Business-IT
13.12.2018
Digitalisierung
1. Teil: „Intelligent-Operations-Provider“

Intelligent-Operations-Provider

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DesignPrax / shutterstock.com
Provider müssen ihr Portfolio ausbauen. Neben dem klassischen Betrieb von IT-Infrastrukturen werden unter anderem auch digitalisierte Produkte und integrierte Lieferketten benötigt.
  • Intelligent-Operations-Provider im Überblick: Die Analysten von ISG sehen die Deutsche Telekom, Cancom und Axians ganz vorn.
    Quelle:
    ISG Research 2018
Fast 80 Prozent aller Unternehmen weltweit machen sich Sorgen wegen neuer Wettbewerber, die mit disruptiven Geschäftsmodellen den angestammten Markt umkrempeln, ein ähnlicher Prozentsatz kämpft mit der Flut unstrukturierter Daten und der rapiden Zunahme verschiedenster Datenquellen, und gut die Hälfte beklagt, dass die internen Strukturen nicht mit den Anforderungen der Kunden Schritt halten können.
Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren der Studie „The Future Belongs to Intelligent Operations“ von HfS Research und Accenture, die dazu 460 Führungskräfte in Unternehmen aus zwölf Staaten befragt haben.
Hermann Gouverneur sieht das ähnlich: „Klassische Geschäftsmodelle und auch die Wertschöpfungsketten werden durch neue digitale Geschäftsmodelle und Technologien infrage gestellt“, sagt der CTO von Atos Deutschland. „Nur wer in der Lage ist, flexibel sein Geschäftsmodell und auch seine Wertschöpfung in Partnerplattformen oder Partnerökosystemen den Kundenbedürfnissen anzupassen, überlebt die anstehenden Disruptionen.“
Für dieses Überleben ist ein agiler, flexibler und moderner IT-Betrieb Voraussetzung, der meist als „Intelligent Operations“ bezeichnet wird. „Unternehmen müssen ihre IT transformieren, um ihre Geschäftsmodelle und -prozesse zu digitalisieren“, erklärt Roland Voelskow, Head of Application Operations & Hybrid Cloud Management bei T-Systems. „Sie müssen ihre Innovationsgeschwindigkeit erhöhen und neue Vertriebswege erschließen.“
Auch Oliver Schnau, Head of Service bei Axians Networks & Solutions, hält die intelligente Weiterentwicklung des IT-Betriebs für den richtigen Weg: „Intelligent Operations ist flexibel, schnell und bietet Unternehmen die Möglichkeit, fundierte Entscheidungen auf einer gut aufbereiteten Datenbasis zu treffen.“

Intelligent Operations als Trend

In den vergangenen zwei Jahren ist das Thema Intelligent Operations auf der Agenda der Unternehmen immer weiter nach vorn gerückt, beobachtet Tobias Regenfuß, Geschäftsführer für den Bereich Cloud und Infrastruktur bei Accenture DACH: „Die Marktteilnehmer beginnen zu verstehen, welche Chancen Intelligent Operations für ihre digitale Transformation bietet, und welche Vorteile die Investition in dieses Themenfeld mit sich bringt.“ Die Umsetzung dieser Erkenntnis ist laut Regenfuß in den verschiedenen Branchen jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägt: „Medien- und Telekommunikationsbranche sind hier schon sehr viel weiter als beispielsweise die Energieversorger.“
Der Weg zu Intelligent Operations ist steinig und lässt sich kaum allein bewältigen, meint Atos-Deutschland-CTO Gouverneur: „Digitale Geschäftsmodelle wie Geschäftsanwendungen bewegen sich von monolithischen End-to-End-Lösungen wie Mainframe oder SAP als ERP-Komplettlösung hin zu kollaborativen Ökosystemen.“ Kein Unternehmen sei daher in der Lage, Wertschöpfungsketten komplett zu beherrschen. „Es kommt vielmehr auf die geschickte Kombination der Wertschöpfung mit Partnern und Providern über Firmen- und Markengrenzen hinweg an.“
Hinzu komme, dass selbst größere Unternehmen nicht über das notwendige Know-how verfügen, das für Intelligent Operations notwendig wäre, so Sören Hühold, Head of IT Transformation & Cloud bei der Arvato Systems GmbH: „Die Themenvielfalt und die Veränderungs­geschwindigkeit sind dafür viel zu groß.“ Auf dem Weg zum intelligenten Betrieb ihrer IT suchen daher viele Unternehmen Unterstützung bei Dienstleistern. „Nur mit Hilfe spezialisierter Provider lassen sich die gestellten Aufgaben künftig überhaupt meistern“, ist sich Winfried Grünert, Managing Director bei Cancom Pironet, sicher.
„Die Unterstützung eines professionellen Systemintegrators oder Managed-Cloud-Providers bringt den Vorteil, dass der Anwender in allen Phasen des digitalen Wandels kompetent begleitet wird“, ergänzt Sören Hühold.
2. Teil: „Der richtige Provider“

