Software
21.03.2018
Collaboration
1. Teil: „Harmonie statt Frust beim Projektmanagement“

Harmonie statt Frust beim Projektmanagement

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Roman Samborskyi / shutterstock.com
Projektmanagement-Tools helfen Ziele zu erreichen, sind aber kein Allheilmittel. Vor allem die Auswahl von geeigneten Teams und sinnvollen Prozessen entscheidet über Erfolg oder Niederlage.
Mit den Kollegen etwas aufbauen. Neues schaffen. Etwas erreichen, was noch keiner zuvor geschafft hat. Projekte können inspirieren und machen Spaß. Doch sie erfordern ein gutes Management. Projekte werden komplexer, die Zeit für die Umsetzung wird kürzer und die Anforderungen an die Beteiligten steigen. Das kann zu Fehlern führen. Die größte Stolperfalle, die ein Projekt zum Straucheln bringen kann, sind häufige Veränderungen am laufenden Projekt. Dies konstatieren die Marktforscher von Techconsult in ihrer Studie „Projektmanagement 4.0. Mit digitalen Werkzeugen künftige Herausforderungen meistern“.
  • Quelle: Techconsult (n=100)
Weitere Hürden seien rasch veraltete Projektpläne (42 Prozent), Missverständnisse zwischen den Kollegen (34 Prozent) oder Störungen, die zu spät erkannt werden (28 Prozent). Damit möglichst nichts schiefgeht, setzen Projektmanager auf Programme. Die heißen Taiga, Freedcamp oder schlicht Project: Sie locken mit dem Versprechen, alles im Blick zu behalten. Sie sind die Werkzeuge für Teams, um den Job zu erledigen, für manche gar Versicherungen, um Projekte vor dem Scheitern zu bewahren. Software für die Planung scheint wichtiger denn je zu sein.

Was Software (nicht) leistet

Umfassende kollaborative Lösungen, die auf Teamkommunikation, Aufgabenverwaltung und gemeinsames Dokumentenmanagement setzen, könnten Projektverantwortlichen dabei helfen, den Anteil an Projekten mit Problemen zu minimieren. „Digitale Werkzeuge können unterstützen“, sagt
Peter Ottiger, Country Manager Schweiz beim Software-Anbieter Inloox. Ein Programm könne gewissermaßen der Ariadnefaden durch das Projektlabyrinth sein und helfen, die Arbeit zu erleichtern. Beispielsweise, indem alle Beteiligten über den gleichen Informationsstand verfügen, etwa in den Bereichen Aufgabenverwaltung, Vorplanung oder Zeiterfassung. „Es geht letztlich darum, dass nichts außer Acht gelassen wird und man schneller ans Ziel gelangt. Hierbei ist das gewählte Tool ein Hilfsmittel, das die Leute bei der Stange hält“, fasst Ottiger zusammen. Leistungsfähige Programme einzukaufen führt allerdings nicht immer zum Erfolg.
Software könne bei der Abwicklung von Projekten helfen, mehr aber auch nicht. Projektleiter müssten zuvor messbare Ziele definieren, rät Josef Gubelmann, Bereichsleiter Projekt-, Programm- und Portfoliomanagement beim IT-Beratungsunternehmen AWK. „Großprojekte wie Elbphilharmonie und Gotthard-Basistunnel beispielsweise kann man nicht auf Basis eines Projektmanagement-Tools realisieren. Der Gotthard-Basistunnel wurde dank eines strikten Projektmanagements zum Erfolg geführt. Der Bau der Elbphilharmonie hingegen litt unter einem katastrophalen Projektmanagement. Wenigstens verfügte die Projektgruppe über ein hervorragendes Marketing, die den Ergebniserfolg – das neue Wahrzeichen der Stadt Hamburg – sicherstellen konnte.“
Dem pflichtet Martin Bialas bei, Senior Consultant beim Beratungshaus Diventis und Dozent beim Schulungsanbieter Digicomp. Ein Tool werde niemals ein Problem beim Projektmanagement lösen. „Es kann helfen, die angedachten Wege zu unterstützen, indem es den operativen Aufwand des Einsatzes reduziert, die Visualisierung unterstützt, bestehende Komplexität aufzeigt oder auch große Datenmengen konsolidiert“, so Bialas. Welche spezifischen Tools zum Einsatz kommen, spiele eine eher untergeordnete Rolle für den Erfolg eines Projekts. Allerdings werde in den Unternehmen genau auf diese Themen fokussiert. Er warnt daher vor blindem Technikglauben. „Hierbei kann es sich auch um einen Hilfeschrei handeln: Wenn wir das Projektziel nicht auf eine bestimmte Weise erreichen, hilft vielleicht ein Tool.“ Dies sei ein einfacherer Weg, als sich einzugestehen, dass etwas nicht läuft.
2. Teil: „Was gute Technik leisten muss“

