Business-IT
04.10.2018
Der neueste CRM-Trend
1. Teil: „Marketing mit Customer-Data-Plattformen “

Marketing mit Customer-Data-Plattformen

Customer Data ManagementCustomer Data ManagementCustomer Data Management
Montri Nipitvittaya / shutterstock.com
Was unterscheidet Customer-Data- von Data-Management-Plattformen? Viele Funktionen überschneiden sich zwar, schlussendlich kann CDP jedoch als technologisches Rückgrat für ein verbessertes CRM angesehen werden.
  • Quelle: Customer Data Platform Institute (Januar 2018)
Die Anbieterlandschaft im datenbasierten Marketing ist unübersichtlich. Bereits seit einigen Jahren entwickeln sich Marketingtechnologien rasant und sorgen neben dem techno­logischen Fortschritt für eine wachsende Begriffs- und Definitionsvielfalt. Es gibt Data-Management-Plattformen (DMP), Datenmarktplätze, Datenvermarkter und Tools für Customer Relationship Management (CRM), um nur einige zu nennen. Nun macht eine weitere Anbieterkategorie von sich reden: Customer-Data-Plattformen (CDP).
Ende März haben die US-amerikanische Firma Raab Associates und das Berliner Unternehmen Crossengage den europäischen Ableger des Customer Data Platform Institute gegründet. Das amerikanische CDP-Institut gibt es schon seit 2013. Sein Ziel ist es, die digitale Marketingbranche über Customer-Data-Plattformen zu informieren. Dazu erstellt das CDP-Institut regelmäßig einen Bericht darüber, welche Anbieter in dieses Segment einzuordnen sind. Der aktuelle Report „Customer Data Platfom Industry Update“ teilt die 52 Anbieter in drei Kategorien ein: Datengewinnung, Analyse, und Customer Experience. Die Funktionen überschneiden sich jedoch häufig. Die meisten in dem Bericht vom Januar aufgelisteten Unternehmen stammen aus den USA. Zu den Anbietern zählen unter anderem Action IQ, Agilone, mParticle, Segment, Crossengage und Lytics. Dem Report zufolge verfügt die aufstrebende Branche über ein Finanzierungsvolumen von rund 1,2 Milliarden Dollar.
„Jeder will eine CDP sein“ betitelte die US-Fachzeitschrift „Adexchanger“ einen Artikel im Mai. Auch daran lässt sich ­ablesen, dass Customer-Data-Plattformen im Trend liegen. Zudem drängen US-amerikanische Start-ups im Bereich Data-­Management nach Europa. So hat beispielsweise das US-Unternehmen Reltio, Anbieter einer „Master Data Ma­nagement“-Lösung, im Mai in London ein Büro eröffnet.

Gut bei vielen eigenen Daten

Doch was machen Customer-Data-Plattformen genau und wie unterscheiden sie sich von Data-Management-Plattformen? „CDP sind das technologische Rückgrat, um besseres Customer Relationship ­Management über alle Kanäle hinweg zu betreiben“, sagt Manuel Hinz, Mitgründer und Geschäftsführer des CDP-Anbieters Crossengage.
Bei Customer-Data-Plattformen handelt es sich um eine vergleichsweise junge Marketingtechnologie, die vor fünf Jahren erstmals definiert wurde. Sie ist insbesondere für Unternehmen geeignet, die ihre Kundendaten in verschiedenen Systemen ablegen, etwa im Shop-System, in einer Kundendatenbank oder einem Data Warehouse. Eine CDP integriert all diese Datenquellen. Sie ist cloudbasiert und dockt über Schnittstellen an vorhandene Systeme an. Bestehende Marketingtechnologie-Lösungen brauchen nicht unbedingt ausgetauscht zu werden. So kann ein CRM beispielsweise eine Datenquelle von vielen sein, die eine CDP speisen.