Der richtige Provider

Das Marktforschungsunternehmen ISG Information Services Group hat in seiner Studie „Digital Transformation Services & Solutions Germany“ eine eigene Kategorie „Intelligent Operations“ eingeführt und die Leistungen von rund 40 Service-Providern bewertet, wobei die Einstufung getrennt nach den Segmenten „Large Accounts“ und „Midmarket“ durchgeführt wurde.
Während Konzerne vor allem die Unterstützung von Intelligent-Operations-Providern in Anspruch nehmen, um neue Geschäftsideen so schnell wie möglich umsetzen zu können, benötigen Mittelständler meist umfassendere Hilfe auf dem Weg in die Cloud.
„Der Intelligent-Operations-Provider muss aus Sicht des Kunden in der Lage sein, ihn bei den Innovationen zu unterstützen, denen er sich im Rahmen seiner digitalen Transformation zu stellen hat“, hebt Winfried Grünert von Cancom Pironet hervor.
Für die Bewertung spielen laut ISG neben dem klassischen Betrieb von IT-Infrastrukturen und dem Know-how im Bereich Managed Services ein Verständnis für die branchenspezifischen Herausforderungen des Kunden sowie Exper­tise in IT-Trendthemen wie Data Analytics, Cloud-Computing, Internet of Things, Mobile Enterprise/Business sowie Cyber­security eine Rolle. „Intelligent-Operations-Provider sollten Unternehmen umfassend unterstützen können“, fordert Accenture-Manager Regenfuß. „Auf der technologischen Ebene sollten sie den Istzustand beim Kunden analysieren und klären, welche Daten im Hause verfügbar sind und wie sich diese nutzen lassen.“
Hierbei führt laut Regenfuß kein Weg mehr an der Cloud vorbei. Notwendig sei aber auch eine Transformation der Firmenkultur in Richtung Agilität. „Es braucht in Zukunft ein neues Rollenverständnis und neue Methoden, ohne die richtigen Leute kann die Technologie allein nicht die gewünschten Ergebnisse liefern.“ Der Provider sollte zudem systematisch das Ökosystem des Kunden beleuchten und neue Geschäftsmöglichkeiten in Kooperation mit Partnern, aber auch Wettbewerbern ausloten, so Regenfuß weiter.