Was gute Technik leisten muss

Was brauchen Anwendungen, die zum Werkzeug für Projektleiter werden statt zur Hürde? Die Mitarbeiter entlasten anstatt zu nerven? Zu den wichtigsten Anforderungen an eine Projektmanagement-Software zählen Eigenschaften wie Transparenz, Einfachheit und personifizierte Aufgabenverteilung, raten die Analysten von Techconsult. Projektleiter müssen stets den Projektstatus überblicken können. Auf diese Weise können sie rechtzeitig auf Änderungen reagieren. Schließlich laufen Projekte dynamisch ab. Eine Tendenz, die sich künftig noch verstärken dürfte.
  • Top 3: Die meisten Firmen erhoffen sich von Projektmanagement-Software mehr Transparenz, eine einfache Bedienung und die problemlose Verknüpfung mit Drittsystemen.
    Quelle:
    Techconsult "Projektmanagement 4.0" (n=100)
Deshalb sollten Projektapplikationen Transparenz für jede einzelne Teilaufgabe schaffen, die den Nutzern Einblick gibt, wann Projektschritte fertiggestellt sind und welche Schritte anschließend folgen. Anwender wollen es zudem einfach haben (74 Prozent), wie Techconsult konstatiert: Komplexe Software-Systeme mit unnötig langen und komplizierten Einarbeitungsprozessen seien daher nicht gefragt. Wichtig sind auch die personengebundene Aufgabenplanung und -verteilung sowie eine personifizierte Rückmeldefunktion. Je größer das Unternehmen, desto wichtiger werde dieser Aspekt.
Projektanwendungen, etwa Multiprojektmanagement-Tools, können kompliziert sein. Das kann zu Frust führen. Werden gute Tools eingesetzt und die Beteiligten empfinden beim Einsatz eine Verbesserung der Situation, würden Tools auch akzeptiert und genutzt, erklärt Martin Bialas. Erkennten die Beteiligten aber keinen Nutzen für sich selbst, werde sich kein nachhaltiger Erfolg abzeichnen. Das könne sich etwa darin äußern, dass Mitarbeiter und auch Projektleiter auf eine schlichte und vertraute Lösung wie Excel umsteigen.
Die Gründe liegen auf der Hand: Excel ist ein universelles Werkzeug, das jeder kennt, der Einstieg ist niederschwellig. Eine Planung mit Hilfe einer Tabelle hat wohl jeder schon einmal umgesetzt. Allerdings eignet sich Excel nicht fürs Projektmanagement, warnt Peter Ottiger. Verschiedene dafür elementare Funktionen fehlen, etwa Abhängigkeiten zwischen Planungselementen oder automatisches Benachrichtigen der Teammitglieder. Und der manuelle Pflegeaufwand ist enorm.

Frust vermeiden

Eine weitere Herausforderung ist die Etablierung der Software-Tools. In der Studie von Techconsult sehen 56 Prozent der Befragten in den kommenden Jahren Probleme bei der Eta­blierung geeigneter Tools auf sich zukommen. Da sich gemäß den Analysten die Herausforderungen im Projekt­management ändern werden, wandelten sich auch die Anforderungen an Projektmanagement-Tools. An Bedeutung würden kollaborative und flexible Lösungen gewinnen, die den Fokus auf die Bereiche Teamkommunikation, Aufgabenverwaltung und gemeinsames Dokumentenmanagement legen. Doch was bringt die beste Software, wenn Mitarbeiter sie als zu kompliziert oder gar unnötig erachten?
Josef Gubelmann von AWK rät, bei der Auswahl nicht dem Marketing der Hersteller zu vertrauen. Stattdessen sollten Anwender ausprobieren und sich Rat bei anderen Projektleitern holen. Wichtig sei auch ein Bottom-up-Ansatz. Die Mitarbeiter sollten mitentscheiden dürfen. „Jeder Handwerker hat seine Lieblingswerkzeuge und nutzt nicht gerne aufgezwungene.“ Peter Ottiger von Inloox ergänzt: „Jeder sollte mit dem neuen Werkzeug arbeiten, kollaborieren und sehen können, was im Projekt vor sich geht und dass die Informationen fließen.“
Um diese Ziele zu erreichen, brauche es Teammitglieder, die vorausmarschieren, Mitarbeiter mitnehmen und die Einführung begleiten – Key-User also, die sich gut auskennen, von der Software überzeugt sind und bei Fragen helfen. Auch Referenzkunden können nützlich sein.
3. Teil: „Gute Ausbildung ist Pflicht“