Technologien verbinden

Laut Definition des CDP-Instituts gehören zu einer CDP drei wesentliche Merkmale:
  • Sie wird vom Marketing betrieben und kontrolliert
  • Sie schafft eine einheitliche Basis für Kundendaten
  • Sie ist offen für andere Systeme 
Dank der Schnittstellen kann sich die ­Lösung wie eine zusätzliche Schicht über die CRM- und Marketingtechnologien ­eines Unternehmens legen.
Customer-Data-Plattformen sind für Unternehmen mit vielen eigenen Kundendaten interessant. Mit ihnen lassen sich zum Beispiel komplexe Kundensegmentierungen bilden.
Diese Segmente können dann an die verschiedenen Auslieferungstechnologien übergeben werden, etwa an E-Mail-Lösungen, Mobile-Push- oder auch Demand-Side-Plattformen (DSP). Auf diese Weise kann das Marketing auf Basis von Echtzeitdaten Entscheidungen treffen, um Kunden gezielt und personalisiert anzusprechen. Das Zusammenführen der Daten in der CDP aus verschiedenen Datenquellen soll außerdem eine einheitliche Sicht auf den Kunden ermöglichen – über alle Touchpoints hinweg.
Was kostet eine CDP?
Die Kosten einer Customer-Data-Plattform (CDP) richten sich zum ­einen nach der Anzahl der erfassten Nutzer und der Events. Unter Events versteht man sämtliche Aktionen, die ein Nutzer im Internet oder in einer App durchführt, beispielsweise das Legen eines Artikels in den Warenkorb, das Öffnen einer E-Mail oder die Reaktion auf ­eine Push-Nachricht. Auch der Anruf des Kunden im Callcenter oder das Versenden eines Pakets können ein Event sein, wenn diese Aktionen in die CDP einfließen sollen.
Eine zweite Komponente für das Pricing ist die sogenannte Data Retention (Speicherung), also die Zeit, in der die Daten in der CDP verbleiben. Denn eine CDP ist nicht darauf ausgelegt, jeden Touchpoint für mehrere Jahre zu speichern. Es handelt sich um eine Echtzeit-Infrastruktur. Aus diesem Grund werden üblicherweise Daten, die aktuell nicht mehr für Kampagnen benötigt werden, anschließend einem Data Warehouse übergeben, wo sie weiterhin genutzt werden können, beispielsweise für spätere Analysen.
Entsprechend der unterschiedlichen Anforderungen der Unternehmen ist die Preisspanne groß. Sie beginnt etwa bei 25.000 Euro pro Jahr für kleine Start-ups. Mittelgroße E-Commerce-Unternehmen müssen mit etwa 100.000 Euro pro Jahr kalkulieren. Bei Konzernen liegt die Jahresgebühr deutlich im sechsstelligen Bereich.
2. Teil: „Koexistenz mit DMPs“

Koexistenz mit DMPs

Von einer Data-Management-Plattform (DMP) unterscheidet sich eine CDP durch den Fokus auf die Daten. Bei einer CDP dreht sich alles um die sogenannten First-Party-Daten, also Kundendaten. Eine Data-Management-Plattform hingegen dient vorrangig dazu, Daten von Drittanbietern zu verwalten. Hinzu kommt, dass eine DMP Cookie-basiert arbeitet. Eine CDP nutzt verschiedenste Identifier und kann neben anonymen IDs auch persönliche Identifier wie E-Mail- oder Post-Adressen zur Datensynchronisation heranziehen.
  • Quele: Customer Data Platform Institute (Januar 2018)
In der Praxis koexistieren CDP und DMP häufig innerhalb eines Unternehmens, ebenso wie CRM-Lösungen. „CDP sind ergänzend und komplementär zu DMP zu sehen – sie sind also originär kein Wettbewerb“, erklärt Holger Mews, Chief Revenue Officer von Adform in Hamburg. Der Ad-Technologie-Anbieter hat unter anderem eine Data-Management-Plattform im Portfolio. ­„Sowohl DMP als auch CDP können viel voneinander lernen und beide ­haben dieselbe Mission: nämlich die Personalisierung des Marketings“, sagt Mews. Er kann sich gut vorstellen, dass beide, DMP und CDP, in Zukunft miteinander verbunden sein werden.
Das sieht Dino Bongartz, CEO des DMP-Anbieters The Adex, auch so: „CDP ergänzen eine DMP sinnvoll um einige sehr spezielle ­Bereiche und sind für andere Aufgaben gedacht. Die Kernfunktionen einer DMP können CDP nicht übernehmen.“

