Business-IT
04.08.2020
Beratungsbranche
1. Teil: „In der Krise werden Sieger gemacht“

In der Krise werden Sieger gemacht

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Viktoria Kurpas / shutterstock.com
Die Corona-Krise hat zu einem Boom in der Beratungsbranche geführt. Unternehmen greifen verstärkt auf das Wissen von Experten zurück, um unabhängiger und kosteneffizienter zu werden.
Deutschland ist einer der größten Beratungsmärkte weltweit und das dürfte mit der Tatsache zusammenhängen, dass wir auch eine der erfolgreichsten Wirtschaftsnationen sind. Beratung als Erfolgsfaktor für den flexiblen Zukauf von Ressourcen und Know-how war kein schlechter Deal für alle Beteiligten. Im besten Sinn von Arbeitsteiligkeit, Verringerung von Wertschöpfungstiefe und Verschlankung sogenannter Overhead-Strukturen haben wir das praktiziert, was uns zu einer modernen Netzwerkwirtschaft gemacht hat. Der Beratungsmarkt wuchs seit der Finanzkrise 2008 im Schnitt um 8 Prozent pro Jahr.
Diese Netzwerkstruktur ist Stärke und Schwäche zugleich, wie uns die aktuelle Corona-Krise sehr deutlich vor Augen führt. Die globale Arbeitsteilung führt eben dazu, dass Cent-Artikel wie Atemschutzmasken in China produziert werden und auch da bleiben, wenn sie überall gebraucht werden. Und wenn in China nicht produziert wird, dann stehen ein paar Tage später in Deutschland die Produktionsanlagen für die ganzen komplexen Güter still, auf denen ein guter Teil unseres Wohlstands beruht.

Onshoring als Konsequenz aus Corona-Krise

Wenn eine Konsequenz der Corona-Krise absehbar ist, dann das Onshoring, also die Verlagerung von Teilen der Wertschöpfung (zurück) ins Inland. Damit wird die Supply Chain weniger anfällig gegen krisenbedingte Störungen gemacht - auch wenn das nicht von heute auf morgen geht und Geld kostet.
Geld, das zu Teilen auch für Beratung ausgegeben werden wird. Und hier ist die erste gute Nachricht für die Beratungsbranche - zumindest die Supply-Chain-Spezialisten. Die Entflechtung komplexer Zuliefererketten erfordert ein Know-how, das ein einzelnes Unternehmen nicht notwendigerweise an Bord hat. Das Thema wird produzierende Unternehmen und ihre Beratungspartner über die nächsten zwei bis vier Jahre beschäftigen und weitere Themen nach sich ziehen, zum Beispiel Substituierung und Kostenoptimierung.
Damit wären wir beim Krisen-Beratungsthema schlecht­-hin - Restrukturierung. Und das ist die zweite gute Nachricht für die Beratungswelt. Wenn eines sicher ist in der Krise, dann die Notwendigkeit, Kosten zu senken, Strukturen zu verschlanken, Abläufe zu beschleunigen. Sicher, noch kein Unternehmen hat sich gesundsparen können, aber zehn gute Jahre wirtschaftlicher Entwicklung haben dazu geführt, dass viele Organisationen etwas rund um die Hüften geworden sind. Auch ohne die aktuelle Krise hatten Wirtschafts­institute ein Abflachen der Konjunktur in Aussicht gestellt und viele Unternehmen haben damit das Bedürfnis verspürt, sich wieder fit zu machen für härtere Zeiten.
2. Teil: „In der Corona-Krisen geht es um die nackte Existenz“

In der Corona-Krisen geht es um die nackte Existenz

Heute sind wir in noch härteren Zeiten, als wir das je für möglich gehalten haben, und wenn man nicht gerade im Lebensmittelhandel oder in der Pharma-Industrie ist, geht es zum Teil um die nackte Existenz. Gute Zeiten also für die Strategieberater, die sich auf dieses Handwerk verstehen. Dabei ist zum Teil nicht einmal die Expertise ausschlaggebend, sondern die neutrale Instanz, die die Dinge beim Namen nennt, umsetzt und dann auch wieder weg ist. Natürlich helfen Benchmarks und Methodik, den Prozess so effizient wie möglich zu gestalten.
Das gilt im Übrigen auch für die nahe gelegene, aber diametral entgegengesetzte, weil auf Wachstum statt auf Verschlankung angelegte Disziplin der M&A-Beratung. Es ist natürlich so, dass gut aufgestellte, solvente Unternehmen bereits jetzt weniger gut aufgestellte und damit günstigere Übernahmekandidaten identifizieren und auf ihren Einkaufszettel setzen. Die Anzahl der Transaktionen wird in den kommenden Monaten signifikant steigen, zur Freude der auf dieses Themenfeld spezialisierten Berater und Finanz­institute.

Standvermögen ist wichtiger denn je

Für die Beraterbranche gilt, was für alle anderen Industrien gilt: In der Krise werden Sieger gemacht. Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen, jetzt zählen Standvermögen, Weitblick und die richtigen Services und Produkte. Der Beratungsmarkt wird in diesem Jahr und voraussichtlich auch im nächsten Jahr schrumpfen, ebenso wie die meisten anderen Branchen. Einige Beratungsunternehmen werden aber auch in dieser Zeit gegen den Trend wachsen. Sie werden einen Mehrwert für ihre Kunden generieren, der auch in schwierigen Zeiten die Kosten für die spezialisierten Ressourcen auf Zeit rechtfertigt.
Was jedoch auch die besten Berater nicht ersetzen können, ist eine starke Führung in der Organisation. Zuhören, Orientierung geben, motivieren, die richtigen Entscheidungen treffen sind die Maßnahmen, die eine Organisation letztendlich aus der Krise bringen. Das obliegt den Führungskräften eines Unternehmens - unabhängig davon, welcher Funktion und welcher Hierarchiestufe sie entstammen. Das ist die gute Nachricht für jeden, der eine Leitungsfunktion in seinem Unternehmen hat.

Führungsschwächen werden deutlich sichtbarer

Ebenso richtig ist aber auch, dass Führungsschwächen in der Krise sehr schnell sehr deutlich sichtbar werden. Keine günstige Geschäftsentwicklung überdeckt mehr offensicht­liche Schwächen im Management. Wer jetzt nicht aufpasst, nicht nah genug an seinem Team und seinen Kunden ist, ist schnell mit dem Rücken an der Wand im Rampenlicht. Die Geduld ist in Krisenzeiten begrenzter denn je und das wird für Bewegung sorgen in den bisher sehr festgefahrenen Hierarchien gerade traditioneller Unternehmen.
Womit wir bei der letzten (und nicht ganz „reinrebsortigen“) Kategorie Berater angekommen sind, die überdurchschnittlich von der Krise profitieren dürfte. Viele Personal­berater sichten jetzt bereits sehr genau ihr Portfolio, um ihren Kunden gegen Jahresende geeigneten Ersatz für Fehlbesetzungen auf Führungspositionen liefern zu können.
Lassen Sie sich davon nicht schrecken: Jede Krise ist eine Chance. Eine Chance, sich zu beweisen, den Unterschied zu machen. Für sein Team, für sein Unternehmen und nicht zuletzt für sich selbst.

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