Business-IT
19.03.2020
Neue Methode
1. Teil: „Innovation Activators stärken Innovationskraft“

Innovation Activators stärken Innovationskraft

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Bild: Shutterstock / Olivier Le Moal
Der rasante Wandel von Geschäftswelt und Wettbewerb fordert Unternehmen heraus. Mittels Innovation-Activators-Ansatz können Vorschläge besser evaluiert und umgesetzt werden.
Als Dozenten und Forscher im betriebswirtschaftlichen Bereich an einer Schweizer Fachhochschule kommen wir immer wieder in Kontakt mit Unternehmen, die ihre Innovationsfähigkeiten verbessern möchten. Drei Bereiche stechen dabei immer wieder heraus. Der erste betrifft die Innovationsanstöße. Um sie systematisch aufzufangen, pflegen viele Organisationen ein System für das Ideen­management und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess.
Die Erwartungen werden aber oft nur zum Teil oder nicht erfüllt. Häufige Mängel sind eine geringe Anzahl, beschränkte Vielfalt und geringe Qualität der Eingaben. Auch die Einführung ausgefeilter IT-Werkzeuge führt unseres Wissens nach nicht zur erhofften Besserung.
So überrascht es kaum, dass der zweite herausfordernde Bereich beim Innovations­verständnis innerhalb einer Organisation angesiedelt ist. Insbesondere ist man sich uneins, welche Abweichungen von den Standardprozessen sich im Alltagsgeschäft bewältigen lassen und welche Neuerungen eine Innovation darstellen und besondere Aufmerksamkeit erfordern.

Wenn die Idee zum Konflikt führt

Wie unsere Erhebungen zeigen, gibt es einen weiteren bedeutenden Aspekt im Umgang mit Anpassungsvorschlägen, den es zu berücksichtigen gilt: Wenn aus subjektiver Sicht ähnliche Anliegen unterschiedlich behandelt werden, entstehen Missstimmungen in der Belegschaft. Beharrlichkeit, Kommunikationsfähigkeit, persönliche Beziehungen und weitere Faktoren führen dazu, dass bei einer Ad-hoc-Handhabung der Vorschläge einzelne Mitarbeiter zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
So erwirkt die überzeugungsstarke Vertriebsmitarbeiterin zum Beispiel eine zugeschnittene Produktanpassung, um den Bedürfnissen eines Kunden besser zu entsprechen. Ihr weniger forscher Kollege kann sich mit einem ähnlichen Anliegen hingegen nicht durchsetzen. Um die daraus resultierenden Probleme in den Griff zu bekommen, verlangen manche Geschäftsleitungen, dass alle Anliegen einheitlich behandelt werden, was nicht selten zur Folge hat, dass kleinere Anpassungen aufgrund administrativer Aufwände nur ungern oder gar nicht angegangen werden und umfangreiche Vorhaben nur mit großem Einsatz des Top-Managements umgesetzt werden können. Der dritte Bereich betrifft die Herausforderung der interdisziplinären Zusammenarbeit in der Umsetzung der verabschiedeten Innovationsprojekte. Manche, meist größere Unternehmen verfügen über hervorragendes Expertenwissen, um komplexe Projekte zu realisieren. Viele andere - und das betrifft nicht nur kleine Firmen - haben Mühe damit. Die größte Hürde stellen Unterschiede in den Zielen, im Fachwissen, im Informationsstand und in der fachspezifischen Herangehensweise der jeweiligen Spezialisten dar - so betrachtet ein Ingenieur ein Vorhaben anders als ein Marketingexperte und beide wiederum anders als ein Chemiker.
2. Teil: „Innovation Activators“

Innovation Activators

  • Vielfältige Anstöße: Im Innovation-Activators-Ansatz geht der Weg zu neuen Ideen von den Interaktionen mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten & Co. aus.
    Quelle:
    FFHS
Wir haben den Ansatz der „Innovation Acti­vators“ in Zusammenarbeit mit verschiedenen Praxispartnern und im Rahmen eines Projekts der Kommission für Technologie und Innovation (KTI, heute Innosuisse) entwickelt. Er besteht aus drei Modulen, die jeweils einen der zuvor genannten Bereiche abdecken.
Das erste Modul fokussiert auf die Ermittlung der Innovationspotenziale. Diese kann entweder dem Zufall, einer überdurchschnittlich begabten Einzelperson oder einer eigens dafür gebildeten Abteilung für Forschung und Entwicklung überlassen werden. Weiter kann sie an externe Experten und Berater ausgelagert oder unternehmens­intern mit Kreativitätstechniken angegangen werden.
All diese Optionen haben ihre Berechtigung und finden bereits Anwendung. Der Innovation-Activators-Ansatz hat einen anderen Fokus. Er zielt darauf ab, das gesamte Unternehmen zu mobilisieren und gleichzeitig das Unternehmensumfeld zu involvieren. Er kann gleichwohl punktuell eingesetzt werden, um einmalig Inno­vations­potenziale an die Oberfläche zu bringen, oder aber institutionalisiert werden - was aus unserer Sicht das Ziel ist -, um das Unternehmen kontinuierlich mit Innovations­vorschlägen zu speisen.
Die Lancierung der Methode zielt zunächst auf die Sensibilisierung von Mitarbeitern für Innovationsvorschläge ab und später eventuell zusätzlich auf externe Anspruchsgruppen wie etwa Lieferanten oder Partner. Der Grund für eine Sensibilisierung liegt darin, dass die Vorschläge in Form von Anfragen, Hinweisen und Beschwerden an das Unternehmen herangetragen werden. Allerdings tragen diese nicht alle ein Innovations­potenzial in sich und nicht alle passen jeweils zur strategischen Ausrichtung. Übrigens gilt: Je sensibler die Menschen in einem Unternehmen in Bezug auf Innova­tionen werden, desto zahlreicher, vielfältiger und auch qualitativ besser werden ihre Verbesserungsvorschläge sein.
Bei einer punktuellen Anwendung des Ansatzes fokussiert die Analyse auf die Interaktionen sowohl innerhalb des Unternehmens zwischen Mitarbeitern als auch zwischen dem Unternehmen und externen Anspruchsgruppen wie Kunden, Geschäftspartnern, Zulieferern und dem professionellen Netzwerk der jeweiligen Mitarbeiter. Durch die detaillierte Analyse der Interaktionen lassen sich manche Innova­tionspotenziale aufdecken.

