Digitalisierung
28.12.2018
Marktüberblick
1. Teil: „Kommunikation und Telefonie aus der Cloud“

Kommunikation und Telefonie aus der Cloud

Laptop auf Tisch mit Cloud-Computing-SymbolenLaptop auf Tisch mit Cloud-Computing-SymbolenLaptop auf Tisch mit Cloud-Computing-Symbolen
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Auch für UCC und IP-Centrex gibt es immer mehr Cloud-Lösungen. com! professional erläutert, was es damit auf sich hat und welche Anbieter es in diesem Markt gibt.
  • Quelle: Cavell Group
Wenn von der Digitalisierung der Unternehmen die Rede ist, dann nennen Experten landauf, landab immer gern auch Kommunikation und Collaboration als besonders vielversprechende Felder. Eine durchgreifende Modernisierung hat bislang in deutschen Unternehmen allerdings noch nicht stattgefunden.
Grund genug, einmal der Frage nachzugehen, woher diese Zurückhaltung bei UCC-Lösungen (Unified Communications and Collaboration) und IP-Centrex-Anlagen (auf IT-Technik basierenden Telefonanlagen, auch Cloud-PBX-Anlagen genannt) kommt. Darüber hi­naus stellt der Artikel jeweils eine Auswahl führender Anbieter für diese beiden Bereiche vor.

Schwieriges Umfeld

Bei mageren 3 Prozent liegt derzeit laut den Kommunika­tionsmarktforschern von MZA der Anteil von Cloud-PBX-Telefonanlagen (Private Branch Exchange) am Gesamtmarkt – und dümpelt damit seit Jahren auf niedrigem Niveau vor sich hin. Die Gründe dafür sind vielfältig: Thomas Weiß, Geschäftsführer des IP-Centrex-Anbieters TeamFon, weist auf die lang anhaltende Skepsis vieler Kunden beim Thema Voice over IP (VoIP) und auch gegenüber der Cloud hin. „Der Verkauf von Cloud-TK-Anlagen war in diesem Umfeld natürlich schwierig“, sagt er. Auch die mangelhafte Versorgung mit Breitband-Internet behindert seiner Meinung nach den Verkauf von IP-Centrex-Lösungen. „Die gesamte Entwicklung und der Start der VoIP-Vermarktung hing an der Entscheidung, wann ISDN in Deutschland abgeschaltet wird“, erklärt wiederum ­Ulrich Petry, Vorstand der Deutschen Telefon Standard. Seitdem die Telekom erklärt hat, sie werde die All-IP-Umstellung Ende dieses Jahres weitgehend abschließen, habe sich der Markt aber geöffnet.
„Deutschland war schon immer bei der Akzeptanz von neuen Technologien zögerlich“, ergänzt Markus Krammer, VP Products & New Business bei Nfon. Gleichzeitig stellt er eine wachsende Akzeptanz und auch Nachfrage nach IP-Centrex-Lösungen fest und glaubt, dass der Markt sich in den kommenden Jahren mehr als verdoppeln wird. Dies bestätigt eine Studie der Cavell Group. Demnach belegt Deutschland aktuell noch Platz vier auf dem europäischen IP-Centrex-Markt, soll bis 2022 aber auf Platz zwei vorrücken. Mehr als sechs Mil­lionen Cloud Communication Seats soll es bis dahin geben.
2. Teil: „Trends in der B2B-Kommunikation“

Trends in der B2B-Kommunikation

  • Cloud-PBX in Europa: Bis 2022 soll der Markt stark zulegen. Vorreiter wird Großbritannien bleiben.
    Quelle:
    MZA
Beflügelt werden könnte der Cloud-PBX-Markt auch durch den allgemeinen Investitionsstau in den Unternehmen. Vielfach sind die Telefonanlagen zehn Jahre und länger im Einsatz. Ein Wechsel zu einer modernen Lösung scheint nicht notwendig, wenn die bisherige weiterhin funktioniert. „Das ist einerseits verständlich, da reine Sprachdienste oftmals einfach nur als Kostenfaktor gesehen werden“, sagt Andreas Steinkopf, Produktmanager IP-Telefonie bei QSC. Und er ergänzt: „Dabei übersehen Unternehmen jedoch, dass sie mit einer Cloud-Telefonie-Lösung und insbesondere durch die Einführung einer UCC-Umgebung ihren Mitarbeitern zu mehr Flexibilität und mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit verhelfen.“ So könnten Unternehmen insgesamt effizienter und auch produktiver werden.
­Zumal die Anbieter an der Weiterentwicklung ihrer Unified-Communications-and-Collaboration-Lösungen beständig arbeiten. Immer mehr haben mittlerweile Collaboration über WebRTC – die Kommunikation über den Browser in Echtzeit – im Programm. Auch die Integration von Drittanbieter-Systemen wie Customer Relationship Management (CRM) gewinnt an Bedeutung. Lösungen für vertikale Märkte wie den Contact-Center- oder Healthcare-Bereich stehen ebenfalls auf der Agenda vieler Entwicklungsabteilungen (siehe Tabelle Seite 66). Zudem prüfen einige Anbieter, wie Künstliche Intelligenz (KI) in ihre Lösungen eingebunden werden kann. Reventix beispielsweise forscht daran, auch wenn Vertriebsleiter Tarek Zuchowski sich noch skeptisch zeigt: „Wir sollten nicht den dritten Schritt vor dem ersten gehen und erst einmal Unternehmen mit IP-Telefonie versorgen.“
Tabelle:
Quelle: Unternehmensangaben    ● ja    ○ nein