Problemfeld KI

Intelligent Operations heißt in der Regel mehr, als nur IT-Infrastrukturen zu betreiben. Die Provider unterstützen Unternehmen auch in Themenfeldern wie Big Data und KI.
Daraus entstehen allerdings auch neue Herausforderungen für die Vertragsgestaltung. „Es ist in den Verträgen zu klären, wie mit den womöglich geschäftsrelevanten Erkenntnissen und Einblicken umzugehen ist, die der Provider durch die Auswertung von Daten und Metadaten sowie deren intelligente Analyse, etwa mit neuronalen Netzen erzielt“, sagt Regenfuß.
Der Manager empfiehlt darüber hinaus, Verträge so zu gestalten, dass sie flexibel anpassbar sind. „Die herkömmlichen langfristigen Vertragskonstrukte werden dem schnellen Wandel in der digitalen Welt nicht mehr gerecht.“
Außerdem sollte nach Ansicht des Accenture-Managers die Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter nicht vernachlässigt werden: „Unternehmen sollten genau überlegen, welche Fähigkeiten und Kenntnisse im Haus bleiben oder aufgebaut werden müssen, um eine kompetente Steuerung des Providers zu gewährleisten.“
Schließlich sollte man schon bei der Vertragsgestaltung auch das mögliche Ende einer Zusammenarbeit berücksichtigen: „Es ist wichtig, die Mitwirkungspflichten des Providers zu definieren, wenn Infrastrukturen wieder zurück in den Eigenbetrieb genommen oder an einen anderen Provider übergeben werden sollen.“ Auch in einer solchen „Exit Assis­tance“-Vereinbarung spielt das Thema KI eine besondere Rolle: „Nach fünf Jahren Betrieb hat der Provider vielleicht sehr komplexe Deep-Learning-Modelle aufgebaut, die für den ausgelagerten Geschäftsprozess wichtige Entscheidungen treffen“, gibt Accenture-Manager Regenfuß zu bedenken. „Es ist derzeit noch ungeklärt, ob bei einem Exit die Informationen aus solchen verteilten Strukturen zu übermitteln sind, und falls ja, wie sich in der Cloud entstandene neuronale Netze übergeben lassen.“
Die fünf Kennzeichen von Intelligent Operations
Laut HfS Research und Accenture sind diese fünf Punkte für Intelligent Operations entscheidend:
1. Innovatives Personal: Unternehmerisches Denken, Kreati­vität und die Fähigkeit zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit sind neben fachlichen und operativen Fähigkeiten wesentliche Eigenschaften von Mitarbeitern, um die Herausforderungen der Zukunft in den Unternehmen meistern zu können. Personalsuche und -entwicklung legen daher den Fokus auf diese Merkmale.
2. Datenzentrierte Infrastruktur: Die Zunahme strukturierter und unstrukturierter Daten aus verschiedenen internen und externen Quellen stellt einerseits eine große Herausforderung dar, bietet auf der anderen Seite aber große Chancen für neue Erkenntnisse und bessere Ergebnisse. Unternehmen müssen eine Strategie entwickeln, die Daten nicht nur aggregieren und aufbereiten zu können, sondern Erkenntnisse zu gewinnen und diese in Handlungsempfehlungen umzusetzen.
3. Angewandte Künstliche Intelligenz: Automatisierung, Datenanalyse und Künstliche Intelligenz sind die wichtigsten Stützpfeiler der digitalen Transformation. Unternehmen müssen Geschäftsprobleme nicht nur verstehen, sondern auch die richtige Kombination der genannten Komponenten auf die Geschäftsprobleme anwenden.
4. Optimierte Cloud-Nutzung: Um die Stärken der Cloud ausspielen zu können, sind erhebliche Investitionen in die Modernisierung und den Ersatz von Altsystemen nötig. Erst dann lassen sich digitale Dienste mit durchgehender Sicherheit und Leistungsfähigkeit effektiv einsetzen.
5. Enge Partnerschaften: In den Ökosystemen der Zukunft werden Partnerschaften immer wichtiger. Etablierte Unternehmen, Start-ups, Hochschulen, Technologieanbieter und Plattform-Provider müssen eng zusammenarbeiten, um neue Marktchancen zu generieren und diese optimal zu nutzen.
3. Teil: „Provider im Detail“