Bessere Abstimmung

Wie eine CDP in der Praxis eingesetzt werden kann, zeigt das Beispiel der DB Vertrieb GmbH, einer Tochter der Deutschen Bahn (DB). Deren Bereich „Online-/Mobile-Vertrieb und Marketing“ betreut das Reiseportal Bahn.de, die App DB Navigator und das Online-Marketing. Ursprünglich hatte das Unternehmen im CRM-­Bereich eine klassische Infrastruktur aufgebaut, bestehend aus einer Kampagnen-Management-Lösung, einer Business-Intelligence-Komponente für die Definition von Kundensegmenten und einem Mail-Service-Provider für den Versand. Dies war ein funktionales Setting in einer ­Phase, in der das E-Mail-Marketing für die Kundenansprache im Fokus stand.
Ziel von DB Vertrieb war es jedoch, durch den Aufbau von Cross-Channel-Fähigkeiten eine größere Reichweite in der Bestandskundenkommunikation herzustellen und individualisierte Botschaften per E-Mail, über die Webseite und die App abzustimmen. Um dieses Ziel zu erreichen, wären größere Investitionen in die Systeme nötig gewesen und ein hoher Entwicklungsaufwand entstanden.
Stattdessen entschied sich das Unternehmen für eine CDP mit kanalübergreifender Kampagnensteuerungslogik. Die ­bestehende E-Mail-Lösung und das A/B-Testing-Tool wurden an eine Customer-Data-Plattform angebunden und damit die Auslieferung in die gewünschten Kanäle E-Mail, Webseite und App realisiert. Auf der Entwicklungs-Roadmap steht der Anschluss weiterer Kanäle wie WhatsApp und Push-Mitteilungen. „Mit der CDP konnten wir die Cross-Channel-Fähigkeit herstellen, ohne auf interne IT-Ressourcen angewiesen zu sein, und haben Flexibilität bei der Integration neuer Marketing-­Kanäle“, erläutert Henrika Meusert, Teamleiterin CRM im Bereich Digital Business bei DB Vertrieb.
Die CDP verwaltet die Segmentbildung von Zielgruppen und die Kampagnensteuerung über die verschiedenen Kanäle in einer Lösung. Kernsysteme wie die Kundendatenbank werden von der ­Lösung nicht ersetzt. „Es ist ein additives System, das die Marketing-Prozesse deutlich ­beschleunigt“, sagt Meusert. So kann das Marketing-Team Segmentierungen und Potenzialabschätzungen mit der CDP aufgrund des Echtzeit-Streamings der Daten auf Knopfdruck erledigen, während komplexe Abfragen auf klassischen Datenbanken dafür in der Regel mehrere Stunden Rechenzeit benötigen.
„Der große Vorteil der CDP ist, dass wir klassische CRM-Daten mit Echtzeit-Events verknüpfen können“, so Meusert. Klassische CRM-Systeme sind in der ­Regel nicht in der Lage, an Webseiten anzudocken. Jetzt kann die DB Vertrieb zum Beispiel erstmals Warenkorbabbrecher adressieren. Sie ließen sich über das alte Setting nicht erfassen.
Unternehmen haben viele Daten, doch sie alle konzertiert zu „­heben“, ist eine Herausforderung. Customer-Data-Plattformen könnten ein Mittel sein, um die Silos aufzubrechen.
Tabelle:


mehr zum Thema