Gute Ausbildung ist Pflicht

Letztlich scheitern Projekte nicht an den verwendeten Programmen. Keiner der von uns befragten Experten konnte ein Projekt nennen, das aus dem Ruder gelaufen wäre wegen der falschen Projekt-Software. „In meiner 30-jährigen Erfahrung ist mir das noch nicht passiert“, sagt etwa Gubelmann. Wenn Projekte in Schieflage gerieten oder scheiterten, lag es meist an zuvor begangenen Fehlern im Projektmanagement.
Deshalb empfehlen Fachleute, etwa Reinhard Riedl vom transdisziplinären Forschungszentrum Digital Society an der Berner Fachhochschule, bereits viel früher anzusetzen. Er rät, zunächst übergeordnete Fragen abzuklären, etwa welches die wichtigsten Ziele sind, welche Nebeneffekte es gibt, wie hoch die Kosten geschätzt werden und welche Risiken und Chancen bestehen.
„Wenn klar ist, was auf einen zukommt, lässt sich das Vorgehens­modell wählen. Reicht das V-Modell? Braucht es eine agile Methode wie Scrum oder Kanban? Oder muss umgekehrt eine Baseline fixiert und alles detailliert geplant werden wie bei Großprojekten?“
Nicht zuletzt müssen der zeitliche Ablauf und die Ressourcen richtig eingeschätzt und das Managen des Auftraggebers und anderer Stakeholder vorbereitet werden. Helfen würden meistens ähnliche vergangene Projekte, die wichtige Aufschlüsse und Hinweise liefern könnten.
Für Josef Gubelmann ist klar: Projektmanagement ist ein Handwerk, das es zu erlernen gilt. Tatsächlich würden Manager aber in diesem wichtigen Bereich noch zu wenig ausgebildet. „Die Hege und Pflege ist einer der Erfolgsfaktoren des Projektmanagements.“ Zudem bräuchten Projektleiter neben der spezifischen Aus- und Weiterbildung auch viel Talent, etwa im Umgang mit Menschen.
Wichtig sei auch Erfahrung. Erfolgreiche Kollegen und Coaches könnten Projektleiter schon frühzeitig begleiten. „Es muss nicht jeder die gleichen Fehler machen.“ Leider würden Coaches meist erst in der Krise zurate gezogen.

Fazit und Ausblick

Einhelliger Schluss der Experten: Zuerst braucht es einen Plan mit sinnvollen Prozessen. Erst dann sollte der Griff in die digitale Werkzeugkiste folgen. Oberste Priorität sollte aber das Team haben, wie Reinhard Riedl betont: „Man muss nicht nur vorher den Prozess auswählen, bevor man das Werkzeug bestimmt. Sondern man muss auch das Team mit dem Prozess vertraut machen, bevor man das Werkzeug einführt.“
Die Arbeit mit dem Team steht auch für Martin Bialas von Diventis im Vordergrund. „Ich sehe den wesentlichen Schwerpunkt in den kulturellen Themen des Projekt­managements. Wie arbeiten wir zusammen, wie gehen wir mit der Interdisziplinarität um, wie stellen wir ein gemein­sames Rollenverständnis bei allen Beteiligten sicher und leben dieses auch aktiv?“ Auch der Umgang mit Macht und Hierarchie, Konfliktbewältigung sowie eine effiziente und effektive Kommunikation zwischen den Beteiligten müssten geklärt werden.
Dem stimmt auch Josef Gubelmann von AWK zu. „Man muss die Menschen mitnehmen. Die wichtigsten Erfolgs­faktoren sind jene aus Fleisch und Blut.“ Und diese müssten geschult werden, sagt Peter Ottiger von Inloox abschließend und fügt hinzu: „Bei der Ausbildung steht der Mensch im Vordergrund. Denn jedes Tool ist nur so gut wie sein Anwender.“

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