands Bitkom nutzen deshalb mehr als zwei Drittel der deutschen Unternehmen bereits Cloud-Services. Mit der Cloud und dem Aufkommen neuer Technologien aber hat sich ein Anspruchsdenken an die Bereitstellung, die Kosten und die Flexibilität von IT-Infrastruktur etabliert, das sich auch auf die physischen Ressourcen erstreckt. Ausgehend von einer höheren Taktung technischer Innovationen und sinkenden Preisen durch fortschreitende Standardisierung erwarten Unternehmen einen schnellen, unkomplizierten und bedarfsorientierten Zugriff auf Infrastrukturkomponenten.
Gleichzeitig sorgen technologische Entwicklungen sowie gestiegene Sicherheitsanforderungen dafür, dass physische IT-Ressourcen wieder stärker in den Mittelpunkt rücken. Dazu gehören eine durchgängige, standortunabhängige Datenverfügbarkeit und die lokale Verarbeitung in Echtzeit als grundlegende Elemente digitaler Geschäftsmodelle. Für solche Echtzeitanalysen stellen Latenzen im Millisekunden-Bereich einen maßgeblichen Knackpunkt dar. Um das zu gewährleisten, müssen Systeme in regionaler Nähe die Daten verarbeiten. Hier ist Edge-Computing ein essenzielles Thema.
Ein Beispiel, das auf hoher Datenverfügbarkeit und Echtzeitverarbeitung basiert, ist die Blockchain-Plattform we.trade für Handelstransaktionen. Dahinter steht ein internationales Finanzkonsortium, zu dem unter anderem UBS, UniCredit und die Santander Bank gehören. Ziel ist es, den aufwendigen Prozess für Handelsfinanzierungen vollständig zu digitalisieren und zu automatisieren. Bisher umfasst dieser vor allem viele Papierdokumente, die für alle Partner jederzeit einsehbar und immer aktuell sein müssen. Beteiligte Experten gehen davon aus, dass sich der Prozessaufwand auf ein Zehntel reduziert und deutlich beschleunigt.
Generell müssen Unternehmen der Finanzbranche immer mehr in der Lage sein, sofort auf Veränderungen auf den international verknüpften Finanzmärkten wie etwa Kursschwankungen an den Börsen zu reagieren. Und das funktioniert nur mit einer modernen, agilen IT-Landschaft. Gleichzeitig verarbeiten Unternehmen aber auch Daten, die wesentlich geringere Anforderungen stellen und sich pro­blemlos an weiter entfernten Standorten über die Cloud verarbeiten lassen. Unternehmen stehen vor der schwierigen Aufgabe, die unterschiedlichen Anforderungen an ihre IT-Infrastruktur unter ein Dach zu bekommen.
3. Teil: „Flexibilität“

Flexibilität

Um diese Aufgabe zu meistern, sind neue Rechenzentrumskonzepte interessant, die mit einem angekoppelten Ökosystem Lösungen aus allen Schichten – von der physischen Infrastruktur bis hoch zum Anwendungsbetrieb in der Cloud – abdecken. Physische und virtualisierte Infrastrukturkomponenten greifen in diesen Ansätzen optimal inei­nander. Die damit erreichbaren Effekte hinsichtlich Skalierbarkeit und Flexibilität der IT-Landschaft sind nicht nur für Unternehmen interessant, die sich noch am Anfang ihrer digitalen Reise befinden, sondern auch für Unternehmen mit hohem Digitalisierungsgrad – etwa wenn es darum geht, ihre digitalen Geschäftsmodelle weiter zu automatisieren.
Musterbeispiel dafür ist der Einsatz neuer Technologien in der Finanzbranche: Dort gehört die Blockchain-Technik international zu den Top-Trends. Die Blockchain ist eine Distributed-Ledger-Technologie (DLT), die Daten verteilt, verarbeitet und in Form aneinandergeketteter Blöcke vorhält. Jeder Block beinhaltet die Historie des Vorgänger-Blocks in Form einer Prüfsumme (Hash-Wert). Die Blockketten sind auf permanent miteinander vernetzten Systemen innerhalb einer Community aus Teilnehmern in einem Peer-to-Peer-Netzwerk gespeichert. Jedes System enthält eine vollständige Kopie der Blockchain. Die Community ist in der Lage, jederzeit alle Transaktionen der Blockchain einzusehen und zu überwachen. Das macht die Blockchain nahezu fälschungssicher. Eine Manipulation wäre zu zeit- und ressourcenaufwendig.
Die Anwendungsszenarien dieser Technologie sind vielseitig: So ist es etwa möglich, Urheberschaften beziehungsweise die Echtheit von Assets innerhalb einer Lieferkette lückenlos nachzuvollziehen. De Beers, einer der größten Diamantenhändler, erfasst so den Weg eines Diamanten von der Mine bis zum Einzelhändler.
Ein zweites Anwendungsgebiet der Blockchain sind Smart Contracts. Dabei handelt es sich im Kern um kleine Programme, die bestimmte Bedingungen und Ergebnisse kodieren und nach dem „If-then“-Schema ausführen. Mit ihnen können Unternehmen Transaktions- und Abrechnungsprozesse digitalisieren und automatisieren – revisionssicher ohne eine dritte Kontrollin­stanz zwischen zwei Parteien. Dafür gibt es bereits Blockchain-as-a-Service-Plattformen, die relevante Funktionalitäten bereitstellen.
Mit einem modularen Rechenzentrums-Ökosystem sind Unternehmen in der Lage, ihre IT-Landschaft für diese Szenarien jederzeit anzupassen. Für das Ermitteln des Hash-Werts (Hashing) sind etwa zwei Fak­toren maßgeblich: leistungsstarke, spezialisierte Hardware für High-Performance-Computing und Stromverbrauch. Hier kommen modulare, energieeffiziente Rechenzentren (RZ) in Form von Containern ins Spiel. Diese ISO- oder Non-ISO-genormten Container enthalten alle für das Hashing erforderlichen Hardware- und IT-Systeme eines Rechenzentrums.
4. Teil: „Bausteine“