Motivation stärken

Neben der systematischen Aufdeckung von Innovationsmöglichkeiten erhöht die konsequente Umsetzung der Methode die Motivation bei den Mitarbeitern und stärkt bei den extern involvierten Partnern die Verbundenheit mit dem Unternehmen. Dies insbesondere, da es für zahlreiche Mitarbeiter eine tiefe Befriedigung ist, einen substanziellen Beitrag zur Fortentwicklung der Organisation zu leisten, nützliche Veränderungen durchzubringen sowie kollegiale Wertschätzung für eigene Vorschläge zu erhalten. „Mutatis mutandis“ gilt dasselbe auch für externe Partner.
Umgekehrt zerstört das wiederholte Ignorieren von Ideen über kurz oder lang die Begeisterung bei den Mitarbeitern, sich für Verbesserungen zu interessieren und einzusetzen, da sie die eigene Wirksamkeit infrage stellen. Dehnt man die Wirkung so eines Nebeneffekts auf das gesamte Unternehmen und seine relevante Umwelt aus, kann man die Konsequenzen abschätzen.
3. Teil: „Transparent und fair“

Transparent und fair

  • Vielfältige Verbindungen: Das Innovation-Activators-Konzept fördert die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit bei der Umsetzung von Ideen.
    Quelle:
    FFHS
Im zweiten Modul werden die Schritte analysiert und verbessert, die von einer geeigneten Eingabestelle für Vorschläge über die Gestaltung des Ablaufs der Weiterverfolgung von Ideen bis hin zur sorgfältigen Konzeption des Entscheidungsverfahrens und letztlich zu einer Archivierung von abgelehnten Vorhaben führen. Eine Eingabestelle (Entry Point) sollte ein reibungs­loses sowie unkompliziertes Entgegennehmen der Vorschläge von Mitarbeitern sowie externen Stakeholdern sicherstellen - wobei Letztere ihre Ideen meist eher an eine Ansprechperson innerhalb des Unternehmens übergeben. Die Eingabestelle, es können auch mehrere sein, kann der Unternehmensgröße und spezifischen Bedürfnissen angepasst werden. Essenziell bleibt es jedenfalls, den Mitarbeitern für die Ein­reichung ihrer Vorschläge so früh wie möglich einen persönlichen Kontakt gegenüberzustellen.
Zum zweiten Modul gehört das Festlegen von Kriterien, die das Einbinden von Mitarbeitern und weiteren Spezialisten für die Weiterentwicklung der Vorschläge regelt, bis sie dem zuständigen Entscheidungs­gremium übergeben werden. Transparenz, Konsistenz und Fairness sind die höchsten zu beachtenden Gebote in der Ausgestaltung dieses Verfahrens.
Im dritten Modul steht die interdisziplinäre Zusammen­arbeit bei der Umsetzung der Innovationspotenziale im Zentrum. Interaktionen unter Spezialisten unterschied­licher Fachrichtungen sind ein anerkannter Erfolgsfaktor für Innovationen. Sie sorgen allerdings häufig für erheb­liche Schwierigkeiten in Innovationsprozessen, da sie selten reibungslos verlaufen. In Modul drei werden daher Hürden und Faktoren, die die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern, in den bestehenden Unternehmensprozessen identifiziert. Aufbauend auf den Ergebnissen der Analyse werden Maßnahmen erarbeitet, die die Effizienz und Wirksamkeit der Zusammenarbeit steigern.

Fazit & Ausblick

Durch das Umsetzen des Innovation-Activators-Ansatzes kann ein Unternehmen die Anzahl, die Vielfalt und die Qualität innovativer Ideen steigern. Gleichzeitig verbessert es maßgeblich seine Fähigkeit, Potenziale für Innovationen wahr­zunehmen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Mitarbeiter mit der Implementierung des Ansatzes auch Potenziale wahrnehmen, denen sie bis dahin nur wenig Bedeutung
beigemessen haben oder die mit einer negativen Konnota­tion belegt waren, zum Beispiel mit Konflikten oder Beschwerden.
Darüber hinaus stärkt das Innovation-Activators-Konzept die Motivation der Mitarbeiter sowie die Bereitschaft externer Partner, sich mit Innovation konstruktiv und gewinnbringend auseinanderzusetzen.
Durch die Steigerung von Effizienz, Wirksamkeit und Nachvollziehbarkeit der Auswahlprozesse können Innova­tionen in einer besseren Qualität und schneller im Sinne einer vorzüglichen Time-to-Market entwickelt werden.
Zu guter Letzt führt eine verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb des Entscheidungsprozesses zu einer höheren Erfolgsquote solcher Projekte, und zwar deshalb, weil Konflikte aufgrund disziplinärer Verschiedenheiten innerhalb von Innovationsprojekten ganz vermieden oder frühzeitig und erfolgreich angegangen werden. Das hat zur Folge, dass Projekte seltener abgebrochen werden.

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