Provider im Detail

Im Midmarket wurden die Provider All for One Steeb, Arvato Systems, Atos, Axians, Cancom, Fujitsu und die Deutsche Telekom von ISG als Leader bewertet. Atos und die Deutsche Telekom sind außerdem auch im Leader-Quadranten für Large Accounts vertreten.
All for One Steeb: Für All for One Steeb spricht laut ISG-Studie unter anderem ein umfangreiches Portfolio aus Private-, Public- und Hybrid-Cloud-Lösungen, das sich nahtlos in eine umfassende hybride Cloud-Architektur integrieren lasse. Das Unternehmen verfügt über langjährige Erfahrungen aus dem SAP- und Microsoft-Umfeld sowie dem Bereich Managed Services. „Unseren eigentlichen Mehrwert sehen wir darin, dass wir beides verbinden und dafür geeignete Infrastrukturen bereitstellen – von der Rechenzen­trums-Co-Location bis zu den großen Cloud-Plattformen“, erklärt Michael Scherf, Mitglied der Geschäftsleitung in der All for One Steeb AG und verantwortlich für Managed-Cloud-Services.
Als mittelständischer Anbieter versteht der Provider laut Geschäftsleitungsmitglied Scherf nicht nur die technischen Grundlagen, sondern außerdem die Geschäftsprozesse seiner Unternehmenskunden. „Bei uns erhalten Unternehmen Intelligent Operations wie von den ganz großen Pro­vidern, aber kulturell und aus Prozess-Sicht auf Augenhöhe.“
Arvato Systems: Die Bertelsmann-Tochter Arvato Systems bietet mit ihrem „SmartShift“ genannten Ansatz eine schrittweise Umstellung auf Cloud-Computing an. „Jedes Unternehmen wird von den Beratern genau an der Stelle abgeholt, wo es aktuell in seiner Entwicklung steht“, versichert Sören Hühold.
ISG bescheinigt dem Anbieter eine tiefe Branchenkenntnis in den Segmenten Handel, Media & Entertainment, Energie und Gesundheit sowie in der öffentlichen Verwaltung, sieht aber noch Defizite in den Bereichen Industrie, Transport und Logistik sowie Finanzen und Versicherungen.
Atos: Der Service-Provider Atos hat nach der Bewertung von ISG umfangreiche Services im Bereich Intelligent Operations sowohl für Mittelständler als auch für Großkunden im Port­folio. Allerdings mangele es im Mittelstandssegment noch an Sichtbarkeit.
Laut Hermann Gouverneur will das Unternehmen vor allem mit branchenspezifischer Beratung und Integration punkten: „Unser Mehrwert liegt darin, unsere Kunden zu unterstützen, aus den aktuellen und zukunftsorientierten Technologien die passgenaue Unterstützung für die konkreten Geschäftsanforderungen zu generieren“, betont der Atos-Deutschland-CTO. „Am Ende geht es nicht um Technologie, sondern um konkrete Services, die sich aus Intelligent Operations ergeben.“
Axians: Nach Ansicht der Analysten hat Axians  sich besonders im Umfeld von Industrie 4.0 einen Namen gemacht, unter an­derem durch eine Partnerschaft mit dem Roboterhersteller Kuka. „Das Axians-Unternehmensnetzwerk bietet, über die hohe IT- und Datenfachkompetenz hinaus, eine große Expertise in vielen Industriebereichen und kann so individuelle Lösungen für diese Industriebereiche maßgeschneidert bereitstellen“, verspricht Oliver Schnau von Axians Networks & Solutions.
Das Unternehmen will sein Portfolio an intelligenten Ser­vices weiter ausbauen. „Beispielsweise haben wir es in einem speziellen IT-Operations-Segment geschafft, 80 Prozent der Tickets vollautomatisiert und in weniger als zehn Minuten zu lösen und zu schließen“, erklärt Schnau, „das ist nur mit Intelligent Operations möglich.“
Cancom Pironet: Mit der Tochter Pironet kann der IT-Dienstleister Cancom Cloud-Dienstleistungen aus eigenen Rechenzentren anbieten, die sich mit Public-Cloud-Services anreichern lassen. Hinzu kommen Beratungsdienstleistungen, die Erstellung von Konzepten und deren Umsetzung bis hin zum Betrieb von Cloud-Infrastrukturen.
„Ziel ist grundsätzlich, die optimale ganzheitliche IT-Unterstützung für die Geschäftsprozesse des Anwenders sicherzustellen“, sagt Winfried Grünert von Cancom Pironet. ISG zufolge verfügt der Anbieter über ein attraktives Portfolio, aus dem sich der Mittelstandskunde bedienen und sich eine eigene, flexible IT-Plattform aufbauen kann.
Deutsche Telekom: Die Deutsche Telekom ist mit ihren Konzerntöchtern wie erwähnt sowohl im Midmarket als auch im Segment Large Accounts vertreten. Der Telekom Deutschland attestiert ISG ein passgenaues Angebot für den Mittelstand und der Tochter T-Systems International vor allem ein umfassendes Portfolio im Bereich der Cloud.
„T-Systems und die Deutsche Telekom bieten für Großkunden und Mittelständler nahezu jeder Branche Lösungen als gemanagte IT-Services aus der Pri­vate und der Hybrid Telekom Cloud“, erklärt T-Systems-Ma­nager Roland Voelskow. „Unsere Cloud-Kompetenz deckt von Iaas und PaaS über Hybrid- Cloud-Readiness, Security und Cloud-Connectivity bis hin zu Beratung und Implementierung alles ab.“
Weitere Pluspunkte sind nach Ansicht des Managers die lokale Präsenz durch Partner und die eigene Netzinfrastruktur: „Wir können auf Basis des Telekom-Netzes auch immer die Cloud-Connectivity aus einer Hand mitliefern.“
Fujitsu: ISG bescheinigt dem Provider ein breites Branchenwissen und ein großes Angebot an Cloud-Dienstleistungen. Für die eigene, auf OpenStack basierende Cloud-Plattform K5 hat Fujitsu allerdings im Oktober 2018 das Aus angekündigt. Das Unternehmen will in Zukunft verstärkt mit Hyperscalern wie Microsoft Azure und AWS zusammenarbeiten.