3. Teil: „UCC aus der Cloud“

UCC aus der Cloud

  • PBX in der Cloud: Nach einer eher zähen Entwicklung in den vergangenen Jahren ist Bewegung in den Markt gekommen.
    Quelle:
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Bis auf wenige Ausnahmen haben inzwischen die meisten UCC-Hersteller Angebote aus der Cloud im Programm. Panasonic entwickelt derzeit eine eigene Cloud-PBX. Carsten Samesch, Sales Manager DACH, hofft auf einen Start im nächsten Jahr. Warten müssen auch noch die Kunden von Auerswald. Ursprünglich sollte deren Cloud-PBX dieses Jahr auf den Markt kommen, nun verschiebt sich der Start wohl auf 2019. Nur Tiptel gibt auf Nachfrage an, man plane in absehbarer Zeit keine eigene cloudbasierte Telefonanlage. Diese Hersteller vertrauen (noch) darauf, dass die deutschen Unternehmen an ihrer Zurückhaltung beim Thema Cloud-Telefonie festhalten. Mit ihren 3 Prozent bewegt sich die Marktdurchdringung von Telefonanlagen aus der Cloud hierzulande weit hinter dem europäischen Spitzenreiter Großbritannien mit 13 Prozent.
In den kommenden vier Jahren soll der Markt aber deutlich wachsen: In Deutschland auf immerhin 8 Prozent und in Kontinentaleuropa auf 18 Prozent; Großbritannien soll mit 27 Prozent das Ranking in ­Europa weiter anführen und seinen Anteil damit mehr als verdoppeln.
Andere UCC-Hersteller sind - auch wenn der Cloud-PBX-Markt sich bislang deutlich langsamer entwickelt als von den Marktteilnehmern vermutet - in ihrer Cloud-Strategie bereits deutlich weiter. Starface zum Beispiel ist schon 2013 mit Starface Flip gestartet. Seither bietet der Hersteller seine Unified- Communications-and-Collaboration-Lösung in drei Varianten an - als Appliance, als virtualisiertes System oder als Managed Service aus der Cloud. Die Angebote sind dabei mit der Starface-Appliance identisch.
Nun startet der Hersteller aus Karlsruhe eine weitere Variante: Starface Up ist eine Lösung aus der Public Cloud mit einem deutlich abgespeckten Funktionsumfang. Sie richtet sich vor allem an ­Start-ups und wird überwiegend online angeboten. Der Hersteller steigt damit in den Direktvertrieb ein. Gleichwohl können auch Partner das neue System anbieten.
Lösungen aus der Public Cloud haben inzwischen auch Alcatel-Lucent Enterprise (Rainbow), Unify (Circuit), Swyx (SwyxOn) und Agfeo (AgfeoTel) im Sortiment.

Bewegung bei SIP-Trunk

Entwicklungspotenzial gibt es auch in Sachen SIP-Trunk: SIP-Trunking verbindet die Telefonanlage mit dem Internet und empfiehlt sich als Sprungbrett von der ISDN- in die VoIP-Welt. SIP-Trunking erlaubt es Unternehmen, ihre bestehende PBX-Infrastruktur aufzurüsten, um VoIP-Funktionalitäten zu nutzen. Bislang haben die meisten Hersteller gezögert, hier in den direkten Wettbewerb zu den SIP-Providern zu gehen, das heißt zu den Telekommunikationsunternehmen, die Unternehmen SIP-Trunking zur Verfügung stellen. Sie setzten eher auf Koopera­tion statt Konfrontation. „Kunden und Partner haben in der Regel bereits SIP-Trunk-Provider, mit denen sie gern ­zusammenarbeiten“, erklärt Thomas Schmieske, Channelhead bei Unify Deutschland. Unabdingbare Voraussetzung sei allerdings, dass der jeweilige Provider für die Cloud-Lösungen des Herstellers zertifiziert ist.
Auch beim Sindelfinger Hersteller Innovaphone setzt man auf Zertifizierungen und möchte in möglichst allen Regionen und Ländern eine Anzahl an Providern listen, deren Lösungen auf Interoperabilität mit den eigenen Systemen geprüft worden sind.
In der Zwischenzeit haben sich einige Hersteller aber anders besonnen und bieten Komplettlösungen an. Zu diesen gehört beispielsweise Avaya. Das Unternehmen hat vom einfachen SIP-Trunk bis zum internationalen MPLS (Multiprotocol Label Switching) das gesamte Spek­trum an Netzinfrastruktur im Programm.
Starface startete vor gut zwei Jahren mit einem eigenen SIP-Trunk (Starface Connect). Und Alcatel-Lucent Enterprise hat für die Rainbow Voice - seine neueste virtuelle PBX aus der Cloud - ebenfalls einen SIP-Trunk im Bundle. Allerdings wird Rainbow Voice noch nicht in Deutschland vermarktet, sondern derzeit nur in Indonesien, Singapur, Großbritannien, Irland und Israel. Wann sie hierzulande gelauncht wird, ist offen. Auch Swyx hat einen eigenen SIP-Trunk angekündigt. Die Lösung Swyx Trunk wird laut Marketing­leiter Harald Bender kurzfristig für die Vermarktung zur Verfügung stehen.

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