Bausteine

Die Basis der RZ-Container bilden Standardkomponenten, die der Anbieter gemäß dem An­forderungsprofil des Unternehmens zusammenstellt und konfiguriert. Das minimiert den Aufwand auf Anwenderseite. Diese RZ-Lösungen umfassen neben dem Container als Außenhülle IT-Racks, Stromversorgung, Klimatechnik sowie Server, Netzwerk, Storage, Cloud- Plattform-Services und Management-Software als vorkonfigurierte Cloud-Komponenten. Diese sind im Idealfall nach den anvisierten Einsatzszenarien auswählbar und bilden die Basis für zusätzlich erhältliche cloudbasierte Dienste (XaaS).
  • we.trade: Blockchain-Anwendungen wie die Plattform für Handelstrans­aktionen basieren auf hoher Datenverfügbarkeit und Echtzeitverarbeitung.
Angekoppelte Service-Ökosysteme stellen spezifische Dienste bei Bedarf direkt bereit. Unternehmen, die nicht nur Hashing durchführen, sondern auch Smart Contracts nutzen wollen, haben etwa die Option, ergänzend Blockchain as a Service zu beziehen. Als Technologie der Wahl für Smart Contracts etabliert sich derzeit Ethereum. Mit der auf die Ethereum-Blockchain zugeschnittenen Programmiersprache Solidity ist es heute nahezu für jeden möglich, Smart-Contract-Anwendungen zu entwickeln.
Denkbare Szenarien in der Finanzbranche sind etwa Transaktionen im Zahlungsverkehr, Rechnungsausstellungen und ID-Verfahren. Dabei besteht der Ökosystem-Baustein etwa aus einer Ethereum-Blockchain-Plattform – im Self- oder Managed Service. Die Plattform basiert wiederum auf standardisierten Bausteinen für ein schnelles Deployment der Blockchain-Nodes und die Konfiguration des Services. Kombiniert mit RZ-Containern ist es möglich, die virtuelle Verteilung der Nodes auch auf physischer Ebene abzubilden und dort zu skalieren. Sind die Nodes strategisch auf verschiedene RZ-Standorte verteilt, steigt die Ausfallsicherheit sowie das generelle Schutzniveau.
5. Teil: „Sicherheit stets im Hinterkopf“

Sicherheit stets im Hinterkopf

Speziell für Finanzinstitute und -unternehmen gelten hohe Sicherheitsstandards sowie branchenspezifische Compliance-Vorgaben. Je nachdem welche Daten die Smart Contracts enthalten, fallen sie unter die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Eine aktuelle Studie der Cambridge University hat analysiert, dass lediglich Private Blockchains DSGVO-konform sein können. Daher sollten Anbieter in der Lage sein, Private Blockchains umzusetzen, die abgeschottet von der Öffentlichkeit auf festgelegten Systemen laufen.
Dementsprechend muss für einen verteilten Ansatz die Private Blockchain auch über verschiedene lokale Rechenzen­tren hinweg realisierbar sein. Die Auswahl des Providers ist hier auch eine Frage des Vertrauens. Immerhin obliegen ihm Aufbau, Integration und der reibungslose, sichere Betrieb der Infrastruktur und der angedockten Servicelösungen.
Grundsätzlich sollten Unternehmen bei RZ-Ökosystemen genau betrachten, wie eine durchgängige Sicherheit aller Komponenten gewährleistet ist: Welche relevanten Zertifizierungen wie ISO 27001 weist der Anbieter auf, welche Erfahrungen hat er in der Branche und welche Sicherheitsbausteine sind gegeben? Sind die Cloud-Services nur in ausländischen oder auch in deutschen RZ-Standorten realisierbar?

Fazit

IT-Infrastrukturen von Unternehmen müssen sich heute schnell an den technologischen Fortschritt anpassen. Die Cloud allein reicht nicht immer aus, da Unternehmen bei neuen Geschäftsmodellen eine hohe Skalierbarkeit und Flexibilität genauso von den physischen Ressourcen erwarten. Eine Lösung dafür sind RZ-Ökosysteme.
Unternehmen erhalten von der OT über die IT bis hin zu spezifischen Software-Lösungen alle Bausteine aus einer Hand. Diese sind durchgängig standardisiert, was für eine schnelle Time-to-Market und geringe Kosten sorgt. Definierte Service-Bausteine, angefangen bei einfachen Server-Racks über ganze RZ-Container bis hin zu XaaS, ermöglichen es, schnell auf neue Anforderungen zu reagieren, bei Bedarf neu zu beziehen oder abzuschalten. Unternehmen erhalten so die Freiheit, ihre IT-Landschaft flexibel anzupassen.

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