Fazit

Die digitale Transformation macht auch vor den Geschäftsmodellen der Provider nicht halt. Um ihre Kunden optimal auf dem Weg in die digitale Zukunft begleiten und unterstützen zu können, müssen die Provider ein breites Portfolio an Services anbieten. Sie decken neben dem klassischen Betrieb von IT-Infrastrukturen die Anforderungen einer digitalisierten Produktion und integrierter Lieferketten ab.
Zudem sollten die Services das Management unstrukturierter Daten und deren intelligente Analyse umfassen und dabei auch die Standardthemen wie Sicherheit, Verfügbarkeit und Performance nicht vernachlässigen. Das Management von Multi-Cloud- und hybriden Umgebungen muss ebenso zum Leistungskatalog eines potenziellen Providers gehören wie Services rund um die Themen Big Data und Künstliche Intelligenz.
Die Herausforderungen, die Intelligent Operations an beide Seiten stellt, sind daher nicht zu unterschätzen. So schnell sich die Anforderungsprofile der Anwender verändern, so schnell ändern sich auch die Angebote der Provider. Auswahlkriterien können daher immer nur eine Momentaufnahme sein, sie müssen immer wieder überprüft und angepasst werden.
Zum Glück für die Auftraggeber bewegen sich aber praktisch alle größeren Service-Provider in Richtung Intelligent Operations. Wer also schon heute vertrauensvolle und zufriedenstellende Geschäftsbeziehungen mit einem der Anbieter unterhält, ist wahrscheinlich am besten beraten, wenn er diese sukzessive hin zum intelligenten Betrieb seiner Infrastruktur ausbaut. So bleibt zumindest im IT-Betrieb Kontinuität gewahrt – Disruption gibt es im digitalen Zeitalter schließlich schon genug.
4. Teil: „Im Gespräch mit Heiko Henkes, Director Advision bei der ISG Information Services Group“

