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13.03.2019
Keine Einigung
1. Teil: „Einführung von Digitalsteuer in Europa gescheitert“

Einführung von Digitalsteuer in Europa gescheitert

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EU-Parlament in BrüsselEU-Parlament in BrüsselEU-Parlament in Brüssel
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Eine Digitalsteuer auf EU-Ebene wird es bis auf Weiteres nicht geben. Ein deutsch-französischer Kompromissvorschlag für die Besteuerung von Online-Werbeerlösen scheiterte nun am Widerstand einiger EU-Finanzminister.
Die Einführung einer europäischen Digitalsteuer für Konzerne wie Google und Facebook ist gescheitert. Ein deutsch-französischer Kompromissvorschlag für die Besteuerung von Online-Werbeerlösen scheiterte am Widerstand einiger EU-Finanzminister am Dienstag in Brüssel. Es gebe fundamentale Bedenken, sagte Rumäniens Finanzminister Eugen Teodorovici. Rumänien hat derzeit den Vorsitz unter den EU-Staaten inne. Nun müsse eine globale Lösung her, hieß es.
Deutschland und Frankreich hatten zuvor versucht, die umstrittene Digitalsteuer in Europa in abgespeckter Variante durchzusetzen. Sie sprachen sich für eine Umsatzsteuer von drei Prozent auf Online-Werbeerlöse aus, die von Januar 2021 an gelten solle. Voraussetzung dafür sei, dass in der Zwischenzeit keine Lösung auf Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gefunden werde.
Die EU-Kommission hatte ursprünglich eine weitere umfassendere Variante vorgeschlagen. Für Digitalkonzerne mit einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro sollten in Europa drei Prozent Ertragssteuer gelten. Dabei sollte jedoch nicht nur Online-Werbung, sondern etwa auch der Verkauf von Nutzerdaten berücksichtigt werden. Der EU-Kommission zufolge entrichten Digitalfirmen im Schnitt Unternehmenssteuern von rund 9 Prozent - bei klassischen Betrieben sind es durchschnittlich mehr als 20 Prozent.
Steuerfragen müssen in Europa jedoch einstimmig verabschiedet werden, auch der Kompromissvorschlag fiel bei einigen wenigen Staaten nun durch. Steuern dort zu erheben, wo Konsum stattfinde, könne weitreichende Auswirkungen auf die Besteuerung aller Unternehmen haben, sagte Irlands Finanzminister Paschal Donohoe. Zudem sei mittlerweile ein großer Teil der Industrie digitalisiert, Digitalkonzerne ließen sich nicht klar abtrennen. Irland beherbergt unter anderem Facebook in Europa. Auch aus Schweden und Dänemark kam Widerstand.
Mehrere EU-Länder, die den Vorschlag unterstützten, haben nun bereits nationale Digitalsteuern auf den Weg gebracht, darunter Frankreich, Spanien und Österreich. Das sei jedoch nicht optimal, da sie zur Zerstückelung des EU-Binnenmarktes führten und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen erhöhen könnten, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Zugleich sollen jedoch die Bemühungen auf internationaler Ebene - etwa im Rahmen von OECD und G20 - vorangetrieben werden.
Es könne nicht angehen, dass einige Konzerne praktisch überhaupt keine Steuern zahlten, auch nicht in ihren Heimatländern, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).
Deutschland und Frankreich hatten im vergangenen Jahr bei der OECD einen Vorstoß zur generellen Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen eingebracht. Vereinfacht könnte das Modell so funktionieren: Wenn ein Konzern Gewinn in ein Land verschiebt, in dem er nur mit einem Niedrigsteuersatz unter einem bestimmten Wert belastet wird, dürfte der Fiskus im Ursprungsland die Differenz zur Mindestschwelle vom Mutterkonzern kassieren.
Dieser Vorschlag sei näherer Begutachtung wert, hieß es etwa aus Schweden, das sich zuvor noch sehr kritisch zu einer EU-Digitalsteuer geäußert hatte. Bis 2020 sollen international nun Fortschritte verzeichnet werden.
Der EU-Kommissionsvorschlag bleibe nichtsdestotrotz auf dem Tisch, sagte Moscovici. "Wir ziehen ihn nicht zurück." Vielmehr könne er als Blaupause für nationale Steuermodelle dienen und die Diskussionen auf internationaler Ebene formen.
2. Teil: „Steinmeier fordert erneut Besteuerung von Digitalkonzernen“

Steinmeier fordert erneut Besteuerung von Digitalkonzernen

Trotz der jüngsten Entwicklungen forderte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erneut die konsequente Besteuerung internationaler Digitalkonzerne. Digitalunternehmen dürften Gewinne nicht in Steueroasen verschieben, sagte Steinmeier zum 100. Geburtstag der Internationalen Arbeitsorganisation ILO. "Und da, wo das noch stattfindet, muss das beendet werden."
Denn für die Durchsetzung sozialer Rechte für die Arbeitnehmer im digitalen Umbruch seien vielfältige öffentliche Investitionen nötig, die auch finanziert werden müssten. Arbeitsnormen dürften in der digitalen Klick-Ökonomie nicht nach unten gedrückt werden. Nötig seien daher höhere Investitionen in Bildung, in aktive Arbeitsmarktpolitik und in gute Arbeitsbedingungen.
Steinmeier forderte die Bundesbürger und die deutsche Politik zum Eintreten für gute Arbeitsbedingungen weltweit auf. Was etwa in den Textilfabriken in Bangladesch oder den Steinkohleminen in Kolumbien geschehe, dürfe die Menschen in Deutschland nicht gleichgültig lassen. Aber auch in Deutschland selbst gebe es Nachholbedarf. Steinmeier erinnerte daran, dass bereits eine Arbeitsnorm der ILO aus dem Jahr 1951 Entgeltgleichheit von Frauen und Männern fordere - umgesetzt sei dies auch in Deutschland bis heute nicht.
Mit Blick auf die nach dem Ersten Weltkrieg gegründete ILO (International Labour Organization) mahnte Steinmeier, die internationale Ordnung zu erhalten. Ohne direkt etwa Großbritannien oder die USA zu nennen, kritisierte er "Schlachtrufe" wie "Take back control" ("Die Kontrolle zurückgewinnen") oder "Das eigene Land zuerst". Steinmeier sagte, in der EU gebe es nur zwei Staaten: "Die kleinen und diejenigen, die noch nicht bemerkt haben, dass wir alle kleine Staaten sind im weltweiten Maßstab."

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