Im Gespräch mit Heiko Henkes, Director Advision bei der ISG Information Services Group

Heiko Henkes, Director Advisor bei der ISG Information Services Group, erklärt im Gespräch mit com! professional, was einen Intelligent-Operations-Provider auszeichnet und warum Unternehmen solche Dienstleister benötigen.
com! professional: Herr Henkes, Sie haben in Ihrer aktuellen Studie „Digital Transformation Services & Solutions Germany“ die Kategorie „Intelligent Operations Provider“ eingeführt. Was waren die Gründe dafür?
Heiko Henkes: Wir haben versucht, in der Studie die Herausforderungen zu identifizieren und zu
  • Heiko Henkes: Director Advisor bei der ISG Information Services Group
adressieren, vor denen die Unternehmen bei der digitalen Transformation stehen. Dazu gehört auch der Betrieb von IT-Landschaften. Mit dem kleinteiligen, manuellen Management von IT-Infrastrukturen, wie es bisher oft noch üblich ist, lassen sich die anstehenden Aufgaben nicht meistern. Die Anwender benötigen Provider, deren Dienstleis­tungen über den Standardbetrieb von IT hinausgehen, damit der Kunde sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann.
com! professional: Was sind das für Zusatzleistungen, die ein Intelligent-Operations-Provider bieten muss?
Henkes: Dazu zählen viele Faktoren, beispielsweise die Wahl des richtigen IT-Delivery-Standorts in Bezug auf Kunden, Markt und vor allem Produktionsanforderungen, die Absicherung der Sys­teme, KI-Komponenten wie Predictive und Prescriptive Analytics, Big-Data-Infrastrukturen oder der Zugang zu einem Content Delivery Network, gegebenenfalls mit zusätzlichen Partnern, um durchgängig hohe Geschwindigkeiten und geringe Latenzen garantieren zu können. Auch Hilfestellung bei der generellen Nutzung von Cloud-Ressourcen bis hin zum Betrieb multidimensionaler Hybrid-Cloud-Plattformen gehören in dieses Spektrum.
com! professional: Kann man bei dieser Fülle von Anforderungen und Angeboten überhaupt sagen, was einen guten Intelligent-Operations-Provider ausmacht?
Henkes: Entscheidend ist, dass der Provider über den Tellerrand hinausschaut und nicht nur den IT-Betrieb nach Schema F an­bietet. Er muss permanent ein Stück weitergehen, IT-Trends berücksichtigen und zumindest versuchen, den operativen Betrieb in die Produktion und Entwicklung miteinzubeziehen. Vor allem mit dem Internet of Things wird die Integration von „Operational Technology“, OT, und Information Technology, IT, immer wichtiger. Dafür braucht es spezielles Integrations-Know-how.
com! professional: Sind die Kunden denn überhaupt schon so weit, die Vorteile zu erkennen - und auch zu bezahlen?
Henkes: Das ist noch ein schwieriges Geschäftsfeld. Die für die IT-Beschaffung Verantwortlichen in den Unternehmen sind in der Regel sehr stark zahlen- und kostengetrieben. Es ist daher nicht einfach, den Mehrwert solcher Angebote zu vermitteln.
com! professional: Was müsste sich ändern?
Henkes: Die IT muss als Produktionsfaktor wahrgenommen werden. Der Fokus muss sich von einem lokalen Betrieb im Rechenzentrum zur globalen Nutzung von Ressourcen verlagern, von der Betrachtung der Kapitalkosten hin zu den operativen Kosten, von einem starren Betrieb hin zu differenzierten, individuellen Lösungen auf Basis von Standards und Open Source.
com! professional: Wie weit haben die Unternehmen das verstanden?
Henkes: Noch nicht so weit, wie es eigentlich nötig wäre. Die IT-Budgets steigen, aber es klafft dennoch eine Riesenlücke zwischen dem, was eigentlich gebraucht würde, und dem, was tatsächlich investiert wird.
com! professional: Woran liegt das?
Henkes: Vor allem daran, dass die Kunden kein Technology Business Management (TBM) betreiben. Es fehlen Systeme, die eine Korrelation zwischen den Ausgaben für die IT und dem daraus zu erwartenden Profit bilden und diese auch noch grafisch darstellen können. Das wäre eine ganz wichtige Argumentationsgrundlage gegenüber dem Geschäftsführer oder Vorstand.
com! professional: Wie wichtig ist die Branchenkenntnis bei der Wahl eines Intelligent-Operations-Providers?
Henkes: Die Branchenthematik nimmt gerade extrem Fahrt auf. Die Provider adressieren das, indem sie Spezialisten aus dem jeweiligen Segment zukaufen oder Mitarbeiter entsprechend weiterbilden.
com! professional: Wie verändert dieser Trend den Ansatz bei der Beratung?
Henkes: Der Operations-Provider muss sich verstärkt mit der Middleware und vor allem auch mit den Applikationen beschäftigen, denn sie sind deutlich näher an den eigentlichen Geschäftsprozessen, während die IT-Infrastruktur in der Regel eher generisch und weniger branchenspezifisch ist.
Auch durch Trends wie DevOps, Container beziehungsweise Serverless Computing werden Prozesskenntnisse für Provider immer wichtiger.
com! professional: Was muss ein Provider mitbringen, um im Intelligent-Operations-Markt erfolgreich zu sein?
Henkes: Ob es einen solchen abgrenzbaren Markt gibt, ist angesichts der raschen Veränderungen schwer zu sagen. Auf jeden Fall sollte ein Provider in der Lage sein, weitere modulare Leistungen aus einem flexiblen Baukasten in ein IT-Operations-Modell anzuflanschen, das „State of the Art“ ist.
Er muss in diesem Zusammenhang schnell ein interdisziplinäres Team aufbauen können, um die Kundenanforderungen zu verstehen und genau zu wissen, ob und wie er diese mit den verfügbaren Services adressieren kann.
Dabei muss weder das gesamte Leistungsspektrum gleich zu Beginn zum Einsatz kommen noch muss er alles selbst machen, sondern kann durchaus auch auf Sublieferanten zurückgreifen.
com! professional: Das Angebot der Intelligent-Operations-Pro­vider ist zwangsläufig komplex und differenziert. Wie lassen sich da vernünftige Service Level Agreements (SLA) vereinbaren?
Henkes: Das erfordert sicher eine intensive Kommunikation mit dem Provider und eine individuelle Vertragsgestaltung. Es kann so weit gehen, dass eine Preiskalkulation im DevOps-Modell nach „Story Points“ und nicht nur wie üblich nach Arbeitszeit und Mate­rialaufwand erfolgt. Die meisten Anbieter können das noch nicht über Standardverträge abbilden.
Vor der Betriebsübernahme muss außerdem eine detaillierte Situationsanalyse durchgeführt und die bestehende Systemlandschaft mit den passenden Tools evaluiert werden. Der Provider sollte außerdem den Kontakt zu den Managern aufnehmen, die die einzelnen Geschäftsbereiche verantworten, um ein Gefühl für deren Anforderungen zu bekommen. Nur so ist ein voll zufriedenstellender, SLA-konformer Betrieb möglich.
com! professional: Machen sich Unternehmen nicht auch sehr abhängig von einem Intelligent-Operations-Provider?
Henkes: Das hält sich in Grenzen. Es handelt sich im Wesentlichen ja immer noch um den technischen Betrieb einer Infrastruktur. Das Maß der Abhängigkeit hängt vor allem davon ab, wie viel vom fachlichen Betrieb an den Provider übergeben wird, und welche Rolle er in der Wertschöpfung spielt.

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